Metal Factory besucht
Shakra im Studio um ins neue Album "Mad Wold"
reinzuhören.
Während die Einen sich vom
Jurasüdfuss-Mief verabschieden wollen, geniessen die
Anderen die Stille des Emmentals und kreieren neue
Songs oder besser gesagt neue Bilder in Tönen. Das
dritte Album nach der Wiederversöhnung zwischen Shakra
und Mark Fox war in meinen Augen kein leichtes
Unterfangen. Nicht, weil sich die Herren wieder in den
Haaren lagen, sondern weil mit den Vorgängern «High
Noon» und «Snakes And Ladders» zwei verdammt gute Alben
das Licht der Welt erblickten. Es war wieder dieses
Zusammenspiel zwischen den Riffs von Thomas Muster, den
unglaublichen Leads von Thom Blunier und der Stimme von
Mark Fox, welche noch immer wie der berühmte Arsch auf
den Deckel passen. Speziell die Arbeit von Thom Blunier
sucht Seinesgleichen. Selten habe ich einen dermassen
mit einem eigenen Ton versehenen Gitarristen gehört, der
einerseits Wehmut, aber auch sehr viel positive Hoffnung
im seinem Spiel verewigt, wie der Trueber.
So sass ich an einem regnerischen und stürmischen
Sonntagabend im hauseigenen Studio von Mister Blunier
und war gespannt, wie sich «Mad World» anhören wird. Das
am 28. Februar 2020 erscheinende Werk wird zwölf Tracks
beinhalten. Dabei wird am 10. Januar das erste Video in
die Umlaufbahn geschossen, und «Too Much Is Not Enough»
als Appetithappen für die neue Scheibe präsentiert.
«Mad World» ist ein Werk geworden, das in meinen Ohren
wieder zurück zu den Wurzeln der Helvetier geht, dabei
aber die bekannten Stilelemente der letzten beiden Alben
nicht vermissen lässt. Es sind aber genau diese Parts,
wie bei «Son Of Fire», bei dem Mark mit einer verruchten
Stimme singt, als ob er eine schäbige Bar betritt, allen
den Mittelfinger zeigt und dabei frech einen Whisky
bestellt. Dieser Track könnte von Mötley Crüe oder Great
White stammen, dabei einen Querverweis zu Cinderella
(die ersten beiden Scheiben) und XYZ haben und als
grosser Stadion-Rock-Song auftrumpfen. Es sind wieder
diese Töne, die Bilder generieren, die ich bei den
letzten Alben vermisste und die dank Thom Blunier und
seiner Art Tracks zu komponieren, wieder den Weg zurück
in den Shakra-Sound gefunden haben. Oder «When He Comes
Around», das nach mehr Shakra in Shakra klingt und
dieses schon erwähnte "back to the
past"-Feeling besitzt. Diese beiden Hits werden von «When It
All Falls Down», das im Refrain an Eclipse erinnert und
«Turn The Light On» flankiert, sind als Quartett die
heraus-ragendsten Lieder auf «Mad World».
Der
Opener «Fireline» bietet alles, was man sich von einem
Eröffnungssong wünscht und geht noch dynamischer ans
Werk als «Now Or Never» vom «Rising»-Album. Das schon
angesprochene Gefühl in den solistischen Fingern findet
bei «Too Much Is Not Enough» seinen ersten Höhepunkt und
Ausklang mit einem arabischen, abendländischen Flair.
Wenn wir schon bei fremden Kulturen sind, dann punktet
«A Roll Of The Dice» mit seiner indianischen Trommel zu
Beginn des Songs. «Thousand Kings» weist einen "soften"
Solopart auf, der sich in einem furiosen Endpart entlädt.
Heroisch und mit Beats, die an «Lift U Up» erinnern, geht
«I Still Rock» ins Rennen.
Das Gute an diesem
Album ist, dass die obligate Shakra-Ballade erst am
Schluss des Albums kommt. Früher auf der Scheibe hätte
sie den "Flow" der Platte unnötig gestoppt. Was nicht
bedeuten soll, dass «New Tomorrow» ein schlechter
Slow-Track ist, aber wenn wir ehrlich sind, hätte es
keine solche Nummer gebraucht. Wenn man von einem
kleinen "Level-Schwanker" sprechen kann, dann beim
Titelsong. Andere Bands würden sich die Finger nach
einem solchen Lied lecken, aber auf «Mad World» ist es
genau diese Nummer, die ein bisschen abfällt.
Fazit: Shakra haben ein Jahrhundertalbum eingespielt,
das von mir schon jetzt 10 von 10 Punkten erhalten wird.
Dies liegt zu einem grossen Teil auch daran, dass das
Quintett mit einem unheimlichen Druck aufspielt (Dominik
Pfister und Roger Tanner) und wieder alte Tugenden in
ihren Sound integriert hat. Danke für ein
unglaubliches Werk, welches mich endlich wieder
aufhorchen lässt und die Hoffnung nicht stirbt, dass es
noch tolle, neue Scheiben gibt. Hier spielen die wahren
Helden des Rocks auf, und lassen 99 % ihrer Konkurrenten
sehr alt aussehen!
|
|