Livereview: MAGNUM - Redeem
08.05.2007 Z7 Pratteln
by Kissi
Es war einmal eine Band, welcher in Sachen schöne Melodien und Geschichten erzählen keine andere Musikgruppe das Wasser reichen konnte. Magnum war ihr Name und so lautet er immer noch, denn nach ziemlich genau 30-jähriger Bandgeschichte reist die Truppe um Kompositionshexer und Gitarrist Tony Clarkin immer noch unermüdlich durch die Lande. Auch in diesem Jahr machten die fünf Briten dabei im Z7 Pratteln halt, wo man im Zuge der neuen und wieder einmal hervorragenden Veröffentlichung "Princess Alice and the Broken Arrow" eine charmante wie fesselnde AOR-Show ablieferte, die sowohl alt wie jung zu begeistern wusste. Doch bevor die Birminghamer das Schweizer Publikum bezauberten, sahen sich die Schweizer Newcomer Redeem vor die Aufgabe gestellt, mit ihrem modernen, rifflastigen Ami-Rock einem Publikum gegenüber zu treten, dessen Gemüt nicht gerade nach dieser Art Gitarrenmusik verlangte.

Redeem
Dies soll aber nicht im Geringsten heissen, dass die Zuger Jungspunde ihre Sache denn auch schlecht gemacht hätten. Denn trotz gewisser Anfangsschwierigkeiten (mehrmaliges Ausfallen der Gitarre gleich zu Beginn), welche Gitarrist/Sänger „Saint“ Stefano Paolucci mit lockeren Sprüchen gekonnt meisterte, und der Zurückhaltung des noch etwas schüchtern wirkenden Tieftöners Pascal Münger und des erst kürzlich in die Band aufgenommenen Drummers Giovanni Giorgi konnte das Trio mit ihrem "Creed meets Nickelback Teenie"-Rock positiv auffallen. Denn gerade Saint, dessen kernig melancholische Stimme irgendwo zwischen den Frontmänner schon genannter Bands angesiedelt ist, entpuppte sich als überraschend tighter Klampfer, der das eine oder andere Annerkennung verdienende Lick/Solo aus den Fingern zockte. Dass dabei dennoch nicht wirkliche Euphorie, besser gesagt nicht mehr als anerkennendes Kopfnicken als Reaktion des Publikums auftrat, dies lag wohl wirklich an der gespielten Stilart, also dem mtv-kompatiblen Rock der Band, auf Scheibe gebannt in Form des Debüts "Eleven", von welchem auch die aktuelle Single "Alive", ein poppiger Girlie-Track stammte, welche zum Schluss wenigstens noch die wenigen angereisten Fans der Truppe zum Mitsingen animierte. Als Vorband von Stone Sour, Nickelback und Konsorten hätten sicherlich etliche Teenie-Schreie das Z7 erfüllt...

Magnum
Charisma kann man nicht durch irgendwelchen Schnickschnack konstruieren, Charisma hat man oder hat man nicht als Band. Wie viel davon Magnum, die mit ihrer 85er Scheibe "On a Storyteller's Night" eines der AOR-Alben geschaffen haben, besitzen, dies zeigte sich an jenem Abend jedem der gut 700 anwesenden Rock-Gourmets. Ohne Backdrop, ohne Pyros, nur mit einer bunten Lightshow ganz im Stile der 80er und einem haufen erstklassiger Songs im Gepäck schafften es die Birminghamer von Anfang an, das ganze Z7 in ihren Bann zu ziehen. Auffallend dabei der hohe Anteil von Tracks der aktuellen Scheibe "Princess Alice and the Broken Arrow" und der Umstand, wie nahtlos sich das neue Material in die Reihe unsterblicher Klassiker einfügte. So floss das eröffnende Dreigespann, bestehend aus dem Opener von "Princess Alice...", "When We were Younger", "Back Street Kids" von "Vigilante" (1986) und "Out of the Shadows" (wieder "PAatBA") zu einem stimmigen Eröffnungsfeuerwerk zusammen. Doch nicht nur Songs und Sound, der vor allem von einer lauten Gitarre hart dominiert wurde, sondern auch das musikalische Personal liess nichts zu wünschen übrig. Im alten Stil, den Frontmann mal machen zu lassen stand Sangeswunder Bob Catley, der in seinem gewöhnungsbedürftigen Outfit (der Mann ist um die 60 und trägt klassische Lederhosen, ein langes, weisses Knitterhemd und eine kitschige Veste) sowohl stimmlich wie performance-mässig sympathischer nicht hätte wirken können, im Mittelpunkt des Geschehens, während der Rest der Mannschaft sich um ihn herum gruppierte. Vor allem Bandleader und Klampfer Tony Clarkin, hielt sich merklich im Hintergrund, um seinem Stimmakrobaten genügend Platz zu lassen, den Catley auch brauchte, konnte er doch weder Beine noch Hände stillhalten und tänzelte so wie eine romantische Version von Mick Jagger, seine Gliedmassen in alle Himmelsrichtungen werfend, über die Bühne. Das wirkt auch aufs Publikum und so wird schon beim folgenden Klassiker, "On a Storyteller's Night" gefeiert was das Zeug hält, als wäre es der letzte Song. Dass der unsterbliche Überhit "How Far Jerusalem" dagegen solche Reaktionen, soll heissen exzessives Mitsingen, mitklatschen etc., hervorruft, das ist wohl bekannt, verwunderlich dagegen, dass diese Alltime-Perle schon nach dem mit einem einfühlsamen Solo von Clarkin garnierten "Like Brothers We Stand" folgt. Diese Stimmung kann mit "Dragons Are Real" zwar nicht vollends gehalten werden, bei der Gänsehaut-Ballade "Les Morts Dasant" schweben aber wieder alle in den fantastischen Klangwelten der Briten. Dies gilt auch für das nun angestimmte "We All Run" vom 04 erschienenen Hammeralbum "Brand New Morning", von welchem leider nur dieser Song zum Zuge kommt, was wohl nicht nur mich etwas schmerzte. Wäre doch nur wenigstens die Titelhymne kredenzt worden! Mit einem Intro aus Gitarre und Stimme, bei welchem Catley wieder mal seinen Ruf als Sangesgott festigt, wird dafür "The Spirit" eingeleitet, welches die Zuschauer zum ersten Mal richtig zum Headbanging animiert, bevor Magnum mit "All England's Eyes", dem stimmungsgeladenen "Vigilante" und dem unglaublich hart vorgetragenen "Kingdom of Madness" den Anwesenden einen Knaller nach dem anderen vorsetzten, um sich dann umjubelt zu verabschieden. Lange läst sich danach der Fünfer Zeit, um dann doch noch, angeführt von einem mit Schellenkranz bewaffneten Bob Catley, die Bühne erneut zu entern, im Gepäck die Schunkelballade "Thank you for the Day", vielleicht der schwächste Song des Abends, im Gegensatz zum Gänsehaut verbreitenden "Sacred Hour", welches mit einem stadionkompatiblen Keyboardsolo von Tastenmann und Ur-Mitglied Mark Stanway eingeleitet noch einmal alles von den 700 Musikkennern abverlangt, sodass nach dieser 100-minütigen Rockvorstellung nach Mass wohl kein Einziger enttäuscht gewesen sein wird.

Setlist Magnum:
"When We were Younger" - "Back Street Kid" - "Out of the Shadows" - "On a Storyteller's Night" - Like Brothers We Stand" - "How Far Jerusalem" - "Dragons Are Real" - "Les Morts Dansant" - "We All Run" - "The Spirit" - "All England's Eyes" - "Vigilante" - "Kingdom of Madness"
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"Thank You for the Day" - "Sacred Hour"