Livereview: Karnivool - Pigeon Toe
10. Dezember 2010, Aarau - Kiff
By Liane P.
In ihrem Heimatland Australien haben sich Karnivool bereits etabliert und heimsten schon etliche Auszeichnungen für ihre wunderbare Musik ein. Auch in den Australischen Albumcharts tummelte sich das 2009 veröffentliche «Sound Awake» gute 8 Wochen ganz vorne in der Platzierung. Hierzulande gelten die 5 Jungs mit ihrem anspruchsvollen Progressive Rock/Metal noch als Geheimtipp. Es war mir eine Ehre, die Band einmal live sehen zu können. War das Kiff zu Beginn noch recht leer und verhalten gewesen, schlichen plötzlich aus allen Löchern von irgendwo Menschen herbei und füllten den Club. Die Band Pigeon Toe war ein würdiger Gaumenkitzler, um den Abend einzustimmen.

Pigeon Toe

Eine Band aus dem benachbarten Freiburg in Deutschland eröffnete den Abend und überraschte mich mit einer Frische und Professionalität, die ich schon lange nicht mehr bei einem eher unbekannten Support Act finden konnte. Da es erst mal der 5. Live-Auftritt gewesen ist, imponierte mir die Aufführung um so mehr. Erst im Jahre 2009 von den beiden Brüdern Marsen (v/g) und Hanson (g/bv) gegründet, beschloss man, die vielseitigen Musikvorlieben aller involvierten Musiker (z.B. Pink Floyd, 35007, Tomahawk, Meshuggah, King Crimson, Fu Manchu, Amplifier) zu vereinen und kreierte somit einen Sound, der nach eigenen Aussagen der Band der Bezeichnung «Experimental Progressive Surf-Metal mit Spacerock-Einschlag» am nächsten kommt. Und weil wir alle an jenem Abend so schön progressiv waren (und es immer noch sind), erlaube ich mir die Regel der klassischen Live-Berichterstattung zu brechen und zitiere Marsen, der das Songwriting von Pigeon Toe so formuliert: »Als viel direkteren Einfluss als die Musik die wir hören empfinde ich visuelle Eindrücke, die wir versuchen mit unserem Sound zu vertonen. Oder eben vorgegebene Geschichten, Szenarien und Handlungen, die wir akustisch umsetzen wollen. So arbeiten wir zumindest beim Songwriting» Die instrumententechnische Finesse, sowie auch die Ausstrahlung der Band gaben mir ein Gesamtbild eines Openersab, der mich fesselte und den ich gerne nochmals live sehen würde. Aktuell arbeiten die 5 Jungs an der ersten Scheibe, welche ein Konzept Album werden wird und auf der eine «wahnwitzige Geschichte» verarbeitet wird. Man darf also gespannt sein! Wer nicht warten kann, sollte sich schon mal auf Youtube den Clip «Man With The Cat» anschauen.

Setliste: «The Chase» - «The First Perception» - «Wake up! (The Muse Pt. 1)» - «The Man With The Cat» - «The Struggle» - «The Muse (Pt. 2) / «The Sanctimonious Victory» - «The Second Perception» - «The Flashback».

Karnivool
Der Vorhang öffnete sich (legendär!) und meine Blicke blieben sofort an den riesigen Effekt Pedal Boards haften. Ohne übertreiben zu wollen - die Bühne war übersät davon! Schon beim ersten Klang machte sich bemerkbar, dass hier Musik mit aussergewöhnlicher Qualität und hohem Anspruch präsentiert wird. Nichts womit man sich einfach berieseln lässt, sondern ein Sound der durch facettenreiche Songstruktur und technische Extravaganz den Zuschauer in höchstem Masse forderte. Bereits beim ersten Lied «Simple Boy», bei dem das Xylophon zum Einsatz kam, stand ich in der ersten Reihe als würde ich einen Tennis Match von Roger Federer aufmerksam verfolgen: Kopf und Augen wanderten im Sekundentakt nach rechts, nach links, nach rechts, nach links... - Ich war begeistert von der gebotenen professionellen Bühnenpräsenz. Bekanntlich ist der Sound noch besser, wenn man in der Nähe vom Mischpult steht. Also huschte ich nach ein paar Liedern nach hinten, denn Karnivool muss man nicht unbedingt sehen, man muss sie hören und spüren. Als ich mich so durch die Menge kämpfte, war mir klar, alle anderen hier haben genau so grossen Respekt und Freude beim Auftritt der Australier hier im Kiff. Auffällig ist gewesen, dass es nicht nur Musikliebhaber, sondern auch viele Musiker hier her getrieben hatte, um Karnivool zu huldigen. Ian Kenny, der auch noch mit einer weiteren australischen Band erfolgreich ist (Birds Of Tokyo), wechselte seine 2 Mikrophone um weitere spannende Effekte zu erzielen. Mit 10 Songs inklusive Zugabe erschien die Setliste auf den ersten Blick etwas mager, da die Songs aber teilweise bis 12 Minuten andauerten, gibt es auch hier nichts zu bemängeln. Als Zugabe spielte man «Change», welches als Part 1 auf dem Album «Themata» und als Part 2 auf der aktuellen Scheibe zu hören ist.


Fazit: Für alle, die eine Mischung aus Tool, Oceansize und Porcupine Tree spannend fänden und Karnivool noch nicht kennen: unbedingt anhören und wenn möglich auch anschauen! Das Schöne ist, je öfter man das Album anhört, desto mehr Details und Feinheiten fallen einem auf. Dies macht das Werk bei jedem weiteren Hören noch interessanter und vielschichtiger.

Setliste: «Simple Boy» - «Goliath», «Set Fire To The Hive» - «Umbra» - «All I Know» - «Deadman» - «C.O.T.E.» - «Roquefort» - «Themata» - «New Day» -- «Change».