Livereview: MSG - Chucks
27. Oktober 2008, Pratteln Z7
By Rockslave
Ich stehe dazu, dass mir «In The Midst Of Beauty», also die letzte, sprich neue Langrille von MSG nicht wirklich mundet, mit Gary Barden als definitiver Rückkehrer hin oder her. Insgesamt zu belanglos plätschern die Songs an einem vorbei. Da präsentierte sich der Vorgänger «Twenty-Five Years Celebration - Tales Of Rock'n'Roll» um einiges stärker! Was aber nie an Qualität einbüssen wird, sind die goldenen 80er Jahre, in denen MSG unsterbliches Material geschrieben haben. Der Namensgeber und Bruder von Scorpions Axeman Rudolf Schenker hat allerdings in der Vergangenheit immer wieder auch durch sein suchtbedingtes Verhalten (leider negativ) von sich reden gemacht. Aus diesem Grund gerieten Konzerte in den letzten Jahren zu einer Art Roulette. Man wusste nie genau, in welcher Verfassung sich der Meister gerade befand und welcher Sänger zudem gerade im Lineup stand. Unvergessen indes der Auftritt von 2004 in Luzern, wo die alte Klasse in erfreulicher Art und Weise aufblitzte. Dies wünschten sich natürlich insgeheim alle Besucher des Z7 für dem heutigen Abend. Das Vorprogramm bestritten Chucks, eine junge Band aus Ludwigsburg (D).

Chucks
Als die vier Jungs die Bühne betraten, war(en) ich (und andere wohl auch) zuerst etwas überrascht, wie jung sie waren! In der Tat brachte es Gitarrist Marco als Küken der Truppe gerade mal auf 16 Jahre, während der Range bei den anderen, sprich Alain (v & g), Bruder Steve (d & v) und Amine (b) noch bis auf 20 Lenze rauf ging. Mit jugendlicher Unbekümmertheit legten Chucks (der Bandname geht auf die entsprechenden Schuhe zurück) dann gleich mal mit dem Opener «Turn Away» rockig los. Während Alain sogleich eine gute Figur ablieferte, das heisst ordentlich solierte und gleichzeitig überzeugend sang, wirkte der jüngste Mann an der zweiten Klampfe eher unsicher. Das besserte sich beim zweiten Song nicht wesentlich, denn der hiess zu meiner Verwunderung «Live Wire»..., und ja..., es war ein (altes) Mötley Crüe Cover! Dazu habe ich bekanntlich eine dezidierte Meinung und darum gehe ich nicht weiter darauf ein. Das sah das Publikum auch mehrheitlich so und verharrte in totaler Lethargie. Es folgte «I Want You», dass dann besser rüber kam. Zwischendurch hörte man die (Rhythm-) Guitar auf Grund einer Störung überhaupt nicht mehr. Das brachte die Truppe freilich nicht aus der Fassung, denn diese spielten munter weiter drauf los. Weniger munter zeigten sich hingegen die paar Dutzend Fans vor der Bühne, die nur gerade etwas Höflichkeitsapplaus spendierten. Stimmung kam da absolut keine auf, was vielleicht auch etwas daran gelegen haben könnte, dass der eine oder andere Spielfehler auftrat. Dennoch merkte man, dass mindestens ein gewisses Potenzial da war. Und dann kam (wieder einmal) das, was mir einfach nicht in den Schädel will. Wieso Cover-Versionen bei nur circa 35 Minuten Auftrittszeit? Einer ginge ja, aber nicht zwei..., und dann erst noch «Fear Of The Dark» von Maiden!! Das konnte nicht gut ausgehen und so kam es schliesslich: Der Rohrkrepierer schlechthin! Dieses Monument der Briten war mindestens zwei Schuhnummern zu gross und wurde mit totaler Nichtbeachtung regelrecht bestraft. So hatten sich das Chucks wahrscheinlich nicht vorgestellt, aber da waren sie selber schuld daran. Zep's «Rock'n'Roll» war zwar vorgesehen, kam dann aber doch nicht..., zum Glück! Da müssen doch einfach eigene Songs her! Nun ja..., unter dem Strich war's bei eher einem dünnen Sound soweit passabel, aber hier wartet noch einige Arbeit auf die Youngsters, um wirklich weiter zu kommen. Vor allem muss man alles heraus holen, wenn man schon für MSG, Manfred Mann's Earth Band und Pretty Maids eröffnen darf, oder?!! Ein paar Hände gingen am Schluss dennoch nach oben und wenigstens blieben (ungerechtfertigte) Pfiffe aus!

Setlist: «Turn Away» - «Live Wire» - «I Want You» - «Black Night» - «Tomorrow» - «Don't Get Mad» - «Fear Of The Dark» - «Reason To Try» - «Rock'n'Roll» (nicht gespiel!).

MSG
Und nun war ich gespannt wie ein Flitzebogen! In welcher Verfassung/Laune würde sich Herr Schenker heute Abend zeigen und was würde Altrecke Gary Barden nach all den Jahren noch reissen können?!! Die Antwort folgte auf dem Fusse und ging über in eines der Konzert-Highlights des ganzen Jahres! Weggefegt die Schmach von London im letzten Jahr, wo Michael, voll zugedröhnt, gescheiter nicht auf die Bühne hätte gehen sollen. Wie dem auch sei..., schon nur die Optik liess darauf schliessen, dass es anders werden würde. Und in der Tat..., ausser dem passablen Opener und weiteren zwei Songs von neuen Album bestand der ganze Rest vom Set nur aus Perlen der Vergangenheit! «Cry For The Nations» und «Let Sleeping Dogs Lie» setzten gleich mal die erste Duftmarke, gefolgt vom unverwüstlichen Smasher «Armed & Ready». Der gute Michel liess die Saiten seiner Flying-V zu meiner grossen Freude in der erhofften Art und Weise qualmen, während sich auch Gary Barden in blendender Form zeigte. In der Folge konnte nichts mehr schief gehen und ältere wie jüngere Fans wurden daran erinnert, welche Musiker wirklich was zu sagen haben und noch Jahre später über sie gesprochen werden wird. Und, obwohl das natürlich auch ein Weg zu langanhaltendem Ruhm ist, braucht man zuerst nicht zwingend ins Gras beissen zu müssen, um in der «Hall Of Fame» ein verdientes Plätzchen zu kriegen. Was den Sängerposten angeht, so gaben sich in der Michael Schenker Group unzählige Leute die Klinke in die Hand. Darunter war zum Beispiel auch Graham Bonnett (Ex-Rainbow), der nur auf «Assault Attack» von 1982 zu hören ist und meiner Meinung nach (nebst dem massgebenden zweiten Album) mitunter zum Besten gehört, was Schenker je geschrieben hat. Wer sich mal den kompletten Überblick verschaffen will, ist bei Wikipedia gut aufgehoben. Ebenso erwähnenswert war natürlich ein Herr mit Glatze..., seines Zeichens hinter den Kesseln sitzend und nicht minder prominent: Chris Slade! Ja..., genau der, der nämlich ein Album namens «The Razors Edge» eingespielt und auch die darauf folgende Tour mitgemacht hatte. Die Rede ist natürlich von AC/DC! Weitere Stationen waren Manfred Mann's Earth Band und Asia. Und dieser werte Herr bearbeitete seine Felle mit gnadenloser Power, was den eh schon glasklaren Sound zusätzlich mit mächtig Dampf ausstattete. Vervollständigt wurde das auf der Bühne stehende Quintett durch Wayne Findlay (g/keys/v) und Chris Glen (b). Letzterer auch kein Unbekannter, denn der ehemalige Bassist der Sensational Alex Harvey Band zierte das MSG Lineup zwischen 1981 und 1985. So kam nun offensichtlich wieder zusammen, was zusammen gehört. Wie lange das freilich anhalten wird, steht in den Sternen und wie man weiss, dreht sich das Musiker-Karussell im Umfeld von Herrn Schenker mitunter ziemlich schnell. Doch dieser 27. Oktober 2008 wird in die (Schweizer) Musik-Geschichte eingehen..., mindestens was mein Musikverständnis angeht, denn die Performance, und zwar von der ganzen Band, war einfach nur göttlich! Bei «On And On» schwebte ich geistig, einem Guru gleich, über dem Boden und genoss jede einzelne Sekunde. Das konnte man (leider) vom über weite Strecken ziemlich passiv wirkenden Publikum nicht sagen. Keine Ahnung, woran es lag..., vielleicht waren all die alten Hämmer zu alt und deshalb nicht präsent. Egal..., am Schluss nach der obligaten UFO-Doublette «Doctor Doctor» und «Rock Bottom» konnte sich jeder dennoch glücklich schätzen, Zeuge dieses Konzert Leckerbissens geworden zu sein.

Setlist: «Ride On My Way» - «Cry For The Nations» - «Let Sleeping Dogs Lie» - «Armed & Ready» - «I Want You/Night To Remember» - «Into The Arena» - «Intro Michael/Lost Horizons» - «Rock My Nights Away» - «On And On» - «Attack Of The Mad Axeman» -- «Doctor Doctor» - «Rock Bottom».