Livereview: Black Label Society
02. Dezember 2008, Rohstofflager Zürich
by Kissi – Pics by Roxx
Eines ist unbestritten: Ohne die elektrische, meist verzerrte Gitarre gäbe es keine Rockmusik und keinen Metal. Dass dabei die Herren an der Klampfe meist nicht weniger, oft gar mehr als die eigentlichen Fronter, die Sänger, vergöttert wurden und werden ist ebenso nicht von der Hand zu weisen, sei es bei AC/DC oder sonstwem. So geschieht es denn auch nicht selten, dass die Saitenzauberer ihre eigenen Combos auf die Beine stellen, um selbst in der Mitte der Bühne stehen zu dürfen, so geschehen nicht nur bei Michael Schenker, Ritchie Blackmore oder Yngwie Malmsteen. Zwar steht ein gewisser Zakk Wylde auch nach Jahren noch (oder wieder) zu seinem Karriere-Ziehvater Ozzy Osbourne, doch seit Ende des letzten Jahrtausend lässt der fingerfertige Rauschebart mit Black Label Society sich die Scheinwerfer und Augenpaare alleine auf ihn richten.

Da sich die biererprobte Gang in den letzten Jahren vor allem in Europa äussert rar gemacht hatte und auch die 2008er Tour lediglich 10 Daten umfasste, von welchen alleine die Hälfte in Skandinavien stattfand, war es nicht schwer vorauszuahnen, dass man im Zürcher Rohstofflager Arm an Arm und Bauch an Rücken stehen würde. Unerwartet hingegen war das überhebliche Gezicke Wyldes bzw. Des Tourmanagers, der am Konzerttag kurzerhand die für den Support gebuchten The Order wegen Platzmangel auf der Bühne nach Hause schickte. Nicht genug, dass Wylde dazu noch die Signing-Session in einem Gitarrenladen platzen liess, auch auf der Bühne zeigte sich der muskelbepackte Hühne nicht in der Form, in welcher man ihn erwartet hätte, zockte zwar einwandfrei, dabei aber auch nicht weniger egoman als seine Klampfenkollegen Malmsteen oder Satriani. Das gute Material von BLS machte dies glücklicherweise aber nicht vollends zunichte.

Black Label Society
Dass man sich an einem Konzert von Black Label Society auf haufenweise Solis und den einen oder anderen Alleingang von Zakk Wylde's Fingern gefasst machen kann, das war wohl jedem Besucher, auch mir, schon im Vornherein klar. Dass Mr. Wylde es sich aber herausnehmen würde, Griffbrettgymnastik und Tremolo-Klimmzüge auf Kosten von Songs und Spannung zu performen, damit hatte ich wirklich nicht gerechnet, glänzen BLS-Scheiben doch gerade dadurch, dass Wylde seine Fertigkeiten in den Dienst des Songmaterials stellt und dieses selten mit Licks und Vorzeigeübungen überlädt. Und in diesem wünschenswerten Sinne begann die in Jeans und Leder gekleidete Gang ihr Set zuerst: Zu den ersten Riffs von «New Religion» (vom letzten und auch besten BLS-Rundling «Shot To Hell» von 2006) fällt der schwarze Vorhang und offenbart die Biker-Gruppe vor einer massiven Marshall-Wand, von welcher das Drumkit von Dreschmann Criag Nunenmacher eingeramt ist und hinter welchem ein klassisches BLS-Kreuz prangt. Mit «Forever Down» und «Been A Long Time» vom Vorgänger «Mafia» bringt man die restlos gut aufgelegte und nach und nach schweissgetränkte Meute richtig zum Kochen. Setlisttechnisch berücksichtigt Wylde dabei sämtliche Erzeugnisse seiner Band, bringt sowohl ältere Perlen («The Beginning... At Last» oder «Bleed For Me») als auch neuere Riffmonster wie etwa «Suffering Overdue» (mitunter einer der intensivsten Tracks dieser Show) «Blood Is Thicker Than Water», ein Leitspruch Zakks, dem er auch darin Ausdruck verleiht, indem er seine Fans kontinuierlich als als ''Brothers & Sisters'' betitelt, wie man es auch etwa von Rose Tattoo oder Manowar kennt. Macht seine Backing Band dabei eine durchwegs glänzende Figur, spielt thight und souverän und lassen dem Meister dabei mehr als genug Platz, so tun sich zwischen dem instrumentalen und dem singenden Wylde doch kleinere Welten auf.

Während er seine Finger nämlich beeindruckend und (zu) ausgiebig über die Saiten flitzen lässt, kann sein rauhes Organ nur mässig mit demjenigen mithalten, welches uns auf den Studio-Outputs so markig und voll entgegenheult. Den Fans scheint dies aber genauso wenig zu machen wie den fast nach jedem Song dargebotenen Griffbrettmasturbationen, die dem ganzen sowohl Spannung als auch Zug abnehmen. Zwar nicht gerade spannend, dafür doch reichlich emotional, man möchte schon fast schreiben ''kitschig'', gestaltet sich der darauffolgende Piano-Teil. Zu «Spoke In The Wheel» & «In This River» greift Zakk in die Tasten und zwar vor dafür eigens über die Verstärker geworfenen Dimebag-Darrell-Gedenkflaggen. Ein Tost auf den verstorbenen Pantera/Damageplan-Klampfer darf da natürlich nicht fehlen, doch als zu «Black Mass Reverend» schwarze BLS-Plastikbälle (zur Freude raffgieriger Souvenirsammler) ins Publikum geballert werden, wechselt man von etwas zäher Andachts-Stimmung schnell wieder zur verzerrten Rock-Party. Live erhält die «Shot To Hell»-Single «Concret Jungle» darauf eine ganz neue Bildkomponente, wirkt Wylde am Bühnenrand stehend und mit den Fäusten auf seine Brust trommelnd doch wie ein in Jeans gesteckter Gorilla. Die ganzen Soloeinlagen nach jedem einzelnen Song haben zwar sicherlich ihre Berechtigung, führen sie doch eindrücklich vor Augen, welch begnadeter Gitarrist im Rohstofflager auf der Bühne steht und dass es Zakk sicherlich mit Mr. Malmsteen aufnehmen kann, anstatt dem Shredd-Marathon wäre der eine oder andere Schwatz mit dem Publikum aber doch wünschenswerter gewesen, zeigte sich der Rock-Grizzlies doch eher von einer wortkargen Seite.

Dies allem und dem doch eher matschigen Sound zum Trotz feiert das Publikum auch «Fire It Up» euphorisch ab, genauso wie der finale Doppelschlag «Suicide Messiah» und «Stillborn», welcher auch dem Rezensenten zum Schluss nocheinmal die Rübe auf der Wirbelsäule rotieren lässt. Dennoch, trotz der klasse Setlist: Black Label Society haben zumindest meine durch ihre lange Abwesenheit gewachsenen Erwartungen nur bedingt erfüllt. Allen voran Zakk Wylde, der bis anhin gerade wegen seiner Solo-Bescheidenheit bei mir punkten konnte, stellte leider klar, dass Gitarristen, die die Chance dazu erhalten, ohne Zurückhaltung drauflosfideln was das Zeug hält. Die anwesende Schwarz-Etiketten-Gesellschaft lag dem Herren allerdings bis auf den letzten kreischenden Ton zu Füssen. Wem's gefällt...

Setlist BLS (ohne Gewähr):
New Religion – Forever Down – Been A Long Time – The Beginning... At Last – Bleed For Me – The Blessed Hellride – Suffering Overdue – Blood Is Thicker Than Water – Spoke In The Wheel (Piano) – In This River (Piano) – Black Mass Reverends – Concrete Jungle – Fire It Up – Suicide Messiah – Stillborn