Livereview: Black Star Riders - The Weyers

19. November 2015, Pratteln – Z7
By Tinu
Aus Thin Lizzy wurden die Black Star Riders in der Besetzung Ricky Warwick (Gesang, Gitarre), Scott Gorham (Gitarre), Damon Johnson (Gitarre), Robbie Crane (Bass) und Jimmy DeGrasso (Schlagzeug). Und trotzdem lebt das musikalische Erbe von Thin Lizzy in BSR weiter, vielleicht sogar einen Tick traditioneller als am Schluss von Thin Lizzy, als John Sykes die Band in eine metallischere Richtung zu treiben versuchte. Die «neue» Band um Scott überzeugt aber nicht nur auf den beiden bisherigen Alben «All Hell Breaks Loose» und «The Killer Instinct», sondern auch mit ihrer Bühnendarbietung. Die fünf Musiker sind gestandene Meister ihres Fachs und mit Ricky haben BSR einen Shouter in ihren Reihen, der die Seele der Songs in sich vereinigt hat. Hört man die Lieder von BSR und Thin Lizzy wird schnell klar, woher all die neuen, erfolgreichen Folk-Bands ihre Einflüsse haben. Wie so oft im Leben, können nicht die Bands die Lorbeeren einsammeln, welche sie säten, sondern oft die, welche sich durch Musikklau bereicherten. Anders kann ich es mir nicht erklären, warum an diesem Donnerstagabend so wenig Leute das Z7 besuchten. Diejenigen, welche jedoch gekommen waren, erlebten auf jeden Fall ein Hammer-Konzert!


The Weyers

Bevor der Fünfer auf die Bühne stieg, stand das Zürcher Duo The Weyers auf der Stage. Ein Trommler, der auf einem transparenten Drum spielt und ein singender Gitarrist mit Hut waren zu sehen. Das Brüderpaar Luke und Adrian Weyermann liess das Publikum schnell wissen, dass sie schon lange mit den Black Star Riders unterwegs und «…geschockt sind, was am 13. November in Paris passierte. Die Musik darf nicht verstummen, darum habe man sich dazu entschieden, nicht wie andere Truppen an diesem Abend, trotzdem aufzutreten, denn Rock' n Roll is still alive!». Die Musik, die uns die Beiden servierten, war eine Mischung aus Rock, Blues, Pop und abgespacten Sounds, die alle ihre Roots in den 70er-Jahren hatten. Irgendwie schien dies auch das Publikum zu teilen. Die einen waren sofort Feuer und Flamme für das Duo, während die anderen sich nicht so richtig erwärmen konnten. Es war skurril wie schräg und irgendwie interessant, was das Duo ablieferte. Was den Beiden aber sicherlich fehlt, war die Bühnenaction, denn der Trommler sass fest hinter seinen Schlagzeug und der Gitarrist mehr oder weniger hinter seinem Mikrofon. Die Stimmung, welche The Weyers vermittelten, war ein Gemisch aus Hoffnung, Wut, Schmerz, Trauer und Liebe. Die Jungs in einem kleinen rauchigen Club zu erleben, kann durchaus ein Erlebnis sein. Auf der grossen Bühne im Z7 ging diese Möglichkeit allerdings unter. Ganz ehrlich, auch wenn die Songs ihre Reize hatten, eine richtig rockige Band wie Thunder, The Treatment oder Million Dollar Reload im Vorprogramm von Black Star Riders hätten die Meute besser auf den Headliner eingestellt…



Black Star Riders
So blieb es dann BSR vorbehalten, den Abend zu etwas ganz Besonderem zu machen. Von Beginn weg zog Ricky die Besucher in seinen Bann. Der ehemalige The Almighty-Sänger hat nichts von seiner ansteckenden Bühnenpräsentation, mal wild-aggressiv, dann verspielt-kollegial, verloren. Der an beiden Armen tätowierte Nordire erinnerte mit seiner tiefen, markanten Stimme immer wieder an den Thin Lizzy-Gründer Phil Lynott. Tja, Thin Lizzy waren die Erfinder des Doppelgitarrensolos. Wo sich früher Scott (Godfather of double leads) und Gary Moore, John Sykes oder Brian Robertson duellierten, gaben sich heute bei BSR Damon und Scott die Ehre. Dies auf eine wundervolle, perfekt abgestimmte Art und Weise, wie sie kaum zu toppen ist. Die Beiden spornen sich zu immer noch besseren Höchstleistungen an. Dabei überlässt Scott gerne das Feld seinem Sidekick, der sich allerdings nicht hinter Mister Gorham zu verstecken braucht. Robbie, der schon bei Ratt, Vince Neil und Lynch Mob in die dicken vier Saiten griff, ist der typische L.A.-Posergott. Mit einem verschmitzten Lächeln verkörpert er, zusammen mit Jimmy, die treibende Rhythmusmaschine. Auch wenn Robbie etwas im Hintergrund steht und nur zu seinen Backingvocals ans Mikrofon kommt, ist er eine ganz wichtige Person im Gefüge der Black Star Riders. Mister DeGrasso hämmerte einen Grundbeat in die Halle, wie man dies von seinen seligen Y&T- und Megadeth-Zeiten her kennt. Alleine er ist schon ein Ohrenschmaus mit seiner filigranen Technik.

Die Setliste bestand zu je 1/3 aus Songs der beiden BSR-Alben und Lizzy-Tracks. Dass «Are You Ready?», «Waiting For An Alibi», «Rosalie», «The Boys Are Back In Town» oder «Jailbreak» gewaltig Arsch traten, war klar. Aber auch die Black Star Riders-Tracks integrierten sich problemlos in das Set. Ob dies «Hey Judas» war mit Ricky an der Akustik-Gitarre, das verspielte «Kingdom Of The Lost» oder das fetzige «The Killer Instinct». Bei allen Tracks schwang eine gediegene Portion irische Folk-Music mit. Genau dies macht die Truppe zu den wahren Erben von Thin Lizzy, denn mit dieser Schwermütigkeit und Hoffnung in den Songs sind Black Star Riders etwas ganz Einzigartiges. Dass dabei der Spassfaktor nicht zu kurz kommt, ist klar, und dies nicht nur weil Ricky seine Mitmusiker vorstellte: «Brothers and sisters, from Hollywood California, the one and only Robbie Crane!» Es war dieser rauchige, irische Pub-Charme, welcher speziell von Mister Warwick versprüht wurde und der dann gerne mal in einem Dreier-Gitarren-Solo («Waiting For An Alibi») endete, oder bei «Hoodoo Voodoo» mit einem fetten Bassgroove und traumhaften Doppelsolos sowei in einer wahrlich fantastischen Hymne wie «All Hell Breaks Loose» gipfelte. Wenn man einen Schwachpunkt sucht, dann höchstens diesen, dass «Cold Sweat» und «Don't Believe A Word» nicht gespielt wurden. Das sind dann aber auch die einzigen Minuspunkte der sonst wahrlich fantastischen Vorführung. Zumindest gingen diese Punkte spätestens dann vergessen, wenn alle Vier am Schluss von «The Boys Are Back In Town» am Bühnenrand posten.

Hymnen wie «Bound For Glory» und «Finest Hour», die locker zum Mitsingen einladen, werden nur von Göttern geschrieben, die auch die ruhigen Momente mit «Blindsided» völlig gekonnt ins Z7 brachten. Hier ragten speziell der Gesang von Ricky und das unter die Haut gehenden Solo von Damon heraus, die allen eine warme Gänsehaut besorgten. «Are you feeling all right?» Was für eine Frage! Die meisten Zuschauer waren schon jetzt völlig verschwitzt vom Tanzen, Schreien oder Bangen. Den Schlusspunkt setzten die beiden Thin Lizzy-Songs «Rosalie» und «Whiskey In The Jar». Tja ihr Lieben da draussen, hier wurde allen Metallicas der Welt gezeigt, wie man diesen Song spielt, mit vielen Emotionen nämlich! Nach neunzig Minuten und ohne Zugaben verabschiedete sich der Fünfer von einem völlig begeisterten Publikum. Wenn selbst Fotografen, die in der Regel nach drei Songs das Weite suchen, sich das komplette Konzert ansehen, dann muss an diesem Abend etwas Spezielles vollbracht worden sein. Die Black Star Riders zockten einen unter die Haut gehenden Gig, spielten songdienlich, trumpften als Band gross auf und schrieben an diesem Abend Rock-Geschichte im Z7!

Setliste: «Bloodshot» - «Jailbreak» - «Soldierstown» - «Charlie I Gotta Go» - «Are You Ready?» - «Hey Judas» - «Through The Motions» - «Waiting For An Alibi» - «Hoodoo Voodoo» - «All Hell Breaks Loose» - «The Boys Are Back In Town» - «Bound For Glory» - «Blindsided» - «Kingdom Of The Lost» - «Finest Hour» - «Emerald» - «The Killer Instinct» - «Rosalie» - «Whiskey In The Jar».