Livereview: ICE ROCK - Festival 2017

06.01. - 07.01.2017, Wasen i. E. - Hornbach-Nussbaumschachen
By Rockslave

Dem, was 2003 aus einer spontanen Idee von Oberindianer Fridu Gerber und seinem Umfeld heraus entstanden ist, hätte damals kaum einer als überlebensfähig gehalten. Doch es ist zum Glück anders gekommen und mittlerweile nicht mehr aus dem Schweizer Konzertkalender wegzudenken: Das "ICE ROCK"-Festival in Wasen im Emmental! Im Sommer ein unscheinbares Tenn, wo übliche Geräte und Fahrzeuge eines Bauernhofes ihren Platz finden, entsteht alljährlich unter Mithilfe vieler freiwilliger Hände der in der Tat coolste Rock-Tempel der Schweiz. Im 15. Jahr gab es zum Jubiläum so tiefe Temperaturen (bis -22°C!) wie noch nie. Das ging so weit, dass die Warmluft-Heizung zum Heizen beheizt werden musste, und selbst das Bier musste vor dem Einfrieren geschützt werden! Das diesjährige Billing versprach mit den Headlinern Serenity, Treat und Threshold ein hochkarätiges Programm, das zusätzlich noch durch weitere internationale Top-Bands wie Almanac und Jaded Heart bereichert wurde. Dazu kamen nicht minder gute Schweizer Combos wie Excelsis, Mad Sox, Skansis oder Black Mount Rise.



Freitag, 06.01.2017 (Zweiter Tag)

Skansis

Da die Bands des ersten Tages (Mad Sox, Serenity, XII Gallon Overdose und Excelsis) heuer zur Hälfte gar nicht nach meinem Gusto waren, entschied ich mich erst ab dem zweiten Festivaltag auf der Matte zu stehen. Wie sich dann herausstellte, war das zumindest betreffend XII Gallon Overdose ein Fehler. Doch man kann nicht immer gewinnen, und immerhin fror ich mir effektiv nur am Freitagabend die Nasenspitze ab. Die Kälte machte diesmal dem Anlass wirklich alle Ehre, und trotzdem schienen die Protagonisten, das heisst mindestens ein Teil davon, dies zu ignorieren. Dies galt jedoch nicht für den Opener Skansis, dessen Musiker keine freien Oberarme zur Schau stellten. Die Schweizer Hardrocker aus dem benachbarten Sumiswald hatten dabei natürlich ein Heimspiel, das sie jedoch nicht zu ihrem Vorteil ausspielen konnten. Der erste Part des Gigs wirkte reichlich uninspiriert und entlockte dem anwesenden Publikum nicht viel mehr als Höflichkeits-applaus. Hinten raus kam die Chose dann doch noch in Fahrt und nebst besserem Sound als zu Beginn, wirkten die Songs knackiger. Dass sie dabei immer wieder mal nach Shakra klangen, soll der 2000 gegründeten Combo nicht als Nachteil ausgelegt werden. Die dürftigen Fan-Reaktionen liessen jedoch darauf schliessen, dass Skansis insgesamt zwar solide performten, aber immer noch nicht über den Rückhalt verfügen, der einen entscheidend voran bringt. Zum einen liegt das sicher daran, dass die "aktuelle" Langrille «Leaving You» aus dem Jahre 2011 (!) stammt und zum anderen eine neue Rhythm-Section mit Markus Grimm (b) und Patrick Meier (d) das Line-Up ziert. Live-Aktivitäten sind jedoch das einzig probate Mittel, dass man als Band nicht vergessen geht, und nun sollte man sich halt mal an ein neues Album ran machen.

Setliste: «Next To Mine» - «Rock All Night» - «All I Care» - «Justice» - «Hear Now» - «Never Walk Alone» - «Is That Enough» - «Changed My Mind» - «Will You Be There» - «Dangermind» - «Return Today» - «Leaving You».

Jaded Heart
Der Kern der seit 1992 aktiven Hardrocker aus Duisburg geht im Wesentlichen zurück auf Axel Kruse (d), Michael Bormann (v) und Michael Müller (b). Letzterer ist noch das einzig verbliebene Ur-Mitglied. Die aktuelle Besetzung geht nun als deutschschwedische Freundschaft durch und besteht aus Fronter Johan Fahlberg, Gitarrist Peter Östros und Drummer Bodo Stricker. Der zweite Mann an der Klampfe hört auf den Namen Masahiro Eto und der sieht auch so aus, wie er heisst. Das letzte Album «Guilty By Design» kam im vergangenen Frühling auf den Markt und präsentierte insgesamt einen härteren Sound als in den früheren Jahren. Obwohl es unter den älteren Alben keine kompositorischen Ausfälle zu beklagen gab, blieben Jaded Heart grössere Erfolge bisher verwehrt, was mitunter mit dem unsteten Line-Up zu tun hat. So sah man die Truppe halt das eine oder andere Mal als Support von grösseren Namen. An mir ging dieser Kelch deshalb ohne nachhaltige Wirkung vorbei, will heissen, dass ich eigentlich keinen einzigen Song kannte, der heute Abend gespielt wurde! Da erging es mir gleich wie Kaufi von Metal Inside. Doch das galt beileibe nicht für einige ICE-Rocker, die die Band von Anfang an abfeierten und gleich für eine tolle Stimmung sorgten. Dafür verantwortlich war das tighte Spiel der ganzen Band und wo Sänger Johan Fahlberg nicht nur durch seine Grösse den Unterschied ausmachte. Ob dieser jetzt im Vergleich zu seinem Vorgänger Michael Bormann grundsätzlich bestehen kann oder nicht, sprich in die Band passt, war Gegenstand des einen oder anderen Gesprächs unter fachlich Gleichgesinnten. Fakt war auf jeden Fall, dass Jaded Heart einen ziemlich beherzten Set hinlegten und gut eine Stunde lang keine Gefangenen machten. Die Stimmung im Tenn war ausgelassen und der Schlusssong in Form des Anastacia-Covers «Paid My Dues» geriet vorzüglich.

Setliste: «No Reason» - «Godforsaken» - «Run And Hide» - «Saints Denied» - «Justice Is Deserved» - «Till Death Do Us Part» - «No Waiting For Tomorrow» - «Not In A Million Years» - «Nightmare’s Over» - «Love Is A Killer» - «Remembering» - «Schizophrenic» - «Rescue Me» - «With You» - «Paid My Dues».

Treat
Als das Billing für das diesjährige "ICE ROCK"-Festival bekannt gegeben wurde, überstrahlte mitunter diese Band fast alles andere: Treat! Die schwedischen Melodic Rocker hätten ab mitte der 80er das Zeug dazu gehabt, gross raus zu kommen, doch die Konkurrenz war zahlreich, vor allem aus der Heimat. Obwohl Treat ein paar geile Songs mit Hitpotenzial am Start hatten, fehlte ihnen das, was die Kollegen von Europe zu späteren Millionären gemacht hat: «The Final Countdown»! So passierte dann leider das, was zig andere Bands mit dem Aufkommen des Grunge ebenso ereilte: Der Fall in die Bedeutungslosigkeit! Nach dem grandiosen dritten Album «Dreamhunter» (1987) wäre die Zeit eigentlich reif gewesen, doch fünf Jahre und zwei weitere Alben später ging der Ofen aus. Es sollte, nebst einer erstaunlich gut angenommenen Compilation von 2006 («Weapons Of Choice») sowie nach dem Auftritt beim "Sweden Rock" im gleichen Jahr jedoch bis 2010 dauern, ehe sich die Nordländer mit «Coup De Grace» eindrücklich zurück meldeten. Dass nun bis zum aktuellen Album «Ghost Of Graceland» weitere sechs Jahre ins Land gezogen sind, spricht allerdings Bände. Umso mehr war es erfreulich, dass man Treat ins Emmental lotsen konnte, zumal der ehemalige Poodles-Bassist Pontus Egberg sonst eigentlich in Diensten von King Diamond steht. Drei Dekaden nach «Dreamhunter» hinterliessen die üblichen Spuren der Zeit in den Gesichtern der Musiker, aber Frontmann Robert Ernlund und seine Jungs waren parat und legten gleich mal mit drei neuen Songs los, die mehr als nur wohlwollend aufgenommen wurden. Allerdings hörte man den guten Robert zu Beginn kaum, was sich aber mit der Zeit verbesserte. Zum Glück, denn mir war zu Ohren gekommen, dass bei einem der letzten Auftritte ziemlich viel Playback dabei gewesen sein soll. Heute Abend war das, zumindest bis auf die Chöre, klar nicht der Fall. Dafür stand man ohne vorhandene Abschrankungen nahe genug an den Musikern. Nach der geilen Eingangs-Triplette war die Reihe an «Ready For The Taking». Der hammermässige Midtempo-Rocker fuhr das volle Brett auf und versetzte die ersten Reihen in hellste Verzückung. Die Matten flogen und die Körper zuckten. Selbst meine mittlerweile knirschenden Halswirbel (kein Scheiss Leute, nach über 35 Jahren headbangen wäre es eigentlich vorbei damit!) mussten nochmals dran glauben, no mercy! Danach ging es Schlag auf Schlag und Kracher wie «Papertiger» oder «Roar» unterstrichen die Güte des Comeback-Albums «Coup De Grace». Die Zugabe hiess natürlich «World Of Promises», und viel zu schnell ging dieser livehaftige Leckerbissen zu Ende! Das "ICE ROCK" machte es möglich, wow!!

Setliste: «Ghost Of Graceland» - «Better The Devil You Know» - «Nonstop Madness» - «Ready For The Taking» - «Papertiger» - «Do Your Own Stunts» - «Endangered» - «Gimme One More Night» - «Changes / Rev It Up / Party All Over / Too Wild» - «We Own The Night» - «Roar» - «Get You On The Run» - «Conspiracy» - «Skies Of Mongolia» -- «World Of Promises».

Blackwater
Eigentlich war die letzte Band des zweiten Festivaltages nicht zu beneiden, denn nach dem grandiosen Gig von Treat hätte man eigentlich getrost heimgehen können. Da aber alle Combos, die am "ICE ROCK"-Festival spielen, vom OK nach dem "isch das öppis?"-Prinzip ausgewählt werden, war Fairness angesagt. So zog ich mir also die bayrischen Southern Heavy Rocker Blackwater auch noch in voller Länge rein, die zum ersten Mal überhaupt auf Schweizer Boden musizierten. Obwohl sich die Reihen merklich gelichtet hatten, ging die erst 2012 entstandene Truppe voller Elan auf die Bühne und zog eine, trotz der Affenkälte, energetische Show ab. Teilweise wurde man etwas an Black Label Society erinnert, was allerdings nicht für das Gitarrenspiel von Leadsänger Andy und dem zweiten Gitarristen Simon galt. Der Stil von Zakk Wylde war nicht zu hören. Dennoch erzeugten die Gitarren ein ordentliches Brett, das mitunter auch etwas düster angehaucht war. Frontmann Andy musste noch Überzeugungsarbeit leisten, damit das berühmte Loch vor der Bühne wenigstens etwas gestopft werden konnte. Mit «Raise Your Glass» hatten Blackwater einen veritablen Gassenhauer im Programm, von dem es auf YouTube ein witzig gemachtes Video gibt, dessen wesentlicher Inhalt eigentlich bereits vom Titel des Songs verraten wird. So zockten die Jungs aus Prien am Chiemsee einen soweit durchaus ansprechenden Set runter, der unter dem Strich aber etwas an der Gleichförmigkeit des Songmaterials litt, und der Umstand, dass Sänger Andy seinen rauen Gesang quasi imitieren musste, klang mitunter, respektive zeitweilig, zu angestrengt und liess dadurch die Variabilität ein wenig vermissen. Die Cover-Version des ZZ Top Classix «Sharp Dressed Man» reichte dann letztlich nicht aus, um das Gesamturteil noch entscheidend beeinflussen zu können. Nichtsdestotrotz schallte es nach der Ansage von Festival-Chef Fridu nach der obligaten Frage "isch das öppis gsi?" lautstark "sensationell" zurück.

Setliste: «Carry You Home» - «Control» - «Souldrinker» - «All Night Long» - «Raise Your Glass» - «Big Block» - «Break Away» - «Head Down South» - «Someday» - «Home Sweet Home» - «Rainman» - «Sharp Dressed Man (ZZ Top Cover)» -- «Cherry Red».



Samstag, 07.01.2017 (Dritter Tag)

Black Mount Rise

Die erste Band, die am dritten und letzten Festivaltag bereits um 15.00 Uhr auf die Bühne schritt, wurde vor ziemlich genau drei Jahren aus der Taufe gehoben. Es handelte sich also um eine vergleichsweise sehr junge Band. Dennoch hinterliessen Yannick Schmidt (v/g), Micki Richter (g), Alex Jansen (b) und Tobias Schaller (d) einen ziemlich coolen wie abgeklärten Eindruck, als sie mit ihrem Alternative Rocksound die Ruhe im Tenn beendeten. Das Debüt-Album «Curtains Falling» erschien im Februar 2016 und enthält mit dem auch hier gespielten Song «Apart & Astray» ein Duett mit der ehemaligen Nightwish-Elfe Anette Olzon! Das kann sich ja schon mal hören und sehen lassen. Da dem aus Fribourg oder alternativ Freiburg im Üechtland stammenden Vierer eine Stunde Spielzeit zur Verfügung stand, traf es sich gut, dass der heutige Set, bis auf den neuen Track «Solitary Walk», mit dem kompletten Debüt (!) bestückt werden konnte. Obwohl die Musiker technisch allesamt ohne Fehl und Tadel agierten, löste der leicht düster angehauchte Sound keine Begeisterungsstürme aus, was im Wesentlichen der frühen Auftrittszeit zugeschrieben werden konnte. Frontmann Yannick nahm es gelassen und verströmte mit seinen Ansagen positive Vibes. Mir war das Ganze letztlich zu wenig griffig, aber die Performance war auf jeden Fall in Ordnung, auch ohne Mrs. Olzon als Stargast.

Setliste: «Into The Deep (Intro)» - «I Stand Alone» - «A Tedious Farewell» - «Down That Road Again» - «Dilemma» - «Apart & Astray» - «On Darkest Waves» - «Lucid Dream» - «Solitary Walk» - «Gone Drift» - «Drown The Sun» - «Someplace Else» - «It All Comes Down To This».

Surrender The Crown
Ein anderes Brett kam dann um halb fünf in Form der deutschen Band Surrender The Crown aus Saarbrücken auf die Bühne. Auch hier haben wir es mit einer eher neueren Combo zu tun, die 2013 mit ihrem Demo für einen ersten Achtungserfolg sorgen konnte. Der Fünfer mit Matthias Braun (v), Philipp Köhl (g), Patrick Meyer (g), Oliver Quinten (b) und Matthias Schmidt (d) wartete einerseits mit groovigen Rhythmen auf und andererseits waren starke Melodylines auszumachen. Dies auch, weil hier kräftige Backing-Vocals dafür sorgten. Sänger und Frontmann Matthias war ein ordentlich gebauter Hüne, der jedoch überaus sympathisch rüber kam. Sein Aufruf an die Fans, doch etwas näher an die Bühne zu treten, fand dann allerdings eher zögerlichen Zuspruch. Nichtsdestotrotz rockten Surrender The Crown vor allem mit den Songs ihres Debüt-Albums «Life Decides», das letztes Jahr etwa zur gleichen Zeit erschien wie das Teil von Black Mount Rise. Ein stilistischer Vergleich mit den Schweizern drängte sich zwar nicht zwingend auf, doch die Deutschen spielten Heavy Rock, der zumindest zeitweise mit etwas metallischer Härte überzogen war. Nachdem sich die Saarländer richtig eingegroovt hatten, kam dann auch immer mehr vom "ICE ROCK"-Publikum in Form von anerkennendem Applaus zurück. Dies wiederum befügelte postwendend die Band, und so gerieten die 75 Minuten zu einem echt angenehmen Konzertereignis.

Setliste: «Noise» - «Give Me A Name» - «Open The Gates» - «Push Even More» - «River Will Flow» - «Lost In The Storm» - «Light Of Day» - «Through The Black» - «Truth Is A Blade» - «Life On Hold» - «Don't Say Sorry» - «Life Decides» - «Right Now, Right Here» - «Faith Remind Me» - «Bleed For This» - «Undying» - «Fall Like Rain».

Johnboy
Das pure Heavy Rock Trio aus St. Ingbert..., respektive ratet mal, wo das genau liegt? Na? Im Saarland natürlich! Und das gab es meines Wissens bisher noch nie am "ICE ROCK", dass gleich zwei hintereinander aufspielende Bands aus dem gleichen Bundesland unserer nördlich liegenden Nachbarn stammen. Nun denn, aber das war es dann auch gleich von wegen Gemeinsamkeiten, denn nun rockten bloss Dom (v/g), Addi (b/v) und Tobi (d) auf der Bühne. Kaum angefangen, merkte man gleich, dass der Sound deutlich rauer wurde und das Dreigestirn mächtig auf die Tube drückte. Des Weiteren fiel das überaus tighte Zusammenspiel und somit die Erfahrung auf. Das ist auch kein Wunder, denn das allererste Tonträger-Lebenszeichen geht auf das Jahr 2005 zurück. Die aktuelle Scheibe «State Of The Art» kam im Herbst 2015 ans Licht der Welt, und somit wäre es langsam an der Zeit, dass die Jungs mit neuem Material in die Pötte kommen! Bis es jedoch soweit ist, muss man sich noch mit dem alten Stoff herumschlagen, und dieser hatte es wahrlich zur Genüge in sich. Johnboy sorgten mit ihrer energiegeladenen Performance für die erste wirklich gute Stimmung am heutigen Samstag. Die Ice-Rockers rückten brav auf, und auch wenn die Temperaturen deutlich höher als am Vortag waren, so war es nach wie vor arschkalt und das beste Mittel dagegen war, sich entsprechend zu bewegen. Das fiel einem bei dieser fetzigen Mucke nicht schwer, und dass am Ende lautstarke Zugabe-Rufe zu hören waren, unterstreicht die Live-Qualitäten dieser Top-Band.

Setliste: «Saints» - «Sudden Rain» - «Missnhonesty» - «My Last Conceit» - «Defy Disgrace» - «Call My Name» - «God Knows» - «Black Horizon» - «Things For Real» - «In Little Less» - «My Pain» - «Remember» - «King Fuel» - «The Hammer» - «Die Alone».

Almanac
Und nun war ich gespannt, was folgen wird, denn ich sah Almanac, die neue Band um den ehemaligen Rage-Klampfer Victor Smolsky, heute Abend zum allerersten Mal live. Der Saitenvirtuose wusste allerdings schon, was ihn vor Ort grundsätzlich erwarten wird, denn Victor stand im Jahre 2013 beim 11. "ICE ROCK"-Festival schon mal mit Rage auf dieser Bühne. Gleiches galt für Andy B. Franck, den zweiten Leadsänger von Almanac, der bekanntlich sonst in Diensten von Brainstorm steht. Letztere zierten ja das "ICE ROCK"-Lineup von 2015 und sorgten, wer es auch gesehen und gehört hat, für ordentlich Schub. Gesanglich gehören des Weiteren Pink Cream 69 und Voodoo Circle Shouter David Readman sowie Jeannette Marchewka als weibliches Pendent zu diesem Ensemble. David und Bassist Armin Alic waren die einzigen zwei Bandmembers, die die Zirkusdirektor-Uniform trugen. Victor und Jeannette trugen derweil schwarz, besetzt mit Nieten-Knöpfen und Andy wie Drummer Michael Kolar trugen ebenso was Schwarzes, aber Unauffälligeres. Nicht dabei als livehaftiger Musiker war Tastenmann Enric Garcia, dessen Sound notgedrungen ab Band kam. Nach dem Album-Opener «Tsar» folgte gleich «Self-Blinded Eyes», wo sich einerseits Mr. Smolksy an seinem Instrument austoben konnte und die Riege der SängerIn aufpassen musste, dass sie sich auf der vergleichsweise kleinen Bühne nicht über den Haufen rannten. Die Mucke kam gut aus den Startlöchern, ausser dass die Abteilung Gesang viel zu leise war und man selbst ganz vorne bei den Monitoren kaum bessere Verhältnisse als weiter hinten hatte. Im Verlauf des Konzertes verbesserte sich dies zwar, kam aber nicht dahin, wo es sein sollte. Dieser ärgerliche Umstand bei einer solchen Band wie Almanac wog letztlich dennoch nicht so schwer, da sich unter den Fans eine gute Stimmung ausbreitete. Bei nur einem Studioalbum in der Hinterhand war es absehbar, dass noch anderes Material herhalten musste. Stilistisch überraschte es deshalb nicht, dass neben zwei Lingua Mortis Tracks noch vier aus Smolskys Zeit mit Rage quasi gecovert wurden. Das kann man nun bewerten wie man will, aber insgesamt passte es, und manch einer hatte offenbar noch nie so einen versierten Shredder zu Augen und Ohren bekommen. Somit war alles im grünen Bereich, ausser dass sich Victor wieder einmal von seiner "charmanten Seite" zeigte und auf die Nachfrage eines Fans nach einem seiner Plektren mit dem Satz reagierte, er solle sich dieses am Merchstand käuflich erwerben! Bis auf diesen peinlichen Fauxpas fand ich Almanac in dieser Auslegung mehr als nur anregend und freue mich auf einen mindestens ebenbürtigen Zweitling.

Setliste: «Tsar» - «Self-Blinded Eyes» - «Dies Irae (Rage Cover)» - «Hands Are Tied» - «Children Of The Future» - «Nevermore» - «Suite Lingua Mortis III - Innocent (Rage Cover)» - «Suite Lingua Mortis V - No Regrets (Rage Cover)» - «Unity (Rage Cover)» - «No More Shadows» - «Empty Hollow (Rage Cover)».

Threshold
Nicht nur die Organisatoren schwelgten wohl in anderen Sphären, als sie die Zusage von Threshold als klarer Headliner der Jubiläumsausgabe "ICE ROCK"-Festival, Ausgabe 2017 in trockenen Tüchern hatten. Die britischen Prog Metaller haben in den letzten Jahren nicht nur albumtechnisch nach der Ära "Mac McDermott" voll zugelegt, sondern sich auch bei regelmässigen Konzertbesuchen keine Blösse gegeben. Im Zentrum neben Karl Groom, dem instrumentalen Leithammel, steht natürlich Leadsänger und Sympathikus Damian Wilson. Sein fannahes und auch sonst völlig relaxtes Wesen liess die Konzerte in der Vergangenheit stets zu etwas Besonderem werden, und auch heute Abend sollte Geschichte geschrieben werden. Das Ganze fing eigentlich schon am Vortag an, als Damian sich interessiert wie diskret zugleich unter die Leute mischte und sich alles mal aus der Sicht von unten ansah. Erst als es offensichtlich war, dass es wirklich Damian ist, gingen die Fans ruhig auf ihn zu und schossen die ersten Selfies. Heute Abend stand er zuerst natürlich auf der Bühne, aber das sollte sich schon bald ändern. Vorerst war Prog Metal der Güteklasse eins angesagt und dank dem eigenen Mischer stimmte der Sound erfreulicherweise von Anfang an, und dazu gehörte, dass man Damians Gesang klar und deutlich vernehmen konnte. Bereits mit dem Opener «Slipstream» ging es gleich von Null auf Hundert, und auch wenn Prog Metal sicher nicht jeden individuellen Geschmack trifft, so sind es einerseits die fetten Gitarren von Karl Groom und seinem Sidekick Pete Morten sowie andererseits die hirnrinde-zerfräsenden Melodien, die diese Ausnahmeband von vielen anderen abheben lassen. «The Art Of Reason» markierte darauf den ersten Longtrack, und auch wenn das Original ab dem Album «Subsurface» von 2004 noch von Mac eingesungen wurde, so hat Damian all diese Perlen der Vergangenheit längst verinnerlicht und lässt es an nichts mangeln.

Mit jedem weiteren Song wurde die Stimmung grandioser und man wähnte sich fast in London bei einem Heimspiel. Irgendwann machte Damian dann Anstalten, also so wie er das mittlerweile überall ankündigt, sich als Crowdsurfer zu betätigen. Während der erste Ausflug eher von kurzer Dauer war, gelang das eigentliche Vorhaben im zweiten Anlauf, nämlich in den Hot Pot zu gelangen. Und "platsch" sass der Tausendsassa samt seinen Kleidern drin und liess sich das Mikrophon reichen, um vom Pot aus weitersingen zu können. Hat man sowas schon mal am "ICE ROCK" gesehen?! Nein, und dass Damian dann triefnass und in den Socken den Klassiker «Pilot In The Sky Of Dreams» fertig sang, war nicht mehr zu überbieten. Mag ja sein, dass seine Kollegen das womöglich nicht immer gleich lustig finden, aber der heutige Exkurs von der Bühne runter wird definitiv in die Geschichte von Threshold eingehen. Ebenso kultig war der Umstand, dass man von Drummer Johanne James wegen seiner dunklen Hautfarbe und null Licht bei seinem Arbeitsgerät gelegentlich nur seine Drumsticks in der Luft herumwirbeln sah! Als die Band nach «Mission Profile» die Bühne vor der Zugabe verliess, waren sich alle einig, dass hier gerade eines, wenn nicht das beste Konzert aller fünfzehn Ausgaben des "ICE ROCK"-Festivals seinem endgültigen Ende zusteuerte. Obwohl auf der Setliste aufgeführt, spielten die Briten «Watchtower On The Moon» leider nicht mehr, was zeitlich wohl der Pot-Einlage geschuldet war, doch «Ashes» setzte den perfekten Schlusspunkt dieses grandiosen Konzertes! Wer hier in Wasen i. E. dabei war, sollte das bereits angesagte weitere Schweizer Konzert im Z7 am 03.12.2017 keinesfalls verpassen!

Setliste: «Slipstream» - «Turned To Dust» - «The Art Of Reason» - «Oceanbound» - «Long Way Home» - «Lost In Your Memory» - «Pressure» - «The Box» - «Coda» - «Pilot In The Sky Of Dreams» - «Mission Profile» -- «Ashes».

Devil's Gun
Nun wurde es schon ein wenig krass, denn was sollte dem Hammer-Gig des Headliners noch paroli bieten können?! Wer aber schon mal beim "ICE ROCK" zugegen war, weiss, dass es zum Abschluss der Rocksause im Tenn stets noch einen lautstarken Absacker gibt. Das war auch dieses Jahr so und mit Devil's Gun aus Schweden hatte man tatsächlich noch ein heisses Eisen im Schmelztiegel. In der selbst deklarierten Schnittmenge von Airbourne, Accept und ein bisserl Motörhead sowie meiner Meinung nach auch Bullet und der verblichenen Schweizer Hardrock Legende Killer (!), vor allem was den sirenenartigen Gesang von Jocke Hermansson angeht, der mich mehrmals an Mark Broman alias Markus Brönnimann erinnerte, powerten die Nordländer unbekümmert los. Zu Beginn war es noch echt coole Mucke, was etwas später auch die erneute Anwesenheit des mittlerweile wieder völlig in frischen und trockenen Kleidern dastehenden Damian Wilson (!) unterstrich. Das Einflechten des Accept-Klassikers «Balls To The Wall» ging soweit in Ordnung und lag auf der Hand, was die oben beschriebenen Einflüsse der Truppe angeht. Mit der Zeit schlichen sich dann jedoch ein paar fillermässige, da zu gleichförmige Songs ein, doch weil das Ganze mit stets flottem Tempo dargeboten wurde, verkauften Devil's Gun ihre Haut nicht unter Wert. Die Stimmung der immer noch zahlreich verbliebenen Fans war auf jeden Fall partymässig, und die in der ersten Reihe positionierte Schweden-Fahne, die schon bei Treat ihre Wirkung nicht verfehlte, erheiterte die Schweden, die meinten, dass es hier unwesentlich "wärmer" sei als in der Heimat, die sie eben erst verlassen hatten. Von der Optik her fiel auf, dass Frontmann Jocke für sein jugendliches Alter schon eine ansehnliche (Bier-) Plauze spazieren fährt, doch aus meinem Munde klingt das eher schräg, ha ha ha. Wie dem auch sei, die Jungs erfüllten ihre Aufgabe und dass ich mir danach am Merchstand noch das Vinyl des Debüt-Albums gekrallt habe, sagt genug aus. Den zufälligen Vogel schossen Devil's Gun jedoch damit ab, dass sie den Opener «Hot Rock City» kurzerhand in «Ice Rock City» umtauften und nochmals als ungeplante Zugabe zum Besten gaben. Danach war dann definitiv Schicht im Schacht und der erste grössere Konzertevent des noch jungen Jahres 2017 zu Ende.

Setliste: «Hot Rock City» - «Let 'em Ride» - «Balls To The Wall (Accept Cover)» - «Midnight Crowd» - «Radio Attack» - «Born To Lose» - «Break The Ice» - «Dirty'n'Damned» - «Wasted Overnight» - «Sacrifice» - «Alligator Fuckhouse» - «Spitfire» - «Run Through The Night» - «Wine Rebel» - «More Alcohol» -- «Ice Rock City».


Würde es das "ICE ROCK"-Festival nicht geben, man müsste es glatt erfinden, doch diese Ehre geht einzig und alleine auf die Kappe von Fridu Gerber (rechts) und sein Herzblut-Team, die auch dieses Jahr alles wieder im Griff hatten. Die saumässige Kälte stellte mehr als einmal eine grosse Herausforderung dar und dies aus unterschiedlicher Optik. Während einerseits das Heizen des Innenraums Probleme machte, ging es andererseits dem Bier entgegengesetzt an den Kragen! Gleiches galt für das benötigte fliessende Wasser des WC-Wagens. All diese Aufgaben wurden letztlich jedoch gemeistert, aber die Affenkälte am Freitag war beispiellos, denn das Thermometer sank draussen bis auf -22°C hinunter! Um dies drinnen völlig ausblenden zu können, gab es wieder die bewährte Speisekarte des "ICE ROCK", die für volle Mägen sorgte und natürlich den Hot Pot, der heuer aber nebst dem berühmten Gast erstaunlich mager frequentiert wurde. Baulich war eigentlich alles wieder so, wie man es kennt, ausser dass ein neuer schöner Merchstand zum ersten Mal aufgestellt wurde. Gewohnt hingegen waren die mittlerweile legendären Bühnen-Ansagen von Fridu, dessen "Isch das öppis gsi?!" heuer einen Zusatz im Sinne der Antwort auf diese Frage erhalten hat: "Sensationell!". Nach ein paar Übungsrunden hatte das Publikum den Köder gefressen und postwendend zum kommenden Selbstläufer gemacht. Ob das nächstes immer noch so sein wird? Be there 2018 again und Ihr wisst es!