Livereview: Slayer - Megadeth
13. April 2011, Zürich - Volkshaus
By Rockslave
Aus Schaden bezüglich falsch gewählten Locations wird man klug! Diese Erkenntnis wurde seitens der Veranstalter in der letzten Zeit bei Airbourne und Manowar gemacht, die sich in der Basler St. Jakobshalle (Airbourne mehr, Manowar weniger) ziemlich verloren. Um den «Big 2», also der Hälfte der offiziellen «Big 4» (Metallica, Slayer, Megadeth & Anthrax) dieses Erlebnis zu ersparen, wurde das Konzert ins Zürcher Volkshaus gezügelt, wo man dann beinahe "sold out" hatte vermelden können. Der geneigte Metal-Fan weiss schon länger nicht mehr wie ihm geschieht bei dieser bemer-kenswerten Dichte an Gigs und bei Slayer hat man eh das Gefühl, dass sie bald jede Woche irgendwo spielen. Man mag das gutheissen oder nicht, aber zwei so hochkarätige Genre-Bands lohnt es sich alleweil anzusehen, auch wenn bei den Schlächtern Jeff Hanneman wegen einem Spinnenbiss (wie "geil" ist das denn?) für die ganze Euro-Tour ausser Gefecht gesetzt und durch Gary Holt (Exodus) und Pat O'Brien (Cannibal Corpse) ersetzt wurde. Megadeth befinden sich derweil wieder in Hochform, darum nichts wie hin nach Zürich!

Megadeth

Für eingefleischte Fans von Jag Panzer dürfte das Abwandern von Gitarrist Chris Broderick wohl immer noch schwer wiegen, aber Boss Dave Mustaine darf sich nun halt glücklich schätzen, einen Top-Gitarristen wie ihn an Land gezogen zu haben. Seit 2010 Bassist und Gründerkumpel Dave Ellefson nach gut acht Jahren Unterbruch auch wieder mit an Bord ist, sind Megadeth stärker denn je, was aber in erster Linie an den letzten drei sehr guten Alben «The System Has Failed» (2004), «United Abominations» (2007) und zuletzt «Endgame» (2009) liegt. Seither sind Mustaine & Co. fleissig unterwegs und haben wieder viel verlorenes Terrain zurück erobert. Eine Sternstunde in diesem Zusammenhang war sicherlich der schweinegeile Auftritt von 2007 an gleicher Stelle (zusammen mit Dream Theater) und ein Jahr später im Rohstofflager als Headliner. Dann folgte 2009 das Gastspiel in Fribourg mit Judas Priest und letztes Jahr das Sonisphere Schlamm-Festival. Heuer waren Slayer dabei und da es sich um eine so genannte Double-Billing Tour handelte, spielten beide Bands etwa gleich lange. Dass Dave und seine Jungs zuerst dran waren, wieder-spiegelte dann jedoch schon etwas den gegenwärtigen wie vergangenen Status. Als Opener wurde mit «Trust» gleich der Chart-Breaker von «Cryptic Writings» serviert, den ich kaum bis gar nicht erkannte, da ich den Song nie wirklich richtig am Ohr hatte. Der Chef führte dabei gleich mal eine schöne Doppelhals-Gitarre spazieren, die ent-sprechend in Szene gesetzt wurde. Es folgten «In My Darkest Hour» und «Hangar 18» auf dem Fusse und spätestens jetzt war der berühmte Funke schon auf den sehr gut antizipierenden Mob übergesprungen, und von da an gab es kein Halten mehr. Jeder weitere Songs wurde lautstark abgefeiert und erreichte beinahe den kultigen Höchstpegel von 2007. Dave Ellefson (b) bewegte sich dabei fortwährend auf der Bühne rum und trieb das Publikum im Volkshaus immer wieder auf's Neue an. Begleitet durch oldschooliges Flutlicht, gepaart mit einem Meer an Trockeneis wähnte man sich um Jahrzehnte zurück versetzt. Der Sound war ganz ordentlich abgemischt und konnte sich hören lassen. Nach der genialen Abrissbirne «Head Crusher» war der längst zum Klassiker avancierte Mitsing-Hit «A Tout Le Monde» an der Reihe, der wieder voll punkten konnte. Der gute Dave gehört natürlich nicht zur Riege der Göttersänger, aber dafür besitzt er eine Menge Charisma, Wieder-erkennungswert und ist überhaupt, auch hinter den Kulissen, weit zugänglicher als noch vor ein paar Jahren. Diese Einsicht oder der Wandel vom Saulus zum Paulus ist zum Glück nicht zu spät gekommen und wird deshalb überall wieder mit viel Applaus bedacht. Darum bedankte sich der Frontmann auch heute Abend in Zürich artig und liess den ersten Teil des Konzertabends nach knappen 70 Minuten mit der Zugabe «Holy Wars» fett ausklingen. Davor schritt zu «Peace Sells, But Who Is Buying» überraschend noch das Megadeth Maskottchen Vic Rattlehead kurz über die Bühne.

Setliste: «Trust, In My Darkest Hour» - «Hangar 18» - «Wake Up Dead» - «Poison Was The Cure» - «1320» - «Sweating Bullets» - «She Wolf» - «Head Crusher» - «A Tout Le Monde» - «Symphony Of Destruction» - «Peace Sells» -- «But Who's Bying, Holy Wars.

Slayer
Vor dem Konzert hatte meine Wenigkeit ja noch einen Interview-Termin bei Klampfenmeister Kerry King, der eigentlich überraschend guter Dinge, sprich gut gelaunt war (!) und hinter der Bühne bei Weitem nicht so bedrohlich und unnahbar wirkt(e) wie auf der Bühne. Die aktuelle Tour der amerikanischen Thrash Metal Götter war heuer vom an sich ärgerlichen Umstand begleitet, dass Jeff Hanneman krankheitsbedingt ausfiel (siehe dazu auch die Einleitung). So kam es denn zur seltenen Konstellation, dass heute Abend Pat O'Brien von Cannibal Corpse dessen Platz einnahm. Da «World Painted Blood» als letztes Studiowerk mittlerweile vor zwei Jahren erschienen ist, diente diese Tour nicht ausschliesslich zur Promo, sondern ist eigentlich als Auf-wärmprogramm für weitere anstehende Auftritte der «Big 4» aufzufassen. Obwohl Slayer seit der Rückkehr von Drummer Dave Lombardo vor bald einer Dekade ziemlich häufig unterwegs waren, kommt man als Thrash- und Metal-Fan generell eigentlich nicht an Slayer vorbei. Selbst ein bewegungstechnisch, respektive ärztlich zurück gebundener Tom Araya vermag die richtige Stimmung noch locker zu erzeugen. Seine blosse Anwesenheit reicht schon und kurz nach 22.00 Uhr initiierte der Titeltrack der aktuellen Soundrille das gewohnte Mörderbrett. Der Druck, der dabei von Anfang an schon erzeugt wurde, ist kolossal. «War Ensemble» präsentierte sich einmal mehr unkaputtbar und «Postmortem» wie «Dead Skin Mask» gehören seit über zwanzig Jahren ebenfalls meist fest zum Set. Und es sind halt schon diese alten Schoten, die den anhaltenden Kult der Schlächter nicht abklingen lassen. Die neueren Songs sind bei Weitem nicht so griffig wie die zahlreichen Klassiker, werden aber trotzdem mit kräftigem Applaus bedacht und das hält diverse Crowd-Surfer eh nicht davon ab, über den Köpfen der Leute hinweg den Weg nach vorne in den Fotograben anzupeilen. Was mir und auch anderen Leuten mit zunehmender Dauer des Headliner-Auftrittes auffiel, war das bestechend gute Spiel von Gast Pat O'Brien! Was der Knabe da in flinker Manier aus seinem Instrument heraus holte, war allererste Sahne und liess den guten Jeff mehr als einmal eher alt aussehen! Vor allem die Soli kamen messerscharf wie präzise daher und da die Lautstärke beider Gitarristen nicht unter-schiedlich war, hinterliess das Ganze unter dem Strich einen sehr tighten Eindruck. Zu wie zuvor schon massig Trockeneis und zwischendurch heftig zuckendem Licht hielt sich das lärmige Quartett nicht zurück und powerte ohne Ende. Insgesamt bestand ein Viertel des Sets aus neuen Songs und der Rest war alte, bewährte Kost. Wer bei den ersten Gitarrenklängen von «South Of Heaven» und den einleitenden Drums mit dem darauf folgenden Hammer-Riff von «Raining Blood» keine Gänsehaut kriegt, soll das nächste Mal an besser einen Kinder-geburtstag gehen. Erwartungsgemäss war zum Schluss hin der Teufel los und wer sich erlöst dachte, kriegte mit «Black Magic» eine seltene, steinalte Perle vorgesetzt, ehe der obligate Todesengel das traditionelle Ende einer Show von Slayer einläutete. Es war auch diesmal nach etwas mehr als 70 Minuten brachial wie Sau, die Stimmung heiss und die Temperaturen noch heisser. Das letzte Hammer-Konzert vom vergangenen August konnte jedoch klar nicht getoppt werden, schon nur weil heute Abend mein Fave «Hell Awaits» nicht gespielt wurde. Das schmälerte das gute Gefühl auf dem nächtlichen Weg zurück zum Auto jedoch keineswegs!

Setliste: «World Painted Blood» - «Hate Worldwide» - «War Ensemble» - «Postmortem» - «Temptation» - «Dead Skin Mask» - «Silent Scream» - «The Antichrist» - «Americon» - «Payback» - «Seasons In The Abyss» - «Snuff» - «South Of Heaven» - «Raining Blood» - «Black Magic» - «Angel Of Death».