Livereview: Slayer - Mastodon
20. Juni 2005, Zürich X-Tra
By Rockslave
Wenn die Könige zum Tanz bitten, dann sollte man als gestandener Metaller jeglichen Alters eigentlich keine Sekunde zögern, da hinzugehen! Da meine Wenigkeit die Thrash-Ikone erst in den 90ern für sich entdeckte, besteht so zu sagen ein unstillbarer Nachholbedarf. Dies umso mehr, alsdass das aktuelle Line-Up nach der Rückkehr von Drum-Gott Dave Lombardo (wieder) das einzig Wahre ist. Zu dieser Erkenntnis sind auch Heerscharen neuer, junger Fans gelangt, die zur Zeit immer noch die einmalige Chance haben, eine der prägensten Metal Bands dieses Planeten live erleben zu dürfen. Slayer traten heuer zum ersten Mal im Zürcher X-Tra auf, einer coolen Location, die eigentlich eher mehr als Party-Tanztempel bekannt ist. Keine Frage, dass auch dieser Laden heute Abend "in Schutt und Asche" gelegt werden würde. Der Innenraum mit der hohen Decke und den schmalem Stehbalkonen auf den Seiten und hinten oben erinnerte mich irgendwie wie an die Szenerie aus dem "Mad Max"-Film mit dem "Thunderdome". Nun brauchte es also nur noch die Metal-Maniacs, die diesem Anlass der würdigen Rahmen verleihen, und... sie kamen..., und wie! Ich glaube, dass der Laden an diesem gewöhnlichen Montag Abend so ziemlich "sold out" war und weit über 1000 begeisterte Fans das ersehnte Audio-Massaker gemeinsam abfeierten. Als Support hatte man mit Mastodon eine neuere US-Metalcore Band verpflichtet, die musikalisch als ziemlich extrem gilt und somit eigentlich ganz gut zum Headliner passte! Kurioses am Rande: Da der Headliner-Gig schon gegen 22.00 Uhr zu Ende war, wurde nach dem Konzert (auf 23.00 Uhr hin) noch eine Dance-Party im gleichen Gebäude abgehalten!!! So kam es zum "optischen Super-Gau", dass sich draussen aufgetakelte, junge Party-Girls mitten unter schweissgebadete MetallerInnen mischten..., Kult!

Mastodon
Die Amis haben letztes Jahr mit "Leviathan" ihren mittlerweile dritten Longplayer auf die Menschheit losgelassen. Ihre Musik wird zwar als Metalcore bezeichnet, um einfach mal eine der gängigen Stil-Schubladen nennen zu können. In Tat und Wahrheit ist das aber gar nicht so klar, denn Mastodon spielen ein eigenständiges, ultrahartes und auf eine Art gar progressives wie mitunter auch melodisches Gebräu an Stilen und erinnerten mich von der Konsequenz her an Bands wie Tourniquet oder Watchtower. In der Tat hörte es sich dann auch so an, als den schon zahlreichen Hundertschaften im Saal der Opener "Iron tusk" um die Ohren geblasen wurde. Was sofort auffiel, war der satte PA-Sound und die filigrane Spieltechnik von Drummer Brann Dailor, der unglaubliche Sachen hinhämmerte. Mit "March of the fire ants", "Where strides the behemoth" und "Mother puncher" folgten darauf drei Tracks vom Vorgänger-Album "Remission" (2002). Dabei hatten diese, wie die nachfolgenden, aktuellen Songs eines gemeinsam, nämlich den überwiegend sperrigen Aufbau. Kaum einmal riffte es mal etwas länger, stattdessen klang es zeitweilen echt frickelig. Das Publikum "strafte" diesen Umstand postwendend mit praktisch völliger Teilnahmslosigkeit. Zum Ende des Auftritts kam wenigstens ein klein wenig Bewegung in die ersten zwei, drei Reihen. Darum war dann auch (vorzeitig?) nach gerade mal einer halben Stunde bereits Schluss und selbst ein kurzes, heftiges Strobo-Gewitter zwischendrin entlockte nur einen verhaltenen Höflichkeits-Applaus. Mag ja sein, dass dieser rüde Sound in den Staaten drüben zur Zeit mächtig ankommt, aber hierzulande habe ich grundsätzlich langsam je länger, je mehr das Gefühl, dass die momentane, regelrechte Schwemme an solchen und ähnlichen Bands keine Zukunft haben wird und Parallelen zu 1995 aufweist, als nach dem Abgesang des Grunge eine Zeit lang nur noch Knüppel-Bands die Szene beherrschten, von denen kaum eine überlebt hat. Zudem bedeuten die heute eigentlich unabdingbaren technischen Fähigkeiten der Musiker nicht zwingend (wie heute Abend erlebt), dass die Chose dann auch ankommt!

Set-Liste: "Iron tusk", "March of the fire ants", "Where strides the behemoth", "Mother puncher", "Aqua dementia", "I am Ahab", "Megalodon", "Blood and thunder".

Slayer
Tja..., was soll man da noch gross berichten? Bloss über Slayer zu schreiben, wird den "Kings of Thrash Metal" niemals gerecht. Das muss man einfach gesehen und gehört haben: Dabei sein ist alles! Schon nur der kollektive Aufschrei im mittlerweile proppenvollen X-Tra nach dem Löschen des Saallichtes liess einen das Blut in den Adern gefrieren. Da wurde glatt der kultige Spirit der 80er herauf beschworen und dann ging es nach dem Intro mit "Disciple" los. Was danach folgte, war ein metallisches Schauspiel der absoluten Sonderklasse. Bereits zu "War ensemble" erwachte der Moloch an zuckenden Leibern und wehenden Matten. Ich sass derweil zusammengekauert im Fotograben und bekam die Energie der ersten Reihe hautnah mit. Ein Blick auf die direkt vor mir liegende Set-Liste raubte mir fast den Atem: Nicht weniger als zwanzig Songs waren dort aufgeführt!!! Das konnte ja noch heiter werden. Nach etwa einer knappen Viertelstunde kamen schon die ersten Crowd-Surfer dahergeflogen, die vorne aber aufgrund des treppenartigen Vorbaus mit starken Längsstützen nicht selten schmerzvoll aufschlugen und die Security hatte alle Hände voll zu tun. Die meisten Crowd-Surfer wurden aber gleich wieder in den Pit zurück spediert. Derweil kochte es zu einem hammergeilen Sound (Lombardo klang und spielte exzellent!) immer mehr und der geneigte Fan erfreute sich an alten Schoten wie "Black magic", "Necrophiliac" und "Born of fire". Nebst neueren Songs wie "Stain of mind" waren es natürlich die zahlreichen Klassiker, die die Stimmung laufend anheizten und unaufhaltsam auf die Spitze trieben. Bei "Dead skin mask" wurden die Lyrics gänsehautmässig mitgesungen, was schlicht grandios klang und bewies, dass auch die jüngeren Fans da sattelfest waren. Bei "Hell awaits" gab es schliesslich definitiv kein Halten mehr: Einzelne Fans schafften es tatsächlich, durch die Security hindurch auf die Bühne (!!) zu gelangen und klammerten sich gar kurz an die Musiker, die aber unbeirrt weiter zockten. Ein Bild für die Götter, der reine Wahnsinn! Meine Wenigkeit, ganz vorne am linken Bar-Tresen stehend, riss vor lauter Bangen fast die Planke ab. Jetzt war der Bär definitiv los und auch die Hitze wie das Gedränge vorne nahmen beängstigende Ausmasse an. Unzählige und laufend verabreichte Halbliter Wasserbecher (mit "Hahnenburger") der Security waren die logische Antwort darauf. In dem ganzen Durcheinander fiel mir dann auf, dass Slayer offenbar von der vorgesehenen Set-Liste abwichen und etwa drei Songs (darunter "Seasons of the abyss") ausliessen. Dafür gelangte "Raining blood" (göttlich!) rein, was die flächendeckende Raserei natürlich keinen Deut abebben liess, im Gegenteil! Die Band hämmerte ihr Programm routiniert wie immer, nur durch einzelne kurze Pausen zwischen den Songs und ein paar Ansagen von Tom Araya unterbrochen, gnadenlos am Stück durch. Und wie wenn die klitschnassen Körper und geforderten Nackenwirbel der begeisterten Fans nicht schon geschunden genug gewesen wären, fehlte nach furiosen Versionen von "South of heaven" und "Mandatory suicide" am Schluss natürlich nur noch die Krönung: "Angel of death"! Dafür wurden die letzten Energien freigemacht und danach war eine weitere Metal-Schlacht der Extraklasse nach etwa 85 Minuten leider schon wieder vorüber, die auch in der Kurzversion beschrieben werden kann: Geil, geil und nochmals geil!!!

Set-Liste: "Intro/Disciple", "War ensemble", "At dawn they sleep", "Black magic", "Necrophiliac", "Blood red", "Born of fire", "Stain of mind", "God send death", "Dead skin mask", "Hell awaits", "Post mortem", "Show no mercy", "Raining blood", "South of heaven", "Silent scream", "Mandatory suicide", "Angel of death".