Livereview: Mastodon - Bloodsimple
12. Juni 2007 Rohstofflager Zürich
By El Muerte
Man darf sich heutzutage zeitweise völlig berechtigt fragen, anhand welcher Kriterien die Labels ihre angehenden Megastars aussuchen - Da tut sich jahrelang nichts relevantes im Hartwurst-Sektor der Majors, und plötzlich tauchen so sperrige Bands wie Lamb of God (Sony) und eben Mastodon (Warner) auf der Bildfläche auf. Dass diese Bands geil sind, wissen die Fans nicht erst seit kurzem - immerhin tingeln beide Acts schon seit Jahren durch den Underground und veröffentlichten einige hochkarätige Alben. Dass allerdings die Majors irgendwann mal auf den Geschmack kommen würden, das hätten die wenigsten erwartet. Es mag ein Experiment sein, eine Art Testlauf - Aber nichtsdesto trotz können die genannten Bands dafür auch mal mit den ganz Grossen auf Tour, was wiederum die Herzen der Fans erfreuen dürfte. So auch im Falle von Mastodon, die letzten Dezember zusammen mit Tool durch Europa tourten und auch im Zürcher Hallenstadion halt machten. Aufgrund der «Werbekraft» dieses Events hätte man eigentlich einen mehr oder weniger vollen Club erwarten dürfen - doch weit gefehlt, knapp 200 Nasen fanden den Weg an diesem schönen Dienstag Abend ins Rohstofflager, was für arg lückenhafte Reihen sorgte…

Bloodsimple
Nichtsdesto trotz legten die Amis Bloodsimple um Sänger Tim Williams und Gitarrist Mike Kennedy (Beide Ex-Visions Of Disorder) unbekümmert kurz nach 8 Uhr mit ihrer Show los, und zockten sich ohne grosse Höhepunkt durch die gut 45 Minuten. Ihre Musik lässt sich lose als Drowning Pool- und Soil-beeinflusst bezeichnen, was wiederum klar Powergrooves und jede Menge simple aber auf den Punkt gebrachte Riffs mit sich bringt. Tourdrummer Brendan Cohen (Ebenfals Ex-Visions Of Disorder) verprügelte sein Kit nach allen Regeln des Genres und der Bassist trug seinen Teil durch zusätzliche Shouts und Backingvocals bei. Unumstrittener Dreh- und Wendepunkt der Show war aber klar Fronter Williams, der gekonnt durch's Progamm führte und die ansonsten etwas karge Kommunikation mit seiner kräftigen Stimme wieder ausglich. Feiner Gig, aber leider noch ohne jegliche Dynamik.

Mastodon
Mastodon hingegen sind aus ganz anderem Holz geschnitzt - Was man von einer Band, die mit Leidenschaft gerne quere Songstrukturen pflegt und über urzeitliche Ungeheuer berichtet, eigentlich auch erwarten kann. Ohne grosses Gelaber steigt das Quartett um Bassist und Leadsänger Troy Sanders auf die Bühne und hisst mit «Iron Tusk» die Segel. In der folgenden knappen Stunde treibt die Mannschaft ihr Schlachtschiff unaufhaltsam durch die sieben Weltmeere, von «March Of The Fire Ants», über «Sleeping Giants» bis hin zum finalen «Blood & Thunder» wird aus sämtlichen Rohren geschossen, Gefange keine gemacht. Troy Sanders entpuppt sich als unbarmherziger Kapitän, der Ahab-gleich mit Hilfe des Taktgebers Brann Dailor seine Mannen zu Höchstleistungen voranpeitscht, die dies mit verzerrten Grimassen, gekonnt schrägen Backingvocals und zuweilen auch durch die Übernahme des Lead-Gesangs quittieren. In den seltenen Verschnaufspausen werden Audio-Samples aus Filmen ab Band eingespielt, die Kommunikation mit dem Publikum köchelt auf Sparflamme - Doch dies scheint niemanden so richtig zu stören. Die Besucher, die sich im Rohstofflager eingefunden haben, sind in erster Linie hier, um Ohren- und Augenzeuge dieses gewaltigen Spektakels zu sein, und sie werden dabei nicht enttäuscht. Mastodon kreuzen während des ziemlich genau 60 Minuten dauernden Gigs durch zahllose Abenteuerwelten, berichten von vergangenen Heldentaten und drohenden Endzeitszenarien, opfern sich dabei ergebenerweise anstelle des Publikums gleich selbst dem Gott der Dramaturgik, und können sich so zusätzlch zu dem überschwinglichen Applaus einen Eintrag im grossen Buch der Musikabenteuer sichern. Ebenfalls hervorzuheben ist an dieser Stelle das sensationell heisse Drumkit von Brann Dailor - Es wurde im Schwarz/Weiss-Pünktchen-Stil lackiert, und auf der Bass-Trommel prangt das Bild vom ehemaligen Ozzy-Wegbegleiter und Klampfengott Randy Rhoads, ein nettes Tribut an den Meister der Rockgitarre.

Nicht unerwähnt sollte an diesem Abend die Schlussrechnung bleiben: Zwei Bands für 48.- Sfr, davon die Hauptband nur knapp eine Stunde auf der Bühne, das bleibt hoffentlich eine Seltenheit. Wenigstens gaben Mastodon mit den Merchpreisen ordentlich Gegenruder (Sic!), ein Hoodie mit wunderbarem Kunstdruck kostete diesmal schlappe 40.- Sfr... Das lob' ich mir!