Livereview: Edguy - The Unity

29. September 2017, Pratteln - Z7
By Rockslave
Es gibt ja den Allerwelts-Spruch, dass man die Feste so feiern muss, wie sie fallen! Das trifft heuer auch auf Edguy zu, und zwar steht hier bereits ein unglaubliches Vierteljahrhundert erfolgreicher Karriere zu Buche. Der heisseste Metal-Export aus dem Städtchen Fulda fing, wie unzählige andere Combos nach und vor ihnen auch, als Schülerband mal an. Während sich bei den meisten Bands über die Jahre teils krasse Lineup-Wechsel einstellen, haben es Tobias Sammet (v), Dirk Sauer (g/v), Jens Ludwig (g/v), Tobias Exxel (b/v) und Felix Bohnke (d) erfreulicherweise fertig gebracht, immer noch als Freunde und Musiker zusammen auf der Bühne zu stehen. Dazu gehört ein ziemlich ansehnlicher Backkatalog der Hessen, der zwischen 1995 und 2014 nicht weniger als elf Studioalben, zwei Live-Scheiben (inklusive einer Live-DVD), einige EPs, Singles und Compilations hervor gebracht hat. 1998 erschien mit «Vain Glory Opera» das dritte Langeisen, das nun, satte 25 Jahre später, mit einer brandneuen fetten Compilation (DCD plus DVD) gefeiert wird. Garniert wurde das Ganze noch mit fünf neuen Songs. Und ja, da waren auch noch The Unity, die mir erneut nicht wirklich mundeten.

The Unity

Die erste livehaftige Begegnung mit fünf ehemaligen Musikern der Band Love.Might.Kill, ergänzt um den Gamma Ray-Klampfer Henjo Richter, die als Support von Sinner in der Hall Of Fame (12.05.2017) auftraten, fiel für meinen Geschmack nicht wirklich prickelnd aus. Die Songs des selbstbetitelten Debüt-Albums zündeten sehr dürftig bis gar nicht, und vor allem war keinerlei Schub und Druck spürbar. Dabei hätte die Affiche auf dem Papier durchaus gepasst, nämlich der knackige Hard Rock des Love.Might.Kill Debüts, erweitert mit metallischen Elementen von Gamma Ray. Herausgekommen sind bisher aber nur halbgare Songs, die von den ohne Zweifel talentierten Musikern zumindest bisher nicht zu einer neuen explosiven Einheit geführt haben. Immerhin war es dann aber so, dass die heutige Performance im Z7 spürbar besser als die von Wetzikon war. Unter dem Strich reichte es jedoch nicht, um entscheidend punkten zu können. Die Band bemühte sich zwar redlich und erhielt eigentlich dennoch eine ansprechende Reaktion des Publikums. Vor allem Frontmann Jan Manenti müsste noch einen Zahn zulegen, aber bei dem mittelmässigen Songwriting ist das kaum möglich. Wie schon in Wetzikon, fehlte mir letztlich der nötige Druck, der diese technisch ohne Zweifel fähige Band voran bringt. Mal schauen, was allenfalls weitere Tonträger bringen werden, aber die Prognosen hierzu sind nicht wirklich heiter, sondern eher düster. So schwand mein Interesse an The Unity nach dem Verlassen des Fotograbens ziemlich schnell, sodass der baldige Gang an die Bar die logische Folge war. Natürlich gibt es hierzu auch andere Stimmen mit positiverer Bewertung, aber wir werden in absehbarer Zeit dann ja sehen, wie lange The Unity noch bestehen werden und sich in der Szene behaupten können!

Setliste: «Intr«Rise And Fall» - «Firesign» - «No More Lies» - «God Of Temptation» - «Close To Crazy» - «Calm Before The Storm» - «Send Me A Sign» - «Never Forget».


Edguy
Ein wahrlich anderes Brett fuhr danach der Headliner auf! Ganz im Zeichen des 25-jährigen Jubiläums zeigten die Jungs um den redseligen Frontmann Tobi Sammet anschliessend äusserst überzeugend auf, was Hooks und einprägsame Songs sind! Die bisherige Karriere unter dem Banner von Edguy hat einige Alben mit herausragendem Material hervor gebracht, und die Frage von heute Abend war eigentlich bloss die, welche Perlen nicht gespielt werden! Was aber schon beim diesjährigen „Sweden Rock“-Festival zum absoluten Höhepunkt gereichte, durfte natürlich auch jetzt nicht fehlen: «The Piper Never Dies»!! Schon nur der Gedanke an dieses Monstrum von einem Hammer-Song liess mich unruhig werden. Bis es soweit war, gab es zum Beispiel mit «Mysteria» und «Land Of The Miracle» zwei Schwergewichte im Voraus. Die Jungs spielten wie aus einem Guss heraus. Während die 6-Saiten Front mit Dirk und Jens die volle Breitseite an Riffs und Twin-Soli ablieferte, gab sich Bassist Tobias Exxel gewohnt quirlig wie agil zugleich. Derweil plapperte der andere Tobi immer wieder mal in seiner bekannten Art drauf los, und würde er dies über Nacht einstellen, gäbe es deswegen ebenso viele „Pro’s und Kontra’s“. Obwohl das Z7, im Gegensatz zu einigen Terminen in der Heimat, leider nicht ausverkauft wurde, waren klar mehr als 1‘000 Fans zugegen. Diese liessen sich nicht lange bitten und feierten mit ihren Helden eine grandiose Party! Und dann kam er endlich…, der ersehnte Audio-Doppelschlag mit «The Piper…» und «…Mandrake». Wer hierzu nicht Gänsehaut und „weiche Knie“ kriegte, befand sich definitiv im falschen Film!

Das war dann auch der einzige Moment, wo ich meinem leicht tinnitusgeschädigten Gehör dennoch die volle Dröhnung zumutete. Kaum zu glauben, dass «Tears Of A Mandrake» dabei von 2001 stammt und somit ein ganzes Teenager-Leben abdeckt, wie auch «The Piper Never Dies» schon mehr als eine Dekade auf dem Buckel trägt. Das Geile bei Edguy ist aber, dass ihr ganzer Backkatalog, bis auf die früheren schnelleren Sachen, zu keinem Zeitpunkt altbacken daher kommt, im Gegenteil! So konnte die einstige Schülerband aus dem Vollen schöpfen und ihren Fans einen wunderbaren Abriss der beeindruckenden Karriere präsentieren. Zudem gelang es Tobi Sammet bisher weitgehend, sich mit Avantasia nicht zu verzetteln, sprich nicht den Fehler zu machen, dass beide Bands stilistisch miteinander verschmelzen. Edguy bewahrten sich die entsprechende Härte der Power Metal Ecke, während Avantasia deutlich kommerzieller, aber bekanntlich nicht weniger erfolgreich ausgerichtet sind. Das bedeutete für diese Tour, dass auch bei den Zugaben nur Edguy-Songs auf der Setliste standen. Befürchtet wie erwartet fiel das Drum-Solo von Felix Bohnke aus, sprich zu langfädig. Da wäre weniger mehr gewesen. Trotz diesem kleinen Makel überwog jedoch die Freude, und es blieb die Gewissheit, dass auch in der nahen Zukunft mit den Jungs zu rechnen ist, obwohl weitere 25 Jahre, wie sie unter anderem die Scorpions für sich beanspruchen können, zuerst erreicht werden müssen! Vorerst müssen sich die Fans mit der Gegenwart abfinden, wobei man mit Fug und Recht behaupten darf, dass sich der Fünfer aus Fulda den aktuellen Platz an der Sonne redlich verdient hat.

Setliste: «Love Tyger» - «Vain Glory Opera» - «Mysteria» - «Land Of The Miracle» - «Lavatory Love Machine» - «The Piper Never Dies» - «Tears Of A Mandrake» - «Drum Solo» - «Ministry Of Saints» - «Save Me» - «Out Of Control» - «Babylon» -- «Superheroes» - «King Of Fools».