Livereview: The Iron Maidens - Red's Cool

01. Mai 2019, Pratteln - Z7
By Tinu
Es war am Ende des Konzertes einer jener Events, an die man sich immer wieder gerne zurück erinnern wird. Zum einen, weil mit Reds' Cool eine wirklich geile Support-Band im Z7 spielte, und zum anderen, weil mir The Iron Maidens wieder die Iron Maiden in Erinnerung riefen, die ich seit Jahrzehnten schmerzlich vermisse (mal ausgenommen, wenn sich die Herren um Steve Harris auch auf ihre alten Klassiker besinnen). Es war nicht nur ein sonniger 1. Mai, der für einige auch zugleich ein freier Tag war, sondern auch einer, der dem Z7 viele Besucher bescherte.

Red's Cool
Als ich zum Backstage-Eingang des Z7 marschierte, sah ich einen kleinen Van mit russischen Autokennzeichen. Aus St. Petersburg stammt der Fünfer, der sich auf eine sehr sympathische Art und Weise präsentierte. Musikalisch irgendwo zwischen den alten Europe, den Little Angels und ein bisschen Tygers Of Pan Tang sowie Whitesnake zu «1987»-Zeiten liegend, spielten die Jungs mit viel Spass. Auch wenn die Performance noch ein bisschen schüchtern wirkte, mit zunehmender Spielzeit ging speziell Sänger Slava Spark mehr aus sich heraus. Ihm ist es auch zu verdanken, dass die Songs sofort den Weg in die Gehörgänge fanden. Mit seiner starken Stimme überzeugte er von der ersten Sekunde an. Kerniger Hardrock scheint noch immer zeitlos zu sein, und nur die zu Beginn zu vernehmenden modernen Keyboard-Elemente (die vom Band kamen) nervten ein bisschen. Ansonsten verrichteten die fünf Herren einen wirklich famosen Job. Irgendwie kam mir die Truppe bekannt vor, und erst als ich zu Hause meine Liste mit den besuchten Konzerten kontaktierte, stellte ich fest, dass ich die Truppe bereits 2016 sah, als Support von Magnum. Reds' Cool stellten die Musik und nicht sich selber in den Mittelpunkt. Sie rockten mit viel Freude und waren sichtlich dankbar über die Reaktionen der Fans. Reds' Cool, ein Name, den man sich merken sollte.

The Iron Maidens
Was dann folgte, war mich für eine echte Überraschung, die ich in der Form nie erwartet hätte. Auch wenn die Mädels «Flight Of Icarus» nicht spielten, zeigten sie mir, welche geniale Band sie selber sind und welche sensationellen Songs die Eisernen (das Original) mal komponierten und einst spielten. Fünf Songs von «The Number Of The Beast», jeweils drei Tracks von «Killers», «Piece Of Mind» und «Somewhere In Time», plus jeweils einer von «Killers», «Powerslave» und «Virtual XI»! Banger-Herz, was willst du mehr? Dabei wurden auch seltene Perlen ausgepackt, wie «The Duellists» (göttlich gespielt!), «Phantom Of The Opera», «Murders In The Rue Morgue», «Caught Somewhere In Time» (was für eine vergessen gegangene Perle!) und «Invaders» (Kniefall!). Das Schöne ist, dass The Iron Maidens kaum eine identische Setliste spielen, sondern sich Abend für Abend einem abgeänderten Set bedienen, aus der Frühphase der Engländer stammend. Nach dem Konzert verliess nicht nur ich mit einem glückseligen Grinsen das Z7 und erinnerte mich an eine Zeit, in der Iron Maiden noch mit einer gewissen Aggressivität, Frische und Unbekümmertheit rockten, als gäbe es kein Morgen. Alleine die doppelläufigen Solos waren an diesem Abend im Z7 eine Offenbarung und ganz ehrlich, nicht einmal das Duo Murray/Smith bringt diese Genialität und Sicherheit noch heute ans Tageslicht.

Für diese Gitarrenpower waren Courtney Cox und Nikki Springfield verantwortlich. Unglaublich, mit welcher Locker- und Sicherheit die Beiden sich in einen wahren Rausch spielten, dabei noch immer mit einem zufriedenen Lächeln auf der Bühne standen und ihre langen Haare fliegen liessen. Mit der Rhythmussektion um Wanda Ortiz (Bass) und Linda McDonald (Drums) brannte ebenso nichts an. Selbst die schwierigen, galoppierenden Bassparts meisterte Wanda locker. Sicher, einen Steve Harris mit seiner agilen Art zu kopieren, ist schier unmöglich. Aber Frau Ortiz wurde von Stück zu Stück beweglicher und mutierte zu einem richtigen Aktivposten. Linda, die man von Phantom Blue her kennt, zerdepperte ihr Arbeitswerkzeug souverän und grinste, als würde gerade Ostern, Weihnachten und Geburtstag auf einen Tag fallen. Zwischen all den Instrumentalistinnen sang sich Kirsten Rosenberg in einen wahren Rausch. Die langen Screams bei «Hallowed Be Thy Name», «Run To The Hills» und «The Number Of The Beast» erklangen, als würden sie direkt von der Vinylscheibe kommen. Klar, lang anhaltend und erhaben. Was für eine unglaubliche Leistung!

Auch showtechnisch liessen die Ladys nichts anbrennen. So stieg Kirsten mit der England- und der Schweizerfahne bei «The Trooper» ins Geschehen ein, sowie dem roten Armeekittel. Eddie hatte seinen Auftritt bei «Run To The Hills» und «Wasted Years» in der futuristischen Ausführung der «Somewhere In Time»-Zeit. Zudem waren die Haare von Kirsten ebenso lang, wie zu Bruce besten Zeiten, während die Lederarmbänder an das «The Number Of The Beast»-Video erinnerten, worin Mister Dickinson damals solche trug. Mit einer weiblichen Ausführung von Eddie als Backdrop und seinem Kopf mit rosa Schleifchen auf den Seitendrops hatten die Ladys die Lacher auf ihrer Seite.

Fazit: Ja, The Iron Maidens sind eine Iron Maiden Coverband. Aber eine, die mit sehr viel Hingabe und technischen Fähigkeiten endlich wieder die Songs spielt, die ich bei einer neuen Maiden-Tour schmerzlichst vermisse. Wann haben wir zum letzten Mal «The Duellists» (was für Gitarrenharmonien und Solos!), «Phantom Of The Opera» (was für ein Aufbau!) oder «Invaders» (wieso wird diese Hammernummer seit der «Beast On The Road»-Tour nicht mehr gespielt?) vom Original gehört? Wann haben wir Nummern wie «22 Acacia Avenue», «Run To The Hills» oder «Revelations» mit so viel Spass in den Backen serviert bekommen? Wann haben wir «The Ides Of March» live und nicht vom Tonträger vorgetragen bekommen? Warum sind die Fangesänge bei «The Clansman» zwar im Z7 vorhanden, aber lange nicht so laut wie bei Iron Maiden (schämt euch alle!)? Wann hat der Sänger sich vor den Zugaben ans Schlagzeug gesetzt und "gedroht", ein Solo zu spielen? «Z7, we love this venue and the really good catering!» war nur eine der sympathischen Ansagen von Kerstin. Dass das Eis erst nach «Phantom Of The Opera» brach und die Stimmung erst knapp vor den Zugaben zu kochen begann, ist ein Armutszeugnis. Wären Bruce Dickinson, Steve Harris und Konsorten auf der Bühne gestanden, der Jubel der Fans hätte das Z7 von der ersten Sekunde aus den Angeln gehievt. The Iron Maidens mussten sich diesen Erfolg sehr hart erkämpfen. Nochmals, sollte dies nicht schon längst klar geworden sein: Ich schaue mir lieber The Iron Maidens an, bei denen die Setliste wie auch die Präsentation stimmen, statt mich bei Iron Maiden durch neue Songs zu quälen, in der Hoffnung, dass vielleicht die Klassiker am Schluss gespielt werden. UP THE IRONS, aber die Weiblichen!

Setliste: «Intro - Doctor Doctor (UFO Cover)», «Invaders», «Die With Your Boots On», «Revelations», «Wasted Years», «22 Acacia Avenue», «The Trooper», «The Duellists», «Caught Somewhere In Time», «The Number Of The Beast», «The Ides Of March / Wrathchild», «The Clansman», «Murders In The Rue Morgue», «Phantom Of The Opera», «Heaven Can Wait» - «Hallowed Be Thy Name», «Run To The Hills», «Outro – Always Look On The Bright Side Of Life»