Livereview: Michael Schenker's Temple Of Rock - Maxxwell

11. November 2014, Pratteln – Z7
By Rockslave
 
Meine erste musikalisch geprägte Begegnung mit dem deutschen Gitarren-Gott fand in den 80ern vor allem mit dem legendären Live-Album «One Night At Budokan» (1982) statt, das bei mir etwa den gleichen Stellenwert wie Deep Purple’s Masterpiece «Made In Japan» (1972) oder Iron Maiden’s Klassiker «Live After Death» (1985) einnimmt. Was habe ich dieses geniale Doppelalbum rauf und runter gespielt und jedes Mal die Airguitar gezückt, wenn Frontmann Gary Barden den Beginn des Konzertes nach dem Fanfaren-Intro mit der berühmten Ansage „ Hallo Tokyo…, MSG…, «Armed And Ready» initiierte! Seither sind einige Jahre ins Land gezogen und früher waren die Musiker und Bands viel unnahbarer als heutzutage, wo ein Auftritt den anderen ablöst. Somit konnte man sich das damals nicht richtig vorstellen, diesen aussergewöhnlichen Musiker mit vielen seiner Songperlen auch Jahrzehnte danach noch erleben zu dürfen. Nun schreiben wir das Jahr 2014 und eben dieser Michael Schenker, scheint aber momentan wieder voll auf der Höhe zu sein. Dass ihn dabei aktuell gar zwei altgediente Scorpions-Recken begleiten, dürfte dem Schweizer Support Maxxwell sicher auch gefallen haben.

Maxxwell

Die Innerschweizer Hardrocker hatten eigentlich alles richtig gemacht und seit dem knalligen Debüt «Dogz On Dope» vor fünf Jahren konsequent an ihrer Karriere gefeilt. Zu Beginn wurde noch eine Spur härter als heute gezockt, doch Maxxwell stehen nach wie vor für einen druckvollen Sound, der die Lauschklappen ordentlich zum Flattern bringt. Da diese Energie auch mühelos auf der Bühne losgetreten wird, bescherte dies der Band in der Vergangenheit wertvolle Support-Slots, unter anderem auch für das Metal-Urgestein U.D.O. – Gestählt durch reichlich Konzerte, folgte 2011 mit «All In» das nächste überzeugende Langeisen und fand im Jahr darauf seinen vorläufigen Höhepunkt mit der «Slapshot-EP», die mit dem gleichnamigen Song gar einen „Hit“ hervor brachte. Als man dann eigentlich bereit gewesen wäre, die Welt zu erobern, machte sich Frontmann Noby Suppiger bekanntlich vom Acker. Das warf Maxxwell zwischenzeitlich spürbar zurück, doch heuer, zusammen mit dem dritten Top-Album «Tabula Rasa» und dem frischen Sänger Gilberto „Gilbi“ Meléndez (Ex-Gonoreas), konnte der kreative Bremsklotz bemerkenswert entfernt werden. Die variable Gesangsstimme des einstigen Metal-Shouters verlieh dem inzwischen spürbar gereiften Songmaterial die nötige Tiefe wie Leichtigkeit, ohne sich von den rockigen Roots zu entfernen. Die Möglichkeit, nun im November als Vorgruppe von Michael Schenker’s Temple Of Rock für mehr als ein Dutzend Gigs in Deutschland, Holland, Belgien, Frankreich und der Schweiz mit dabei zu sein können, brachte die vorherigen Vibes wieder locker zum Vorschein. Für das Heimspiel auf dieser Tour waren die Jungs natürlich besonders motiviert und legten daher von Anfang an wie die Feuerwehr los. Gilbi zeigte sich dabei als agiler Frontmann und versuchte von Anfang an, Stimmung in die Halle zu bringen. Das entpuppte sich dann allerdings an diesem Abend und vor diesem Publikum als eher schwieriges Unterfangen. Obwohl die Band trotz kurzzeitigen Technikproblemen mit Cyrils Klampfe unentwegt powerte, kam insgesamt ziemlich wenig zurück. Das war an dieser Stelle sicherlich nicht so der Bringer, aber die Schweizer zeigten sich durch und durch als Profis und liessen bis zum Schluss nicht nach. Die Auswahl der Songs war gelungen, doch trotz ordentlichem Schlussapplaus fiel die Bilanz auf heimatlichem Boden letztlich eher ernüchternd aus. Nichtsdestotrotz lässt sich zusammenfassend sagen, dass Maxxwell ohne Zweifel wieder zurück sind und man für die Zukunft noch einiges von ihnen erwarten darf.

Setliste: «Partykings» - «Fuck it! » - «Nothing Changes My Mind» - «Man Of Steel» - «No Pain No Gain» - «Gone Forever» - «Trails Of Hate» - «Heads Or Tails» - «Slapshot» - «Cause I'm Lovin' It».


Michael Schenker’s Temple Of Rock
Auch wenn die aktuelle Bezeichnung seiner Band etwas leicht abgehoben bis mitunter verwirrend daher kommt, spricht aktuell die Qualität für sich und das erfreulicherweise schon eine ganze Weile. Das war aber nicht immer so und wer die wechselvolle Geschichte von Michael Schenker aufarbeitet, stösst auf unzählige ehemalige Musiker und kaum eines dieser Line-Ups zeichnete sich durch Kontinuität aus. Das wirkte sich dann auch auf die Studioalben aus, von denen längst nicht mehr alle so wie früher überzeugen konnten. Dazu gab sich Michael lange Zeit als unnahbar, launisch und introvertiert. Dies gehört nun der Vergangenheit an und seit der Besetzung mit Doogie White (v), Wayne Findlay, Francis Buchholz (b) und Herman Rarebell (d) läufts wie geschmiert und besser denn je. Die Setliste setzt sich neben MSG und UFO-Material auch aus ein paar Scorpions-Gassenhauern zusammen, was prima passt und offensichtlich auch den Segen von Bruder Rudolf Schenker erhalten hat. Wie gut dass die Band Michael Schenker’s Temple Of Rock zusammen agiert und harmoniert, sah ich gut vor zweieinhalb Jahren zum ersten Mal im Zürcher Plaza-Club, und das war einfach nur der Oberhammer! Obwohl viele dieser Klassiker in längst unüberschaubarer Anzahl gespielt wurden, ist die Leidenschaft spürbar zurück gekehrt und es gibt nun mal keinen zweiten Gitarristen auf diesem Planeten, der so eigentümlich spielen kann. Das stellte der Maestro auch heute Abend eindrücklich zur Schau, wo eigentlich jedes Riff sass und zentnerweise filigrane Licks ausgepackt wurden. Den Auftakt nach dem Intro machte mit «Doctor Doctor» gleich einer der grossen UFO-Classics, gefolgt von einem neuen Track ab der aktuellen Scheibe «Bridge The Gap», der ganz ordentlich rüber kam. Danach kam der Rücksprung in die im Vorwort erwähnten 80er-Jahre: «Armed And Ready»! Leider war ich da immer noch im Fotograben beschäftigt, doch selbst da verfehlte dieser Hammer-Song seine Wirkung nicht, und Master Schenker als lebende Legende direkt vor meinen Augen riffen wie solieren zu sehen, war einfach nur wunderbar. Ein erhebender Moment für die Ewigkeit!

Der Reigen der Hits und Klassiker geriet in der Folge zu einer neuerlichen Zeitreise zurück in die Jahre des kreativen Aufbruchs, als man noch keine CDs kaufen konnte. Aufgrund des Line-Ups mit Buchholz (b) und Rarebell (d) war es zudem nicht verwunderlich, dass gleich vier Scorpions-Songs in der Setliste auftauchten, was, zusammen mit dem neuen Material dann halt auf Kosten von alten MSG-Songs ging. So fehlten mir zum Beispiel «On And On», «Cry For The Nations» oder auch «Let Sleeping Dogs Lie». Dennoch durfte man mit dem Gezeigten mehr als zufrieden sein, denn nebst der generell gut funktionierenden Band als Ganzes, spielte Michael locker wie befreit auf und auch Doogie White zog stimmlich einen der besseren Abende ein. Die Fans, deren Alter eher ab dreissig bis vierzig Jahren aufwärts als drunter zu sein schien, hatten ihre helle Freude an diesem wirklich guten Konzert, das nahtlos an die Tournee von 2012 anschloss. Der damalige Auftritt in Tilburg (der knapp eine Woche nach Zürich stattfand) wurde ja mitgeschnitten und unter dem Titel „Live In Europe“ veröffentlicht. Die wirklich saugeilen Aufnahmen wurden heute Abend locker bestätigt und das lässt alte wie neue Fans frohlocken, denn diese Rückkehr hin zu alten Tugenden war nicht zwingend zu erwarten. Obwohl Michael Schenker ruhig das eine oder andere Kilo mehr auf den Rippen vertragen könnte, scheint er geläutert und mit sich im Reinen zu sein. Die Zeiten vor zehn bis fünfzehn Jahren, wo der Göttergitarrist nur noch ein Schatten seiner selbst war, sind definitiv vorbei und wer ihn in der jüngeren Vergangenheit gesehen und gehört hat, weiss das jetzt umso mehr zu schätzen. Ein immer wieder mal, wie heute auch, lächelnder und posender Ausnahme-Gitarrist mit seiner unverkennbaren Gibson Flying-V ist nämlich das, was die Fans für immer in guter Erinnerung behalten möchten. Dass dem unsterblichen Backkatalog nun gar weitere Perlen angehängt werden könnten, macht das Ganze noch wertvoller. Einzig «Rock You Like A Hurricane» wurde dem Original nicht ganz gerecht, doch eine furiose Version von «Blackout» als zweite Zugabe wetzte auch diese Scharte aus.

Setliste: «Intro - D-Tone» - «Doctor Doctor (UFO Song)» - «Where The Wild Winds Blow» - «Armed And Ready (MSG Song)» - «Victim Of Illusion (MSG Song)» - «Rock 'n Roll Symphony» - «Lovedrive (Scorpions Song)» - «Coast To Coast (Scorpions Song)» - «Before The Devil Knows You're Dead» - «Lord Of The Lost And Lonely» - «Let It Roll (UFO Song)» - «Shoot Shoot (UFO Song)» - «Into The Arena (MSG Song)» - «Vigilante Man» - «Too Hot To Handle (UFO Song)» - «Rock You Like A Hurricane (Scorpions Song)» - «Rock Bottom (UFO Song)» -- «Lights Out» (UFO Song)» - «Blackout (Scorpions Song)».