Livereview: Shakra
27. Februar 2010, Mühle Hunziken, Rubigen (BE)
By Joey
Hitzige Diskussionen sind dem vergangenen Wochenende vorausgegangen. Dem Wochenende, dem alle Shakra-Fans entgegengefiebert haben: Die ersten beiden Konzerte der Band mit Neuzugang John Prakesh am Mikro standen an. Kann er Mark Fox würdig ersetzen? Schaffen Shakra den zweiten Sängerwechsel unbeschadet? Geht das überhaupt, ein Ostschweizer bei den Emmentalern? Der Ungewissheit wurde nun ein Ende gesetzt. Und was für eines! Sämtliche Hoffnungen sind um Weiten Übertroffen, Zweifler wurden ein für allemal bekehrt. Shakra sind wieder da!

Wer die Mühle Hunziken in Rubigen bei Bern kennt, weiß um die Originalität und den Charme von diesem Club. Ein spezielles Ambiente für ein denkwürdiges Ereignis. Die Location wurde für diesen Anlass passend gewählt. Wo sonst begrüßt einen Elvis am Damenklo? Die drei Stockwerke sind am heutigen Abend gut gefüllt, voll mit neugierigen, erwartungsvollen Fans, als nach Mühlen-Tradition um 21 Uhr das Konzert beginnt. Schon bei den ersten Takten, noch bevor der Frontmann überhaupt die Bühne betritt, spürt man die Veränderung. Shakra rocken wieder! Eine Wand aus Gitarren, die härter zu sein scheint, als jemals zuvor. Die Power, die von der Bühne kommt, bläst alles um. Als John Prakesh dann das Rampenlicht erstürmt (wortwörtlich!) und die ersten Silben von „Ashes To Ashes“ anstimmt, klappen die Kinnladen sämtlicher Konzertbesucher bis an den Boden herunter. Da steht einer oben, der’s wirklich kann! Eine kraftvolle Stimme, die perfekt zu Shakra passt, ein Frontmann, der zu dieser Position geboren ist. Er versteht es, sein Publikum vom ersten Moment in seinen Bann zu ziehen und die ganze Show lang nicht wieder loszulassen. Dieser erste, fesselnde Eindruck hält sich das gesamte Konzert über. John setzt sämtliche Songs überzeugend um. Man merkt keinen Versuch, Mark Fox oder den ursprünglichen Sänger Pete Wiedmer zu kopieren, sondern John gibt allem eine vor Selbstvertrauen strotzende eigenständige Note. Zum Glück für die Songs jedoch nicht so „eigenständig“, dass dabei etwas ganz anderes herauskommt. Es sind immer noch Shakra, die die Bretter rocken. Und nicht nur immer noch, sondern eigentlich mehr denn je. Die Harmonie in der Band stimmt einfach wieder, man spürt die wiedergefundene Spielfreude, das wieder vorhandene Zusammengehörigkeitsgefühl. Auf der Bühne steht wieder eine Einheit, die sämtliche Power direkt ins Publikum überträgt.

An den meisten Songs hat man nicht großartig etwas verändert, ein paar neue Arrangements sind aber alle nur zum Vorteil. So darf sich sogar der meiner Meinung nach schlechteste Shakra-Song „Anybody Out There“ endlich eine echte Powerballade nennen und auch bei „Why“ schlafen mir nicht mehr die Füße ein. Doch abgesehen von den Balladen war die größte und positivste Überraschung „Out Of Control“. Der Song haut einen im neuen Tempo, in der neuen Härte schlicht von den Socken! Ein Highspeed-Kracher der Extraklasse ist das jetzt. Sogar Bassist Dominik Pfister darf ein Solo einbauen. Sehr innovativ war die Rap-Passage in „Walk On Water“. Vielleicht eher gewöhnungsbedürftig, diese Neuerung, aber in die Nummer passt der Part eigentlich noch ziemlich gut und eignet sich toll, das Publikum zu überraschen. Allerdings würde ich Shakra dringend davon abraten, diese Richtung in Zukunft zu stark weiterzuverfolgen, sondern bei ihren Wurzeln zu bleiben. Man erinnere sich an das Album „Fall“. Die Setlist hat keine großen Überraschungen gebracht (bis auf das schon erwähnte „Out Of Control“), man spielt Songs, die allesamt in den letzten Jahren mit dabei waren. Wie immer wünsche ich mir hier mehr Stücke von den ersten drei Scheiben. Auffällig ist jedoch, dass die drei längsten und aufwändigsten Shakra-Songs allesamt gespielt werden - „Trapped“, „Walk On Water“ und „The Journey“. Auch wenn sie für mich den jeweils besten Song auf dem jeweiligen Album darstellen und definitiv die gelungensten Nummern der Fox-Ära sind, finde ich es eher unpassend, gleich alle drei auf einmal zu spielen. Sie ziehen sich halt doch etwas in die Länge. Besser fände ich, immer nur einen davon zu spielen, und die dafür abzuwechseln.

Die knapp zweistündige Show endet mit dem obligaten „Rising High“, und darauf will auch wirklich niemand verzichten. Was wäre ein Shakra-Konzert ohne einer springenden Fanschar bei „Rising High“? Shakra hinterlassen mit dem heutigen Abend definitiv einen bleibenden Eindruck. John passt perfekt in die Band, stimmlich schlägt er alles und allem Anschein nach stimmt es auch menschlich zwischen den fünf Musikern - ein sehr wichtiger Faktor, denn das hat in letzter Zeit merklich gefehlt und macht jetzt aus Shakra endlich wieder eine Band. Der Start in die neue Ära ist auf der ganzen Linie geglückt und ich muss ehrlich sagen, das letzte Mal, wie ich Shakra so stark gefunden habe, war in der Zeit, als ich auf die Band aufmerksam geworden bin - vor ca 11 Jahren. Ein nettes Detail am Rande möchte ich euch auch nicht vorenthalten: Es war wirklich schön, mitanzusehen, dass auch der damalige Frontmann Pete Wiedmer anwesend war und seine helle Freude am Konzert hatte.

Setlist: Ashes To Ashes, Love & Pain, Let Me Lie My Life To You, Inferno, Walk On Water, Playing With Fire, Anybody Out There, Take Me Now, The Journey, Chains Of Temptation, Why, Why Don’t You Call Me, Trapped, Out Of Control, Medley Hands On The Trigger / Nothing To Lose, Now Or Never, Zugaben: The Other Side, Rising High