Bang Your Head !!! - Festival 2008
27.6.2008 (Erster Tag) Balingen / Messegelände
By Rockslave (rsl), Wishmaster (wms), André (and), Kissi (kis), Roger (rog) & Nicole (nic)
All Pics by Rockslave
Contracrash
«Morgenstund hat Metal im Mund», oder wie war das nochmal? Auf jeden Fall heisst es beim Bang Your Head früh aufstehen, will man auch nicht eine Band verpassen. Denn schon um 09.30 Uhr bliess die deutsche Newcommer-Truppe Contracrash denjenigen, welche es schon aus ihren Betten und Schlafsäcken geschafft hatten, ein rifforientiertes Frühstücksständchen. Die Jungspunde aus Süddeutschland begannen aber ziemlich verhalten: Fast verloren wirkte das Quartett während es leicht verdauliche Ami-Rocknummern namens «Every Fucking Day» oder «Blinded Love» runternudelte. Erst gegen Ende ihrer halben Stunde fieng die Kapelle dann an aufzutauen, begann die wohl doch ungewohnt grosse Bühne für sich zu nutzen und verteilte danach noch fünf Minuten lang Shirts, Plektren, Sticks und Promoscheiben. Gemütlicher, aber nicht vom Hocker hauender Einstieg. (kis)
 


Týr
Die Band mit dem gemeingermanischen Gott im Namen stürmte die Bang Your Head!!!-Bühne als zweite Gruppe des Freitags und konnte gleich eine beachtliche Menge Metaller in ihren Bann ziehen. Es hat sich wohl herumgesprochen, dass die Färöer nicht nur auf den Alben ziemlich spannend klingen, sondern auch live eine Wucht sind. Und diesem Ruf wurden sie am heutigen Tag gerecht. Egal ob Sänger und Gitarrist Heri Joensen nun in seiner Muttersprache oder auf Englisch sang, immer schwang da etwas Mystisches in seiner Stimme mit. Assoziationen mit Nebel und Regen wurden hervorgerufen, so dass man trotz Sonnenschein und Hitze das Gefühl hatte, zu frieren. Auch optisch hatten Týr einiges zu bieten, bangten, was das Zeug hielt und nutzten die Bühne und den Catwalk fleissig aus. Die laut Charing Cross-Gitarrist Andy wohl musikalisch beste Band des Festivals spielte sehr tight und konnte auch mit mehrstimmigen Chören in den Refrains und zum Teil in den Strophen überzeugen. Das Publikum war begeistert, weshalb es auch nicht verwunderte, dass die Singspiele trotz früher Morgenstunde bereits klappten. Gegen Ende des Gigs machten sich dann allerdings Abnützungserscheinungen bemerkbar, da das Gros des Materials doch sehr ähnlich klingt. Mehr Abwechslung hätte da sicher gut getan. Trotzdem konnten Týr am Bang Your Head!!! sicher einige Fans dazu gewinnen, welche ausnahmsweise mal nicht aus der Pagan-Szene kommen. (rog)


Agent Steel
Vor gut einem Jahr gastierten Agent Steel (zusammen mit Vicious Rumors) im Z7 in Pratteln (CH) und rissen mich zu wahren Begeisterungsstürmen hin! Das Amerikanische Thrash Urgestein lieferte auch in Balingen ein starken wie überzeugenden Auftritt ab. Obwohl auf der grossen BYH!!!-Bühne nicht derselbe Druck wie in einer geschlossenen Location erzeugt werden konnte, hinterliessen Songs wie «Unstoppable Force», «Ten Fists Of Nations» oder «Agents Of Steel» nichts als verbrannte Erde. Die Band wirkte abermals tight wie Anton und Sänger Bruce Hall brachte zeitweilen echt geile Screams, die mitunter an den jungen Geoff Tate (Queensrÿche) erinnerten. Und wenn wir schon bei den Vergleichen angelangt sind, bleibt nachzutragen, dass Bassist Robert Cardenas glatt als Bruder von Slayer Chief Tom Araya durchging. Das Gitarren-Doppel Bernie Versailles und Juan Garcia brachte die Saiten ordentlich zum Qualmen und bescherte dem zumindest antizipierenden Publikum ein fette Soundwand. Das fing ja gut an, will heissen dass bereits die dritte Band des Tages für das Highlight des ersten Tages ernsthaft in Frage kam. Bei angenehmen Temperaturen liess sich derweil optimal abbangen und der etwas abgedeckte Himmel sorgte letztlich dafür, dass das Bühnenlicht trotz der Mittagszeit wenigstens etwas besser zur Geltung kam. Bleibt zu hoffen, dass die Kult-Truppe nach dem letztjährigen, sackstarken Album «Alienenigma» noch eine Weile in der vorderen Liga mitmischt. (rsl)


Korpiklaani
Mit gemischten Gefühlen erwartete ich den Auftritt der Finnischen Folk-Rocker. Denn nur drei Wochen zuvor durfte ich sie am Rocksound-Festival in Huttwil bei Nieselregen auf einer kleinen Bühne erleben. Ich fragte mich deshalb, ob der Sound auch auf der grossen Bang Your Head!!!-Bühne funktionieren würde. Die Antwort lautet dabei Nein. Korpiklaani wirkten unsicher und vermissten wohl den engen Kontakt mit den Fans, welchen es für diesen Sound braucht. Vielleicht lag es aber auch an den «frühen Morgenstunden» und am Sonnenschein, dass die Finnen nicht richtig aus sich heraus kamen. Trotzdem war nun zum ersten Mal so etwas wie Partystimmung im Publikum angesagt. Dazu trugen auch die lustigen Ansagen von Sänger Jonne bei, der besoffen oder sonst irgendwie verwirrt war. Er nahm es aber mit Humor und fragte das Publikum zum Schluss, welchen Song es noch hören wolle. «Beer, Beer» wurde lautstark verlangt und natürlich auch gespielt. Dazu versuchte der Sänger über den Catwalk Becher mit Bier zu verteilen, was zweimal in Bierduschen endete und erst beim dritten Mal klappte. Korpikaani boten hier definitiv nicht ihren besten Gig, aber einen, welcher spontan wirkte und einen hohen Unterhaltungswert aufwies. (rog)


Forbidden
Wenn man sich heute die bis zu fast zwanzig Jahre alten Aufnahmen von Forbidden, zum Beispiel vom Debüt-Album «Forbidden Evil» anhört, muss man sich immer wieder fragen, warum Slayer derart erfolgreich werden konnten, während Forbidden nicht annähernd mitzuziehen vermochten. Um zehn vor eins hiess es dann in Balingen Ring Frei für guten und zünftigen Ami Thrash Metal zugleich. Forbidden stürmten die Stage und rockten das BYH!!! in Grund und Boden. Die Band schickte ihre Riffs hart und souverän in die Menge. Der Sänger war gut bei Stimme und versuchte immer wieder, leider meistens ohne grossen Erfolg, die Zuschauer zu mobilisieren. Das lag aber wohl eher an der Hitze, als an der Band, denn die rockte fett und unerbittlich nach vorne los. Das Zusammenspiel war gut und wusste durchaus zu gefallen. Das war auch kein Wunder, denn bis auf Drummer Paul Bostaph (der von Steve Jacobs vertreten wurde), standen mit Craig Locicero (g), Glen Alvelias (g), Matt Camacho (b) und Russ Anderson (v) alles Ur-Members auf der Bühne. Letzterer ist zudem in den letzten paar Jahren doch augenscheinlich fülliger geworden, was aber zum Glück nicht auf die Gesangsleistung abfärbte, im Gegenteil. (and)


Ensiferum
Am frühen Nachmittag wurde es dann Zeit für ein paar nordische Klänge. So strömte wie erwartet eher das jüngere Volk vor die Bühne, um die Herren plus die Dame von Ensiferum zu feiern. Nun, die Band scheint ja momentan fast keinen Anlass aus zu lassen und ist schon 'ne gute Weile auf Tour. Somit war dies der 4. Auftritt der Finnen, welchen ich in 6 Monaten erleben durfte. Wie es aber schien, hat die enorme Live-Aktivität auch ihre Spuren bei der Band hinterlassen, denn schon bei den ersten Klängen wirkte der Fünfer sehr abgekämpft und müde. Besonders Markus Toivonen (g/v) zog ein Gesicht, als ob er ziemlich angepisst wäre, zudem dröhnten die Vocals von Petri Lindroos (v/g) anfangs kaum hörbar aus der Anlage und der gesamte Ensiferum Sound erklang sehr «schwammig». Zwar konnte die Band mit Songs wie «One More Magic Potion», «Deathbringer From The Sky», «Athi» und «Token Of Time» das Publikum vor der Bühne begeistern, ja selbst 1-2 Crowdsurfer waren zu erblicken und gelegentlich konnte die Band dem Mob auch ein lautes «hei hei hei» entlocken, doch insgesamt verlief der Auftritt nordisch kühl. Ja selbst Bassist Sami Hinkka, der sonst immer so was wie ein Unterhaltungsgarant bei Ensiferum ist, hielt sich sehr zurück und irgendwie kam das Gefühl auf, dass Ensiferum an diesem Festival völlig fehl am Platze waren. Neben dem Pulk vor der Bühne wirkte die restliche Masse an Festivalbesuchern eher gelangweilt, was jedoch irgendwie die Stimmung der Band widerspiegelte. Als dann Petri beim Song «Iron» das berüchtigte «Tätärärää-Tätärärää» von Publikum abverlangte, war die Antwort nicht mehr als ein Flüstern im Wind. Für mich war dies mit Abstand der schlechteste Auftritt von Ensiferum, welchen ich je gesehen hatte, kein Vergleich zu Huttwil oder kürzlich in Wacken, wo die Finnen hingegen begeistern konnten. (wsh)


Rage
Kann Musik kurzweilig sein? Definitiv ja, denn was uns Rage da um die Ohren gehauen haben, war in Windeseile vorbei, obwohl die normale Spielzeit eingehalten wurde. Rage heizten das Publikum ein, obwohl es durch den Sonnenschein ohnehin schon genug heiss hatte. Bassist und Sänger Peavy Wagner, Gitarrist Viktor Smolski und Neuzugang André Hilgers am Schlagzeug waren extrem motiviert, lachten um die Wette und schmetterten Songs wie «Carved In Stone», «Going Down» oder «No Regret» in die Menge. Letzteres war insofern interessant, als dass heute keine Chöre ab Band eingesetzt wurden und Peavy auch auf sich alleine gestellt eine epische Stimmung aufbauen konnte. Zum ersten Mal an diesem Tage war der Sound nicht zu basslastig eingestellt, so dass man ohne Mühe dem Meister-Smolski lauschen konnte. Zum Schluss gab es noch das von der Tour bekannte Medley aus «Long Hard Road», «Higher Than The Sky» und «Dont You Fear The Winter». Dieses Medley konnte sogar darüber hinwegtäuschen, dass mit «Straight To Hell» der grösste Rage-Hit ausgelassen wurde. Schön, dass sich Rage mit ihren fast 20 Alben nicht nur auf ihre wichtigsten Stücke konzentrieren, sondern auch immer wieder Platz für neue und andere Songs freihalten. So macht Heavy Metal Spass! (rog)


White Lion
Die Band machte grundsätzlich alles richtig. Mike Tramp und seine neuen Mitstreiter legten gleich mit den Klassikern «Hungry», «Little Fighter» und «El Salvador» (überraschend) los und gewannen das Publikum sofort für sich. Besonders erfreulich auch die sehr druckvollen Drums wie auch die fetten Gitarren, welche die Songs sofort um einiges härter und auch richtig frisch ertönen liessen. Mike Tramp gab sich sichtlich grosse Mühe, setzte auf viel Bewegung, ja hüpfte fast wie ein junger Hase über die Bühne und versuchte fast alle seine Ansagen, zur Freude des Publikums, in gebrochenem Deutsch zu artikulieren, was dem Auftritt ab und zu einen etwas amüsanten Grundton verlieh. Für alt eingefleischte Hardrock Fans war es schon fast ein Fest der Sinne, als «Wait», «Tell Me» und «Broken Heart» erklangen. So war es auch nicht erstaunlich, dass das Publikum lauthals mitsang und die Band abfeierte. Unerwartet gut kam auch «Dream» von der neuen Scheibe «Return Of The Pride» an. Nur beim finalen «Sangre De Cristo» war deutlich zu sehen, dass das neue Material noch nicht so in den Gehörgängen der Besucher festsass. Die anwesende Masse wollte eben die alten Hits hören und diese wurden zur Freude aller knackfrisch serviert. Allerdings war die Stunde Spielzeit viel zu knapp bemessen und die Herren hätten locker noch länger rocken dürfen. So mitreissend der Gig auch war, so grauenvoll wirkte er jedoch zwischendurch. Grund dafür war wiederum der gute Mike, der insgesamt zwar eine tolle Show auf die Bretter brachte, stimmlich aber mindestens zeitweilig die Ohren folterte. Gerade bei «Wait» traf er kaum einen Ton und «All The Fallen Men» kam im Refrain absolut kraftlos daher und «Little Fighter» war echt eine Qual. Es tönte etwa so, wie ich in der Dusche singen würde, und das geht definitiv unter keine Kuhhaut! Es war sehr schade, denn die Band verrichtete zum sehr gut abgemischten Sound einen hervorragenden Job. (wms)


Great White
Es mutete bereits auf dem Papier verheissungsvoll an, dass gleich zwei absolute Genre-Grössen nacheinander ihren Auftritt absolvieren sollten. Der weisse Löwe oder was noch von ihm übrig geblieben ist, vermochten über weite Strecken auch mich zu überzeugen. Gleiches erwartete ich jetzt natürlich auch von Great White, dessen Schweizer Gastspiel im vergangenen Jahr mitunter zum Besten gehört, was meine Wenigkeit live miterleben durfte. In Balingen spielt wie wie gesagt die grosse Bühne jeweils eine entsprechende Rolle und natürlich auch die Tageszeit. Beides hinderte Jack Russell & Co. freilich nicht im Geringsten daran, eine weitere Demonstration ihrer Stärke und Authentizität abzuliefern. Gleich von Anfang an punkteten die Amis beim Publikum und es dauerte nicht lange, bis White Lion deutlich abgehängt wurden. Es rockte ohne Ende und der mit seinem zotteligen Kurzhaarschnitt ausgestattete Sänger bügelte die etwas verlebt wirkende Optik mit vorzüglichem Gesang und Ausstrahlung mehrfach wieder aus. Auch der Rest der Band liess nichts anbrennen und stand mit dieser Leistung Kollegen der Währung Thunder oder Y&T in Nichts nach. Nebst einigen Perlen der Vergangenheit, kam auch der eine oder andere Song vom neuen Album «Back To The Rhythm» zum Zug. Müssig zu erwähnen, dass die Jungs eh gut drauf waren und deshalb einen tollen Auftritt hinlegten. Guter Sound, zeitlose Songs und viel Freude an der Sache! Was will man mehr?! (rsl)


Iced Earth
Als letzte Anheizer vor der «Rockoper des Jahres» walteten die Amis von Iced Earth mit dem zurück gekehrten Matt Barlow am Mikro. Die Jungs legten einen überzeugenden Set hin, der von der Songauswahl her einen guten Querschnitt durch das Repertoire bot. Man merkte Jon Schaffer & Co. schon an, dass sie absolute Profis sind und ihr Handwerk verstehen. Die Gitarren rockten fett aus den Boxen und wurden dabei sehr tight von den Drums und dem Bass unterstützt. Bei Sänger Matt gab es vom Gesang her auch keine Klagen anzubringen, gerade seine hohen Screams gingen einem durch Mark und Bein. Leider hatte er, meiner Meinung nach, einfach zu wenig Austrahlung, was zum einen halt schon auf die fehlende Langhaar-Matte reduziert werden konnte. Ein Kahlkopf wirkt nun mal nicht gleich wie Haare bis zum Arsch runter! Zudem kam das Ganze einfach irgendwie zu kühl rüber. Die Fans feierten jedoch Songs wie «10000 Strong» oder das finale «Iced Earth» trotzdem lautstark wie begeistert ab. Zwei Tage zuvor in Huttwil kamen sie aber noch einen Tick besser rüber. (and)


Queensrÿche
1988, als der Rezensent gerade mal ein paar Monate alt war, erschütterten Queensrÿche um Ausnahmesänger und Songwriter Geoff Tate mit ihrer epischen Prog-Metaloper «Operation Mindcrime» die Rockwelt eine Scheibe, die heute noch als Meilenstein gilt. Als man 2006 dann Teil 2 der Geschichte um den psychisch kranken Killer und Helden Nikky veröffentlichte waren die Erwartungen gross, die Enttäuschung Vieler leider auch. Zu platt und uninspiriert das Material, zu mager und drucklos der Sound. Als das BYH-Team nun bekanntgab, dass Queensrÿche als Headliner des Freitags mit der kompletten Mindcrime-Inszenierung nach Balingen kommen würden, da waren zwei Dinge klar: Einerseits war ein Spektakel garantiert, andererseits würde es für die Herren aus Seattle mehr als schwierig werden, Teil 2 der Show spannend und reizvoll über die Bühne zu bringen. Doch jede Geschichte hat einen Anfang: Hinterhof-Atmosphäre beschwören die in Backsteinoptik gehaltenen Aufbauten, im Hintergrund das klassische Queensrÿche-Logo.

Nach 20 min. Verspätung richtet das Publikum gespannt seinen Blick auf die Bildschirme links und rechts neben der Bühne, auf welchen ein in 80er-Jahreoptik gehaltener Comic erscheint, dann lauter Industrial-Sound und dann: «I remember now, I remember how it started...». Die Band betritt die Bühne (Exzentriker und Saitenmalträtierer Mike Stone dieses Mal mit schwarzer Maske) und zum Start von «Revolution Calling» marschieren ca. 30 Perkussionisten auf die Bühne. Opulent mutet die Szenerie an, die einen Augenblick später von einem hyperaktiven und theatralisch gestikulierenden Geoff Tate beherrscht wird, der in Lederjacke voller Dramatik und Können singt was das Zeug hält und dabei Anti-Bush-Schilder in die Höhe hält. Das nenn ich mal einen Start! Mehr beeindruckt geniessend oder wie einige Banausen auch gelangweilt, hält sich das Publikum eher still, singt aber bei Refrains wie dem darauffolgenden Titeltrack, bei welchem Pamela Moore als Sister Mary erstmals auf die Bühne tritt (singt wie schon am Rocksound hervorragend, ganz anders damals Tate), euphorisch mit. Wie Musical-Darsteller mit Headsets ausgestatt tollen die beiden Stimmen über die Bühne, nutzen die verschiedenen Podeste aus, während die Band tight (über Stones experimentelles Gitarrenspiel kann man streiten) und mit bestem Sound das ganze kraftvoll unterlegt. «Speak», «Spreading The Disease» oder «The Mission», allesamt Übersongs, werden gekonnt in Szene gesetzt, sei es durch das Acting der singenden Charakteren (deren Stimmen zeitweise verdammt laut sind) oder durch die Screens, auf denen gekonnt Livemitschnitte, Animationen, Comics und Schriftzüge vermischt werden. «Suite Sister Mary», «The Needle Lies» (bei welchem die Drogenthematik beklemmend umgesetzt wird), «Breaking The Silence» und vor allem das emotionale «I Don't Believe In Love» rufen immer wieder Gänsehaut hervor, das Highlight des ersten Teils ist aber «Eyes Of The Strangers», das phänomenale Finale #1, bei welchem noch einmal die Perkussionisten-Truppe auf die Bühne schreitet und den immer noch quickfidelen und agilen Tate in Sachen Bombast unterstützt. Kaum ist «Operation Mindcrime» dann fertig dargeboten, so bekommt man auffallend mehr Platz vor der Bühne, denn «Operation Mindcrime II» würde schwächer ausfallen. Doch auch Kritiker müssen eingestehen: Durch Musical-Flair und filmischer Darbietung kann zwar nicht das Niveau der Songs, jedoch aber der Unterhaltungsfaktor gesteigert werden und so machen die eröffnenden Nummern «I'm American» (Persiflage auf den kaltblütigen amerikanischen Neoliberalismus), «One Foot In Hell», «Hostage» (bei welchem Tate als Nikky auf der Anklagebank sitzt) und auch «The Hands» wirken kurzweilig und tausendmal besser als auf Scheibe, nur schon wegen dem druckvolleren Sound.

Danach gerät die Show jedoch in die selbe Falle wie die ihr zu Grunde liegende Platte: Zu einfallslos, zu plätschernd das Dargebotene und zu Hörende, auch wenn das eine oder andere Mal (z.B. Bei «The Chase», dem Track, welchem Dio seine Stimme lieh und die an diesem Abend eingespielt wurde, genauso wie das runzelige Gesicht des Sangesgott) wieder das Genie Tates und der ganzen Band aufblitzt. So wird in der Folge mehr ausgeharrt, als wirklich mitgefiebert, auch wenn die ganzen schau-spielerischen Intermezzos der Geschichte mehr Identität und Charakter zu geben vermochten. Aber auf was warten? Auf die Zugaben, denn ist «Operation Mindcrime II» mit dem flachen «All The Promises» endlich mal vorbei, so geht es nicht lange, bis Geoff Tate und seine Mannen zurück auf die Bühne kommen und unter dem Jubel der noch Anwesenden noch schnell vier Klassiker auspacken: «Walk In The Shadow» von «Rage For Order», «Jet City Woman», «Empire» und «Silent Lucidity», die allesamt vom nach dem zweitletzten Song benannten Killer-Album von 1990 stammen. Als ich dann die Hitparade ausgelassen mitgröhle und Mr. Rockslave nebendran noch fleissig mit seiner Kamera auf die Bühne zoomt, werfen die Veranstalter Horst und Jagger riesige Ballons, gefüllt mit Konfetti, ins Publikum, von welchen natürlich einer genau über uns hart arbeitenden Metalfactorianer platzt. Beriselt von superbem Sound und Papierstückchen fand so eine letztlich doch starke Show ihr Ende, die jeder Queensrÿche-Fan mal gesehen haben muss und die meilenweit von dem unterirdischen Auftritt in Huttwil entfernt war. (kis)

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