Livereview: Exodus - Kryptos

08. August 2016, Pratteln – Z7
By Rockslave
Wer es nicht glaubt, kann es nachschlagen, denn die Gründung der Bay Area Thrash-Ikone Exodus geht tatsächlich auf das Jahr 1979 zurück! Freilich dauerte es danach eine Weile und einige Demos, bis 1985 der Genre-Klassiker «Bonded By Blood» das Licht der Welt erblickte. Ein gewisser Kirk Hammett als einer der Gründer neben Drummer Tom Hunting, steckte zu der Zeit bekanntlich mit Metallica bereits voll im Saft. Über drei Dekaden später gibt es beide Bands noch, aber mit krass unterschiedlichem Konto-Stand. Dafür kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass Exodus bei ihrer eingeschworenen Fanbase nach wie vor voll angesagt sind, während die Dollar-Millionäre mit ihrem im November erscheinenden Neuwerk dringend wieder kompositorischen Boden gut machen müssen! Spätestens seit dem Wiedereinstieg von Frontmann Steve "Zetro" Souza 2014 und dem seither ersten gemeinsamen Album «Blood In Blood Out» läuft der Motor wieder rund und zahlreiche Festival- wie Hallenshows untermauern die Daseinsberechtigung dieser Kult-Truppe, die live zur Zeit auf ihren Kollegen Gary Holt verzichten muss, der Jeff Hanneman bei Slayer ersetzt hat.

Kryptos

Heavy Metal made in India?! Natürlich und warum auch nicht, denn Heavy Metal macht zum Glück keine Zugeständnisse an Rasse, Religion und Herkunft, obwohl in gewissen Ländern, wie zum Beispiel dem Iran, schon nur das Tragen eines Metal-Shirts zu lebensbedrohlichen Umständen führen kann. Nicht so Indien zum Glück, das bisher aber deutlich mehr Informatiker als Metal-Bands hevor gebracht hat. Immerhin lassen sich gegen knapp zweihundert Bandnamen eruieren, die stilistisch eher aus der Ecke Black, Death und Thrash Metal stammen. Kryptos aus Bangalore Karnataka, einer regelrechten Brutstätte für Metal-Bands, sind jedoch mehr dem klassischen Heavy Metal mit 80er-Schlagseite, inklusive thrashiger Vibes zuzurechnen. 1998 gegründet, ist man somit schon eine Weile Bestandteil der Szene, wenn auch mehrheitlich im Heimatland. Im Vorfeld des gegen Ende September erscheinenden vierten Albums mit dem Titel «Burn Up The Night» durfte man nun als Opener für Exodus ran, verbunden mit dem Ziel, neue Fans dazu zu gewinnen. Das ruft in erster Linie mal nach griffigen Songs und entsprechender Performance. Letzteres gestaltete sich schon mal ganz ordentlich, und man merkte es der Truppe, vor allem aber an Frontmann und Gitarrist Nolan Lewis an, dass diese genau weiss, wie man da richtig an die Sache heran gehen muss. Das energiegeladene Spiel, das sich wie ein Bastard aus Kreator und den alten Iron Maiden anhörte, stiess rasch auf Resonanz unter den zu dem Zeitpunkt leider sehr spärlich aufmarschierten Fans. Dies änderte sich erfreulicherweise laufend, denn nach jedem stets lauter beklatschten Song kamen immer mehr Leute von draussen in die Halle rein und sorgten für eine vergleichsweise tolle Stimmung. Kryptos bedankten sich ehrfürchtig für das Interesse und drückten weiter auf die Tube. Auch wenn den Songs auf Dauer eine gewisse Gleichförmigkeit, vor allem vom Gesangsstil her, angelastet werden konnte, so machte man dieses Manko mit unbändiger Spielfreude wett und empfahl sich klar für weitere Konzerte. Dass sich die Jungs kurz nach ihrem Auftritt am Merchstand auf ein Bier, Unterschriften und Fotos locker unter die Leute mischten, vervollständigte den eh schon guten Eindruck.



Exodus
Natürlich wäre die Anwesenheit von Gitarrist Gary Holt wünschenswert gewesen, aber der ist halt jetzt auch ein festes Mitglied von Slayer und deshalb abkömmlich. An seiner Stelle spielt ja schon eine Weile der Heathen-Klampfer Kragen Lum, und mit Lee Altus trägt ja ein weiterer Musiker das gleiche Doppelmandat. Letzterer steht bekanntlich seit 2005 in den Reihen von Exodus. Fehlen nebst Frontmann Steve "Zetro" Souza also noch Bassist Jack Gibson und das Ur-Mitglied Tom Hunting hinter den Kesseln. Als das Intro von «The Ballad Of Leonard And Charles» erklingt, branden trotz mickrigen etwa 250 Leutchen kehlige Urschreie auf, die den Kult-Thrashern damit einen würdigen Empfang bescherten. Die fackeln dann erwartungsgemäss nicht lange und veranstalten ein Audio-Inferno der Extraklasse! Der Nackenbrecher «Blood In, Blood Out» vom gleichnamigen neuen Langeisen zeigte die Jungs in aktueller Hochform, und das ist mehr als nur erfreulich. Zudem weisen die Altmeister damit Heerscharen von jungen Bands wirksam in die Schranken. Das erzeugte Riffbrett war monströs, zumeist pfeilschnell und technisch über jeden Zweifel erhaben. Der typische Exodus-Sound, respektive das, was mir davon am meisten gefällt, sind die teils tempomässig gedrosselten Abrissbirnen der Marke «And Then There Were None», «Body Harvest» oder der killermässige Oberbrecher «Blacklist». Wer hierzu nicht in Wallung gerät, ist schlichtweg an der falschen Veranstaltung. Steve trieb den bestens aufgewärmten Mob unermüdlich nach vorne, und so liessen zahlreiche Moshpits nicht lange auf sich warten. Davor wahrte ich alternder Metalhead allerdings den nötigen Sicherheitsabstand, denn das überliess ich den jungen Wilden noch so gerne! Keine Gefangenen machte natürlich auch der Classic «War Is My Shepherd», wo die kollektive Raserei ihrem Höhepunkt zusteuerte. Bevor dies mit den Zugaben Tatsache wurde, gab es einen kurzen Unterbruch, der für lautstarke Zugabe-Rufe genutzt wurde. Als dann «Bonded By Blood» in den Mob geschleudert wurde, gings nochmals richtig heftig zur Sache. Aus der Distanz war es allerdings echt zum Fremdschämen, wenn man konstatieren musste, wie viele Fans sich diese Thrash-Legende letztlich entgehen liessen. Steve würdigte deshalb das anwesende Publikum mehr als einmal, und die Band gab von der ersten bis zur letzten Sekunde Vollgas. Zudem merkte man Master Souza deutlich an, wieviel Spass ihm seine dritte Amtszeit bei Exodus bereitet, nachdem er vor dem Wiedereinstieg 2014 ganze zehn Jahre weg war. Sein Vorgänger Rob Dukes passte nie wirklich und dem unvergessenen Paul Baloff (R.I.P.) würde die jetzige Situation bestimmt ebenso viel Freude bereiten. Mit «Strike Of The Beast» zündeten die Amerikaner schliesslich das finale Thrash-Gewitter. Wären mehr Leute gekommen, wie zum Beispiel in Barcelona zwei Tage zuvor, wäre die Setliste bestimmt länger ausgefallen, denn die Gauchos kriegten noch drei Songs mehr um die Lauscher geklatscht. Nichtsdestotrotz brannte das Z7 einmal mehr lichterloh, und wer sich solche Konzert-Highlights durch die Lappen gehen lässt, ist schlicht selber schuld. So thrash 'til death folks and be there next time!

Setliste: «The Ballad Of Leonard And Charles» - «Blood In, Blood Out» - «Scar Spangled Banner» - «And Then There Were None» - «Children Of A Worthless God» - «Piranha» - «Deranged» - «Exodus» - «Body Harvest» - «A Lesson In Violence» - «Blacklist» - «War Is My Shepherd» -- «Bonded By Blood» - «The Toxic Waltz» - «Strike Of The Beast».