Livereview: E.S.P. ( Eric Singer Project) - Sideburn
18. Februar 2009, Pratteln Z7
By Rockslave
Mit dem Kürzel ESP könnte man durchaus auch was anderes in Verbindung bringen, nämlich die bekannte E-Gitarren Schmiede, die unter anderem edle 6-Saiter für illustre Szene-Grössen wie Metallica's Hetfield/Hammett, Jeff Hanneman (Slayer) oder auch Max Cavalera (Soulfy) ehrerbietend als Signatures herstellt. Dem ist hier aber nicht so, denn dahinter steht kein Geringerer als der aktuelle Tour-Drummer von Kiss: Eric Singer! Entsprechend nennt sich die aktuelle Zusammenrottung einiger bekannter Musiker simpel «Eric Singer Project». Dazu gehören noch Gitarrist Bruce Kulick (Ex-Kiss, Grand Funk Railroad), Sänger/Gitarrist John Corabi (Ex-Mötley Crüe, Ratt) und Chuck Garric, der Tiefton-Mann in Diensten von Altmeister Alice Cooper. In der Anfangsformation war noch Karl Cochran mit dabei. Bisher tat man sich vor allem durch das Covern von diversen Klassikern hervor. Das war heute Abend grundsätzlich auch zu erwarten, aber man blieb diesmal musikalisch näher beim Umfeld der einzelnen Akteure. Die routinierte Schweizer Live-Combo Sideburn als Anheizer bestätigte einmal mehr, wo bei ihr Licht und Schatten ist.

Sideburn
Eigentlich sollte man ja einheimische Bands verstärkt unterstützen, aber ich muss ehrlich zugestehen, dass ich heute Abend bei Sideburn für mich dachte "nicht schon wieder!" Das soll jetzt nicht missverstanden werden und hat vor allem damit zu tun, dass ich die Jungs in der letzten Zeit nun schon einige Male gesehen habe. Dabei anerkenne ich die handwerkliche Leistung, die über Jahre und ungezählte Konzerte hinweg zur heutigen, kompakten Formation gereift ist. Allerdings ist die Luft für überwiegend zelebrierten AC/DC Riff-Rock seit dem Auftauchen von Airbourne (mehr) und Bullet (etwas weniger) ziemlich dünn geworden, sprich in neue Sphären vorgerückt. Wenn dann mit «Black Ice» gerade auch noch ein neues Album der Ur-Väter höchstpersönlich mächtig Staub aufwirbelt, ist meine persönliche Nachfrage nach Nachahmern ziemlich eingedämmt. Durch diese rosa Brille gesehen, konnte ich dem grundsätzlich soliden Auftritt von Roland Pierrehumbert und seinen Jungs erwartungsgemäss nicht viel abgewinnen. Zu gleichförmig und ohne wirklich herausragende Songs wussten Sideburn zwar überzeugend zu unterhalten, aber mehr war da einfach nicht. Zudem sehe ich mich bestätigt, dass die Band aus dem Welschland auf diesem Niveau kaum bis gar nicht über den Support-Status hinaus kommen wird. Mit dem ehemaligen Gitarristen Dave Pariat war immerhin eine Zeit lang ein auffälliger Musiker im Lineup, der nebst seinem prägnanten Spiel vor allem optisch was reissen konnte. Die heutige Formation besticht durch ihr punktgenaues Spiel und wenn man sich durch die massgebenden Studio-Alben «Crocodile» (2002), «Gasoline» (2003) und die neue Scheibe «Cherry Red» (2008) durchpflügt, finden sich durchaus einige gute Songs, die aber von der Intensität und dem "gewissen Etwas" her klar hinter Airbourne zurück bleiben. Wer im Dezember im Rohstofflager mit dabei war, weiss, wovon ich spreche. Das widerspiegelte sich jetzt diametral in den bisher ziemlich zögerlichen Reaktionen des Z7-Publikums. Erst als Roland die Mundharmonika zückte, kam merklich Bewegung in den Saftladen. Eines sah man jedoch von Anfang an und zwar dass die ganze Band an ihrem Auftritt sichtlich Spass hatte. Meine schlechte Stimmung vertrieb das nach 45 Minuten allerdings nicht!

Setlist: «Gimme The Way» - «Hurricane Race» - «Six Feet Under» - «Knockin' At The Wrong Door» - «Crocodile» - «Ghost Of 1980 To Bon Scott» - «Rocking Chair» - «Rock'n'Roll Queen» - «Gangster Lover» - «Get That Way».

ESP
Das mag mitunter auch einer der Gründe gewesen sein, dass ich, um es gleich vorweg zu nehmen, den Headliner nicht (wie die meisten meiner KollegenInnen) hammermässig, sondern lediglich "gut" fand. Doch schön der Reihe nach! Mit lautstarkem Applaus wurden Eric, Bruce, John und Chuck erstmal auf der fast leeren Bühne begrüsst. Da war (auch hinten) ausser den Verstärkern und dem Schlagzeug nichts zu sehen. Damit stand die Musik klar im Vordergrund und keine Show mit Gimmicks. Nach dem Intro kam mit «Parasite» gleich ein alter Kiss-Song zu Ehren, gefolgt von einem Union Track, nämlich «Love (I Don't Need It Anymore). John Corabi trug eine Art Wollmütze und wirkte, wie der etwas hager wirkende Bruce Kulick (mit Kopftuch), ziemlich cool in seinem Gilet. Der Sound klang noch ordentlich und es war vor allem Bassist Chuck Garric, der sich von Anfang an sehr spritzig zeigte und nach «Under My Wheels» erst so richtig auf Touren kam. Den anschliessenden Kiss Rocker «Unholy» interpretierte er auf jeden Fall vorzüglich. Corabi, mittlerweile auch Gitarre spielend, übernahm derweil das Szepter als Kommunikator und Antreiber des Konzertes. Das war augenscheinlich auch nötig, denn das heutige Publikum spendete zwar artig und laufend lauteren Applaus, aber von Stimmung konnte nicht die Rede sein. Das lag wohl auch daran, dass die ohne Zweifel begnadeten Musiker die Songs nicht zwingend mit zünftigen Emotionen ausfüllten und teilweise etwas gar lustlos runter holzten. Was auch auffiel, waren die teilweise langen Pausen zwischen den Songs sowie das fortwährende Stimmen der Gitarren, überwiegend bei Master Kulick. Das passte einfach nicht ins Bild dieser Hochkaräter! Was mir zudem nicht wirklich mundete, war Purple's Oldie «Highway Star», wobei etwas später mit dem noch unpassenderen «Ace Of Spades» von den Motörköppen mein persönlicher Tiefpunkt des Abends Tatsache wurde. Dem gegenüber waren jedoch alle weiteren Kiss Songs wie «War Machine», «I Love It Loud» oder «Black Diamond» erfreulich flott anzuhören. Allerdings sehe ich sowas lieber von der "originalen" Kapelle. Überaus interessant, da zuvor noch nie live gehört, war das groovige «Power To The People», das auf der eigentlich unterbewertesten und selbstbetitelten Mötley-Scheibe von 1994 (mit John Corabi als Leadsänger) steht. Bei «I Wanna Be», wiederum gesungen von John, wird dieser nur von Bruce begleitet. Namensgeber Eric Singer spielte seine Parts insgesamt sehr routiniert wie abwechslungsreich, stellte sich aber nicht in den Vordergrund. Ein (längeres) Drum-Solo gab es zum Glück nicht, denn das hätte die von John in harter Aufbauarbeit erzeugte Anteilnahme der mehrheitlich schwach reagierenden Konzertfabrik im Keim erstickt. Umrahmt von stimmigem Licht der professionellen Z7-Crew entwickelte sich ein insgesamt sicher cooler Gig mit garantiertem Kult-Faktor, von dem ich jedoch etwas mehr erwartet hatte. Darum gab es von meiner Seite her am Schluss bloss die Note "gut"..., Kult hin oder her!

Setlist: «Intro» - «Parasite» - «Love (I Don't Need It Anymore)» - «Under My Wheels» - «Unholy» - «Live Wire» - «Domino» - «War Machine» - «Highway Star» - «Master And Slave» - «Power To The Music» - «I Wanna Be/Man In The Moon» - «Helter Skelter» - «Ace Of Spades» - «I Love It Loud» -- «Black Diamond» - «Tie Your Mother Down» - «Shout It Out Loud».