Livereview: Rose Tattoo - The Wild!

04. August 2019, Pratteln - Z7
By Rockslave
Duplizität der Ereignisse! Eigentlich könnte ich an dieser Stelle einfach einen Link zur Livereview vom 13.06.2018 platzieren, noch ein paar aktuelle Fotos heraus suchen und das Ganze wäre bereits erledigt. Wäre, denn obwohl das Billing heute Abend in der Tat identisch aufläuft, gibt es innerhalb eines Jahres ein paar Unterschiede zu verzeichnen. Zum einen spielten die "Tatts" heuer nicht unmittelbar wieder am "Sweden Rock" Festival, dafür die Support-Band The Wild! – Tja, so kanns gehen…, echt verrückt! Und genau so kamen mir die Kanadier im Vorjahr rein…, völlig überdreht und verrückt eben. Dieses negative Bild, das auch die Live-Rezi vom Z7 runter zog, wandelte sich erfreulicherweise im hohen Norden oben. Das ungestüme Element wurde zwar nach wie vor zelebriert, aber deutlich kompakter auf die Bühnenbretter gelegt. Bei Rose Tattoo entsteht jeweils auch eine ganze Menge Schweiss, doch ohne vergleichsweise extreme physische Anstrengungen. Frontmann und Band-Ikone Angry Anderson braucht für seine Show jeweils nur sein Mikrophon und die obligate Pulle Gingerwein, die bereits beim Betreten der Bühne nur noch etwa einen Viertel Inhalt vermittelte.

The Wild!
Wie im Vorwort bereits erwähnt, mussten sich die Canucks aus Kelowna (British Columbia) meine Anerkennung hart erkämpfen. Der Knopf löste sich für mein Empfinden am diesjährigen "Sweden Rock" Festival, wo man von der Ausgangslage eines Freiluft-Events her die insgesamt besseren Bedingungen vorfand, wie dem auch sei. Für heute Abend wurden die Karten aber nochmals neu gemischt, und aufgrund der Vorgeschichte vor Ort liess ich mich einfach mal überraschen. Die wilde Attitüde, die allein schon der Bandname mit sich bringt, obliegt vor allem Leadsänger Dylan Villain, der nebst seiner überschäumenden Energie eh die geborene Rampensau verkörpert. Flankiert wird er von The Kid an der Rhythmus-Gitarre, der für das tägliche Herrichten seines schön gezwirbelten Schnauzes wohl länger im Badzimmer steht als meine Wenigkeit. Auf der anderen Seite steht mit Bassist Lucas 'Boozus' eine weitere coole Socke, dessen langer Bart allerdings nicht ganz zur Gesamtoptik passt. Vervollständigt wird das Quartett durch Drummer Crash Anderson, der dem wilden Rock'n'Roll geschuldet mächtig Dampf hinter seinen Kesseln und Cymbals erzeugte. Zusammen legten die Jungs einen wiederum beherzten Set hin und spielten Songs aus ihren beiden bisherigen full length Alben «GxDxWxB» (2015) und «Wild At Heart» (2017). Interessanterweise wurde dem älteren Material im Verhältnis zwei zu eins mehr Aufmerksamkeit geschenkt . Wie üblich, wenn einem etwas gefällt, steht spätestens nach dem Konzert jeweils der Gang hin zum Merchstand an, und da ich mir gleich beide Silberlinge zulegte, ist das Fazit klar. The Wild! haben die Kohlen sprichwörtlich aus dem Feuer geholt und mich doch noch überzeugt. Als Zückerchen oben drauf feierte Drummer Crash am heutigen Abend noch seinen Geburtstag, zu dem es hinter der Bühne wohl noch ein Stück Kuchen oder eher eine zusätzliche Büchse Bier gab. Nach rund fünfzig Minuten verabschiedeten sich die kanadischen Rock'n'Roller vom gut aufgeheizten Publikum (etwa 300 Leute, vielleicht auch ein paar mehr) und empfahlen sich für weitere Grosstaten.

Setliste: «Roadhouse» - «Best In The West» - «Banger» - «Slow Burn» - «666» - «What About You?» - «Straight To Hell» - «Ready To Roll» - «Party Til You’re Dead».

Rose Tattoo
Eigentlich ist es ja schon ein Wunder, dass diese Band immer noch unterwegs ist. Sie wird es hingegen unvermittelt nicht mehr sein, wenn Frontmann Gary "Angry" Anderson, der übrigens um Mitternacht auf seinen 72. Geburtstag anstossen konnte, dereinst mal den Löffel abgibt. Das klingt jetzt womöglich etwas unflätig, aber es ist anzunehmen, dass gewisse innere Organe des Australiers, namentlich die Leber, das Leibgetränk in Form des Ginger Weins der Marke "Stone's" nicht so lieben wie der kleine Mann mit seiner unnachahmlichen Reibeisenstimme. Nichtsdestotrotz kann die Rock-Ikone aus Down Under, sobald er auf der Bühne steht, locker auf Betriebsmodus umstellen. Wo andere kläglich scheitern würden, liefert Angry nach wie vor hochkarätig ab. Begleitet von seinen aktuellen Bandmates, bestehend aus Dai Pritchart (g), Bob Spencer (rhythm g), Mark Evans (b, Ex-AC/DC!) und Jackie James Barnes (d), wurde der immer noch urwüchsige Sound nach allen Regeln der Kunst zelebriert. Im Zentrum der erweiterten "40 Years Anniversary" Tour stand auch heuer das legendäre selbstbetitelte Debüt von 1978. Nicht weniger als sieben von total zehn Songs standen deshalb auch auf dieser Tour noch auf dem Menüzettel. Das fing an mit dem Opener «Bad Boy For Love» und endete mit dem Album Raus-schmeisser «Astra Wally» als letzte Zugabe.

Dazwischen performte die routinierte Live-Band praktisch nur Hits und der Ginger Wein verdunstete dabei ziemlich rasch. Dass sich dieser in reichlicher Form angesammelt hatte, führte wohl auch dazu, dass Angry kaum bis gar nicht darauf reagierte, als er sich mit dem Mic, nach einem unbeabsichtigten Schlag, eine sichtbar blutende Wunde an seinem kahlen Kopf einfing. Mehrere Blutrinnsale liefen ihm quer über das Gesicht und sorgten für eine bizarre Szenerie. Musikalisch litt nichts darunter, im Gegenteil. Während der Leadsänger einmal mehr wieder alles gab, schwelgten die Fans auf "Wolke Sieben" und genossen "pure Tatts" eben, rau, bluesy und unverfälscht wie eh und je. Der Althit «Rock 'n' Roll Outlaw» liess mich dann einmal mehr an die kultige Radio-Sendung «Musik aus London» mit François "FM" Mürner erinnern, der diesen Ohrwurm vom Debüt im Release-Jahr 1978 spielte, was auch schon eine ganze Weile her ist. Nach dem obligaten Must-Track «Nice Boys (Don't Play Rock 'n' Roll)», zu dem das Z7-Publikum echt steil abging, war gemäss Setliste Ende Gelände. Da die Zugaberufe aber nicht abebbten, gab es mit dem zusätzlichen Klassiker «Astra Wally» nochmals ein letztes fettes Pfund auf die Lauschklappen. Nach knappen 85 Minuten ging die kultige Aussie-Sause viel zu schnell zu Ende und schrie schon nach dem Ausklingen der letzten Töne nach einer möglichst baldigen Wiederholung!

Setliste: «Bad Boy For Love» - «Scarred For Life» - «One Of The Boys» - «Assault & Battery» - «Tramp» - «Rock 'n' Roll Outlaw» - «The Butcher And Fast Eddy» - «Once In A Lifetime» - «Rock 'n' Roll Is King» - «Sweet Love» - «1854» - «Snow Queen» - «We Can't Be Beaten» - «Nice Boys (Don't Play Rock 'n' Roll)» - «Astra Wally (stand nicht auf der Setliste!).