Livereview: Edguy - All Ends - H.E.A.T.
25. Januar 2009, Pratteln Z7
By Rockslave
Obwohl seit der Bandgründung schon beachtliche 17 Jahre (!) Jahre vergangen sind, wirken Edguy immer noch sehr jugendlich, wenn man sie auf der Bühne spielen sieht. Das heutige Line-Up mit Tobi Sammet (v), Dirk Sauer (g), Jens Ludwig (g), Tobias Exxel (b) und Felix Bohnke (d) besteht nun mehr seit 10 Jahren und es bleibt zu hoffen, dass dieser Zustand noch möglichst lange anhalten wird. Im März 1998 waren die Jungs aus Fulda (D) mit Eternity X in unseren Breitengraden unterwegs und überzeugten schon damals mit dem tollen Album «Vain Glory Opera» im Gepäck. Der gute Eindruck täuschte nicht, denn heute, also einige Jährchen später, zählen Tobi und seine Mitstreiter klar zur Oberliga in der gesamten Hard & Heavy Szene. Weitere gute Alben zementierten die Erfolgsstrasse und führten die Jungs mittlerweile in verschiedene Ecken der Welt. Dazu gehören neben Südamerika zum Beispiel auch Australien oder Russland. Nach den letzten drei Knaller-Alben setzen Edguy bei «Tinnitus Sanctus» auf ein (noch) breitereres Spektrum, das zwar nicht allen Fans gleich mundet. Wichtig ist Kontinuität und nicht Treten an Ort! Das wollten die Support-Acts des heutigen Abends (beide aus Schweden!) auch nicht, aber es war der überraschend gute Opener H.E.A.T, der All Ends locker hinter sich liess.

H.E.A.T.
Als die bunt gekleidete Truppe die Bühne stürmte, dachte ich zuerst "au weia, was kommt denn da jetzt auf das Publikum zu?" Kaum hatte das Sextett aber losgelegt, verflog die Skepsis zusehends. Ganz im Stile der 80er Bands wie zum Beispiel Europe, Treat, Shy oder Aldo Nova spielten die Schweden auf, als würde die aktuelle Jahreszahl wirklich eine «8» (und das nicht zuhinterst!) beinhalten. Mit viel Bewegung auf der Bühne wurden einige Vertreter des selbstbetitelten Debüt-Albums vorgetragen, wobei sich Sänger Kenny Leckremo voll verausgabte und dabei einige bemerkenswerte Screams vom Stapel liess. Das offensichtlich metalhungrige Publikum, das zum jetzigen Zeitpunkt schon zahlreich anwesend war, stand allerdings lange eher wie angewurzelt da und vollführte kaum eine Regung. Die gute Party-Laune liess sich der Schweden-6er dadurch jedoch nicht nehmen und dank dieser Hartnäckigkeit (auch bei den Sing-Spielchen) wurde ein immerhin vernünftiger Geräuschpegel erzeugt. Dafür gaben H.E.A.T aber auch alles, posten rum wie die Wilden und man wurde wirklich an glorreiche Zeiten erinnert. Ansich eine paradoxe Situation, sprich die Jungs aus dem Norden kamen einfach ein Vierteljahrhundert zu spät mit ihrer agilen Performance. Damals hätten sie viel grössere Chancen gehabt und ein viel grösseres Publikum ansprechen können. Wenn man bedenkt, dass sich die sechs Schweden erst anfangs 2007 als Zusammenschluss zweier Bands dazu entschlossen, fortan gemeinsam Sache zu machen, braucht es in der heutigen Zeit schon etwas Mut. Ob das allerdings für ein Vorankommen in den nächsten Jahren reichen wird, dürfte mit berechtigten Fragezeichen behaftet sein. Man sollte aber nichts verschreien, denn wer weiss schon, welche Trends sich (wieder) durchsetzen werden. Dazu braucht es neben dem obligaten Glück und einer guten Mannschaft aber vor allem zugkräftige Songs, die der Opener des Abends jedoch nicht durchwegs halten konnte. Doch wo ein Wille ist, lässt sich meistens auch ein Weg finden und darum verwundert es nicht, dass H.E.A.T. den Auftritt von Deep Purple in Gothenburg mitte Juli supporten werden.

All Ends
Es ist immer so, dass die Aufmerksamkeit des männlichen Geschlechts bei weiblichen Musikern erhöht ist..., immer! Und jetzt kamen gleich zwei Mädels, nämlich das Sängerinnen-Duo Emma Gelotte und Tinna Karlsdotter. Ursprünglich ging die Gründung der Band auf die beiden In Flames Gitarristen Björn Gelotte (wohl der Bruder oder Cousin von Emma) und Jesper Strömblad zurück, die heute nicht mehr aktiv mit dabei sind, aber songschreiberisch noch mitmischeln. Während die Gangart bei deren Hausband In Flames als eher heftig bezeichnet werden kann, spielen All Ends eine Art Dark Rock mit einzelnen metallischen Sprengseln. Wenn es allerdings nach der Optik gegangen wäre (ausser dem kurzhaarigen und deshalb viel zu brav aussehenden Bassisten), hätte man durchaus auf eine intensivere Geschichte tippen können. Vor allem Drummer Joseph Skansås haute voll rein und auch die beiden Girls versuchten zumindest nicht nur visuell zu überzeugen. In der Tat konnte man bei der Synchronozität und den ergänzenden wie abwechselnden Vocals kaum Kritik anbringen. Ebenso klangen die Stimmen klar und kraftvoll zugleich. Doch das alles nützt nichts, wenn die Songs über weite Strecken viel zu lasch und ohne Überraschungsmomente daher kommen. Man wurde nicht selten an ein Casting-Band erinnert, und wenn wir schon dabei sind, einen entsprechenden Vergleich zu nennen, dann fallen mir sogleich die längst wieder verschwundenen Nu Pagadi *sic* dabei ein. Das tönt jetzt womöglich etwas krass, aber genau so empfand ich diesen Auftritt. Da konnte auch die soweit ganz passable Version des One Republic/Timbaland Hits «It's Too Late Too Apologize» nichts mehr raus reissen. Unter dem Strich war diese Darbietung einfach nichts als todlangweilig und trotz doppelter Girl-Power ein Schuss in den Ofen! Daraus resultierten folgerichtig noch inaktivere Zuschauer als zuvor und ich warte auf den Tag, dass so eine Band mal gnadenlos niedergebuht wird!

Setlist: «Still Believe» - «Walk Away» - «Alone» - «What Do You Want» - «We Are Through» - «Just A Friend» - «Close My Eyes» - «It's Too Late To Apologize» - «Pretty Words» - «Wasting Live».

Edguy
Die sympathischen, deutschen Power Metaller aus Fulda haben in den letzten Jahren kräftig an Popularität gewonnen, was vor allem an ihren guten Alben lag. Gerade die letzten drei Outputs, also «Mandrake» (2001), «Hellfire Club» (2004) und «Rocket Ride» (2006) haben bewiesen, dass Tobi Sammet (v) und seine Jungs eine extrem geile Truppe sind und mittlerweile schon zig Top-Songs geschrieben haben. Bei der aktuellen, letztjährigen Scheibe «Tinnitus Sanctus» scheiden sich die Geister allerdings etwas. Was von der Band natürlich im Sinne der musikalischen Freiheit verbraten wurde, stösst bei einigen Die-Hard Fans auf Unverständnis. Der Schwenk in Richtung moderne(re) Sounds ist bei einer klassischen Heavy Metal Band, wie Edguy nun mal zweifelsfrei eine sind, vermag auch meine Wenigkeit etwas ins Grübeln zu bringen. Dennoch überwog die Freude auf den heutigen Abend! Dies im Wissen, dass es Edguy live ganz bestimmt krachen lassen. Und so kam es denn zum Glück auch und Pratteln konnte sich gar im Glück wähnen, dass der Gig überhaupt gespielt wurde, denn Master Sammet war angeschlagen und zuvor gar im Spital, wo ein Arzt gar ein Auftrittsverbot (!) verhängt hatte. Das kümmerte den kleinen Wieselwind allerdings nicht die Bohne und lieber ein etwas angeschlagener Tobi als gar keiner war die Devise. Das Leben als Rockstar kann mitunter halt ganz schön anstrengend sein. Welcher Grad von Unvernunft hier vorlang, kann sich jeder selbst ausrechnen. So nahm die Show gleich nach dem Intro mit «Dead Or Rock», also gleich einem neuen Song (!) Fahrt auf. Zu einer fetten Backdrop-Kulisse mit einem Schlossmotiv rockten Edguy so los, wie man es von ihnen mittlerweile gewöhnt ist. Mit «Speedhoven» folgte noch ein Neuling, ehe dann «Tears Of A Mandrake» die älteren Zeiten herauf beschwor. Die Backing-Vocals von Tonbi's Bandkollegen dürften heute Abend wohl etwas kräftiger gewesen sein also sonst, aber auch so konnte der quirlige Frontmann nicht verbergen, dass seine Stimme weit weg von dem war, was sie sonst zu leisten vermag. Als Profi weiss er aber, wie man den Kopf aus dieser Schlinge zieht und das gelang Herrn Sammet indes recht gut. Die Fans gingen derweil passabel bis zeitweilen gut ab, aber die Reaktionen bei den letzten zwei Besuchen in der Schweiz waren meines Erachtens besser. Die Songauswahl, die sich über einige, aber nicht alle Veröffentlichungen erstreckte, bot dennoch die eine oder andere Überraschung wie das über 10-minütige «The Pharaoh» oder das steinalte «Out Of Control. Für meinen Geschmack fehlten halt so Burner wie «The Piper Never Dies» oder «The Asylum». Nichtsdestotrotz konnte man am Ende resümieren, dass bis auf das zu langfädige Drum-Solo von Master Bohnke eigentlich alles soweit in Ordnung war. Aber eben..., mir fehlte nach 105 Minuten etwas der Glanz der letzten beiden Tourneen, was zumindest teilweise auf die gebeutelte Sangesstimme zurück zu führen war. Bei «King Of Fools» kochte das Z7 zum Schluss erwartungsgemäss vom Feinsten. So sollte es eigentlich stets abgehen!

Setlist: «Intro» - «Dead Or Rock» - «Speedhoven» - «Tears Of A Mandrake» - «Babylon» - «The Pharaoh» - «Ministry Of Saints» - «Drum Solo» - «Pride Of Creation» - «The Headless Game» - «Save Me» - «Superheroes» -- «Out Of Control» - «Lavatory Love Machine» - «King Of Fools».