Livereview: Saxon - Crimes Of Passion - Vanderbuyst
21. Mai 2011, Pratteln - Z7
By Rockslave
Leute! Fragt mich nicht, wie oft Saxon schon im Z7 aufgespielt haben, aber ich wage zu behaupten, dass es insgesamt bereits zweistellig geworden ist! Das britische Metal Urgestein hat die NWOBHM entscheidend begründet und geprägt. Obwohl in der Folge kommerziell gesehen nie so erfolgreich wie Judas Priest, Motörhead oder Iron Maiden, scherten sich die Briten um jeden Modetrend und zogen ihr Ding mit ein paar kleinen Richtungswechseln konsequent durch. Wichtig war dabei zum Beispiel die geile 95er Rille «Dogs Of War», als der Grunge zu Grabe getragen und die Szene mit allerlei obskurem Metal-Gedöns bevölkert wurde. Durch permanentes Touren und weitere guten Alben gewann der silberne Adler wieder sichtlich an Höhe, was an zahlreichen grossen Festivals wie Wacken, BYH!! oder aktuell dem Sweden Rock unter Beweis gestellt wurde. Das neuste Album «Call To Arms» bietet abermals bestes Kraftfutter für echte Metalheads und zeigt eindrücklich, wie gut Saxon derzeit sind und es noch eine Weile bleiben werden. Mit auf Tour waren die aufstrebenden Holländer Vanderbuyst und die bereits verblichenen Crimes Of Passion.

Vanderbuyst

Die Retro-Geschichte ist ansich schon eine Weile am Laufen und hat mittlerweile einige sehr interessante Acts wie Bigelf, The Devil's Blood, The Sword, Ghost, The Parlor Mob und zuletzt Graveyard hervor gebracht. Zu diesem nostalgisch gefärbten Reigen dürfen sich getrost auch Vanderbuyst zählen, die meinen musikalischen Nerv mit ihrem hammergeilen, selbstbetitelten Debüt voll getroffen haben! Das Trio um Mainman Willem Verbuyst (g/v), Jochem Jonkman (v/b) und Barry van Esbroek (d) agiert auf der CD schon sowas von frisch von der Leber weg, dass das live wohl noch besser daher kommen müsste! Und genau so war es dann auch und weil ich an diesem Abend bei der Anreise leider etwas getändelt hatte, stand ich Punkt 20.00 Uhr noch draussen, als es im Z7 drin schon ordentlich anfing zu rumpeln. Also nichts wie rein und in den Fotograben, wo ich Vanderbuyst förmlich explodieren sah und unweigerlich an Airbourne erinnert wurde. Da sich Bassist Willem ja auch noch um den Leadgesang kümmern musste, war sein Bewegungsradius um einiges eingeschränkter als der von Kollege Willem, der von Anfang an mit nacktem Oberkörper und seiner umgehängten Gibson Flying-V wie ein Berserker über die Bühne fetzte, wie ein Irrer rum poste und seine lange Matte stilgerecht in Bewegung versetzte. Die während den leider nur 30 zur Verfügung stehenden Minuten vorgetragenen Songs dürften wohl alle ab dem ersten Langeisen gewesen sein, denn so lange dauern diese nämlich, wenn einer dafür weggelassen wird! Das war für heute Abend eigentlich unvermeidlich und zum Glück blieben die Oranjes bei ihren eigenen Songs. Die angesprochene Vakanz ist nämlich das UFO-Cover «Rock Bottom», das nüchtern betrachtet eigentlich kaum der Rede wert wäre, aber wer sich diesen im Studio in einem Take (!) aufgenommenen Klassiker auf Konserve anhört, wird seinen Ohren nicht trauen, was die Jungs daraus gemacht haben! Über elf Minuten dauert dieser sackstarke Ohrgasmus und nicht nur deswegen war es für mich nach dem Opener Pflicht, mir beim Merchstand eines der wenigen, vorhanden Exemplare in gelbem Vinyl zu krallen!


Crimes Of Passion
Sie konnten einem schon etwas leid tun..., die Jungs von Crime Of Passion, denn nach dieser energiegeladenen Show zuvor hätte es unmittelbar danach gerade den Headliner gebraucht, um hier noch eine Schippe drauf legen zu können! Dies um so mehr, als dass bei den Briten, die übrigens nicht mit der gleichnamigen Band aus den Staaten zu verwechseln sind, vor allem oder eigentlich nur Sänger Dale Radcliffe für entsprechenden Reibach sorgt(e), auch optisch. Während seine Kollegen derweil kaum auffielen, ging der Sänger mit seinem Stirnband und der wallenden Mähne klar in Richtung Sleaze-, respektive Poser Rock. Da das neue Album noch nicht auf diese Tour hin veröffentlicht war, dürfte das meiste Material neben dem einen oder anderen neuen Song vom Debüt gewesen sein, das etwa 2008 erschienen ist. Damals spielten Crimes Of Passion ja an gleicher Stelle das erste CH-Konzert überhaupt als Support von White Lion. Deren CD (COP) fand den Weg auch zu mir und der eher metallastige Sound vermochte durchaus zu gefallen. Heute Abend schien die Chose aber nicht zünden zu wollen, denn trotz technischer Stärke und agilem Einsatz, der aber nicht mit Vanderbuyst mitzuhalten vermochte, kam bald einmal Langeweile auf. Die Songs plätscherten irgendwie ohne grosse Abwechslung vor sich hin und nur bei den halbballadesken Geschichten war der Gesang wirklich okay. Oben weg bekundete Herr Radcliffe sichtlich Mühe, die hohen Töne zu treffen. Da konnte er noch so rum posen, es wurde einfach nicht wirklich besser. Gegen Ende kam dann noch der Dio-Classic «Holy Diver» zu (eher zweifelhaften) Ehren, der allerdings schon immer, also auch 2008 im Repertoire stand und nun angesichts der traurigen Umstände wegen Ronnie's Tod vermeintlich passte. Dem war aber definitiv nicht so, denn ich und viele andere Z7-Besucher fanden diese Interpretation eher dürftig und letztlich echt unnötig an dieser Stelle. Crimes Of Passion hätten gescheiter einen weiteren, eigenen Track auspacken sollen. Nach ziemlich unspektakulären 35 Minuten ging das Licht wieder an und schon war das eben Gesehene und Gehörte vergessen. Wenn das neue Album, das eigentlich laut Homepage nächstens mal das Licht der Welt erblicken sollte, nicht ein deutliches, songwriterisches Zeichen setzt, wird man diese Truppe entweder als ewige Support-Band oder eventuell bald gar nicht mehr zu Gesicht bekommen.

Saxon
Mit der Aussage, in all den vergangenen Jahren eigentlich noch nie eine schlechte Show von Biff und Co. gesehen zu haben, setze ich mich kaum bis gar nicht in die Nesseln. Selbst als Bassist Nibbs Carter auf der letzten Tour privat bedingt nicht mit dabei war, machten Saxon einfach das Beste daraus und liessen mit Ersatz Yenz Leonhardt (Ex-Kingdom Come, Lacrimosa, Iron Savior u. a.) ihren mittlerweile ziemlich angewachsenen Backkatalog wirken. Heuer war man in alter Besetzung und Stärke unterwegs, um das bezüglich dem Release leicht verspätete, neunzehnte Studioalbum «Call To Arms» vor zu stellen. Bei solch einer Gelegenheit beweisen die Briten stets grosses Selbst-vertrauen, denn als Konzert- wie Album-Opener fungierte dem entsprechend gleich eine Neukomposition, die sich treffend «Hammer Of The Gods» nennt und einfach Saxon pur ist! Kaum angewärmt, folgte mit «Heavy Metal Thunder» eine der Metal-Hymnen, die zum Weltkultur-Erbe gehört! «Never Surrender» und «Motorcycle Man» zündeten dann schon früh den Turbo und liessen das Z7 in gewohnter Manier Kopf stehen. Die Party war initiiert und nun konnte ein weiteres Mal nichts mehr schief gehen. Mit traumwandlerischer Sicherheit steuerte der Headliner seinen Kahn durch alle metallischen Gewässer wie Untiefen und die Fans dankten es mit immer lauter werdendem Beifall. Unterstützt durch superbes Stagelight ("Hausmarke Z7") und viel Trockeneis wurde vor dem riesigen Backdrop mit dem Band-Schriftzug ein hammermässiges Konzert zelebriert, das keine Wünsche offen liess! «Rock'n'Roll Gypsy» stand zum Beispiel schon eine ganze Weile nicht mehr im Set und was es mit «Demon Sweeney Todd» auf sich hatte, fand ich erst jetzt heraus: «Sweeney Todd, the Demon Barber of Fleet Street» ist ein Musical, das in den 70er Jahren unter anderem in New York am Broadway aufgeführt wurde und 2007 mit Johnny Depp in der Hauptrolle als Kinofilm in unseren Lichtspielsälen lief. Der Song stammt übrigens vom Album «Into The Labyrinth» (2009) und gebärdete sich wie eine wilde Büffelherde. Getragener, aber nicht minder heavy wurde darauf eine meiner absoluten Lieblingshymnen überhaupt zelebriert: «The Eagle Has Landed»! Am diesjährigen "Sweden Rock" war gar der legendäre, alte Bühnenadler wieder mit dabei! Nach der musikalischen Traum-Landung des Adlers stellte «Chasing The Bullet» als vierte Neuvorstellung eindrücklich klar, wie stark Saxon immer noch sind und was es braucht, um die Hütte richtig rocken zu können. Das Gitarristen-Duo Scarratt/Quinn lieferte die gewohnten Riffs und Soli satt, während sich der wieder zurück gekehrte Nibbs Carter untrüglich in seinem Element fühlte und von Altmeister Nigel Glockler (d) die benötigen Beats erhielt. Zampano und Frontgaul Biff Byford bewies derweil, dass er mit seinen mittlerweile 60 Jahren (!) immer noch einer der besten und authentischsten Metal Shouter auf dem Planet Erde ist! Das letzte Drittel des Gigs gehörte dann natürlich vollständig der Abteilung "Klassiker", wovon «Crusader» mit einfachem, aber sehr wirkungsvollem, eigenem Stagelight in Form von Kreuzen aufwartete und ein Bild für die Götter absetzte. Den würdigen Schlusspunkt unter eine weitere, grandiose Show der Extraklasse setzte einmal mehr der unverzichtbare Longrunner «Wheels Of Steel» sowie der Moment, als Biff die ihm zugeworfene Schweizer Fahne mit dem Saxon-Logo in die Höhe streckte. Mögen diesem Metal-Urgestein hoffentlich noch ein paar kreative und aktive Jahre gegönnt sein, denn trotz unendlich vielen Nachahmern haben Saxon den Metal-Thron immer noch locker inne und werden diesen auch nach dem Ende ihrer Karriere nie mehr hergeben!

Setliste: «Intro» - «Hammer Of The Gods» - «Heavy Metal Thunder» - «Never Surrender» - «Motorcycle Man» - «Back In '79» - «Got To Rock» - «Dallas 1 PM» - «Call To Arms» - «Rock'n'Roll Gypsy» - «Demon Sweeney Todd» - «And The Bands Played On» - «Man And Machine» - «The Eagle Has Landed» - «Chasing The Bullet» - «Play It Loud» - «Denim And Leather» - «Princess Of The Night» -- «Crusader» - «747 Strangers in The Night» --- «Strong Arm Of The Law» - «Wheels Of Steel».