Livereview: Nightwish - Battle Beast - Eklipse
24. April 2012, Zürich - Hallenstadion
By Rockslave (rsl) & Liane P. (lia) - All Pics by Rockslave
Vier lange Jahre mussten die Fans von Nightwish auf neue Songs ihrer erklärten Lieblinge warten. Im letzten November war es dann endlich soweit, dass die songwriterischen Ergüsse des Tuomas Holopainen in Form von «Imaginaerum» den Weg an die Öffentlichkeit fanden. Studio-Album Nummer sieben ist gleichzeitig das erste "richtige" Album mit Tarja-Nachfolgerin Anette Olzon, die bei «Dark Passion Play» (2007) lediglich den Karaoke-Part bekleiden durfte. Was damals zum Umfeld oder besser gesagt noch zu den Nachwehen des eher unrühmlichen Ausscheidens von Frau Turunen gehörte, ist nun längst Vergangenheit. Gestählt durch unzählige Konzerte hat sich Anette Olzon bestens in die Band integriert und das ist vorab das auch grosse und deutlich hörbare Plus der neuen Scheibe. Diese sorgte bei ihren Anhängern grundsätzlich abermals für Freude, doch der deutliche Hang in Richtung Filmmusik und das Fehlen von Bombast im Sinne von «God Bless The Child» gefällt nicht allen gleich gut. Nichtsdestotrotz gaben sich die Finnen bei ihrem Schweizer Konzert keine Blösse und knapp ziemlich gut gelaunte 11'000 Fans bekamen genau das, was sie sich erhofft hatten, nämlich eine fette Show. Eklipse und vor allem Battle Beast sorgten derweil für abwechslungsreichen Support-Sound. (rsl)

Eklipse

Das weibliche Streichquartett Eklipse aus Deutschland eröffnete den Abend um 18.50 Uhr und unterhielt das langsam eintrudelnde Publikum eher mit optischen Reizen als mit musikalischer Virtuosität. Einige Leute hatten sich bereits vor der Bühne versammelt, doch der grösste Teil der Zuschauer befand sich zu dieser Zeit entweder noch im Stau oder beim Bier trinken an den Bars des Hallenstadions. Ich finde, gross verpasst hatten die nicht wirklich etwas. Wie auch bereits auf ihrem ersten Album «A Night In Strings» bewiesen wurde: Die Musik der vier Damen ist mittelmässig bis unspektakulär und bot auch meiner Meinung nach live keinen grossen Höhepunkt. Bekannte Pop- und Rocksongs wie zum Beispiel «Paparazzi» von Lady Gaga oder «Clocks» von Coldplay wurden im kammermusikalischen Kleid präsentiert, dazu trug man Strapse und kürze Röckchen. Mit den zwei Violinen, einer Bratsche und einem Cello schafften die mysteriösen Ladys jedoch eine besinnliche Einleitung zu der geballten Ladung an Energie, die danach noch folgen sollte. Schwelgerisch und verträumt liessen sie die zarten Finger über ihre Streichinstrumente gleiten und verzauberten mit der instrumentalen Klassik vielleicht doch den einen oder anderen Zuschauer in den ersten Reihen. Die artverwandten Apocalyptica spielen da jedoch in einer ganz anderen Liga! Nun ja, die Damen sind nebst ihrer offensichtlichen Jugendlichkeit ja noch am Beginn ihres Wirkens. (lia)

Battle Beast
Die Dampfwalze aus Helsinki, Finnland hatte da wesentlich mehr zu bieten: «Enter The Metal World» - was eine Hymne! Absolut stark! Battle Beast rissen das Publikum schneller wie der Blitz aus der Frühjahresmüdigkeit und feuerten originalen 80er Heavy Metal direkt in die Fresse! Flatsch! Ich behaupte Nitte Valo ist die Reinkarnation von Ronnie James Dio in weiblicher Form. Ich kann mich wirklich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal eine Frau am Gesang erleben durfte, die mit solcher Wucht und solcher Power schon beim allerersten Ton voll überzeugte. Die Stimmgewalt der kleinen Finnin regierte das Hallenstadion in kürzester Zeit und lockte das Volk scharenweise aus den Löchern und schwubbs war die Halle plötzlich voll! Nicht nur auf dem aktuellen Album, sondern auch live schaffte sie es, ultra hohe wie auch tiefe Töne, punktgenau zu treffen und wirbelte dabei wie ein Tornado über die grosse Bühne des Hallenstadions. Ihre Screams waren schlicht die Sensation des Abends für mich. Auch die fünf Herren, die sie um sich scharte, erbrachten eine astreine Perfor-mance. Der Beweis für meine Euphorie lieferte das nachträgliche Erlebnis an den Merchandising-Ständen: Battle Beast CDs? Restlos Ausverkauft! Und die Anfrage war enorm, sie hätten wahrscheinlich nochmals so viel verkaufen können. Was für ein traumhafter Start für die erst 2008 gegründete Band, die mit «Steel» in diesem Jahr ihr erstes Album veröffentlich hatte. Weltklasse! Bisher DIE Neuentdeckung des Jahres 2012! (lia)

Setliste: «Justice And Metal» - «Armageddon Clan» - «Cyberspace» - «Steel» - «Iron Hand» - «Victory» - «Enter The Metal World» - «Show Me How To Die».

Nightwish
Auch meine Wenigkeit war immer noch ziemlich geplättet von dem, was Battle Beast soeben aufgeführt, respektive abgeliefert hatten. Einfach grandios und der Headliner des Abends konnte sich sicher sein, dass nun auch sein Publikum bereit für die Hauptshow war. Noch immer hinter einer Art Vorhang kam als Erster Bassist/Sänger Marco Hietala auf die Bühne, setzte sich hin und sprach/sang das Intro, ehe es dann vor allem lichtgewaltig mit «Storytime» bereits voll abging. Die durchschnittlich eher jüngeren Fans antizipierten von Anfang an und sorgten schon bald für eine tolle, bis zum Schluss hin anhaltende Stimmung im Hallenstadion. Auch wenn es nicht ganz für ein "sold out" gereicht hatte, bekam man dennoch das Gefühl, dass die Halle sehr gut gefüllt war. «Wish I Had An Angel» und «Amaranth» kamen schon früh im Set und sorgten für Begeisterung. Das Gegenteil im Sinne von schon fast andächtigem Zuhören löste die unerwartet gespielte Swing-Nummer «Slow, Love, Slow» aus, bevor das stimmgewaltige und folkig gewürzte «I Want My Tears Back» (mit Troy Donockley als Gastmusiker) sich als künftiger Hit empfahl. Das Bühnenbild war auf der letzten Tour opulenter, aber das Pfeifen- und Röhrengebilde, auf dem Tuomas Holopainen mit seinen Tastenins-trumenten thronte, sah echt geil aus. Das galt ebenso für die diversen Pyro-Effekte, wovon rotfarbene Gassalven im Takt des Keyboards ein besonders lebendiges Bild ablieferten. Ein grosse, elektronische Bildwand lieferte derweil thematisch, also zum Cover Artwork von «Imaginaerum» passende Einspielungen wie den Lunapark. Die beiden Balladen «The Crow, The Owl And The Dove», «The Islander» und die gelungene akustische Umsetzung von «Nemo» gehörten ebenso zu den Highlights, wie typische Nightwish Rocker der Marke «Ghost River». Die perfekt adaptierte Cover-Version vom Gary Moore Klassiker «Over The Hills And Far Away» bekam durch eine kurze Würdigung des leider viel zu früh verstorbenen Gitarren-Virtuosen noch mehr Gewicht. Danach machten sich Nightwish erst mal vom Acker, um nochmals für drei Zugaben zurück zu kehren, wobei das überlange «Song Of Myself» und als Schlusssong «Last Ride Of The Day» (beide vom neuen Album) aufzeigten, wie viel Selbstvertrauen die Band ihrem neuen Material entgegen bringt. Dass bei gut 105 Minuten Spielzeit einige Hämmer der Vergangenheit auf der Strecke blieben, war nicht zu verhindern. Trotzdem vermochte dieser gelungene Auftritt von Nightwish sehr zu gefallen und sorgte zumindest für meine Begriffe für überdurchschnittlichen Zuspruch des Publikums, was an dieser Stelle leider nicht sehr oft der Fall ist. (rsl)

Setliste: «Taikatalvi (Intro)» - «Storytime» - «Wish I Had An Angel» - «Amaranth» - «Scaretale» - «Slow, Love, Slow» - «I Want My Tears Back» - «Come Cover Me» - «The Crow, The Owl And The Dove» - «The Islander» - «Nemo (acoustic)» - «Last Of The Wilds» - «Planet Hell» - «Ghost River» - «Dead To The World» - «Over The Hills And Far Away (Gary Moore Cover)» -- «Finlandia (Jean Sibelius Cover)» - «Song Of Myself» - «Last Ride Of The Day».