Livereview: Thunder - Dögz

17. April 2017, Pratteln – Z7
By Rockslave
Die Geschichte der 1989 gegründeten britischen Hardrock-Institution ist eigentlich noch nicht so alt, und doch gab es neben frühen Grosserfolgen bereits zwei Bandauflösungen (1999 und 2009) zu beklagen. Ganz weg vom Fenster waren Frontmann Danny Bowes und seine Jungs allerdings nie, denn es fanden auch in der „inaktiven Zeit“ einige Konzerte statt , was durch mittlerweile zig Live-Alben, vor allem aus den 2000er Jahren, untermauert wird. Wer die Jungs jemals live gesehen hat, weiss um die unbestrittene Live-Stärke dieser Combo. Wie auch Magnum, Def Leppard, Tygers Of Pan Tang oder aktuell Inglorious als jüngere Genre-Vertreter, besitzen all diese UK-Truppen einfach das gewisse Etwas, das sie vor allem von den Kollegen aus Übersee unterscheidet. Näher dran sind nur die skandinavischen Protagonisten, dafür aber mit ebenso viel Talent ausgestattet. Die zweite Auflösung 2009 traf mich dann bös auf dem falschen Fuss, da ich Thunder in den 90ern live irgendwie verpasst hatte, respektive diese nicht zwingend auch immer in der Schweiz aufspielten. Deshalb freute ich mich ab 2011 auf jegliche Auftritte, die zuerst vor allem durch Festivals in Europa abgedeckt wurden.

Dögz

Die Schweizer Blues-Rocker um Gitarrist Phipu „Bluedög“ Gerber und Ex-Krokus Trommler Freddy Steady sind eine bestens eingespielte Rockmaschine, die jeden Laden aufmischen können. Wenn Phipu nicht als Stage-Tech am „ICE ROCK“-Festival gefordert ist, macht er am liebsten selber Musik mit seiner eigenen Combo. Dabei hängt er jeweils den Outlaw so richtig raus und lässt seine Gitarre sprechen. Komplettiert wird die Band durch Bassist J.C. Wirth und Tastenfrau Brigtte Geiser. Letztere gebärdet sich für meinen Geschmack allerdings viel zu brav und wenn auf der offiziellen Homepage „Hammond“ steht, dann sollte man diese auch entsprechend heraus hören! Zudem wäre zwischendurch auch mal ein nicht ausufernder Solopart wünschenswert, seis drum. Im Zentrum steht eh Phipu, der mit seinem Bart natürlich unweigerlich an ZZ Top Recke Dusty Hill erinnert. Der Sound der Dögz trägt dann aber eher eine eigene bluesige Note, und was ich an dieser Stelle eh begrüsse, ist das durchwegs eigene Songmaterial. Das heisst natürlich nicht, dass ab und an, vor allem bei Headliner-Gigs, mal der eine oder andere Klassiker von berühmten Bands als Zückerchen mit dabei ist. Bis auf «Rolling And Thumbling» stammten alle Songs vom 2015er full lenght Debüt-Album «To The Bone». Das Publikum antizipierte schon bald ganz ordentlich und liess sich in gute Stimmung versetzen. Derweil wurden die Dögz gut eine Dreiviertelstunde lang ihrer Rolle als Anheizer für Thunder mehr als gerecht. Dem einen oder anderen Besucher mundete der Auftritt zwar nicht so wie dem Gros im Z7, aber wenn es um schnörkellose „Handmade“-Musik mit Herz und Seele geht, stehen Phipu, Freddy, Brigitte und J.C. zu hundert Prozent dafür. Mal sehen, wann es hier neues Studiomaterial geben wird. Die Zeit wäre eigentlich reif dafür, und die mittlerweile umfangreiche Garde der Vinyl-Freaks hofft dann wohl inbrünstig auf eine ergänzende Version aus schwarzem Gold!

Setliste: «True Tube Boogie» - «Cleveland» - «Rolling And Thumbling» - «Blind Man» - «Naked In The Rain» - «I’ll Be There» - «Still Going Wild».

Thunder
Bevor die zweite Auflösung (mit Ansage!) Tatsache wurde, waren Thunder jedoch nochmals ausgedehnt unterwegs (inklusive Japan!) und spielten vor acht Jahren an gleicher Stelle ein hammergeiles, fast zweistündiges Konzert. Dass danach wirklich Schluss sein sollte, konnte man eigentlich bei so einer Präsenz kaum glauben. Und ich Dödel, der die Band vorher kaum bis nie live gesehen hatte, stand quasi vor einem Scherbenhaufen. Doch das Glück war bekanntlich allen Rockfans hold, und Gitarrist Luke Morley (damals interviewt von Roger W.) nahm es ja vorweg: „Ich meine, vielleicht werden wir uns in einigen Jahren dazu entschliessen, Thunder nochmals aufleben zu lassen.“ Genau das passierte zum Glück, und aktuell sind die Briten stärker denn je! Da freut es einen zudem sehr, dass der am Krebs erkrankte Ben Matthews (g/v/keyb) wieder genesen ist und somit auch auf dem neuen Album «Rip It Up» wieder zu hören ist. Wie schon das letzte Mal war das Z7 leider nicht ausverkauft, aber die gut 500 Leute und somit etwa gleich viel wie das letzte Mal, wurden abermals mit einem Hammer-Konzert belohnt. Dabei wurden viele neue Songs der letzten beiden Alben gespielt, nämlich nicht weniger als deren elf (!), und diese standen den alten Krachern in Nichts nach, im Gegenteil. Sie können es immer noch, und wie! Das schlug sich ja auch in den bisher wieder höchsten Chartnotierungen (Nr. 3 in UK) seit 25 Jahren nieder. Auf dieser Grundlage lässt sich wieder frohlocken, und das von Luke auch im aktuellen Interview mit Tinu mehrfach erwähnte „Geniessen“ war offensichtlich.

Sowas beflügelt natürlich zusätzlich und das hörte man auch. Der agile Auftritt war geprägt von Spass und Spielfreude, was umgehend für eine Superstimmung in der Halle sorgte. Kaum angedeutet sowie postwendend dazu aufgefordert, wurde eifrig mitgeklatscht und mindestens versucht, lautstark mitzusingen. Auch wenn dieser Punkt zumindest in der Deutschschweiz ja oft mit dem Prädikat „na ja, geht so…“ versehen ist, lässt einen die geile Mucke von Thunder keinesfalls an Ort und Stelle still halten. Dennoch waren es letztlich die Klang-Perlen der Vergangenheit wie «Backstreet Symphony», «Higher Ground» oder «Dirty Love» als umjubelte letzte Zugabe, die dem Ganzen noch das berühmte Sahnehäubchen aufsetzten. Da können zum Beispiel die wirklich obergeilen The Dead Daisies oder von mir aus auch die zweifellos sackstarken Black Star Riders höchstens gleich ziehen, und es bleibt schwer zu hoffen, dass Danny Bowes und seine Jungs jetzt hoffentlich noch ein paar Jährchen dran hängen werden. Sollten sie es nun womöglich mitunter den Kanadiern von Saga gleich tun, die jetzt nach vier Dekaden definitiv abtreten werden, dann würden wir entsprechend das Jahr 2029 schreiben, und ich wäre ebenso ein frischgebackener Rentner! Noch ist es zum Glück nicht soweit, und ich freue mich jetzt erstmal tierisch auf das anstehende „Sweden Rock“-Festival anfangs Juni in Sölvesborg (S), wo nebst unzähligen anderen Highlights auch genau diese drei eben erwähnten Bands aufspielen werden! Wer hätte das vor acht Jahren gedacht? Thunder wohl am wenigsten.

Setliste: « No One Gets Out Alive» - «The Enemy Inside» - «River Of Pain» - «Resurrection Day» - «Right From The Start» - «Backstreet Symphony» - «Higher Ground» - «In Another Life» - «The Thing I Want» - «Don't Wait for Me» - «Rip It Up» - «Love Walked In» - «I Love You More Than Rock'n'Roll» -- «Wonder Days» - «Serpentine» - «Dirty Love».