Livereview: Nazareth - Chickenhouse
20. April 2008, Pratteln Z7
By Rockslave
Dieses Bandpackage gastierte in dieser Zusammensetzung nicht das erst Mal in der heiligen Halle des Z7. Genau genommen war es bereits das vierte Mal. Das lässt auf Kontinuität schliessen und warum soll man etwas, was funktioniert, nicht beibehalten? Eben! Dennoch gab es am heutigen Abend eine andere Ausgangslage als sonst, und zwar dass Nazareth als Headliner nicht nur gewohnt souverän aufspielten, sondern nach langen zehn Jahren seit dem letzten Release «Boogaloo» mit «The Newz» ein brandneues Album vorstellten. Diese Zeit war einerseits geprägt vom Abschiednehmen des damals mitten auf der US-Tour verstorbenen Ur-Drummers Darrell Sweet (R.I.P.) und einer generellen Durststrecke ohne Plattendeal. 2008 ist das zur grossen Freude von Dan McCafferty und Co. wie der treuen Fans weltweit Geschichte und es bleibt zu hoffen, dass die jetzige Besetzung bis zur ehrenvollen Schlussrunde noch ein paar Mal im Pratteln aufkreuzen wird!

Chickenhouse
Die unverwüstlichen Emmentaler Bluesrocker, die seit dem Zugang von Gitarrist und Songwriter Jim Bows stärker denn je sind, freuten sich diebisch auf den heutigen Auftritt. Einerseits der inzwischen lieb gewonnenen Tradition als Anheizer der Schottischen Rock-Legende und andererseits vor einer fantastischen Kulisse von mehr als 1200 Leuten spielen zu können! Meine Wenigkeit war ob dem zahlreichen Aufmarsch des Publikum auch etwas erstaunt, aber das versprach einen tollen Konzertabend. Dieser Meinung waren Chickenhouse ebenso und darum legten diese gleich von Anfang an mit einer agilen Show los! Die Fans antizipierten rasch, was in erster Linie am quirligen Sänger Andy Zaugg lag, der zwar nicht eine Mörderröhre schwang, aber ein glänzender Entertainer war und die Meute voll im Griff hatte. Sämtliche Sing-a-long Spielchen, teils auf den Monitorboxen stehend, liessen genau die richtige Stimmung entstehen, die einen guten Anheizer auszeichnet. Die schweizerdeutschen Ansagen stiessen ebenfalls auf Gehör und erzeugten lautstarke Reaktionen. Songmässig dominierte wie gesagt der griffige Power Blues, wie er vor allem auf den letzten beiden CDs «She's A Lady» (2006) und dem letztjährigen Silberling «Easy Money» verewigt wurde. Extra für diesen Abend schrieb Bows noch 'ne Akustik-Ballade, die alle vier Musiker miteinander singend und am Bühnenrand auf Barkockern sitzend absolvierten, ein echter Hingucker! Auf der Bühne stand zudem noch ein grösseres Banner mit der reizenden Rücksansicht derjenigen Lady, die schon das Cover von «She's A Lady» (2006) zierte. Summa summarum gingen die ersten 45 Minuten bei ordentlichem Sound natürlich viel zu schnell zu Ende. Der Lohn der Arbeit war ein wirklich begeistertes Publikum und die Gewissheit, den klar besten Auftritt aller bisherigen Gastspiele an gleicher Stelle abgegeben zu haben. Fünf Tage nach diesem denkwürdigen Konzert durften Chickenhouse auf der laufenden Naz-Tour im Deutschen Reichenbach nochmals als Support glänzen. Wir freuen uns jetzt schon auf das nächste Happening der Schottisch/Schweizerischen Rock-Walze!

Setlist: «Live Fast Die Young» - «Repo Man» - «Ask No Questions» - «Anyone But You» - «Bluesman» - «Three In A Bed» - «This Ain't No Time» - «Easy Money».

Nazareth
Das Motto dieser Tour war für einmal nicht wie sonst üblich der (gerade neue) Album-Titel «The Newz», sondern die bemerkenswerte Tatsache, dass Nazareth schon unglaubliche vier Jahrzehnte auf der Bühne stehen und ihre unverwüstliche Musik zelebrieren. Daher nannte sich das Ganze auch «40th Anniversary Road Trip Tour 2008». Nach dem Abgang von Keyboarder Ronnie Leahy zum klassischen Four-Piece reduziert, besann sich die Band wieder ihrer rockigeren Wurzeln, die sowieso besser passen und auch die neue Langrille auszeichnen. Gleichzeitig wurden auch ein paar ungewohnte Klänge und Rhythmen eingebracht, die wohl nicht wenige Die-Hard Fans zunächst mal etwas vor den Kopf gestossen haben dürften. Nichtsdestotrotz ist «The Newz» ein überaus tolles Album geworden, das mächtig Spass macht. Damit das auch auf das (fast) volle Haus zutraf, mussten Nazareth natürlich wieder zahlreiche Classics zum Besten geben, was bei so vielen Veröffentlichungen keine leichte Aufgabe war/ist. Nach dem gewohnten Intro gab es mit «Beggars Day» gleich den ersten Vertreter aus der Reihe unzähligen Perlen der Vergangenheit, ehe «Keep On Travellin'» als erster Neutrack die Setliste zierte. Die beiden Hauptprotagonisten, also Bassist Pete Agnew und Sänger Dan McCafferty (diesmal mit luftig gefönter Langhaarfrisur!) machten im Gegensatz zum letzten Besuch bei uns einen deutlich fitteren Eindruck. Vor allem die charakteristische Reibeisenstimme von Nazareth hörte sich entsprechend «frisch» an. Spätestens bei «Razamanaz», einem weiteren Ur-Hit, erwachte das altersmässig erstaunlich gut gemischte Publikum. In der ersten Reihen standen doch tatsächlich einige jüngere Girls, die man sonst auch bei Tokio Hotel sehen würde. Dass die dabei ihr meist langes Haupthaar teils ordentlich schüttelten, erstaunte mich echt und hinterliess die positive Erkenntnis, dass eine altgediente Band wie die Schotten offensichtlich immer noch den Nerv der Jugend treffen. Gemeinsam feierte derweil das ganze Z7 einen Song nach dem andern ab. Dabei schnitten die neuen Songs wie «Enough Love» oder auch das etwas sperrige «The Gathering» neben den alten Krachern ganz gut ab. Selbstverständlich fehlten auch die beiden «Muss-Balladen» nicht und mit «Expect No Mercy» gab es noch eine nette Überraschung für die Altfans. Nach etwas mehr als 90 Minuten ging einer der besseren Naz-Gigs im Z7 mit «Morning Dew» zu Ende. Und eben..., mal wieder was von «No Mean City» (1979) wäre halt schon schön, aber die ganze Band machte heute Abend beste Werbung in eigener Sache und wird beim nächsten Mal bestimmt nicht weniger Leute anziehen.

Setlist: «Intro» - «Beggars Day» - «Keep On Travellin'» - «Razamanaz» - «This Flight Tonight» - «Day At The Beach» - «My White Bicycle» - «Big Boy» - «Enough Love» - «Holiday» - «Whiskey Drinkin' Woman» - «The Gathering» - «Love Hurts» - «Hair Of The Dog» - «Expect No Mercy» -- «Dream On» - «Morning Dew».