Livereview: Testament - Dying Fetus - Deadborn
                      Cremation - Disparaged - Bitterness
01.Juni 2008 Transilvania, Erstfedl (UR)
By: El Muerte & Kissi
Testament auf Durchreise im Transilvania, dazu noch ein ordentlicher Brocken Support-Bands, das musste gefeiert werden - Zumal Testmant mit ihrer aktuellen Platte «The Formation Of Damnation» eine ordentliche Dampfwalze am Start hatten. Also auf die schnelle Mitfahrgelegenheit organisieren, ein paar Liter Flüssiges besorgen, und dann ab nach Erstfeld. Knapp zwei Stunden später dann bei Wust und Fritten vor dem Transilvania die schlechte Nachricht: Testament waren aufgrund organisatorischer Probleme seitens des Veranstalters des vorabendlichen Gigs in Serbien bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingetroffen, Soundcheck konnte keiner durchgeführt werden. Na dann, hoffentlich wird da noch was draus! Erstmal rein, Lokal begutachten, Leutchen begrüssen, und siehe da: Die Show geht tatsächlich schon um 16h00 los…

Bitterness
Mit Bitterness steigt die einzige deutsche Formation des Abends auf die Bühne. Die zum Trio zusammengeschrumpfte Formation konnte sich bisher bereits einen guten Namen erspielen, und fuhr dabei auch einige wichtige Auftritte mit bekannten Headlinern ein. Wie es bei grossen Events leider Standart ist, muss die Band leider auf einen guten Mix verzichten und kriegt damit auch nicht wirklich viel Druck gebacken. Die Reaktionen sind für diese Position im Billing wohl auch ok, viel geht dabei aber auch nicht wirklich. Fronter/Gitarrist Frank Urschler gibt die Überbrückungs-Versuche zwar nicht auf, aber innerhalb 40 Minuten lässt sich nun mal nicht viel reissen. Licht aus, Applaus, nächste Band…
(El Muerte)

Disparaged
Disparaged sind die ersten Schweizer des Abends, und haben sich hierzulande schon einen ordentlichen Ruf gezimmert - Umso enttäuschender, dass während des Gigs mehrere Male der Strom ausfällt, und die Band somit auch nicht wirklich viel Spannung aufbauen kann. Das Publikum reagiert gelassen auf das sich wiederholende Missgeschick, lässt sich aber auch bei diesem Gig nicht zu Begeisterungsstürmen hinreissen. Solider Auftritt, aber definitiv noch ausbaufähig. Licht aus, Applaus, Band Nummer drei…
(El Muerte)

Cremation
Weiter als Cremation kann man es im Schweizer Untergrund wohl kaum bringen - die Band gibt's nun schon seit geraumer Zeit, letztes Jahr wurde eine Jubiläums-DVD mit dem Gig zum 10-jährigen Bestehen veröffentlicht, aufgezeichnet im heimischen Moshpit in Naters. Die Band um Frontoperator Spiga langt gleich ordentlich hin, und dank ihrem Ruf und der Performance verdichten sich auch die Reihen vor der Bühne. Blöderweise hat der Soundtech die technischen Gegebenheiten aber immernoch nicht im Griff, weswegen bisweilen die zweite Basstrommel völlig untergeht - was die Ausgangslage für's Headbangen auch nicht wirklich einfach gestaltet. Irgendwann im Laufe des dritten Songs kühlt die Stimmung dann wieder merklich ab, die Ursache dafür lässt sich nicht leicht definieren: Kriegen die Leute langsam genug vom Soundmüll, sind sie einfach nur faul, oder liegt's schlussendlich dann doch einfach am Publikumsgemisch? Immerhin ist das Publikum in zwei mittlerweile gut sichtbare Häflten geteilt: Einmal wären da die Thrashfans, die mit dem Deathgebolze der bis anhin gebotenen Performances nicht viel anfangen konnten, und auf der anderen Seite dann die extra für die Massaker-Mucke angereisten Todesmetaller - Verschmischung scheint bis zu diesem Punkt nicht drin zu liegen, anstatt zusammen die Humpen auf die Bands zu heben wird lieber missmütig umher geguckt, und streckenweise Trübsal geblasen. Cremation gehen dann irgendwann doch recht schnell vorbei, nach etwa 45 Minuten Showzeit gibt's auch hier nicht viel mehr als Standart-Applaus, und das wär's dann auch gewesen. Licht aus, Band Nummer vier…
(El Muerte)

Deadborn
Kurz etwas gegessen und weiter gings mit dem Reigen heftigen Riffgewitters. Deadborn aus Deutschland führten mit ihrem brachialen Brutal Death den an diesem Abend vorherrschenden Sound weiter. Dabei liess sich das Publikum noch nicht ganz aus der Reserve locken, was sich einerseits in der eher geringen Zahl bewusst vor der Bühne ausharrender und andererseits in deren Reaktionen wiederspiegelte. So konnte der Vierer um Mario Petrovic zu Beginn lediglich einige Kopfnicker und den altbekannten Höflichkeitsapplaus ernten, was sicherlich auch mit der eher dürftigen Interaktion des Frontgrowlers mit den Anwesenden zusammenhing. Hingegen zeigten sich die beiden Saitenmalträtierer Jan Maier (bas.) und Jo Morath (git.) in bester Bangmanier, was bei letzterem sogar darin gipfelte, dass sich seine Lockenpracht in seiner Klampfe verfing. Auch der Sound zeigte sich dabei nicht von der besten Seite: Zu breiig die Gitarren, zu stumpf die Drums, sodass Songs wie «Decades Of Decapitatio» (vom gleichnamigen Debütalbum von 2005), «Coma Timecode» oder «Back To Blackness» von der aktuellen, 2007 erschienenen Scheibe «Stigma Eternal» ihre Heftigkeit nicht optimal versprühen konnten.
(Kissi)

Dying Fetus
Als heimliche Headliner durften hingegen Dying Fetus bezeichnet werden. Wohl nicht zuletzt durch den umjubelten Gig der US-Prügler als Headliner des Mountains Of Death 2008 waren nicht wenige der Transilvania-Besucher mit einem der schön kranken Föten-Shirts bekleidet. Folglich eng wurde der Platz langsam vor der Bühne, während der Anteil munter drauflos Bangender eindlich ansteckend stieg. Zwar sind Dying Fetus seit dem Weggang von Front-Embryo Vince Matthews, Klampfer John Gallagher und Felldrescher Erik Sayenga (wurde 2007 ersetzt durch Duane Timlin) nur noch zu dritt unterwegs, mit dem erbarmungslosen, gleichzeitig aber technischen anspruchsvollen Gemisch aus Grindcore und Death Metal kann man aber immer noch Nacken zum Bersten bringen. Zwar wirkt die Performance auf der Bühne durch den Doppelgesang von John Gallagher (git.) und Sean Beasly (bass) leider etwas statisch, dies jedoch wird von den Riffmonstern mit jede Menge Tightness und professionellem Auftreten wieder wettgemacht. So kommt zumindest so etwas wie ein Moshpit zustande und etliche Köpfe kreisen in der Luft zu Songs sowohl vom letztes Jahr veröffentlichte Album «War Of Attrition», als auch von älteren harschen Death-Perlen wie «Killing On Adrenaline», «Stop To Nothing» oder «Destroy The Opposition», dessen Kracher «In Times Of War» und «Epidemic Of Hate» nicht als einzige Tracks dem ganzen Trabsilvania klar machten, dass Dying Fetus in einer bedeutend höheren Liga als die schon erwähnten Bands spielen und den Posten gleich vor Testament redlich
verdient hatten.
(Kissi)

Testament
Der Testament-Gig wurde ein Lehrstück in Sachen Qualitäts-Mucke: Wie gut kann eine Band performen, die mit sechs Stunden Verspätung im Club eintrifft, deswegen den Soundcheck komplett auslassen muss, und sich während des Gigs das Publikum auch noch als äusserst halbgar herausstellt? Die Antwort fällt überraschend nüchtern aus: Glücklicherweise ist die Band nach 25 Jahren Existenz professionell genug, sich nichts vom Stress anmerken zu lassen, und einfach ein verdammt gutes Set abzulieferen. Das Line-Up des Abends verleitete bereits im Vorfeld zu einigen Spekulationen, im Laufe des Abends kam dann die Gewissheit: Gemäss den Reaktionen im Publikum waren vielleicht gerade mal knapp die Hälfte der anwesenden Besucher für Thrashmetal zu begeistern – Der Rest verschränkte grösstenteils ob der «fehlenden Brutalität» die Arme und stand gelangweilt herum. Aber wie bereits erwähnt, Testament war dies herzlich egal, die Band scheint dank der neuen Platte zur Hochform aufzulaufen. Während man von Drummer Paul Bostaph sowieso nicht viel zu Gesicht bekam, grinste Basser Greg Christian wie im Drogenrausch vor sich hin, während Rythmus-Klampfer Eric Peterson breitbeinig Riffs abfeuerte, Lead-Gitarrist Alex Skolnick Hippiemässig die Hüften schwingen liess, und natürlich Frontschrank Chuck Billy nebst amtlichem Gesang den Mik-Ständer als Gitarrenersatz missbrauchte. Trotz der konsequent schlechten Sound-Qualität heizte die Band so richtig ein, bekam aber aufgrund der oben erwähnten Konditionen auch nicht ansatzweise ihrer Leistung entsprechende Reaktionen zurück. Die Songauswahl beinhaltete nebst den üblichen Klassikern wie «Into The Pit», «Practice What You Preach», und «Souls Of Black» endlich auch wieder aktuellere Stücke wie etwa «Trail Of Tears» & «Low» (vom gleichnahmigen Album), und die Übersongs «D.N.R.» & «Three Days In Darkness» (Von «The Gathering). Irgendwo gegen Mitte des Konzerts kam Chuck dann auf die neue Platte zu sprechen, um kurz darauf in «More Than Meets The Eye» einzuleiten - Trotz der erschreckend lahmen Reaktion des Publikums kamen die Sprechchöre doch noch zu gange, was wohl für die Energie der wenigen wirklich komplett motivierten Anwesenden sprach. Als die Band sich nach «The Preacher» zum ersten Mal verabschiedete, kamen ernsthafte Befürchtungen auf, dass es wahrscheinlich erst gar nicht zu Zugaben kommen würde - immerhin köchelten die Reaktionen selbst nach über einer Stunde Vollbedienung auf Sparflamme. Glücklicherweise hatten Testament Einsehen, und ballerten zum Abschluss neben den bereits erwähnten «D.N.R.» & «Three Days In Darkness» auch noch «Alone In The Dark» und «Disciples of Watch» in die Gehörgänge. Als sich die Band irgendwann gegen Mitternacht am Bühnenrand vor dem Publikum verbeugte, bot sich ein trauriges Bild: Ganze vier Reihen stark war der begeisterte Kern, nur knapp darauf folgten die ersten losen Reihen, und gegen die Mitte des Saals klafften bereits riesige Löcher im Publikum. Schade, dass sich die Konzert-Besucher trotz der dargebotenen Leistung nicht motivieren liessen - An Testament's Leistung lässt sich nun definitv nichts aussetzen, im Gegenteil: Obwohl das Konzertende sich aufgrund der lange andauernden Umbauarbeiten & Tonproblemen vom versprochenen Zeitpunkt von 22h30 auf rund 00h15 verschoben hatte, gab die Band wirklich ihr Bestes.

Setliste: Over The Wall, Into The Pit, Apocalyptic City, Practice What You Preach, New Order, Electric Crown, More Than Meets The Eye, Low, Trail Of Tears, Henchman, Souls Of Black, The Preacher, D.N.R., Three Days In Darkness, Alone In The Dark, Disciples Of Watch

Ich habe wirklich keine Ahnung, in wie fern der Veranstalter sich den Abend im Vorfeld ausgelegt hat, aber das Experiment scheint definitiv fehlgeschlagen zu sein - was zum grössten Teil aber nicht wirklich in die Schuhe des Veranstalters geschoben werden kann. Gut, klarer Fall: Etwas ausgeglichenere Stilverhältnisse wären klar von Vorteil gewesen, aber ich erlaube mir an dieser Stelle trotzden deutlich mit dem Finger auf die ignoranten Exemplare unter den Todesbleiern zu zeigen - Nur rumstehen und rummotzen kann auch keine Lösung sein…
(El Muerte)