Livereview: Greenfield Festival 2015

11. - 13 Juni 2015, Flugplatz Interlaken
Text & Pics by Oliver H.

Wie so oft, wenn das Greenfieldfestival seine Tore öffnet, verdunkelt sich der Himmel und das Bergpanorama wird von massigen Wolkengebilden verschluckt. Die Temperaturen sind sommerlich heiss und der Schweiss wird zwangsweise aus den Poren gepresst. Erste Regentropfen trommeln auf die Autoscheibe und beim Parkieren des Wagens ist der Regenschutz in Gedanken bereits fester Bestandteil für den Festivalbesuch. Dröhnend wummern die Bässe über den Fluss und das Volk pilgert meist in schwarz gehüllt in alle Richtungen. Der erste Eindruck: Es scheint massiv weniger Personen als noch 2014 zu haben. Diejenigen die da sind haben aber alle das gleiche Ziel. 40 Bands in drei Tagen zu schaffen. Das ist erst einmal die Aufgabe, die es zu überstehen gilt. Unter den Bands warten nämlich einige musikalische Leckerbissen auf die BesucherInnen.

Godsmack

Die Herren von Godsmack betraten pünktlich um 17:30 Uhr die Bretter der Hauptbühne. Die Truppe aus Boston ist seit 1995 aktiv und verfügt daher über ein breites Liederrepertoire und konnte aus den Vollen schöpfen. Sully Erna, Sänger und Kopf der Band trat mit viel Freude und Enthusiasmus auf. Der Sound der Amerikaner ist ein Mix aus Grunge, Metal, Hard Rock und Progressive Rock. Godsmack bezeichnen sich selbst aber schlicht als moderne Hard Rock Band. Die doch schon etwas in die Jahre gekommenen Herren strahlten eine gewisse Selbstzufriedenheit und Ruhe aus obwohl das auf letzteres nicht ganz zutraf. Godsmack machten ganz schön krach! Ihre Songs liessen die Leute vor der Bühne wild zappeln und headbangen. Vom Mischpult aus hatte ich beste Sicht auf die Bühne, denn das Publikum war zu diesem Zeitpunkt noch nicht so dicht versammelt. Soundtechnisch war der Aufenthaltsort perfekt. Gegen Schluss spielten sie noch ein Medley aus Stücken von AC/DC, Aerosmith und Judas Priest. Bereits nach 45 Minuten war die Spielzeit abgelaufen und für mich der Zeitpunkt gekommen, eine kleine Pause einzulegen.

Backyard Babies
In der Abenddämmerung dann der Gig der vier Typen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Der Normalo und Hobbyfotograf der Band an den Drums, der Mann am Bass mit blonder Metalmähne, ein Gitarrist mit Rock, Grossmutterhalskette und viel Schminke im Gesicht und zu guter Letzt der Sänger und Rhythmusgitarrist im Lederoutfit. Seine schwarze Jacke ziert das Logo der Backyard Babies und auch seine Tätowierungen würden wohl viele Geschichten erzählen, wenn sie könnten. Wer die Band aus Schweden schon einmal zuvor live erlebt hat, war sicherlich gespannt, da sie für ihre Energie bekannt sind. Zu Beginn wollte dies aber noch nicht so recht gelingen. Die Band erweckte den Eindruck, als würde sie den Abend mit angezogener Handbremse durchziehen. Der Funke wollte einfach nicht so richtig überspringen. Ab dem vierten Song etwa, schien sich aber der Knoten zu lösen und Nicke Borg und seine Babies legten gewaltig an Fahrtwind zu. In diesem Zusammenhang ist vielleicht noch kurz zu erwähnen, dass dies erst der zweite Live-Auftritt seit 2010 war. Von Song zu Song kam die Band besser in Stimmung und besonders bei den älteren Songs wie Brand New Hate ging definitiv die Post ab. Fans der Schweden dürfen sich im August 2015 über ein neues Album freuen. Dies verkündete Borg seinen Anhängern voller Enthusiasmus. Danach rockten sie heftig und dreckig weiter mit einer richtig guten Show. Wer es aber deftiger und härter mag, kehrte den Backyard Babies schon frühzeitig den Rücken und verschob zur Mainstage, auf der als nächstes Lamb of God in den Startlöchern stand.

Lamb of God
Beim Lamm Gottes, wie es so schön übersetzt heisst, ist der Name Programm. Die Band beschäftigt sich zum grossen Teil mit religionskritischen Themen. Sozialkritische sowie Antikriegs Texte fanden in den letzten Jahren aber auch immer mehr Zuspruch. Randy Blythe hatte von Anfang an die Menge voll im Griff und schrie sich die Kehle aus dem Hals. Energiegeladen rannte er die Bühne auf und ab. Zum Stillstand kam er nur, um sich über die Monitore zu beugen und das Publikum mit wütenden Growls einzudecken. Für Lamb of God war dies der erste Auftritt am Greenfieldfestival. Am Pegel des Publikums gemessen war diese Premiere auch mehr als geglückt. Was den Musikstil von Lamb of God angeht, ist sich die Musikwelt uneinig. Metalcore mit Death und Thrash Einflüssen oder doch eher New Wave of American Heavy Metal? Egal! Richtig ist nur, dass sich die Mischung aus der Brutalität des Death Metal, der rauhen Intensität des Thrash Metal und der mathematischen Präzision des Progressive Metal, diskussionslos hören lassen kann. Die Stimmung im Publikum und auf der Bühne war angeheizt. Die Show wurde während einer Stunde fast nur in blauem und grünem Licht gehalten, was die Arbeit im Fotograben doch ziemlich erschwerte. Obwohl nicht viel an Unterhaltung geboten wurde, war das Konzert zu keiner Zeit langweilig. Eindrücklich waren die massiven MESA-Verstärkertürme, die nebst Banner als schlichte Bühnendeko herhalten mussten. Das Schlagzeug wirkte dazwischen verschwindend klein. Lamb of God haben ihre Live-Qualitäten unter Beweis gestellt. Das Quintett aus Richmond überzeugte auf ganzer Linie mit Druck und Perfektion.

Slipknot
Der Donnerstagabend stand ganz im Zeichen der Maskenmänner aus Des Moines, Iowa! Bereits beim Intro XIX vom neuen Album  5: Grey Chapter sangen die ersten Reihen, teilweise auch in Slipknot-Masken lauthals mit. Die Bühne war noch in mattes Licht getaucht, nur die Augen des übergrossen Teufel-Ziegenbocks leuchteten grell von der Rückwand. Als dann die neun Herren in ihren Overalls die Bühne betraten wurde es richtig laut im Publikum. Eine unbändige Energie ging von der Hauptbühne auf das Publikum über und die Security in den ersten Reihen hatte alle Hände voll zu tun. Frontmann und Mastermind Corey Taylor übernahm die Führung und beeindruckte durch wildes Herumspringen und andere akrobatische Einlagen. Die neuen Masken der Musiker sahen von Nahem weitaus beeindruckender und furchteinflössender aus als noch auf den ersten Promobildern. Die Hitze darunter muss schwer zu ertragen sein, denn zur Mitte des Konzerts lief bereits der Schweiss teilweise in Bächen unten aus den Masken. Kein Wunder! Zu den Scheinwerfern gesellten sich bei mehreren Songs Feuersäulen, die in die Höhe schossen oder im Hintergrund kontinuierlich brannten. Erstere waren bis in die hintersten Zuschauerränge spürbar. Duality sowie Psychosocial oder Before I Forget, um nur einige zu nennen, trafen den Nerv des Publikums. Die zwei Perkussionisten am linken und rechten Bühnenrand trommelten auf ihren Ölfässern und Gasflaschen herum und dazu hob, senkte und drehte sich die ganze Konstruktion im Kreis. Taylor jagte die Treppe rauf und runter und brüllte dazu den Text von Heretic Anthem oder People=Shit ins Mikrofon. Es war ein wirklich gelungener, um nicht zu sagen ein brillanter Auftritt. Einzig und allein die Lichterketten, die sporadisch die Farbe wechselten, erinnerten zeitweise mehr an Weihnachtsdekoration als an Metal-Party Stimmung. Dies ist aber Kritik auf hohem Niveau, denn alles in allem haben die Amis eine unterhaltsame und energiegeladene Show der Extraklasse abgeliefert.

Motörhead
Tag zwei des Greenfieldfestivals! Für diesen Tag habe ich mir nur zwei Rosinen rausgepickt, wovon sich die eine aber ziemlich schnell als faules Ei herausgestellt hat. Meine persönlich grösste Vorfreude für dieses Festival galt unter anderem Motörhead. Erst einmal gesehen und von diesem Konzert noch immer geflasht, war meine Erwartung und auch die Vorschusslorbeeren an diesen Gig relativ hoch. Dies dauerte aber gerade Mal so lange, wie sie anfingen zu spielen. Motörhead! Waren diese drei Typen da auf der Hauptbühne wirklich Motörhead? Lemmy Kilmister hat die Band zwar zu Beginn so angekündigt und das eher klein geratene Banner mit dem Bandlogo liess keinen Zweifel zu. Aber dennoch stimmte irgendetwas nicht. Warum kann ich meinen Nachbarn reden hören, während die Briten aufspielen? Wer das auch immer zu verantworten hat: shame on you! Es war eindeutig zu leise! Auch die Songauswahl kam mir untypisch und wenig rockig vor. Ich hatte bis anhin gedacht, dass ich Motörhead ein wenig kenne aber bis auf Ace of Spades ziemlich zu Beginn, waren mir die meisten Songs eher unbekannt. Schleppend und zäh drangen die Tracks durch die Boxen aber nicht in meine Gehörgänge. Geplagt durch mein ungutes Gefühl und mein Unwissen habe ich mich mit anderen Festivalbesuchern unterhalten, ausgetauscht und ihr Wissen über das aktuelle Line-Up abgefragt. Die wenigsten konnten mir eine schlüssige Antwort geben. Im Gegenteil. Mein Verdacht schien sich zu erhärten. Es war wohl ein Motörhead-Gig, der nicht als einer der Besten in die Geschichte eingehen wird. Erst gegen Schluss, als dann doch noch Titel wie Bomber und Overkill über die Lautsprecher dröhnten, hatte man als Zuhörer das Gefühl auf einer Metalparty zu sein. Einzig und allein Mikkey Dee konnte mit seiner Form und seinem echt geilen Schlagzeugsolo so richtig überzeugen. Bei den beiden anderen Mitstreitern war eine gewisse Resignation oder einfach das fortgeschrittene Alter bemerkbar. Schade, denn ich hatte mir von diesem Auftritt wirklich mehr erhofft.

In Flames
Die Melodic (Death) Metal Combo aus Göteborg war in guter Stimmung das Greenfieldfestival in Grund und Boden zu rocken. Nach dem Auftritt von Motörhead war dies sicher keine Kunst mehr aber für den einen oder anderen Metalfan, eingeschlossen mich selbst, sicher von unermesslichem Wert. Anders Fridén und seine In Flames waren von der ersten Minute an voll da. Stampfende Gitarren und ein Bass, der die Mägen in den ersten Reihen tüchtig durchschüttelte. Gut gelaunt fragte der Frontmann nach den ersten zwei Songs die Menge, wie es in der Schweiz mit dem Crowd-Surfing gesetzlich so aussieht. Als das Publikum den Freipass erteilte, wurden massig Leute in die Höhe gehoben und zur Bühne durchgegeben. Die Security kam teilweise an ihre körperlichen Grenzen, wogegen sie sich gegenseitig die Schultern massierten, wenn sie gerade mal eine kleinere Pause hatten. Björn Gelotte bearbeitete seine Gitarre als gäbe es kein Morgen und die Spielfreude war allen Bandmitgliedern wirklich ins Gesicht geschrieben. Auffällig waren und dies gilt nicht nur für die Bandmember von In Flames, sondern fürs ganze Festival, die gut gepflegten, langen Bärte unzähliger Herren. Es scheint ein neuer Trend zu sein, der sich auch im Metalbusiness durchsetzt. Zum Glück mussten sich die Musiker zu keiner Zeit hinter ihrer Gesichtsbehaarung verstecken, denn ihr Sound steckte die Massen vollends an! Elektrisierend war auch ihre Lichtshow. Präzise auf die einzelnen Songs abgestimmt wechselte das Licht im Rhythmus die Farben und die Geschwindigkeit. Der Abend endete mit einem gewaltigen Feuerwerk, das von der Hauptbühne aus abgegeben wurde. Der Nachthimmel war zwischenzeitlich taghell erleuchtet. Danach war endgültig Schluss. Vereinzelte Partysüchtige suchten sich noch den Weg in ein Festzelt, doch die meisten machten sich auf in ihre Zelte auf dem Campingplatz. Tag zwei hat doch noch ein versöhnliches Ende gefunden.

Powerwolf
Der dritte und letzte Tag des Greenfieldfestivals startete relativ früh am Nachmittag mit den Power Metallern aus Saarbrücken. Powerwolf, wie sich die 2003 gegründete Truppe nennt, besingt auf satirische Art und Weise die Geschichte des Christentums und althergebrachte rumänische Sagen. Dass es sich aber dabei nicht um eine religiöse Band handelt, wurde dem Zuschauer spätestens beim Einmarsch von Attila Dorn & Co. klar. Im Priestergewand, den Weihrauchkelch schwingend trat der Sänger ans Mikrofon, das mit einem grossen silbernen Kreuz geschmückt war. Der Rest der Band war ebenfalls auffällig in dunkel gekleidet und im Gesicht und an den Armen schwarzweiss bemalt. Charles und Matthew Greywolf lieferten sich bereits beim Opener ein Gitarrenduell, das einem die Mundwinkel nach oben zog. Diese Jungs hatten wirklich Bock zu spielen, auch wenn der Tag noch früh war. Dorn bat wenig später ganz offiziell, doch in einem weiteren Jahr nochmals auftreten zu dürfen, allerdings wenn es ein wenig dunkler sei. Vor der Bühne hatte sich mittlerweile eine ganz schöne Schar an Powerwolf-Jüngern versammelt, die einen Circle-Pit nach dem anderen veranstalteten. Dies gefiel dem Frontmann Dorn dermassen gut, dass er immer wieder fragend ins Mikrofon brüllte: Seid ihr besessen? Erst als ein wirklich lautes Jaaa! aus dem Publikum zurück kam, war er zufrieden und stimmte den nächsten Song an. Neben den klassischen Metalinstrumenten, dürfen bei Powerwolf keinesfalls die Orgelklänge fehlen. Dafür zuständig ist Falk Maria Schlegel. Er hat ebenfalls, wenn immer möglich, ins Geschehen eingegriffen und der Gemeinde seinen Segen erteilt. Ansonsten hat er seine Orgel, bewacht von Adler oder Krähe (man möge mir meine Unkenntnis in Ornithologie verzeihen) zum Singen gebracht. Nach einer Stunde war aber auch diese Messe vorüber und man konnte zum nächsten Punkt im Programm voranschreiten.

Danko Jones
Von null auf Vollgas peitschte der Danko Jones Express über den Interlakner Flugplatz. Eine Mischung aus Garage Rock, Bluesrock, Hard Rock, Heavy Metal und Punkrock. Dafür steht Danko Jones aus Kanada. Seit bald zwanzig Jahren macht das Trio die Welt unsicher, immer begleitet von der Frage, ob Jimmy Hendrix doch nicht sein Vater sein könnte. Diese Frage konnte aber auch das Greenfield 2015 nicht beantworten! Klar ist aber, dass dieser Auftritt energiegeladener nicht hätte sein können und ich das erste Mal in drei Tagen, die Ohrstöpsel freiwillig montiert hatte. Danko Jones Liveauftritte sind vor allem von der selbstironischen wie vulgären Art des Frontmanns geprägt. Dazu gehört etwa der regelmässige Griff in den Schritt, obszönes Anmachen von Zuschauern oder wildes Zungenspiel. Dies war auch bei diesem Auftritt nicht anders. Dabei war der ironische und satirische Charakter von Jones Bühnen-Alter-Ego immer wieder erkennbar. Witzig war die Anekdote, dass er bei einem früheren Greenfield-Aufritt sehr nervös war, als er hörte, dass Celtic Frost Gründer Tom G. Warrior im Publikum sei dieser kam allerdings nicht. Dieses Jahr war er aber vor Ort und am Abend auch beim Karaoke From Hell anzutreffen. Bei den bekannten Songs wie Cadillac, Bounce oder Soul on Ice ging so richtig die Post ab und auch der letzte Tanzmuffel bewegte zumindest einen Fuss im Takt. Ausserdem ist die Band bekannt für ihre Spoken Word Performances, bei denen Danko Jones etwas erzählt, während Atom Willard und John Calabrese einen einfachen Grundrhythmus spielen. So geschehen auch an diesem Festival. In der Mitte eines Songs wurde es immer ruhiger und Danko Jones huldigte allen verstorbenen Rocklegenden. Gerade zu dieser Zeit war der Himmel ziemlich verdunkelt und nur ein Sonnenstrahl durchbrach die Wolkendecke zum Festivalgelände hin. Es war gerade so, als wollten die Legenden im Jenseits ein Zeichen senden. In diesem Sinne: Rock on, Man!

Airbourne
Airbourne muss ich an dieser Stelle bestimmt nicht gross vorstellen, denn um die Australier kommt man im Moment kaum drum herum. Die Hard Rock Band um Joel OKeeffe (Gesang und Gitarre) und dessen Bruder Ryan OKeeffe (Drums) ist zurzeit ein Erfolgsgarant auf allen Festivals weltweit. Das Quartett strotzt vor Energie und Schongang sowie Weichspüler sind Worte, die es in der Gebrauchsanweisung für Airbourne nicht gibt. Ist der Schalter erst einmal umgelegt hilft zum Beenden nur noch Stecker ziehen! Ready to Rock war somit der passendste Song um ihr Konzert zu eröffnen. OKeeffe rannte wie ein Berserker über die Bühne, den Oberkörper wie üblich nackt und die regulären zerschlissenen schwarzen Hosen waren auch Pflicht. Der Kameramann im Übertragungsturm war bereits nach ein paar Minuten nicht mehr sicher, da sich der Frontmann so den Weg zur tobenden Menge bahnte. David Roads (Gitarre) und Justin Street (Bass) hielten auf der Bühne die Stellung während sich Joel O Keeffe den Weg zur ersten Fanreihe freikämpfte. Für die Zuschauer natürlich ein gefundenes Fressen, sich ihren Star einmal ganz aus der Nähe anschauen, geschweige denn anfassen zu können. Nach einem eher schweren Aufstieg zurück auf die Bretter, die die Welt bedeuten, folgten Kracher wie Blond, Bad and Beautiful oder Chewin the Fat. Bei Live it Up liess es sich Gitarrist David Roads nicht nehmen, die Sirene für den Fliegeralarm höchstpersönlich anzukurbeln, was in der Menge ein lautes Gegröle hervorrief. Mit Cheap Wine & Cheaper Women und Black Dog Barking kochte der Hexenkessel Interlaken vollends über. Dies blieb auch dem geübten Auge von Frontmann und Showmaster OKeeffe nicht verborgen und er setzte noch einen oben drauf. Er gab den Zuschauern zu trinken! Die erste Büchse Bier öffnete er gekonnt, indem er sie sich mehrmals im Rhythmus zur Musik auf den Schädel schlug. Es spritze und schäumte in einem Umkreis, der sich wirklich sehen lassen konnte. Die weiteren Biere wurden auf herkömmliche Weise gezapft und nach einem kräftigen Schluck als Degustation in hohem Bogen in die wartende Menschenmasse geworfen. Unter tosendem Applaus und Zugabe-Rufen räumte die Band schliesslich, die letzten Plektrums schnippend, nach knapp anderthalb Stunden schweissgebadet die Bühne. Tja, das ist Showbusiness!

Heaven Shall Burn
Das allerletzte und mit Abstand heftigste Konzert des ganzen Greenfieldfestivals lieferten aber vermutlich die Herren von Heaven Shall Burn ab. Die deutschstämmige Band, gegründet von den Brüdern Marcus und Eric Bischoff vereinen in ihrem Sound Death- und Thrashmetal sowie etliche Hardcore Elemente. Zusammen ergibt dies einen aggressiven Mix, der die Berge erzittern liess. Die Show begann mit weissem Papierregen, der aus Kanonen vor der Bühne abgefeuert wurde. Noch während die weisse Pracht langsam zu Boden sank, brach auf der Bühne die Hölle los. Mit ohrenbetäubender Wucht setzten das Schlagzeug und die Gitarren ein. Die Musik passte perfekt zur Bühnenkulisse, die ein gewisses Weltuntergangsszenario zeigte. In Buntfaltenhosen und Hemd liess sich schliesslich auch der Frontmann blicken und ich muss zugeben, dass mich seine Aufmache zu Beginn doch ganz schön irritiert hat. Als er aber die ersten paar Zeilen ins Mikro gebrüllt hatte musste ich feststellen, dass es wohl keinen anderen Versicherungsvertreter gibt, der so ein beeindruckendes Organ hat. Hin und weg vom Sound und auch von der Lichtshow, die so nervös, grell und schnell war, dass ich nicht mehr wusste, wo mir der Kopf stand. Dazu kam noch der Nebel. Massen von Nebel! Man hätte glauben können, dass die Vorräte an Nebelfluid noch bis Mittenacht aufgebraucht werden müssen. Es war geil aber irgendwie auch zu viel. Der Menge gefiel aber, was sie da zum Schluss geboten bekam. Keine Spur von Müdigkeit an der Front, im Hintergrund allerdings, lichteten sich die Reihen langsam und erste Probanden gaben ihrer Erschöpfung nach. Währenddessen forderten Bischoff & Co. die HörerInnen zu mehr Mündigkeit auf, um falsche Idole, Führer und Machverhältnisse sowohl politisch als auch unpolitisch zu hinterfragen. Eine ganz schöne Herausforderung in Anbetracht dessen, dass die meisten die letzten drei Tage durchgefeiert haben. Um 01:00 Uhr verstummten dann auch ihre Lautsprecher und es wurde ruhig in und um Interlaken.

Das waren sie also wieder. Die härtesten drei Tage im Berner Oberland. Nun heisst es wieder ein Jahr warten, bis sich das Greenfield erneut für die Fans der Metal-Verrückten öffnet. Rückwirkend betrachtet war es ein doch sehr gelungenes Festival mit vielen grossartigen Acts, auch wenn in diesem Jahr die ganz grossen Namen ausblieben. Jede Einzelne gab aber ihr Bestes für die Fans und das ist doch ein grosses Dankeschön wert. An dieser Stelle möchte ich noch die Arbeit der Security erwähnen, die über drei Tage lang einen wirklich wertvollen und anstrengenden Job gemacht hat! Well done! Lesen wir in Gedanken doch auch noch ein paar zerfallene Zelte zusammen und schleppen einige Müllsäcke gefüllt mit Bierbüchsen zum Sammelcontainer.