Livereview: Dream Theater - Anathema
06. Juli 2011, Zürich - Komplex 457
By Roger W. (rog) & Liane P. (lia) - All Pics by Rockslave
Prog im Doppelpack gab es Anfang Juli in Zürich. Zum gediegenen Taktwechsel-Tanz luden die Genre-Könige Dream Theater ein, welche bald mit einem neuen Album für die obligatorischen Verzückungen sorgen werden. Quasi als Thronanwärter spielten Anathema. Diese konnten heute ebenfalls auf eine treue Anhängerschaft zählen, auch wenn richtige Euphorie (wenn man das beim Prog-Publikum überhaupt verlangen kann) erst beim Headliner aufkam. Somit war es ein fast perfekter Abend, bei dem einzig die etwas zu hohen Ticketpreise dafür sorgten, dass das Komplex 457 nicht ganz ausverkauft war. (rog)

Anathema
Musik aus Liverpool, also der Stadt, die einst die Beatles hervor brachte. Anathema passten wunderbar in das Vorprogramm von Dream Theater. Mit «Thin Air» aus dem letzen Album «We're Here Cause We're Here» startete der Familienbetrieb Cavanagh und Co. in den Abend. Andere mögen es kritisieren, aber ich finde es wunderbar, wie Anathema ihre Lieder mehr oder weniger immer gleich aufbauen. Nach einem sanften besinnlichen Einstieg steigern sich die Songs bis hin zu einer Explosion, was live zu magischen Momenten führt(e). Auch das Publikum passte sich dieser Gegebenheit an, das heisst während den Songs verhielt man sich ruhig und lauschte aufmerksam, um danach in euphorisches Klatschen zu verfallen. Mit dem eher rockigen «Deep» ging es weiter. Was bin ich für die musikalische Kehrtwende dieser Band dankbar! Die Entscheidung den Doom/Gothic Metal Sound zu begraben, um sich eher den sphärischen Art Rock Klängen zu widmen, war richtig gewählt. Eine ausgewogene Setliste, die dunkle, mystische Bühnenbeleuchtung und die engelsgleichen Gesangseinlagen von Lee Helen Douglas rundeten einen für mich perfekten Einstieg ab, auch wenn es wohl zu Beginn soundtechnisch nicht so ganz klappen wollte. Zuerst dachte ich es lag daran, dass ich mir die ersten Lieder von der linken Bühnenhälfte anhörte. Bekanntlich ist es ja klüger, das Ganze vom Mischpult aus zu geniessen. Glaubt man den Publikumsstimmen, war es auch beim "Front of house" nicht anders. Es sei ihnen verziehen, denn Anathema sind live absolut sehenswert. (lia)

Setliste: «Thin Air» «Deep» «Everything» - «Natural Disaster» «Closer» «Flying» - «Fragile Dreams».

Dream Theater
Es war ein spezieller Abend mit Dream Theater, denn zum ersten Mal durfte man dem neuen Schlagzeuger Mike Mangini lauschen. Und der Bursche stand seinem Vorgänger in fast nichts nach. Einzig auf das Flirten mit dem weiblichen Publikum verzichtete der Neuling. Ansonsten zog er aber alle Register und schien bei all den Becken die Übersicht nicht zu verlieren. Dazu konnte Mangini ein Dauerlächeln nicht verkneifen. Der Mann wirkte, als ob er im Lotto gewonnen hätte. Aber auch die alten Hasen in der Band überzeugten durch eine selten gesehene Spielfreude. Klar, geschieht optisch bei Prog-Metal nicht allzu viel auf der Bühne. Dieses Manko machten sie aber mit den Songs in grandiosen Versionen mehr als wett. Zu den Höhepunkten zählten für mich die beiden früh im Set gespielten Lieder «Forsaken» und «Endless Sacrifice». Bei Letzterem kamen mir aus unbekannten Gründen sogar die Tränen. Auf Soloeinlagen verzichteten Dream Theater heute weitgehend und liessen dafür auf die eher ruhige Meute Lieder los, welche den Instrumenten genug Platz liessen. Paradebeispiel dafür war zum Beispiel «The Great Debate» von «Six Degrees Of Inner Turbulence». Einzig Schlagzeuger Mike Mangini durfte seinen Einstand mit einem kurzen Solo feiern. «Fatal Tragedy» von «Metropolis Part II» markierte einen weiteren der zahlreichen Höhepunkte. Mit «On The Backs On Angels» wurde gar ein neues Stück des Anfangs September erscheinenden «A Dramatic Turn of Events» gespielt. Nach gefühlten 15, aber effektiv leider schon vergangenen 90 Minuten war bereits Schluss mit dem regulären Set. Nach euphorischen Zurufen enterten Dream Theater aber nochmals die Bühne und spielten zur Verblüffung vieler «The Count Of Toscany». Erstaunlich war das deshalb, weil dieses 20-minütige Monster von Ex-Schlagzeuger Mike Portnoy geschrieben wurde und seinem Vater gewidmet ist. Nach dieser "kurzen" Zugabe war Schluss, das Publikum zufrieden und in froher Erwartung auf das im Interview angekündigte, nächste Konzert im Frühling 2012. Hoffen wir, dass die Prog-Götter unsere Herzen in der gleichen Verfassung erobern werden. (rog)

Setliste: «Intro» - «Under A Glass Moon» - «These Walls (cued Intro)» - «Forsaken» - «Endless Sacrifice» - «Drum Solo Mike Mangini» - «Ytse Jam» - «Peruvian Skies» - «The Great Debate» - «On The Backs Of Angels» - «Caught In A Web» - «Through My Words» - «Fatal Tragedy» -- «The Count Of Tuscany (cued Intro)».