Livereview: Favez - Grand Bastard Deluxe
22. Dezember 2007, Le Nouveau Monde, Fribourg
By El Muerte
Favez und Das Le Nouveau Monde, da tun sich für die Welschschweizer Welten auf - Wobei das Le Nouveau Monde für die aufmerksamen Metalfactory.ch-Leser eigentlich auch ein Begriff sein müsste, doch mehr dazu gibt's weiter unten. Das Le Nouveau Monde ist seit einigen Jahren nicht mehr aus der Kulturszene Fribourgs wegzudenken, und selbst ein Grossbrand, eine temporäre Ersatzlokalität, und die mehrmals verschobene Neueröffnung konnten es nicht in die Knie zwingen. Ende September wurde es endlich im alten Bahnhof aus dem Schönheitsschlaf geholt, und lärmt seit diesem Zeitpunkt unaufhaltsam gegen den Strom. Jazz, Funk, Metal, Rock, Pop, Elektro, Theater, alles findet hier seinen Platz, und so war es nur eine Frage der Zeit, bis die Metal Factory erneut den Weg dorthin antritt - Immerhin waren wir seit 2002 bis hin zum Grossbrand im Jahr 2005 bereits Medienpartner der dort stattfindenden Metalact-Parties.

Die Lausanner von Favez können diesbezüglich einige Parallelen zum Le Nouveau Monde aufweisen: Die seit 15 Jahren existierende Alternative Rock-Band kam zu Beginn des Milleniums mit der Veröffentlichung der vierten Platte so richtig in Fahrt, erlebte aber im Jahr 2006 einen kapitalen Absturz und konnte sich erst Anfang 2007 wieder aufrappeln, um, verstärkt durch zwei neue Mitglieder an den Tasten, und mit frischem Wind in den Segeln, hochmotiviert ihr aktuelles Album «Higher Mountains, Bigger Flags» einzuspielen. Die Platte ist nun seit einigen Monaten auf dem Markt, und ich war dabei nicht der einzige, der sich vom Charme dieses Silberlings hat bezirzen lassen - Die internationale Presse leckt sich bereits seit Jahren die Finger nach den «Besten Songwritern der Schweiz», und auch der akutelle Silberling wusste diesbezüglich zu gefallen. Und deshalb ist es meines Erachtens auch grundsätzlich legitim, dass die Metal Factory an diesem arschkalten Abend des 22. Dezembers den Weg antritt, wenn sich Favez nicht weit weg von zu Hause die Ehre geben, und gleich noch einen Grossteil ihres Stammpublikums mitschleppen - Zwei Werte, eine Mission: Rock'n'Roll!

Grand Bastard Deluxe
Als Opener des Abends fungierten Grand Bastard Deluxe, deren Musik sich grundsätzlich im Pop-Punk-Bereich platzieren lässt. Die Band wirkte von Beginn weg hochmotiviert und professionell, auch wenn das Druchschnittsalter wohl kaum über 24 liegen wird. Fronter Julien wusste durch geschickt platzierten Wortwitz und vor allem durch die natürliche Kommunikation mit den restlichen Bandmitgliedern zu überzeugen, während sich dieselben hauptsächlich auf die Musik konzentrierten. Drummer Marc legte eine gesunde Portion Heavyness an den Tag, und konnte mit seinen komplexen Fills einige überrascht hochgezogene Augenbrauen einkassieren. Die Songs bewegten sich grösstenteils im Mid-Tempo-Bereich, und auch die Arrangements brachen nicht sonderlich aus den bekannten Richtlinien aus - Soweit eigentlich alles im grünen Bereich. Was dem Auftritt aber definitiv fehlte, war ein klarer Sound. Die billigen digitalen Sounds des Zweitklampfers trugen einen beachtlichen Teil der Soundmüll-Last, aber da hätte auch so noch mehr rausgeholt werden können… Schade! Das Publikum indes taute von Song zu Song mehr auf, und bedachte die Band am Ende des Sets mit gebührend intensivem Applaus. Nicht meine Baustelle, aber durchaus unterhaltsam.

Favez
Favez hingegen haben den R'n'R mit grossen Löffeln gefressen. Vom ersten Ton an zelebrierte die Band ihren Auftritt und liess das Publikum genau so daran teilhaben. Während sich der Bassist (trotz 38° Grad Fieber!) und der Drummer in erster Linie um den Mörder-Groove kümmerten, sorgten der Pianist und die Hammond-Spielerin für zusätzlichen Druck - Was wiederum die besten Voraussetzungen für das Klampfen-Duo lieferte. Ausschweifende Arrangements waren noch nie das Markenzeichen von Favez, und so beschränkten sich die dargebotenen Songs hauptsächlich auch auf ein paar simple Akkordfolgen und etwas Riff-Reiterei: Das Credo hiess klar «Maximale Durchschlagskraft». Die musikalische Energie der Band kam auch rein optisch überdeutlich, vor allem Bassist Yvan und Gitarrist Guy sprangen über die Bühne, als hätten sie die Hüften von 20-jährigen. Sänger Chris Wicky vermochte es schon während den ersten Songs, eine Verbindung zum Publikum aufzubauen, auch hier kam ihm die generelle Ungezwungenheit zugut. So kommentierte er auch mehrmals schmunzelnd die gleichzeitig im Forum Fribourg stattfindende Weihnachtsshow von Gotthard, und behauptete unter anderem, Leo Leoni (Gotthard-Klampfer) stehe Barfuss auf der Bühne, weil er ihm die Stiefel geklaut habe - Was ihm zusätzliche Sympathiebekundungen von Publikum einbrachte. Favez tobten im etwa gegen 90 Minuten über die Bühne, bevor sie sie zum ersten Mal verliessen. Doch es war klar, dass das Publikum das so nicht dulden würde, und so durften Favez zuerst für drei weitere, und schlussendlich nochmal für eine letzte Zugabe auf die Bühne, bevor sie sich dann endgültig verabschiedeten. Unter'm Strich also nicht weniger als ein triumphaler Rundumschlag - Als nächstes knöpfe ich mir denjenigen vor, der behauptet hat, Rock'n'Roll sei tot…