Livereview: L.A. Guns - Sesto Senso
13.2.2004 Club ABCMixx Luzern
By Maiya R.B.
Wie hatte ich mich auf das Konzert "meiner" L.A. Guns gefreut! Die grossartigen, die phänomenalen, die nicht nur von mir vergötterten Jungs aus Hollywood kamen auf ihrer Europa- Tournee auch in die Schweiz, um ihre Fans mit umwerfender Musik zu überwältigen. Doch bevor es losging wurde die Bühne erst mal von der Bieler Italian Alternative Rockband Sesto Senso in Beschlag genommen.

Kurz nach 22 Uhr wurde im Club das Licht gedämpft und Sesto Senso gaben sich die Ehre. Leider steht mir von ihnen keine Setliste zur Verfügung, deshalb kann ich nicht auf die Songtitel eingehen. Ich kann nur soviel sagen: Wer bitteschön hat diese Band eigentlich gebucht? Nichts gegen Sesto Senso, als Support einer anderen Band hätten sie sich bestimmt gut gemacht, aber ich bezweifle doch sehr, dass nach dem Auftritt der L.A. Guns sich noch irgendwer an sie erinnerte. Das finde ich äusserst schade, denn sie gaben sich wirklich Mühe. Am Anfang war alles noch ein wenig wirr, man hörte beim ersten Song fast nur das Schlagzeug, und die Stimme des Sängers ging total unter. Die Pause zum zweiten Song war ausserdem viel zu lang. Mit der Zeit wurde dies jedoch besser. Das Stageacting passte zur Musik, und der auf der Homepage als "groovig" bezeichnete Sound hat sich bestätigt. Zwei sehr gute Songs wurden dargeboten, der Rest war jedoch völlig unspektakulär. In den "Rest" beziehe ich auch den Nebel auf der Bühne sowie die Lichtshow mit hinein. Es ist ein Jammer, dass Sesto Senso so schlecht abgeschnitten haben, denn auf einer anderen Bühne als Support einer anderen Band wären sie besser gewesen. In Spanien sahnen sie nämlich mächtig ab, so schlecht können sie also nicht sein. Sie waren lediglich zur falschen Zeit am falschen Ort. Ich wage mal ganz leise zu flüstern, dass eine Band wie Shakra als Opener viel passender gewesen wäre.

Um 23.15 Uhr erklangen die ersten Töne des traumhaften "Over the Edge", die Meister waren da! Phil Lewis riss mich von der ersten Sekunde an mit seiner Stimme so sehr mit, dass ich etwas Mühe hatte, mich aufs Fotografieren zu konzentrieren. Als er das Publikum dann auch noch mit "Welcome to Hollywood" begrüsste, schwand in mir jegliches Bewusstsein, dass wir uns im Schweizerischen Luzern befinden, denn auf der Bühne prangte dominierend die Amerikanische Flagge. Weiter ging es mit dem schnellen und rockigen "Sex Action", bei dem die Technik und das Zusammenspiel einwandfrei verliefen. Danach kam das bekannte und immer wieder gern gehörte "Never enough", gefolgt von "Rock 'n' Roll Outlaw". Es gibt eine Sache, die unbedingt erwähnt werden muss, nämlich die Bühnenoutfits. Ich hätte nicht gedacht, dass ich sowas mal erleben würde, zumindest nicht in der Schweiz. Gitarrist Stacey Blades zum Beispiel trug hautenge, schwarze Lederhosen mit roten Sternen an den Seiten. Wo kriegt man so einen scharfen Fummel, wenn nicht in L.A.? Wie gerne hätte ich ihn angesprungen und ihm das Teil vom Leib gerissen! Aber nicht weil er so sexy ist, sondern nur wegen der Hosen. Selbstverständlich trug er die obligate Kette um den Hals mit dem goldenen Schloss dran. Auch Phil Lewis hat klamottentechnisch nicht versagt, er wäre ebenfalls ein "Anspring und Auszieh" - Kandidat gewesen. Natürlich durfte bei ihm die lederne Beinbekleidung nicht fehlen, kombiniert mit einem schwarzen Hemd mit mittelalterlichen Stickereien vorne, darüber ein langer, schwarzer Mantel. Mit der Zeit wurde es immer wärmer, und er musste den schönen Mantel ausziehen. Es gab noch eine witzige Handlung, die vielleicht nicht jeder im Publikum mitgekriegt hat. Ich stand glücklicherweise direkt vor der Bühne und sah dadurch, wie Phil Lewis seine angerauchte Zigarette auf den Boden warf. Auch Bassist Adam Hamilton hatte dies beobachtet, denn er sah Phil erstaunt an, nahm die brennende Zigarette auf und rauchte sie weiter. Was auch erwähnt werden muss ist Steve Riley's Drumkit, denn es war optisch ein wahres Schmuckstück! In Bronze gehaltener Glitter überzog diese Perle von einem Schlagzeug. All diese Einzelheiten waren es, die mich immer an diesen Abend erinnern werden, und ich hoffe sehr, dass es anderen Fans genauso geht. Die Songauswahl war nicht schlecht, doch leider fehlte "Hollywood Tease". Dafür waren aber "Beautiful" und "Electric Gypsy" dabei, und als vorletztes Stück durfte natürlich "The Ballad of Jayne" nicht fehlen, welches Phil mit den Worten "Wenn wir diesen Song nicht spielen, lasst Ihr uns nicht aus dem Gebäude" ankündigte. Nicht zu vergessen das Bandsolo ohne Phil Lewis, sowie Steve Riley's hervorragendes Drumsolo, diese waren wirklich ausgezeichnet. Phil redete hin und wieder mit dem Publikum, und zwar geradezu ideal: nicht zuviel, nicht zuwenig. Das Erlebnis (Konzert kann man es schon gar nicht mehr nennen, ich zumindest nicht) endete mit "Rip and Tear", bei dem Phil einen Fan ein paar Zeilen singen liess. Zum Schluss stellte er alle Member vor,bevor die L.A. Guns endgültig die Bühne verliessen.

Danach lief ich nichts ahnend ins Foyer raus, begleitet von totaler Übermüdung und einer tierischen Migräne. Doch dann sah ich die Band da stehen, und plötzlich war beides vergessen! Ich rechne es den L.A. Guns sehr, sehr hoch an, dass sie sich unter ihre Fans mischten um Autogramme zu verteilen und sich mit den Leuten fotografieren zu lassen. Sie kamen total menschlich rüber, ganz normale Jungs ohne irgendwelche Starallüren. Ich konnte mich sogar etwas länger mit Stacey Blades und Phil Lewis unterhalten. Bei Stacey stellte sich heraus, dass wir einen gemeinsamen Freund in L.A. haben, und Phil interessierte sich für den Anhänger an meiner Halskette. Sie zeigten sich alles andere als kamerascheu und posierten mit mir vor der Digicam. Es war witzig und absolut unglaublich. Nachdem ich Bands wie Kiss, Iced Earth oder AC/DC live gesehn habe mit ihren pompösen Shows, mag es vielleicht seltsam klingen, aber ich muss es einfach loswerden: das war das beste, was ich je gesehn habe! Es war total natürlich, absolut ungekünstelt und genial, einfach echt. Kein grosses Tamtam, Pyros oder andere übertriebenen visuellen Effekte. Es waren einfach vier Männer aus L.A., die ihren Job sehr gut gemacht haben und für einen Abend gesorgt haben, den ich nie und nimmer vergessen werde!