Livereview: Pristine - The Konincks

31. März 2017, Oberentfelden – Böröm Pöm Pöm
By Rockslave
Vor etwas mehr als einem Jahr waren Pristine als Support der Blues Pills auf Tour, und mir war es vergönnt, die Hammer-Band aus Norwegen als Support des mittlerweile etablierten Headliners das erste Mal live zu erleben. Die Vorfreude war gross, weil ich für einmal rechtzeitig über einen aktuellen YouTube-Clip («Bootie Call») gestolpert war, der meine musikalischen Sinne umgehend erreichte, nein geradezu elektrisierte, als ich mir den Rest des Albums auch angehört hatte. Dafür verantwortlich waren in erster Linie die psychedelischen Songs auf «Reboot», dem dritten Album. Was da an Hammond-Orgel geschwängertem Retrosound aufgefahren wird, ist schlicht und einfach genial. Doch Pristine sind vielseitig und loten ihre Musik im gesetzten Genre ohne Scheuklappen aus. Auf den ersten beiden Alben «Detoxing»(2011) und «No Regret» (2013) wird nämlich noch deutlich mehr dem Blues Rock gefrönt, und wo der Weg in die Zukunft hinführen könnte, blitzte beim heutigen Konzert bereits auf! Nebst der klassischen Retro-Mucke überraschten neben den bewährten Roots mitunter ein paar funkige Elemente, die dieser exzellenten Live-Band jedoch bestens zu Gesicht standen.

The Konincks

Als Support für Pristine konnte die Schweizer Band The Konincks aus der Region Luzern/Zofingen verpflichtet werden. Mir bisher völlig unbekannt, nahm ich zur Kenntnis, dass die vierköpfige Gruppe mit Frontfrau Julia Herzog (v), Mike Wegmüller (g), Marc Wermelinger (b) und Philipp Kost (d) unter anderem mal mit Richie Kotzen (Ex-Poison, The Winery Dogs) auf Tour war. Das ist ja schon mal was und weitere solche Gelegenheiten werden sicher noch folgen. Mit der EP «Electric Brew» (2014) und dem full lenght Debüt «While I’m Listening To My Breath» (2015) wurden erste Duftmarken gesetzt. Aktuell ist mit «Daytime/Nighttiime» eine neue (Digital-) Single am Start, die mehr für das steht, was die junge Band in naher Zukunft zu machen gedenkt: lautere Musik! Bisher waren die Stücke getragener und bluesiger aufgebaut, mitunter auch tief in den 70ern angesiedelt. Ein Vergleich mit (der jüngeren) Patti Smith, wie auf der offiziellen Band-Homepage genannt, ist dabei durchaus zulässig. Im Mittelpunkt steht klar Julia, die über eine tolle Ausstrahlung und ausdrucksstarke Stimme zugleich verfügt. Weiterer Aktivposten ist Gitarrist Mike, der sich zu Beginn noch etwas zugeknöpft gab, aber in der Folge richtiggehend aufwachte und immer ungestümer aufspielte. Dann und wann kamen mir dabei Jimi Hendix und vor allem Pete Townsend (The Who) in den Sinn. Der Junge zog wirklich geil von Leder, während die Rhythm-Section zwar unauffälliger, aber nicht minder effektiv war und The Konincks als eingespielte Einheit auftrumpfen konnten. Unter dem Strich fehlte es trotz unbestreitbarer Attitude noch etwas an griffigeren Songs. Teils plätscherte die Mucke eher blass vor sich hin, aber dank der starken Leadsängerin wurde dies weitgehend wettgemacht. Bleibt nun also abzuwarten, wie die dereinst neue Scheibe, von der man heute Abend bereits was live serviert bekam, mal klingen wird. Der talentierte CH-Vierer ist auf jeden Fall ein roher Diamant, der, wenn er den richtigen Schliff erhält, auch international was reissen könnte.

Setliste: «Daytime/Nighttime» - «Backwards» - «Rain» - «Better» - «Lied To You» - «Bad Timing» - «Doing Fine» - «Willow Creek» - «Shot Down».


Pristine
Der Headliner ist da schon ein paar Fjorde weiter, und im Vorfeld der vierten Scheibe mit dem Titel «Ninja», die anfangs März zumindest mal fertig aufgenommen wurde, sind Pristine nochmals auf einer kleinen Tour unterwegs. Nachdem ich die Show in der Kufa in Lyss im letzten November ausliess, musste ich nun zwingend wieder einmal ins Böröm nach Oberentfelden. Der letzte Besuch lag eh schon eine Weile zurück. Da traf es sich natürlich prima, dass sich eine meiner jüngeren Lieblingsbands dort die Ehre gab. Was ich bezüglich dem Publikumsaufmarsch vermutete, aber natürlich nicht bestätigt sehen wollte, trat dennoch ein. Nur gerade mal so um die vierzig bis vielleicht knapp fünfzig Nasen herum fanden an diesem Freitagabend den Weg in den Aargau. Nachdem sich schon The Konincks von dieser vergleichsweise spärlichen Fankulisse nicht beirren liessen, stellte das auch für Pristine natürlich keine Hürde dar, im Gegenteil! Kaum auf der Bühne stehend, versprühten Heidi Sohlheim und ihre Jungs sogleich ein Feuerwerk an Freude und Leidenschaft, was sich umgehend auf die vorgetragene Mucke übertrug. Im Zuge dessen, dass weder Begleitmusiker Benjamin Mørk noch seine Hammond Orgel zu sehen waren, hatte ich bald die Gewissheit, dass meine beiden Lieblingssongs der Nordländer, nämlich «All I Want Is You» und «The Middleman» nicht gespielt werden…, und so kam es dann schliesslich auch. Der kleine Missmut darüber wich aber bald, und ob dieser energiegeladenen Performance konnte sich meine Laune ja nur zum Besseren hinwenden.

Auch ohne die psychedelischen Album-Tracks, zu denen der Titeltrack «Reboot» eigentlich ebenso gehört, wurden dennoch fünf Songs daraus gespielt und vier von «No Regret», während das Debüt diesmal gar nicht bedacht wurde. Damit wurde Platz für Neues geschaffen, und dazu gehörte erstmalig «Ninja» als kommender Titelsong, ergänzt um zwei weitere Tracks, die eher wieder rockiger als psychedelisch daher kamen. Mehr noch verblüfften, wie bereits im Vorwort erwähnt, ein paar fetzige Funk-Rhythmen. Das anwesende Publikum liess sich schon bald in beste Stimmung versetzen, was Heidi mehr als einmal lobend erwähnte. Dies dürfte auch der Grund dafür gewesen sein, dass mit «Bootie Call» noch eine Zugabe angehängt wurde, die ursprünglich nicht auf der Setliste aufgeführt war. Mein Fazit am Schluss fiel durchaus positiv aus, auch wenn mir persönlich noch das psychedelische Sahnehäubchen im Geiste von Jim Morrison & Co. gefehlt hat. Zu meiner Verwunderung grüsste mich Drummer Kim Karlsen umgehend nach dem Konzert im Vorbeigehen und schien sich offensichtlich an das Zusammentreffen im Kofmehl, respektive das gemeinsame Foto zu erinnern. Während dem Konzert gab Heidi zudem zu verstehen, dass die Norweger ein herzliches Volk seien, das stets den nahen Kontakt zu den Menschen suche. Dass dem wirklich so ist, bewies die sympathische Powerfrau bald darauf, als sie mich beim Verabschieden am Merchstand spontan umarmte! Eine unerwartete Geste die zeigt, dass diese bodenständige Top-Band ohne jegliche Egos auskommt.

Setliste: «Carry Your Own Weight» - «California» - «Don't Save My Soul» - «Ninja» - «No Regret» - «Louis Lane» - «She Won» - «You Are The One» - «Tell Me» - «Derek» - «Rebel Song» -- «Bootie Call.