Livereview: Ancient Season  (CD-Taufe)
10. März 2007, Schötz
By Roger W.
CD-Taufen gehören zu den Konzerten, bei denen die Bands sich immer besonders Mühe geben. Schliesslich geht’s darum, eine längere Songwriting- und Aufnahme-Phase würdig abzuschliessen und gleichzeitig das neue Material zu entjungfern. Dazu kommt eine gewisse Unsicherheit, wie die Fans die brandneuen Songs aufnehmen werden. Und so waren die Luzerner Progressiv-Metaller Ancient Season um Gitarrist Märcu auch sehr nervös an diesem Samstagabend. Vor dem grossen Auftritt durfte sich das Publikum aber noch auf Anxiety freuen, die mit ihrem Dark-Metall den Publikumsreaktionen nach in dieser Gegend bereits einen gewissen Status innehaben.

Diese legten gegen 21.30 Uhr erst ziemlich ruhig los. Sanfte Klänge steigerten sich erst allmählich in einen mit tiefen Schreien ballernden Teil, worauf wieder ein sehr ruhiger Part kam. Trotz fehlender Gitarrensoli wirkten die Keyboard-lastigen Kompositionen ziemlich progressiv und abwechslungsreich. Sänger Peter Nyffeler begeisterte mit seiner Stimme, die mal flüsternd, schreiend, dann wieder crowlend eingesetzt wurde und so die eingängigen Lieder veredelten. Er war es auch, der mit seinem wilden Stageacting aus Headbangen, Umherlaufen und verschiedenen Mimiken als einziger der sechs Musiker die Songs optisch unterstützte. Der Rest der Band spielte zwar brav seine Parts, unterstrich aber die verschiedenen Gefühle zu wenig. Da muss noch dran gearbeitet werden. Wie auch am Bühnenoutfit. Ich habe gewisses Verständnis, wenn man aus purer Liebe zu seinem roten T-Shirt es auch auf der Bühne tragen will, zu den düsteren, aggressiven Songs passt dies aber wie die berühmte Faust aufs Auge; gar nicht! Ebenfalls ist mir rätselhaft, warum die Band auf zwei Gitarren setzt, wo man doch nur eine hört und beide die genau gleichen Akkorde spielen. Abgesehen von diesen Punkten überzeugten Anxiety aber vor allem mit ihren Songs, die durchaus über Potential verfügen. Dies sah wohl auch das schon zahlreiche Publikum, das der Band warmen Applaus spendete und zum Teil mitbangte. Zum Schluss gab’s dann noch den Amorphis-Song Black Winter Day“, bei dem klar wurde, wo genau die Wurzeln von Anxiety liegen.

Gar kein Problem mit dem Bühnenoutfit haben Ancient Season, denn ihr Progressiv-Metal ist so vertrackt, dass man vor lauter Staunen höchstens noch auf die Finger der fünf Musiker starrt und sicher nicht mehr auf die Kleidung. Mit „Loosing tomorrow“ starteten sie nach einem etwas vielleicht zu langen Intro ab Band bereits mit einem neuen Song, der vom Publikum zur Erleichterung der Band gleich wohlwollend aufgenommen wurde. Er machte auch klar, dass Ancient Season den auf ihrer Mini LP „Terror“ eingeschlagenen Weg weiterhin konsequent verfolgen und auch ihre Vorbilder nicht gewechselt haben: Dream Theater und Symphony X. Dass man sich vor diesen nicht verstecken muss, beweisen sie nun zum zweiten Mal mit ihrem neuen Album „Sudden Fading Lost“, dessen Cover jetzt auch als Banner hinter der Band hing. In Schötz ging es nach diesem ersten Start-Erfolg selbstsicher, mit einer Mischung zwischen alten und neuen Songs weiter, bis es nach ca. einer Stunde zur eigentlichen CD-Taufe kam. Zuvor durfte Sänger Nöbi beim Zweiteiler „Mated“ und „Devils Toys“ zeigen, dass nicht nur die Instrumentalisten von Ancient Season einiges auf dem Kasten haben. Bei „Mated“ wurde seine Stimme nur vom Keyboard getragen, während „Devil’s Toys“ wieder nach vorne rockte. Für die Taufe des Silberlings wurde eine Leinwand auf die Bühne heruntergelassen und ein gut 10-Minütiger Film gezeigt, bei welchem zum Teil ernste, dann humorvollen Statements die Entstehung der Scheibe erklärten und die Wünsche der Band geäussert wurden. „Wir haben dass auf Video aufgenommen, weil wir wussten, dass wir heute für diese Statements zu nervös sein werden“, meinte anschliessend Sänger Nöbi und taufte „Sudden Fading Lost“ mit Taufpate und Champagner.

Danach ging es weiter im Set und es wurden sämtliche Songs der Band gespielt, so dass bei Konzert-Ende wirklich jeder von den neuen Liedern überzeugt war und Ancient Season viel Lob einheimsen konnten. Von ihrem Progressiv-Metal mit ausladenden vertrackten Rhythmen und Melodien mit einer variablen Stimme von Welt könnt ihr euch ab sofort selber überzeugen. Die CD gibt’s über ihre Homepage. Ancient Season sind definitiv eine weiterer hell leuchtender Stern am Schweizer Metal-Himmel.