Alice Cooper ist der
grösste Rockstar!
Electric Angels, Gilby Clarke, Slash’s Snakepit,
Casablanca und speziell die Zeit mit Alice Cooper haben
den amerikanischen Gitarristen Ryan Roxie berühmt
gemacht. Sein langes Engagement bei Alice, welches 1996
bis 2006 dauerte und dann ab 2012 bis heute anhält,
gehört sicher zu den prägendsten Momenten in der
Karriere von Ryan. Vor dem Konzert, am Riverside
Festival in Aarburg, sass mir der 54-jährige Ami
gegenüber. Lässig auf der Couch im Tourbus, aber sehr
freundlich und zuvorkommend. Von Rockstarallüren keinen
Spur, auch wenn der Musiker ALLE schon unterstützte in
seiner Laufbahn.
MF: Erinnerst du dich an die
erste Probe oder das erste Bandmeeting mit Alice Cooper?
Ryan: Das erste Bandmeeting war die
Audition 1996. Alice gab mir die Möglichkeit mit ihm für
ein Jahr auf Tour zu gehen. Kein Vertrag, das einzige
Versprechen, das er mir gab (lacht). Es hat sich für
über 20 Jahre gehalten (grinst). Die Zeit mit Alice hat
vieles in meinem Leben verändert. Musikalisch,
geschäftlich und auch privat. Realistisch gesehen war
die allererste Probe ein Konzert. Das wurde dann gleich
aufgenommen und für die «Fistful Of Alice» Live-CD
verwendet. Somit… es bestand überhaupt kein Druck
(lacht). Die allererste Probe zusammen mit Alice Cooper
war auf der Bühne. Die Plattenfirma fragt mich 1996,
wieso willst du in die Cooper-Band einsteigen, wenn er
nur noch für ein paar Jahre spielen will? Diese paar
Jahre wurden zu Jahrzehnten und noch heute ist er
ständig unterwegs. Wir haben eine unglaubliche Beziehung
auf der Bühne, die von sehr viel Respekt umgeben ist. Es
gab unzählige Gitarristen die für Alice Riffs und Songs
schrieben. Ich bin glücklich ein Teil dieses Erbes zu
sein und jeden Abend diese Musik spielen zu können,
welche für viele Menschen ihr Leben mitbestimmt hat.
MF: Wieso hast du damals Alice für sechs
Jahre verlassen?
Ryan: Ich ging nach Schweden. Ich wollte schon immer in
Europa leben und meine Kinder dort aufwachsen sehen. Es
war ein sehr wichtiger Part in meinem Leben. Sie
erinnern sich nicht mehr daran, aber ich tu’s (lacht).
Die Kinder wurden grösser und ich hatte wieder die
Möglichkeit mit Alice unterwegs zu sein. Für mich war es
wichtig zu sehen, wie sie von Babys zu Kindern
aufwuchsen. Wirst du zu Eltern, verändert sich dein
Leben. Ich hatte die Unterstützung meiner Ex-Frau
(grinst), denn jeder braucht eine Art Fenster zu dem er
sich raus lehnen kann. Ich bekam wieder die Gelegenheit
mit Alice auf Tour zu gehen und so bin ich wieder ein
Mitglied geworden. Es ist mir nach wie vor eine Ehre,
das Alice Cooper Erbe in den Sonnenuntergang zu tragen.
«Fingers crossed!» Ich hoffe, ich kann dies noch lange
tun. Alles hängt von seiner Energie und seiner
Gesundheit ab.
MF: Bist du noch immer bei Casablanca
dabei?
Ryan: Sie haben drei wirklich
gute Scheiben veröffentlicht und ich bin stolz darauf,
ein Teil der beiden Ersten zu sein. Ich weiss aber
nicht, ob es die Truppe noch immer gibt. Ich habe mich
nie offiziell von den Jungs getrennt und ich denke, wenn
ich die Zeit hätte, könnte ich wieder ein Part von ihnen
sein. Aber mir fehlt die Zeit dazu, denn mein
Solo-Material und die Tourneen mit Alice verschlingen
viel Zeit. Das war auch der Grund wieso ich beim dritten
Casablanca-Album nicht dabei war. Wir hatten nie die
berühmten musikalischen Differenzen (lacht), alles ist
gut und Casablanca, wie auch die Electric Angels, werden
immer ein Teil meines Lebens sein.
MF: Du hast auch mit den beiden Guns n' Roses Mitgliedern
Gilby und Slash zusammen gespielt. War
das so einfach bei denen in die Band einzusteigen?
Ryan: Ja, war es, denn ich war immer ein
Gegenpart zu dem was sie spielten. Ich bin echt stolz
darauf mit den Beiden gespielt zu haben. Ich habe es
immer genossen von anderen Gitarristen zu lernen. Es
spielt keine Rolle ob man dabei auf dem gleichen Level
ist. Man kann sich von jedem etwas abschauen, sei es vom
Spielerischen oder Kompositorischen. Zu der Zeit, als
ich in Los Angeles lebte, herrschte ein familiäres
Verhältnis zwischen den Musikern. Ich wuchs damals in
den 1990er in dieser Szene auf. Viele Truppen tranken
aus dem Cocktail, der von den Erfolgen von Guns n' Roses
lebte. Wir hatten dank einer solchen Band die
Möglichkeit einen Vertrag beim Major-Label Atlantic zu
bekommen. Jeder kannte den anderen und der wiederum
kannte jemand aus einer anderen Gegend.
MF: Wann hast du begonnen Gitarre zu
spielen?
Ryan:
Ich war fünf Jahre alt. Erst mit elf Jahren begann ich
mich richtig für das Instrument zu interessieren. Bei
einer Party einer Schulfreundin lernte ich zum ersten
Mal andere Jungs kennen, mit denen ich Van Halen-Songs
spielte (grinst). Das war der Start dazu, dass ich
begann ernsthaft zu spielen. Wir spielten für ein paar
Biere und je mehr wir tranken, desto besser spielten wir
(lacht). Mein Dad war auch Musiker, aber meine Mam hat
mich in all den Jahren mehr unterstützt. Ich hoffe, dass
sie heute stolz auf mich sind. Ich kann nur für mich
sprechen, durch die Alben auf denen ich zu hören bin. Am
Ende des Tages versuche ich meinen Beitrag im Namen des
Rock'n'Rolls abzugeben. Ich war nie ein Shredder oder
ein Blues-Player. Ich wollte immer nur ein
Rock'n'Roll-Gitarrist sein. Spielst du ihn, hast du alles
verinnerlicht. Image ist dabei ebenso wichtig wie die
Technik. Oder auch das Feeling wenn du spielst. Du
kannst tausend von Noten innerhalb ein paar Sekunden
spielen, aber es ist wichtiger drei oder vier Noten zu
spielen, die aber richtig.
MF: In all den Bands in denen du
gespielt hast, war dies eher ein Job oder bestand da
eine richtige Freundschaft?
Ryan:
Logisch war bei allen auch eine geschäftliche Seite. Du
willst ja nicht nur zum Spass spielen, sondern auch Geld
damit verdienen. Es ist ein Job und zugleich ein Hobby
mit Leidenschaft. Ich denke, dass ich immer versuchte
die geschäftliche Seite mit der Leidenschaft zu
verbinden. Als ich mit meinen ersten Truppen startete
versuchte ich das Business aussen vor zu lassen. Aber
die Leute welche sich um diese Angelegenheiten
kümmerten, hatten einen klaren Vorsprung (lacht). Die
Freundschaft… Es gibt eine musikalische Freundschaft und
die Freundschaft. Unterschiedliche Persönlichkeiten
müssen zueinander finden und da trennt sich die eine von
der anderen Freundschaft. Das spürt man auch, wenn man
zusammen Lieder komponiert.
MF: Welches war die erfolgreichste Zeit
für dich?
Ryan: Ehm… Keine Ahnung, ich
hoffe, sie kommt noch (lacht). Es ist einfach zu sagen,
dass alles was Ende der achtziger Jahre passiert zum
erfolgreichsten gehört. Aber auch die Neunziger hatten
ihre Höhepunkte. Alles was ich damals mit Alice erlebte
war unglaublich. Aber auch der Start der Zweitausender
war für mich, alleine wegen meines Umzugs nach Europa,
eine sehr erfolgreiche Zeit. Darum denke ich, dass noch
einiges kommen wird, das für mich sehr erfolgreich sein
wird.
MF: Wie hast du dich über all die Jahre
verändert?
Ryan: Ich denke… Ich hoffe… Ich bete jeden Tag, dass
mein Ego kein Chaos in mir veranstaltet (grinst). Wir
alle kämpfen mit unserem Ego. Speziell in diesem
Business ist es nicht immer einfach sich auch mit
anderen Egos zu messen, streiten und auseinander zu
setzen. Hat man genügend Selbstvertrauen hilft dies viel
im täglichen Leben. Allerdings darf dies nicht überhand
nehmen (grinst). In unserer DNA steckt das
Entertainer-Gen. Darum wollte ich auch immer, dass sich
die Leute meine Musik anhören und sie ihnen gefällt.
MF: Wurden all deine Hoffnungen,
Erwartungen und Träume mit der Musik wahr?
Ryan: Bisher? Ja! Natürlich habe ich noch mehr Träume
und will noch einiges erreichen. Im Moment geniesse ich…
Ich realisierte, dass ich in einer komfortablen
Situation bin. Ich darf Gitarre spielen für einen der
grössten Entertainer dieser Welt. Alice Cooper! Viele
haben den Job nicht mehr und noch viel mehr möchten ihn.
Alice Cooper ist der letzte grosse Rockstar. PUNKT!
Imstande zu sein, dieses Erbe mitzutragen, macht mich
sehr glücklich. Was immer als nächstes kommt hoffe ich,
dass ich noch immer für ihn spielen kann.
MF: Sex, Drugs und Rock'n'Roll ein
Klischee?
Ryan: Oh nein (grinst). Es ist
ein Teil unserer Vergangenheit. In einer gewissen Weise
wird dies auch die Zukunft für einige neue Bands sein.
Ich schätze, dass ich das Ganze umwandeln konnte und
heute sind es «wine, woman and song» (lacht). Ob es ein
neues Alice Cooper-Album geben wird? Das hängt sehr von
Alice ab und wo er seine Energie reinstecken will. Sei
dies bei den Hollywood Vampires oder bei Alice Cooper.
MF: Danke für das Interview und
weiterhin viel Spass mit Alice und deiner Solokarriere.
Ryan: Danke dir für die Zeit, es hat Spass
gemacht.
|
|