Wenn eine der grössten Metalbands aller Zeiten abhebt
um Bühnen rund um die Welt zu rocken...
Wir befinden uns in Kolumbien und sehen einen Mann mit langen Haaren.
Sein Gesicht ist, wie jenes seiner Freundin, von Tränen überströmt. Der
Arm ist senkrecht in die Höhe gestreckt, die zur Faust geballte Hand
umschliesst den begehrten Gegenstand: ein zerschundener Drumstick von
Nicko McBrian. Er ist der Mann hinter den Kesseln von Iron Maiden, die
in dem südamerikanischen Land gerade ihre erste Show in ihrer
30-jährigen Bandgeschichte gespielt haben. Zu dem vor einem Jahr
stattgefundenen Konzert angereist waren Iron Maiden übrigens mit ihrer
ganz eigenen Boeing 757 im Design ihres 1985-Klassikers «Powerslave»,
genannt «Ed Force One». 22 Stationen standen Anfang 2008 auf dem
Reiseplan der Eisernen Jungfrauen, verteilt über den ganzen Erdball,
sodass die Briten in nur einem Monat 4 Kontinente besuchten und sageundschreibe 50'000 Meilen (ca. 80'000 km) zurücklegten. Ein solch
unmögliches Unterfangen schrieh geradezu danach, für die Nachwelt
festgehalten zu werden. Das Ergebnis hört auf den Titel «Flight 666»,
der erste Iron Maiden Kinofilm – natürlich in HD-Auflösung und Dolby
Digital.
Wer sich Steve Harris, seine Mannen und natürlich das Monster Eddie
persönlich in Überdimension reinziehen will, der hat am 21. April im
Kino Pathé Dietlikon und Pathé Küchlin in Basel Gelegenheit dazu. Metal
Factory riskierte für euch mehr als ein Auge und ein Ohr an der
Presse-Vorführung des monu-mentalen Dokumetal-Films.
Wir alle haben schon Tour-Dokumentation einer x-beliebigen Metalband
gesehen. Verwackelte Camcorder-Aufnahmen aus dem Tourbus, erschöpfte
Techniker, die in die Kameralinse stottern, ein, zwei witzige Momente –
das wars dann auch! Wenn aber Iron Maiden, die neben Metallica wohl
erfolgreichste Metalband aller Zeiten, ankündigen, eine Dokumentation
über ihre «Somewhere Back In Time»-Tour von 2008 zu machen, dann darf
man zuversichtlich sein, einiges mehr geboten zu bekommen. Natürlich
muss für ein solches Unterfangen auch ein professionelles Team her und
wer käme da dieser Tage eher in Frage als die renommierten
Metal-Doku-Macher Scot McFadyan und Sam Dunn? Mit ihren ersten beiden
Werken «Metal – A Headbanger's Journey» und dem erst eben erschienenen
«Global Metal» hat man zwei ausgezeichnete Visitenkarten in der
Hemdtasche.So startet man mit dem ganzen Tourtross früh morgens in
England und macht sich mit verschlafen wirkenden Musikern, Roadiess und
einem angespannt wirkenden Bruce Dickinson in Piloten-Uniform auf nach
Mumbai, Indien. Schnell wird klar, von was der Film lebt: Überall wo
Iron Maiden hinkommen, stehen schon Abertausende von Fans bereit und es
herrscht rund um den Globus eine Maiden-Mania, die sich der bescheiden
zurückhaltende Schweizer nicht vorstellen kann. Wenn man hautnah
miterleben
kann, welche Bedeutung ein Konzert der Eisernen Jungfrauen in
Indien, Australien oder vor allem Südamerika haben kann, dann kann man
nur noch staunen. Dabei brilliert der Film durch Abwechslung. Jedes der
Bandmitglieder inklusive Langzeitmanager Rod Smallwood kommen in
verschiedenen Interviews zur Sprache, wobei die einzelnen Musiker klar
auf eine Rolle festgelegt werden: Steve Harris, der strebsame Mastermind,
Bruce Dickinson, der Tausend-sassa, das Energiebündel, Adrian Smith, der
Musikalische, Dave Murray, die schweigsame gute Seele, Janick Gers, der
Abenteuerlustige und Nicko McBrian, der Witzbold. So kann man also
Adrian beim Einspielen zusehen, während Janick und Dave Golfen gehen,
Steve Harris den Abstecher nach L.A. Nutzt, Produzent Kevin Sherley im
Studio zur Hand zu gehen und Nicko McBrian sich nach jedem Konzert kalte
Pizza in den Rachen stopft. Was bei einer solchen Doku natürlich auch
nicht fehlen darf sind Konzertmitschnitte: Da «Flight 666» in erster
Linie ein Band- und Tourportrait sein soll, gibt es zwar keinen ganzen
Gig am Stück zu sehen, dafür fast von jeder Location einen Song, sodass
man immer wieder mal zu «Two Minutes To Midnight» im Takt bangen, bei «Number
Of The Beast» die Luftgitarre auspacken und zu «Fear Of The Dark»
mitgröhlen kann. Welchen Status Iron Maiden derweil geniessen, zeigt
sich bei ihrem Konzert in Los Angeles, wo das Who's Who des
amerikanischen Metals sich ein Stelldichein gibt: Lars Ulrich und Ronnie
James Dio dürfen da genauso wenig fehlen wie Tom Morello oder Scott Ian.
So ist «Flight 666» vor allem eines: Eine Hommage an eine Band, die seit
30 Jahren zur Spitze der Gitarrenmusik gehört. Intime, private Momente,
wie die kurze Sequenz von Steve Harris mit seinen drei Kindern oder den
kleinen Anspannungen innerhalb der Band während vor den Auftritten in
Australien finden sich zwar leider weniger, dafür jede Menge fanatischer
Fans, eine gute Prise Humor und perfekt mitgeschnittene
Live-Performances.
Wer also an diesem Dienstag noch nichts vor hat, der sollte sich
schleunigst Tickets für die beiden einzigen Kino-Vorführungen dieser
eindrücklichen Metal-Doku in der Schweiz besorgen. Ansonsten wird «Flight
666» wohl auch in absehbarer Zeit für den heimischen Bildschirm zu
erwerben sein. Denn, wie sagt man doch so schön seit 1979: «Iron
Maiden's gonna get you, no matter how far!»
Tickets gibts für
Basel unter
www.pathe.ch/basel
Dietlikon unter
www.pathe.ch/dietlikon
|
|