Livereview: Rock Meets Classic - Tour 2015

17. März 2015, Sursee – Stadthalle
By Rockslave

Die ersten zwei Veranstaltungen in dieser Reihe fanden 1993 und 2002 statt und sind also keine Neuerscheinung in der Szene. Dennoch setzte die allgemeine Wahrnehmung erst ab dem Comeback von 2010 ein, denn seither gab es die „Rock Meets Classic“ Show jedes Jahr. Bis auf die Ausgabe von 2014 habe ich die Reihe nun vier Mal verfolgt und ich weiss echt nicht, ob es noch ein fünften Besuch von mir absetzen wird. Die ersten beiden Konzerte überschnitten sich ja bereits mit Lou Gramm und Dan McCafferty und so hörte man mehr oder weniger die gleichen Songs. Mit Ian Gillan von Deep Purple holte man sich indes einen weiteren Hochkaräter rein, der aber mittlerweile, inklusive der aktuellen Show von 2015, bereits zum dritten Mal aufgeboten wurde. Das bedeutete natürlich ebenso, dass Leute, die alle drei Shows mit Gillan gesehen haben, mehr oder weniger dasselbe Material zu Gehör kriegten. Heuer waren mit Rick Parfitt (Status Quo), Eric Martin (Mr. Big), John Wetton (Asia) und Gianna Nannini (als doch eher selten gesehene Künstlerin) immerhin mal ein paar neue Gesichter am Start. Letztere ist inzwischen ennet der 60 Jahre angelangt und zeigte, wie gut sie immer noch ist!

Rock Meets Classic

Zwei Tage zuvor fand der gleiche Anlass im Zürcher Hallenstadion statt, wobei da, wie das letzte Mal schon, nur die halbe Halle hergerichtet wurde. Das lässt somit den Rückschluss zu, dass man damit die ganze Halle nie voll kriegen würde. Im Gegensatz dazu gestaltete sich die Stadthalle in Sursee als der geeignetere Ort, da grundsätzlich kleiner. Obwohl optisch ordentlich gefüllt, war nicht zu übersehen, dass man auch hier klar nicht von „sold out“ sprechen konnte. Das gewohnte Gewusel im Foyer suggerierte mindestens vor dem Anlass, dass dennoch viele Besucher gekommen waren. Da die Aussentemperaturen der Jahreszeit entsprachen, also relativ mager waren, füllte sich die Garderobe augenscheinlich ziemlich rasch. Nachdem sich die Sitzplätze langsam füllten, kam der Anfang des Konzertes immer näher. Nachdem mir dann mitgeteilt wurde, wie die Regeln für die Fotographen vor Ort sind, konnte es losgehen! Bevor Mainman und Strippenzieher Mat Sinner den ersten Gast (Marc Storace von Krokus) ansagte, spielte das „Bohemian Symphony Orchestra“ aus Prag den bekannten Queen-Song «Show Must Go On» als Show-Opener. Warum dann allerdings «Thunderstruck» von AC/DC und kein Krokus-Stück gespielt wurde, fand ich seltsam bis befremdlich, zumal es ja genügend Alternativen gegeben hätte. Zudem konnte Marc nach dem zweiten Song bereits Pause bis zum Finale Pause schieben. Danach kam John Wetton von Asia, den ich, zusammen mit dem Rest des Original-Lineups, vor gut fünf Jahren in Winterthur gesehen hatte.

Zusammen mit dem Orchester klangen die vier vorgetragenen Lieder, darunter natürlich auch der Rockklassiker «Heat Of The Moment» ganz ordentlich. Das Publikum wurde hiermit erst langsam warm und darum war der Applaus nicht viel mehr als anteilnehmend. Dies änderte sich dann schlagartig, als Eric Martin von Mr. Big auf die Bühne kam. Nebst seinem grundsätzlich agilen Auftritt überzeugten hier vor allem das bekannte Cover «Wild World» von Cat Stevens und die einstige Erfolgsballade «To Be With You», wo dann endlich mal was los war in der Stadthalle. Nach einem Intermezzo des Orchesters folgte mit der italienischen Rockröhre Gianna Nannini der erste, gefühlte echte Höhepunkt des Abends. Es dürfte eine ganze Weile her sein, seit die mittlerweile über 60-jährige (!) Powerfrau aus bella Italia das letzte Mal in der Schweiz auftrat. Und nun, respektive endlich, kam Leben in die Bude und innert Minutenfrist sprangen gleich um die dreissig Leute auf, die dann unmittelbar vor der Italienerin abtanzten. Mit dem alten Smasher «Bello E Impossibile» zog Gianna das erwachte wie begeisterte Publikum voll auf ihre Seite. Das gleiche Bild gab auch «Latin Lover» ab und liess die körperlich eher kleine Sängerin ganz gross aussehen. Die in meinen Ohren völlig unglücklich gewählte Dorffest-Hymne «Volare» hätte es allerdings nicht gebraucht! Da hätten weitere Hits wie «I Maschi» oder «Voglio Fare L’Amore» besser gepasst, seis drum. Am 05. Juli 2015 wird Gianna Nannini in Kestenholz (CH) am „Live at St. Peter“ übrigens als Headlinerin auftreten und wiederum alles geben.

Nach einer Pause von knapp zwanzig Minuten stand das Orchester erneut im Mittelpunkt und interpretierte den Meat Loaf Schmachtfetzen «I Would Do Anything For Love» in opulenter Weise, ehe Mat Sinner mit sichtlicher Freude Rick Parfitt von Status Quo auf die Bühne bat. Nun konnte sich das unterstützende Gitarren-Duo mit Oliver Hartmann und Alex Beyrodt in die entsprechenden Posen stürzen, wie man das von früher her kannte. Die Chose entwickelte insgesamt allerdings zu wenig Druck und verpuffte etwas. «Rain» und «Down Down» gerieten dennoch ordentlich und das obligate «Rockin' All Over The World» liess den Stimmungspegel erwartungsgemäss wieder ansteigen. Dass man hierzu dann plötzlich aber nicht mehr in die Nähe der Bühne durfte, war schlicht kleinlich und lächerlich. Nach der «Frantic»-Tour 2013/2014 im Original-Lineup und dem unvergesslichen Hammerkonzert im Londoner Apollo Hammersmith (15.03.2013) ist dieses Kapitel für mich jedoch so oder so abgeschlossen. Mit dem Filmmusik-Thema von «Mission Impossible» demonstrierte das eingespielte Ensemble mit vornehmlich jüngeren MusikerInnen noch ein letztes Mal, wie viel Spass ihnen dieses mehrjährige Engagement inzwischen bereitet. Mein ganz persönlicher Höhepunkt folgte erst jetzt mit Deep Purple Frontmann Ian Gillan. Wenn man dann sieht, wie fit der bald 70-Jährige immer noch aussieht, könnte man schon glatt etwas neidisch werden.

Als Gitarrist Alex Beyrodt sich mental in den „Ritchie Blackmore“ Modus versetzte und der unverwüstliche Kracher «Highway Star» in die Gänge kam, merkte man bald, dass sich diese Musik auch in diesem Rahmen bestens entfalten kann. Gillans Stimme war an diesem Abend absolut auf der Höhe und es war einfach nur Genuss pur, ihm zuzuhören! Als vor «Perfect Strangers» unerwartet, respektive verteilt auf etwa fünf bis sechs Meter der Bühne, Gasflammen in die Höhe züngelten, war klar, warum dass nun niemand mehr davor stehen durfte. Der Hit des gleichnamigen Reunion-Albums von 1984 hätte zwar auch ohne diesen Gimmick gezündet, aber optisch blieb die Wirkung auf das Auge des Betrachters nicht aus. Gemächlicher, aber nicht weniger eindringlich unterstrich «When A Blind Man Cries» wie verdammt gut diese Jahrhundert-Ballade immer noch ist und ohne Ians kultige Gesangsstimme undenkbar wäre. Ein spezieller Moment brach mit «Hush» an, denn da erinnerten sich unweigerlich einige Leute (ich inklusive) an Gotthard, als der unvergessene Steve Lee (R.I.P.) diesen Live-Klassiker an genau diesem Ort in seiner unnachahmlichen Art vortrug. Der zweiletzte Song des Abends war «Black Night», der, wie überhaupt alles vom „Purple-Set“ an diesem Abend mehr als nur optimal intoniert wurde. Trotzdem müsste man sich für die künftigen Shows (2016 wird es mit „RMC“ definitiv weiter gehen) mal was Neues an Bord holen, selbst wenn der traditionelle wie abschliessende Allstar-Auflauf zu «Smoke On The Water» kaum zu toppen sein wird. Den Besuchern scheint die Ausgabe 2015 auf jeden Fall sehr gefallen zu haben, was die orchestrierte Mat Sinner Band ebenso gefreut haben dürfte.

Setliste:
Opener 1 – mit Streichern und Orchester – «Show Must Go On (Queen-Song)» - Marc Storace (Krokus) - «Thunderstruck (AC/DC-Song)» - «Long Stick Goes Boom (Krokus-Song)» - John Wetton (ASIA) - «Only Time Will Tell (Asia-Song)» - «The Smile Has Left Your Eyes (Asia-Song)» - «Don't Cry (Asia-Song)» - «Heat Of The Moment (Asia-Song)» - Eric Martin (Mr. Big) - «Take Cover (Mr. Big-Song)» - «Wild World (Cat Stevens-Song)» - «Just Take My Heart (Mr. Big-Song)» - «To Be With You (Mr. Big-Song)» - «Green-Tinted Sixties Mind (Mr. Big-Song)» - «Intermezzo – Bohemian Symphony Orchestra Prag» - Gianna Nannini - «America» - «Bello E Impossibile» - «Dio E Morto» - «Latin Lover» - «Volare».

Pause (circa 15 - 20 Minuten)

Opener 2 – Orchester – «I Would Do Anything For Love (Meat Love-Song)» - Rick Parfitt (Status Quo) - «Whatever You Want (Status Quo-Song)» - «In The Army Now (Bolland & Bolland-Song)» - «Rain (Status Quo-Song)» - «Down Down (Status Quo-Song)» - «Rockin' All Over The World (John Fogerty-Song)» - Bohemian Symphony Orchestra Prag – «Mission Impossible-Theme» - Ian Gillan (Deep Purple) – «Highway Star (Deep Purple-Song)» - «Strange Kind Of Woman (Deep Purple-Song)» - «Perfect Strangers (Deep Purple-Song)» - «When A Blind Man Cries (Deep Purple-Song)» - «Hush (Billy Joe Royal-Song)» - «Black Night (Deep Purple-Song)» - «Bonus: Smoke On The Water (Deep Purple-Song)» - Finale mit Eric Martin, Gianna Nannini, Rick Parfitt, John Wetton und Marc Storace).