Livereview: Axxis - Six Magics - Crown Of Glory

10. September 2015, Pratteln - Mini-Z7
By Tinu
Ihr wollt geile Rockmucke? Ihr wollt beste Unterhaltung mit einem der besten Rock-Entertainer? Ihr wollt den Alltag vergessen und knapp zwei Stunden einfach nur Spass haben? Und wieso seid ihr dann nicht im Z7 erschienen und habt Axxis abgefeiert? Mein lieber Herr Gesangsverein! Ich verstehe das nicht. Da geht eine Band seit mehr als 25 Jahren ihren Weg, hat auf ihrer ersten Support-Tour Black Sabbath förmlich an die Wand gespielt, hat Hits «en masse» im Ärmel, überzeugt mit einer unbändigen Spielfreude und geizt nicht um jeden Fan zu kämpfen. Und wo bleibt die grosse Masse? Zuhause vor dem Fernseher! Axxis ist eine verdammte Macht auf der Bühne und haben zudem zu jeder Sekunde die Lacher auf ihrer Seite! Was wollt ihr denn noch mehr? Schade, sehr schade! Auch wenn es an diesem Abend geschätzt mehr Besucher waren, als noch vor knapp eineinhalb Jahren, Axxis müssen endlich wieder auf der grossen Bühne im Z7 spielen, damit die Herren ihr volles Bühnenprogramm auffahren können!

Crown Of Glory
Aber gehen wir der Reihe nach. Da Axxis-Trommler Dirk Brand ein sehr grosses Schlagzeug aufbaute, mussten die beiden Vorband ihres jeweils seitlich auf der rechten Bühnenseite platzieren. Die Innerschweizer Crown Of Glory hatten somit mit ihren sechs Musikern kaum Platz auf der Mini-Stage. Aber, die Jungs schöpften aus dem kleinen «Heimspiel» Energie und hatten schnell ihren «Fanclub» auf ihrer Seite. Rockig, metallisch und leicht verspielt trumpfte das Sextett auf und speziell Sänger Hene Muther versuchte immer wieder, die Fans näher an den Bühnenrand zu bekommen. Gitarrist Hungi Berglas grinste derweil wie ein Honigkuchenpferd und suchte immer den Blickkontakt zu den (weiblichen) Fans, während sich sein solierender Partner Kusi Muther eher in sein Spiel vertiefte und dabei seine Lockenpracht schüttelte. COG lieferten einen soliden Job ab und so schnell wie alles begann, kündete Hene auch schon den letzten Song an. 30 Minuten können schnell vorbei sein, zumindest wenn die Lieder so locker rein gehen und Spass machen. Wie schon am «Rock The Ring»-Festival konnten Crown Of Glory auch hier beste Werbung in eigener Sache machen. Well done!

Six Magics
Das konnte man bei den darauf folgenden Chilenen Six Magics nicht unbedingt sagen. Sängerin Elizabeth Vásquez war zwar stetig bemüht, die Anwesenden aus der Reserve zu locken, aber der sehr breitgefächerte Metal verwirrte die Anwesenden mehr, als dass er sie erfreuen konnte. Nicht dass die Songs schlecht gewesen wären, aber der packende Moment, oder der einprägsame Refrain fehlte. Der Fünfer bewegte sich viel auf der Bühne, die langen, schwarzen Haare flogen im Takt und die handwerkliche Leistung war gut. Aber! Mit Elizabeth steht eben keine Liv (Sister Sin) oder Doro auf der Bühne, sondern eine hart arbeitende und zu sehr auf die Songs fokussierte Shouterin. Da nützte auch der Dank an die Fans nichts («Away from Chile, we're absolute happy to be here!»). Ebenso wenig, dass man einen Flamenco-Tango spielte, der sicherlich die musikalischen Fähigkeiten wiedergab, aber leider das Flair eines solchen Momentes nicht einfangen konnte. Im Vergleich zu Crown Of Glory wirkte das Ganze zu aufgesetzt und zu übermotiviert, um eine gute Show abzuliefern. Hier wäre es sicherlich ratsam, wenn Six Magics sich lockerer präsentieren. Auch wenn das Publikum sich mitziehen liess und mitklatschte, der Applaus war nach dem letzten Ton sehr schnell verstummt und in Erinnerung blieben von den beiden Supportbands eher Crown Of Glory. Einfach, weil sie musikalisch besser zu Axxis passten. Vor eineinhalb Jahren lieferten Tri State Corner eine viel professionellere Leistung ab, hinter der sich Six Magics nur verstecken können.


Axxis
Was dann aber folgte, war ein Siegeszug, der Seinesgleichen sucht, oder wie es Quassel-Onkel Bernhard Weiss so schön auf den Punkt brachte: «Eine Zeitreise, als wir noch gut aussahen! Wir spielen heute zwei bis drei Stunden und verschwinden dann ins Reha-Zelt!» Es waren erneut die Kommentare von Bernhard, welche die Show zu etwas ganz Speziellem verwandelten. «Du kommst doch aus Ungarn, warst das letzte Mal bei uns auf der Bühne und schon damals besoffen», oder «Ihr seid aber textsicher, das «Hey» singt ihr fehlerfrei mit». Berny ist einer, der die Situationskomik geniesst und auslebt. Einer, der während des Singens das Publikum studiert und sich dann daraus den nächsten Schalk kreiert. So, wie Mister Weiss nach den lauten Axxis-Rufen bemerkte: «Es ist immer wieder schön zu sehen, dass das Publikum weiss, welche Band auf der Bühne steht!»

«Wir gehen nun zurück in die Anfangstage von Axxis, als wir noch bei der EMI Electrola, «The Master Voice» waren. Ich hätte nie gedacht, dass wir diese Firma überleben. Damals verschleuderten wir noch Geld für eine Videoproduktion und ganz ehrlich, ich weiss bis heute nicht, was dieser Koffer im Film von «Stay Don't Leave Me» zu suchen hat!». «Wir haben eine kleine Tradition, dass wir jemanden aus dem Publikum auf die Bühne holen. Das Problem ist, dass alle die älter als 18 Jahre sind, entweder zu besoffen sind oder mir immer an den Arsch greifen!» So holte sich der Sänger den kleinen Yannick auf die Bühne, beziehungsweise der Kleine stieg sehr selbstsicher auf die Stage. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als er das Mikrofon in der Hand hielt und Bernhard zu ihm sagte. «Sag einfach mal «Hey»!» Als das Publikum ein lautes «Hey» zurück schrie, erschrak den Kleine doch ein bisschen. Zumindest für einen Moment, dann fand er schnell Gefallen an dem Mitsingspiel. «Yannick hör auf, sonst können die nicht mehr!», verkündete Berny mit einem breiten und zufriedenen Grinsen und gab dem soeben geborenen Bühnenstar ein typisches Metal-Instrument in die Hände, das Tamburin. Zusammen zockten Yannick und die Truppe «Kings Made Of Steel». Als grandioser Abschluss wurden fünf grosse Standtoms auf die Bühne gestellt. «Bist du mit deiner Mutter oder deinem Papa da? Also, dann stell dir vor, diese Trommel ist der Hintern deiner Mama und du kannst jetzt mal so richtig drauf treten!». Wann hat man schon die Möglichkeit, sowas auszuleben? Mit grossen Augen und einem unheimlichen Wumms schlug dann Klein-Yannick auf die Trommel ein. Solche Momente heben eine Show von anderen Konzerten ab und lassen Herrn Weiss den Auftritt mit den Worten «…lieber einen kleinen Jungen auf der Bühne, als eine besoffene Frau» ausklingen.



«Das «Hey» ist doch langweilig, wollen wir nicht was Progressiveres machen? Wie wärs mit («Oh»» brüllt eine Zuschauer)… Genau. «Oh»! Ich kann dir den Text auch aufschreiben, wenn du willst?» Der Shouter brillierte mit einem unglaublichen Charme und Schalk. Nahm er nun Einzelne aus dem Publikum auf den Arm oder sich selber, der Lacher war garantiert. Neben all den spassigen Momenten war es aber auch die Mannschaft um Bernhard, die gross auftrumpfte. Zum einen Trommler Dirk Brand, der nicht nur mit seinem Solo glänzte (am Schluss mit neonleuchtenden Drumstickspitzen), sondern auch durch eine unglaubliche Power und Spielfreude. Zum anderen Bassist Rob Schomaker, der durch seine agile und packende Bühnenshow mit einem breiten Grinsen den Obersympathikus stellte. Harry Oellers, der Keyboarder, verschwindet etwas im Hintergrund, ist aber musikalisch für die Truppe unentbehrlich. Neuzugang Stefan Weber, der von Lion Twins den Weg zu Axxis fand, ist eine musikalische Bereicherung für die Truppe, spielt bedeutend banddienlicher als sein Vorgänger Marco Wriedt, kann aber schon mal solistisch aus sich heraus gehen, so dass Bernhard mit einem frechen Grinsen den Stecker zum Amp ziehen möchte. Musikalisch boten die Herren erneut einen farbenfrohen, breiten Fächer. Waren es die Akustik-Beiträge, von der Saitenfront auf Barhockern gespielt, der Partykracher in Form von «Heavy Rain», das zum Hüpfen animierende «My Little Princess», das gesanglich unter die Haut gehende «Waterdrop» oder das von Bassist Rob aus Wuppertal mit einem typischen Metallica Instrument (Mandoline) dargebotene «We Are The World», der Fünfer schöpfte aus dem Vollen. Der Mitsingfaktor war enorm, hoch. Wie bei «Hall Of Fame», «Touch The Rainbow», «Little Look Back», oder den beiden Rauschschmeissern «Living In A World» und «Kingdom Of The Night». Im Vergleich zur letzten Show, wurde die Setlist um ein paar Songs erneuert. So integrierte der Fünfer «Rolling Like Thunder», «Love Is Like An Ocean», «The War», «We Are The World», «Waterdrop» und «Kings Made Of Steel» in den Set, während «Kingdom Of The Night II», «Soulfire», «21 Crosses», «Heaven In Paradise», «Fire And Ice» und «Blood Angel» raus geschmissen wurden. Mit etwas mehr als 110 Minuten Spielzeit, einer völlig entfesselten Fangemeinde und dem Bewusstsein, dass die wenigen Fans mehr Lärm machten als 1'000, beendeten Axxis diesen Siegeszug. Dies mit Stolz, einer ansteckenden Zufriedenheit, einer völligen Begeisterung bei der Band und den Fans, einem stolzen Yannick, dem versohlten Hintern seiner Mutter, der schon wieder sturzbesoffenen Ungarin und dem Bewusstsein, dass «ihr es nicht anders gewollt habt»! Was ist Axxis bloss für eine unglaubliche Macht auf der Stage!!! Eine, die das nächste Mal auf die grosse Z7-Bühne gehört, damit auch die ganze Bühnendekoration aufgebaut werden kann, somit mehr Bühnenfreiheit entsteht und die gerne in einem Jahr wieder in Pratteln erscheinen darf.

Setliste: «Intro/Living In A Dream», «Rolling Like Thunder», «Love Is Like An Ocean», «Tales Of Glory Island», «Stay Don't Leave Me», «Hall Of Fame», «The War», «Trash In Tibet», «We Are The World», «Waterdrop (Acoustic)», «Touch The Rainbow (Acoustic)», «Kings Made Of Steel (Acoustic)/Drum battle», «Heavy Rain», «Heaven In Black», «My Little Princess», «Little Look Back» - «Little War», «Living In A World», «Kingdom Of The Night»