Interview: Unzucht
By Patricia H.
Unzucht – das ist wunderbar lyrischer und elektronischer Dark Rock aus Niedersachsen. Mit “Todsünde 8“ reichen die Deutschen nach den EPs “Engel der Vernichtung“ (2009) und “Deine Zeit läuft ab“ (2012) endlich ihr langerwartetes erstes Full-Length-Album ein, das seither ein Dauerbrenner in meiner Playlist ist.  Am Samstag, 20. Oktober 2012, kamen die unzüchtigen Jungs dann zusammen mit Mono Inc. und der Letzten Instanz nach Pratteln und rockten das Z7. In gemütlicher Runde vor ihrem Gig kamen wir dann ins Plaudern….

Metal Factory: Schön euch hier zu sehen und vor allem schön eine Schweizer Premiere hier mit euch zu feiern - Der erste Auftritt von Unzucht in der Schweiz! Ihr seid ja nun schon länger zusammen und habt gerade erst euer erstes Full-Length-Album rausgebracht: Todsünde 8. Wie seid ihr auf den Namen gekommen? Was ist denn die Todsünde 8?

Der Schulz: Naja, die 7 Todsünden sind ja schon lange definiert und einige davon finden wir auch nicht mehr so ganz zeitgemäss und da haben wir uns gedacht es ist vielleicht Zeit für eine neue Definition und eine 8. Todsünde. Wir benennen die aber nicht wirklich, weil sich jeder selber einmal darüber Gedanken machen soll, was die 8. Todsünde für ihn wäre. Die bedeutet selbst für uns für jeden etwas anderes.

MF: Ihr habt euch ja ziemlich viel Zeit gelassen mit eurem ersten Album. Ihr habt bereits zwei EPs rausgebracht, die erste 2009 die letzte kam dieses Jahr. Warum hats so lange gedauert?

Fuhrmann: Die erste CD war ja eigentlich nur ein Demo und damit haben wir uns dann gedacht wir spielen jetzt einfach schon mal möglichst viele Auftritte und lernen ein paar Leute kennen. So lange hat das denn tatsächlich gar nicht gedauert: Wir haben 2010 halt gerackelt und 2011 dann den Plattenvertrag unterschrieben. Aber bis die Platte dann fertig war und rausgekommen ist, hats halt noch ein Jahr gedauert – deswegen kommts einem so vor als wäre lange nichts passiert. Also eigentlich gings dann doch relativ fix, ich glaub da würden sich manche anderen Bands freuen wenn das so schnell gehen würde.

De Clercq: 9 Monate – eine glückliche Schwangerschaft! (lacht)

MF: Ihr seid mit vielen grossen Namen der Szene bereits auf Tour gewesen: Mono Inc., Lord of the Lost.. Gibt es denn auch Bands von denen ihr euch explizit distanzieren wollt?


Der Schulz: Also man kann ja sowieso nicht steuern mit wem man verglichen wird, denn jeder assoziiert halt was anderes damit, grade bei einer neuen Band. Also es gibt manchmal Vergleiche, das ist unfassbar! Ne Stimme wie Jethro Tull?!? Da dacht ich erst mal so: “Was?! Okay…..“ (lacht). Wir können eigentlich mit allen Vergleichen leben, ausser es geht Richtung Rechts.

Blaschke: Grade in der Newcomer-Szene ist es ganz wichtig, dass man Vergleiche darstellt. Damit Leute, die uns nicht kennen, auch wissen auf was sie sich da einlassen. Natürlich gibt’s auch Vergleiche wo wir sagen müssen: “Ach ja?! Da wären wir jetzt selbst nicht drauf gekommen…“. Aber das muss ja nicht unbedingt negativ sein.

Fuhrmann: Oft ist es einfach nur lustig wenn mans liest!

De Clercq: Ist auch immer super cool mit Bands verglichen zu werden, von denen man noch nie was gehört hat….

Fuhrmann: …Oder wenn halt definitiv auf gar keinen Fall eine Beeinflussung stattgefunden hat, wie zum Beispiel bei Stahlmann - hat ja neulich mal jemand geschrieben. Mit denen waren wir ja erst letztes Jahr auf Tour, aber das kann ja gar nicht sein – weil die Songs gabs ja schon BEVOR wir mit denen aufgetreten sind oder sie überhaupt kannten!

MF: Mittlerweile hat ja fast jede Band ihre eigene Genre-Beschreibung. Es ist schon fast Mode sich ein eigenes Genre zuzulegen. Wie würdet ihr eure Musik beschreiben, wenn ihr sie jetzt auf ein Genre runterbrechen müsstet?

Fuhrmann: Dunkle Rockmusik.

De Clercq: Boah, das ist gar nicht so einfach. Da fängt man ja grad an sich selbst in so eine Schublade zu stopfen. Unsere Musik lebt ja hauptsächlich von dieser kompletten Intensität dieser 4 Jungs, die da auf der Bühne stehen, oder im Studio sind, oder die Songs zusammenschrauben. Wir legen sehr viel Wert auf frische elektronische Sounds und versuchen da auch sehr modern zu sein. Und wir versuchen da natürlich auch im Gesangsbereich gute und eingängige Melodien zu schreiben. Eigentlich ist die ganze Kombination von dem was wir machen - Gesang, Elektronik, Schlagzeug, Bass und Gitarre – das, was es dann ausmacht. Von daher kann man die Schublade Unzucht aufmachen, uns reinstopfen und da fühlen wir uns dann zu Hause.

Blaschke: Ja, weil wir haben superviele unterschiedliche Musikeinflüsse und dann trotzdem auch einen grossen musikalischen Nenner. Aber jeder hat dann auch so seine eigenen Vorlieben – und das spiegelt sich in der Mukke halt einfach wieder. Deswegen hört man ja auch Industrial raus, aber auch ein bisschen Gotisches….Ja, Unzucht ist Unzucht ist Unzucht!

Fuhrmann: Ja, das stimmt. Aber ich kann schon auch nachvollziehen, dass Leute grade am Anfang so Kategorien brauchen. Und ob man dann tatsächlich so einen eigenen Stil für sich definieren kann wird sich dann wohl im Laufe der Jahre zeigen. Da muss man erst halt rackeln und ein wenig Substanz beweisen und dann nach ein paar Platten akzeptieren die Leute das dann vielleicht, bei der ersten Platte halt klar noch nicht.

De Clercq: Stell uns in ein paar Jahren nochmal die gleiche Frage! (lacht)

MF: Werd ich tun! Also was ich speziell finde an eurer Musik – ihr habt immer grossartige Texte. Das muss jetzt einfach mal gesagt werden! Habt ihr denn einen Text oder Song der euch besonders nahe geht, oder euch viel bedeutet?

De Clercq: Da hatten wir grade gestern ein besonderes Erlebnis auf der Bühne, aber ich denke da sollte der Schulz was zu sagen.

Der Schulz: Ja. Gerade ist ein richtig guter Freund und Mitmusiker bei meinem Soloprojekt gestorben und wurde gestern beigesetzt…Und ja, es gibt unglaublich viele Texte von uns, die auf dieses Thema eingehen: und zwar zu leben! Zu leben, dem Tod ins Gesicht zu sehen und zu wissen: “Fuck, nutz deine Zeit hier!“ Und gestern haben wir halt “Der letzte Tanz“ dem Hagen gewidmet, und da sind halt viele Textelemente drin, die ich bereits bei früheren Gelegenheiten als Gedicht geschrieben habe, wo auch Freunde gestorben sind. Das ist natürlich unglaublich bewegend und erhebend. Es gibt noch einen anderen Song der auch aus zwei Gedichten entstanden ist. Als ich nämlich das letzte Mal hier war mit einer Band, als Support von Subway to Sally, bin ich krank geworden und 6 Konzerte konnten wir nicht spielen. Aus dem Frust heraus, total krank zu Hause rumzuhängen, hab ich dann diese 2 Gedichte geschrieben und aus denen ist dann der Song “Während wir uns Verlieren“ entstanden. Den Song hat sich Eric Fish ausgesucht, um auf unserer Online-Single ein Duett mit mir zu singen und das ist natürlich ein unglaublicher Kreis der sich da schliesst. Das sind so zwei der Songs, die sehr nahe gehen. Aber es sind alles sehr persönliche Texte, die teilweise aber auch wirklich von uns allen kommen. Wir sitzen dann um einen Tisch herum, so wie jetzt hier, und hauen einfach alles in den Pool was wir so an Phrasen und Gedichten haben und schreiben es zusammen. So ist auch “Fleisch“ entstanden, wo wir einfach nachts so lange krasse Phrasen ausgedacht haben und ich immer geschrieben habe, bis es einfach nicht mehr ging – die Sonne ging auf und wir konnten nicht mehr. Am nächsten Tag haben wir dann in mein Buch geguckt und von den letzten 4 Zeilen haben wir bis heute keine Ahnung was wir uns da geniales ausgedacht hatten, denn keiner konnte sich erinnern und ich konnte meine eigene Schrift nicht mehr lesen….Das lag wohl am Hansen Rum! (lacht)

MF: Habt ihr noch ein paar letzte Worte für unsere Leser?

Blaschke: Besucht uns doch auf unseren Social Networks – einfach Unzucht eingeben, dann findet ihr uns!

Der Schulz: Wir sind inzwischen auch vor diesen ganzen “Wir ficken mit Tieren“-Seiten und so…(lacht)