Livereview: Kamelot - Evergrey - Sons Of Seasons - Amaranthe
30. April 2011, Luzern - Schüür
By Liane P.
Nach langem hin und her war dann irgendwann mal die Katze aus dem Sack: Roy Kahn hat die Band Kamelot verlassen und wird sich erst mal aus dem Musikbusiness zurückziehen. Ihm war wohl alles etwas zu viel geworden. Für viele ein Schock und eine Menge Leute haben sich überlegt, die gekauften Karten für die laufende Tour wieder zurückzugeben. Auch ich maulte zunächst über den Ersatz Fabio Lione (Rhapsody Of Fire) der die Tour zu Ende brachte. Aber es gab ja noch eine prächtige Auswahl anderer Künstler und eine Wundertüte voll Gastsänger die den Abend füllen sollten. Und am Ende überraschte auch Herr Lione doch noch....

Sons Of Seasons

Schon das aktuelle Album „Magnisphyricon“ treibt es mit dem ausgeklügelten Konzept auf die Spitze: opulent, bombastisch, grosse Melodien, eine kräftige Portion Härte und viele kleine Details die den Hörer aufhorchen lassen. Melodien die immer mal zwischendurch mit der Trash-Keule gekonnt unterbrochen werden. Das ganze auch noch live? Meine Erwartungen waren mal wieder sehr hoch. Ich weiss es klingt extrem abgedroschen, aber diese wurden unnatürlich gut übertroffen. Es ist einfach ein Fakt liebe Leute. Sons Of Seasons sind auf der Bühne eine Bombe! Nicht nur, dass sie auf dem Album immer wieder überraschen, sie bestätigen auch live, dass sie ihre abwechslungsreiche Musik perfekt umsetzen können. Optisch geizen sie nicht mit Reizen und holten für die immerhin knappe Spielzeit noch eine Tänzerin auf die Bühne die in weissem Kleid und dann später nochmals in rot/schwarz brillierte. Wunderschöne Untermalung der Songs. Oliver Palotai wärmt sich schon mal auf und gibt am Keyboard auch beim Solo sein bestes. Immerhin muss er später bei Kamelot nochmals „dran glauben“. Irgendwie hatte ich eh das Gefühl, dass der ganze Abend recht „inzüchtig“ ablief, da so gut wie jeder mal bei jedem auf der Bühne mitmischte. Das Publikum hatten sie sofort im Griff und alle applaudierten begeistert und das zurecht denn Sons Of Seasons gingen ab wie ein Zäpfchen!


Amaranthe
Da ich das ganze Konzert zwei Mal erleben durfte, gab ich Amaranthe noch eine Chance. Vielleicht muss man das nochmals gesehen haben um es besser beurteilen zu können. Aber an dieser Stelle muss ich kräftig den Kopf schütteln und zwar nicht von oben nach unten sondern von rechts nach links: Nee, das war nix! Drei Sänger in dieser Konstellation ist einfach zu viel des Guten. Jake E. Lundberg, Elize Ryd und Andy Solvestrom teilten sich gutturalen Gesang, klassischen fast opernhaften Gesang und klaren Gesang im Wechsel. Die Band aus Schweden und Dänemark verarbeiten mir musikalisch viel zu viele Stile in sehr kurzer Zeit. Da mischt man Death Metal, Klaviermelodien und elektronische Klänge in einem Topf und was dabei rauskommt klingt für mich wie ein zäher erzwungener Brei. Live klang es nicht viel besser. Vor allem der klare Gesang von Jake E. Lundberg ging bei der ganzen Sache total unter. Nicht für meine Ohren gedacht. Für mich fühlt es sich einfach so an, als wolle man hier auf den nächsten Trend-Zug aufspringen und Erfolg erzwingen. Aber Freude herrschte dennoch, denn der nächste Act hatte alles wieder gut gemacht...

Evergrey
Von der Kamera perfekt eingefangen wurde die Show auf der Live DVD „A Night To Remember“ und fesselte mich an meinen TV. Daher konnte ich es kaum abwarten Evergrey endlich einmal live zu sehen. Auch hier waren die Erwartungen weit übertroffen. Die Band und vor allem Tom S. Englund am Gesang kam so authentisch und emotional rüber, dass man gleich überlegt „Ok wo geht es hier zum nächsten Konzert?“ Auf der Bühne merkt man rein gar nichts davon, dass Tom eigentlich mit einer Erkältung zu kämpfen hatte. Seine Stimme war perfekt. Was man hier vorgesetzt bekam war wirklich grosse Klasse. Auch die neuen Bandmitglieder reihten sich perfekt ein und waren in Höchstform. Da fragt man sich doch tatsächlich, ob man danach noch eine weitere Band braucht. Optisch machten die selbstkreierten Evergrey Jacken mächtig was her. Da hatten die Jungs selbst Hand angelegt und die Schriftzüge persönlich angenäht. Wäre was für die Merchandise Kiste! Hoffnung für eine Headliner Tour besteht, denn der Plan ist es im Herbst/Winter das neue Album nochmals ausgedehnt live zu präsentieren! Sehr gut, denn der Auftritt an diesem Abend war viel zu kurz.


Setliste: Leave It Behind Us - Monday Morning Apocalypse - Wrong - Blinded - The Masterplan - Recreation Day - Frozen - Broken Wings - A Touch of Blessing

Kamelot
Gespannt erwartete ich Herrn Leoni am Gesang. Was man vorab im Internet hören konnte war schon mal nicht ganz so schlecht. Zudem muss man auch mal sagen, dass es sicher keine einfache Aufgabe ist, auf einer laufenden Tour den Sänger zu ersetzen und vor ein überaus kritisch Publikum treten zu müssen. Daher: Kompliment! Ich war immer noch benebelt von Evergrey, Kamelot hatte es deswegen so oder so schwer bei mir. Sie boten eine sehr gute Show mit viel Abwechslung und 3 Gastsängern: Simone Simons (Epica), Elize Ryd (Amaranthe) und Tommy Karevik (Seventh Wonder) waren hauptsächlich für den Background zuständig. Jeder durfte aber auch mal an die Front um sein bestes zu geben. Hier kam ebenfalls Oliver Palotai erneut ins Spiel, der bereits am selben Abend die Tasten für Sons Of Seasons bediente. Ein nettes Bass Solo, ein nettes Drum Solo und ein Keyboard Solo durfte natürlich auch nicht fehlen. Aber ehrlich gesagt: Evergrey haben nur 5% soviel Show gemacht und damit viel viel mehr bei mir bewirkt als Kamelot.

Setliste: Rule the World - Ghost Opera - The Great Pandemonium - The Human Stain - Center of the Universe (with Tommy Karevik) - Nights of Arabia - A Sailorman's Hymn - When the Lights are Down - Soul Society - Keyboard Solo - Descent of the Archangel - Hunter's Season - The Haunting (Somewhere in Time) (with Simone Simons) - Drum Solo - Forever – Encore: Bass Solo - Karma - March of Mephisto