Livereview: Schandmaul
22. April 2009, Bierhübeli, Bern
By André G.
Im Jahre 2008 nach Christus erschien das mittlerweile sechste Album der Münchner Mittelalter-Formation Schandmaul. Es wurde auf den Namen „Anderswelt“ getauft. Nun, was ist eine Anderswelt? Damit beschreiben sie ein Paralleluniversum in dem man vom Alltag abschalten kann. Was in ihrer zehnjährigen Bestandeszeit für die Band immer wichtig war, ist die Tatsache: Weniger ist mehr. Textlich erzählen sie Geschichten für jedermann, die Lovestorys sind zwar in fernen Zeiten angesiedelt, wurden aber in die Gegenwart übertragen. Durch ihre speziellen Texte und Songs, die einfach jeden ansprechen können, ziehen sie auch ein bunt gemischtes Publikum zu ihren Konzerten an. Die aktuelle Tour steht nun ganz im Zeichen ihres Jubiläums. Als besonderes Schmankerl bieten sie den Zuschauern in jeder Spielstätte die Möglichkeit, per Voting die Setlist individuell zu gestalten.

Die Spielleute aus dem Süden von Germanien machten sich im Zuge ihrer Jubiläumstour auf einen Siegeszug durch den deutschsprachigen Europaraum auf. Ohne Vorband legten sie mit gut halbstündiger Verspätung los. Nach einem etwas wirren, halb Mittelalter- halb Elektro-Intro stiegen die Jungs und Mädels auf die Bretter. Die Bühne war bei den ersten Liedern eher dunkel und in Blau getaucht, was dem Ganzen zwar einen guten Touch gab, aber für uns Fotografen war es nicht besonders hilfreich. Hinzu kam, dass sich das Bierhübeli überlegen sollte, ob nicht doch ein Fotograben angebracht wäre: Es ist sehr schwer, Fotos zu machen, wenn die Halle so gefüllt ist wie an diesem Konzert, das aber nur kurz in eigener Sache. Die Fans feierten die Band vom ersten Takt an ab und rockten voll los. Die Stimmung war grandios und wurde der guten Laune und Spielfreude der Münchner voll gerecht. Auch vom musikalischen Klang und der Leistung her gab es absolut nichts zu bemängeln, das Ganze kam kräftig und druckvoll daher. Bass, Drums und Gitarre hielten sich mehrheitlich im Hintergrund sprich auf dem Drumpodest und überliessen die Show den beiden Frauen, Anna an der Violine sowie am Hurdy Gurdy und Birgit, die sich an den Flöten und Bagpipes zu schaffen machte. Was natürlich speziell zu erwähnen ist, sind die absolut schönen Kleider, in welche die zwei Ladys gewandet waren. Auch nicht zu übersehen war Frontmann Thomas, der, mit Gitarre bewaffnet, mit seiner Stimme die Zuschauer erfreute. Auch wenn ihre Musik, für meinen Geschmack im ersten Moment, etwas zu wirr klang, ergab jeder Song als Ganzes gesehen dann doch etwas Schlüssiges, das einen auch packte. Speziell auch die kurzen, einfachen Texte machten Spass, sie sich anzuhören. Thomas ging leider mit seiner melodischen und cleanen Stimme zeitweise etwas in den Klängen der anderen unter, und dadurch verstand man den Text manchmal nicht so richtig; aber das tat der Stimmung keinen Abbruch. Die Fans aus Bern hatten die Setlist per Online-Voting erstellt, und was dabei auffiel: Es waren viele romantische Songs darunter. Da waren wohl mehrheitlich Damen am Abstimmen. Neben den Liebesmelodien lag der Schwerpunkt auf den eher lustigen und fröhlichen Tracks, diese Songs animierten die Fans natürlich, zusätzlich mitzusingen, zu hüpfen und zu tanzen. Die Lichtshow wurde auch immer etwas bunter und tauchte mit Rot, Blau und Grün die Bühne in die richtige Stimmung zu den Songs. Als es um das „Geisterschiff“ ging, wurde es wieder düsterer und mit melancholischen, traurigen Klängen wurde es mysteriös. Zum Liedchen „Kein Weg zu weit“ erklärte Thomas, dass sie 1,5 Stunden lang das Bierhübeli gesucht hatten, weil das Navi ausgefallen war und die Zeiten der Strassenkarten im Handschuhfach vorbei seien. Bei „Vogelfrei“ ging es nochmals ordentlich rund im Zuschauerraum: Alle hüpften und sprangen in die Höhe und feierten, was das Zeug hielt. Ich glaube, das Bierhübeli ist an diesem Abend etwas mehr in die Nähe des Bahnhofs gestampft worden, es wurde bei jedem Song lautstark mitgesungen, dass es eine wahre Freude war. Was mir etwas auffiel, war die Tatsache, dass gewisse Melodien ein wenig in die Schlagerkategorie tendierten. Bei den wunderschönen Balladen wurden die Wunderkerzen gezündet, und die Leute lagen sich in den Armen. Nach einem ganz kurzen Drumsolo ging’s dann gleich noch mal amtlich los in die letzte Runde, bis nach insgesamt ca. eindreiviertel Stunden Konzerterlebnis dann der Vorhang geschlossen wurde und die Fans wie auch die Band glücklich und zufrieden nach Hause gingen.