Einheimischer Hardrock im Schweizer Fernsehen funktioniert! Und wie! Zumindest in der Westschweiz. Dort bietet TSR2 (Television Suisse Romande) alle zwei Wochen eidgenössischen Bands die Möglichkeit an, ein 40-minütiges Live-Konzert zu spielen, welches im Voraus aufgezeichnet wird. Bands wie Gotthard, QL, Lovebugs oder Underschool Element zählten bisher zur heiteren Schar derer, die dabei waren. Aufgezeichnet wird in einem kleinen, schmalen Studio, und damit so etwas wie Stimmung aufkommt, wird jeweils Publikum eingeladen. Als ich im Vorfeld einer Taktlos-Metal-Radiosendung entdeckte, dass die Basler Blues-Hardrocker The Force gleich einen Car organisieren, um gemeinsam in Genf abzurocken, liess ich mich nicht zweimal bitten und organisierte vier weitere Kollegen zum fröhlichen Tagesausflug. Hier der Tagesbericht:

Samstagmorgen und früh aufstehen, geht das? Es klappt! Aber auch hier gibt es keine Regel ohne Ausnahmen. Zumindest sind 4/5 unserer vorerst kleinen Reisegruppe pünktlich, die vom Südostaargau mit dem Auto nach Egerkingen fährt, wo wir zur Band stossen werden. Nur einer hat verschlafen und nach Sturmklingeln an der Haustüre, über's Festnetz-Telefon und über's Natel wird auch dieser wach. So kommen wir gerade noch knapp zur verabredeten Zeit in Egerkingen an, wo wir feststellen, dass der Reisecar gut 30 Minuten Verspätung hat. Als er ankommt und sich alle herzlich begrüssen, gibt es erst mal Kaffeepause, bevor wir gegen 12 Uhr in Richtung Genf weiterfahren. Die Fahrt verläuft fröhlich bei Bier, guter Musik und Gesprächen. Im Bus sitzen circa 25 Leute: Die Band, Freunde und Bekannte und ein paar Fans. Sie alle wollen dabei sein, wenn The Force ihren ersten Fernseh-Auftritt haben. Gegründet wurde die Band im Jahr 2002 von Schlagzeuger Hanns Haurein, Bassist Beat Schaub und Gitarrist Mark Elliot, die alle auf langjährige Musikerfahrungen, unter anderem mit Fernando von Arb, Eric Clapton, Vera Kaa oder Mani Maurer zurückgreifen können. Zuerst suchten sie eine Sängerin, um Deutsch-Rock zu machen, als sie aber keine geeignete fanden, entschieden sie sich, zu dritt Blues-Hardrock zu spielen. Vier Jahre später sitzen sie nun in einem Reisebus nach Genf. Aus dem Trio ist ein Quartett geworden, ergänzt durch Dani Glynz an der Rhythmus-Gitarre.

Als wir um 15.00 Uhr beim Fernseh-Studio in Genf ankommen, herrscht schönstes Wetter. The Force beginnen gleich mit dem Ausladen ihrer Instrumente, während der Rest der Reisegruppe 1½ Stunden Zeit hat, um die Stadt zu erkunden. Wir tun das, indem wir auf dem Trödelmarkt trödeln und dann was essen. Zurück im Studio heisst es zuerst warten. Die Aufbauten sind noch nicht bereit. Danach werden wir ins Studio geführt, wo uns eine Überraschung erwartet. Drei Genfer Rocker sind mit ihren Motorrädern gekommen und stellen ihre Strassen-Maschinen spontan als Bühnenseiten-Dekor zur Verfügung. Das Publikum wird derweil gebeten, in einem dünnen Halbkreis um die Bühne zu stehen. Wobei Bühne eigentlich das falsche Wort ist. Gerade mal das Schlagzeug ist leicht erhöht, der Rest der Band spielt auf dem blanken Boden und ist nur durch die Monitorboxen vom Publikum getrennt. Das Studio ist klein, und der grösste Platz vor der "Bühne" wird für die Kamerafahrten benötigt. Sendungsleiter Patrick Allenbach, der schon seit 1968 Musik-Sendungen macht und etwa der Dani Beck der Welschschweiz ist, erklärt uns in einem Sprachmix aus Französisch, Englisch und Deutsch, wie die Sendung aufgenommen wird. Zuerst würde die Band zwei Songs spielen, um die Aufnahme- und die Kamera-Einstellung nochmals zu prüfen. Dann nach einer kurzen Pause, würde das eigentliche Konzert aufgenommen. Was dann auch geschieht. Zum Starten der Aufnahmen werden die beiden "Dekor-Chopper" gestartet, welchen nahtlos der Eröffnungstrack folgt. Insgesamt dauert das Set 40 Minuten. Nach anfänglicher Zurückhaltung steigern sich The Force von Song zu Song immer mehr. Die Band strahlt "Coolness" aus, und Sänger Mark Elliot unterstreicht diesen Eindruck mit seiner zum Teil an Molly Hatchet erinnernden Stimme. Gespielt werden ausschliesslich Songs ihres im November 2005 erschienenen und selbstbetitelten Debüt-Albums, welches bei Haurein's Schwiegesohn V.O. Pulver (Gurd) aufgenommen wurde. Lieder wie "Stray Dogs", "Feel Alright (On A Saturday Night)" oder "Aint Talking About Love" überzeugen vor allem durch ihren rohen, ungeschliffenen Blues-Hardrock, welcher an Gruppen wie AC/DC und Konsorten erinnert. Die Band gibt Gas und bietet ein tolles Konzert, welches das Publikum zu schätzen weiss. Nur kommt durch den eher grossen Abstand zur Band, die sehr dünnen Publikumsreihen und die durch die Kameras zusätzlich verfremdete Umgebung nie wirklich Konzertstimmung auf. Eine Live-Fernsehproduktion ist, so muss ich feststellen, was ganz anderes als eine normale Aufnahme eines Konzerts. Was nicht bedeutete, dass wir die Musik weniger geniessen konnten, wie das laute Gejohle und die Zugaberufe am Ende beweisen. Diese darf aber nicht gespielt werden und somit ist der Spuck nach 40 Minuten schon vorbei. Fast! Weil wir nach einer kurzen Pause noch das Dekor für ein kurzes Bandinterview spielen dürfen. Während das Equipment zusammengeräumt wird und die Band sich umzieht, dürfen wir wieder warten, bevor wir um circa 20.00 Uhr wieder in Richtung Deutschschweiz abfahren. The Force sind zufrieden. Die Aufnahmen haben Spass gemacht und die Resonanzen waren sehr gut. Kurz bevor ich in Egerkingen wieder aussteige, sammle ich noch Unterschriften für die Metalfactory-TV-Initiative, welche (natürlich) alle unterzeichnen. Denn eines ist klar, was bei unseren Freunden aus der Romandie möglich ist, sollte auch in der Deutschschweiz realisierbar sein: Eine eigentliche Metal-Sendung im Fernsehen! Nutzen wir die Stunde und fordern jetzt: METAL im Deutschschweizer-TV! Und falls ihr mal die Möglichkeit habt, eine Band ins TSR zu begleiten, nutzt die Chance, es lohnt sich!

"The Force Live" wurde bereits am 1. August auf TSR2 ausgestrahlt. Wer diesen Auftritt, wie ich, verpasst hat, kann aber hoffen. Im November/Dezember wird das neue Album von The Force aufgenommen, welches dann im Frühjahr erscheinen wird. Wenn möglich, wird der TSR-Auftritt dann als Bonus-DVD beiliegen.