Interview: Subway To Sally
By Kissi
«Wir geh'n auf schmalem Grat, folgen keinem Pfad, wir steigen immer weiter auf», singen Subway To Sally in «Aufwärts», dem Opener ihrer am 27. März erscheinenden zehnten Scheibe «Kreuzfeuer» und so könnte man auch die Bandgeschichte zusammenfassen. Seit bald einmal 20 Jahren nämlich seit, ihrem ersten grossen Release «» führt der Weg des Sextetts stetig steil bergauf. Nach Klassikern des Mittelalter-Rocks wie etwa «Hochzeit» oder «Herzblut» konnte man mit den letzten beiden Langeisen «Nord Nord Ost» und «Bastard» bis in die TopTen der deutschen Albumcharts vorstossen und vor gut einem Jahr erreiften sich die Spielleute aus Berlin den ersten Platz bei Stephan Raab's «Bundesvision Songcontest», was dem Sechser auch Beachtung ausserhalb der hart rockenden Zunft einbrachte. Nach ein paar technischen Problemen gelang es dann auch Metal Factory, bei Lyriker und Gitarrist Michael Boden, besser bekannt als Bodenski (B) durchzuklingeln, um mit dem poetischen Blondschopf natürlich über das noch taufrische «Kreuzfeuer», die anstehende Tour, Literatur und – im wahrsten Sinne des Wortes – über Gott und die Welt zu plaudern.

MF: Hi Bodenski! Entschuldige die technischen Probleme, ich konnte dich noch hören, aber du mich anscheinend nicht mehr.


B: Kein Problem!

MF: Die obligatorische Höflichkeitsfrage: Wie geht's?

B: Jetzt sind wir doch wieder ziemlich gut drauf, nachdem wir gegen Jahresende doch recht in den Seile gehangen sind. Nun sind einige Arbeiten zu erledigen, die doch recht Spass machen und es beginnen ja schon langsam die Tourvorbereitungen für uns, was doch recht euphorisch und zuversichtlich macht. Wir haben echt Lust, bald wieder auf Bühnen zu stehen.

MF: Was muss den so kurz vor dem Release eurer neuen Platte «Kreuzfeuer» noch so alles getan werden?

B: Für uns von der Band ist natürlich das, was ich hier jetzt gerade mit euch mache angesagt: Promotion. Das sind ja dutzende von Interviews. Dann gibt es auch noch so Photo-Zeugs, wenn wir zum Beispiel auf einem Titelblatt sind, da muss abgesegnet werden, Material hin und her geschickt werden. Unser Hauptaugenmerk liegt jetzt aber schon auf der anstehenden Tour: So beschäftigen wir uns gerade mit Merchandising-Ideen, Design-Sachen für T-Shirts, Poster usw. Und dann sind wir auch schon wieder am Proben und sprechen mit unserer Crew all die Dinge ab, die vor Tourstart halt feststehen müssen. Was optisch umgesetzt werden soll, wie genau die Bühne aussehen soll etc.

MF: Was können die Fans denn von der nächsten STS-Tour erwarten?

B: Na... Wir haben uns auch dieses Jahr wieder sehr schwer getan, eine Setlist zusammenstellen. Das wird ja auch nicht leichter, mit 10 Scheiben. Von «Kreuzfeuer» werden wir natürlich ziemlich viele Songs spielen, sicherlich aber nicht das komplette Album, da wir uns ein paar Nummern auch noch für später aufsparen wollen. Um das aktuelle Material herum haben wir natürlich unser Best-Of-Programm gescharrt, sodass wohl jeder Fan mehr oder weniger glücklich sein wird. Dann wollen wir auch mit dem Licht ein paar neue Sachen ausprobieren, wobei ich dazu nicht allzu viel verraten möchte, der Überraschungseffekt sollte ja auch nicht völlig abhanden kommen. Die Technik ändert sich ja immer und da hat man immer wieder neue Möglichkeiten. Ansonsten soll aber wie bis anhin die Musik im Mittelpunkt stehen und deswegen müssen wir da noch ein wenig Zeit im Übungsraum verbringen.

MF: Sprechen wir über eure neue Scheibe «Kreuzfeuer», genauer zuerst über den Titel. Bei unsrem letzten Gespräch 2007 hast du gesagt, dass der Albumtitel bei euch nicht von irgendwo herkommt sondern schon immer eine Bedeutung hat. Was hat es mit dem neuen Titel auf sich?

B: Ja, wir sind uns ja schon bewusst, dass das unser 10. Album ist, vielleicht nicht gerade eine Jubiläumssache, aber doch eine runde Zahl. Das verleitet dann schon dazu, etwas zurückzuschauen und «Kreuzfeuer» zeigt schon etwas das Traditionsbewusstsein an, welches bei uns doch vorhanden ist. Viele Fans sagen zwar, dass wir immer wieder neue Wege einschlagen würden und uns verändern, aber wenn man die Sache so etwas überblickt, dann sieht man schon eine gewisse Kontingenz und Konsequenz und diesen roten Faden soll «Kreuzfeuer» etwas hervorheben. Wir haben Alben gemacht, die hiessen «Bannkreis», «Herzblut» oder «Hochzeit» und in dieser Tradition steht zuerst einmal «Kreuzfeuer». Und von der Wortbedeutung her kann man da ja mehreres rein interpretieren. Die eigentliche Bedeutung ist ja die, zwischen zwei Fronten ins Feuer zu geraten und das wiederspiegelt in etwa das Gefühl, welches das letzte Jahr über in der Band herrschte. Nicht in erster Linie im negativen Sinne, sondern weil wir einfach viel erlebt haben und ganz viele Dinge von überall her auf uns eingestürzt sind. Da war der ganze Erfolg...

MF: ... am Anfang des Jahres mit eurem Auftritt beim Bundesvision Songcontest...

B: Nicht nur das, sondern das ganze Jahr über. Die anschliessenden Touren, der Festival-Sommer, der sehr erfolgreich aber auch sehr anstrengend war, da wir ziemlich weit gefahren sind. Parallel zu diesen Festivals haben wir uns aber auch immer wieder unter der Woche getroffen und zusammen Musik gemacht, gejammt, geprobt und an neuen Ideen gearbeitet. Irgendwann hatte man dann wirklich das Gefühl, man stehe im Kreuzfeuer, der Erwartungen der Öffentlichkeit, aber auch durch sich selber, den eigenen Anspruch weiterzukommen etc. An sich für uns ein positiver Begriff, weil er eben auch zeigt, dass man auch streitbar ist und dass vieles passiert mit Subway To Sally, dass es Fortschritt gibt. Das steckt da alles drin.

MF: In was siehst du die Innovation auf «Kreuzfeuer», etwas, dass die neue Scheibe zum Beispiel von den beiden Vorgängern unterscheidet?

B: «Kreuzfeuer» ist, weil du gerade die beiden Letzten angesprochen hast, die Zusammenfassung des Beste von «Nord Nord Ost» und «Bastard». Die beiden Platten sind ja sehr unterschiedlich und von beiden ist nun das Beste von uns über einen Kamm gestrichen worden. Wir haben ja mit einem neuen Produzenten, Fabio Trentini, zusammengearbeitet, den wir während den Arbeiten zu «Bastard» kennengelernt hatten. «Nord Nord Ost» war, wenn du dich erinnerst, fast eine Art Konzeptalbum, eine Seelenwanderung und wurde sehr stark durch unseren Gitarristen Ingo Hampf geprägt, was auch eine gewollte Sache war. Bei «Bastard» war die Entstehungsgeschichte ganz anders. Da ist das ganze Material in gemeinsamen Jammen und Experimentieren entstanden. Sogar im Studio haben wir noch letzte Hand an die Songstrukturen gelegt. Dieses Bandfeeling haben wir dann rübertransportiert auf «Kreuzfeuer». Dazu hat jeder schon vorher zuhause alleine daran gearbeitet, sodass wir dann im Herbst massig Material zusammenhatten und Ingo als unser Mastermind genügend Zeit, die Dinge zu ordnen und in Form zu giessen. Somit Vielseitigkeit und Fokussiertheit, beides in einem. Dass diese Kombination so gut gelang, ist sicherlich auch der Verdienst von unserem neuen Produzenten.

MF: «Wir gehen auf schmalem Grat, wir folgen keinem Pfad», dichtest du im Refrain des ersten Songs «Aufstieg». Ist das deine Poetisierung der Gefahr des Erfolgs?

B: Ich hatte solche Ideen beim Texten dieses Songs im Kopf, aber ich denke, dass da was rausgekommen ist, was nicht eins zu eins auf die Band zu übertragen ist. Es hat allgemeinere Dimensionen angenommen und spricht eher die ganze Menschheit, den Zeitgeist an, wo der Wachstum das Grösste ist. Schneller, Höher, Weiter – diese Sucht der Gesellschaft, immer mehr zu haben, was jüngst in der Finanzkrise gipfelte.

MF: Als wir das letzte Mal zusammen gesprochen haben, hast du geheimniskrämerisch von einer anstehenden Sache im Fernsehen gemunkelt. Einige Monate später stellte sich dies als Auftritt bei Stefan Raab's Bundesvision Songcontests heraus, den ihr phänomenal gewonnen habt. Habt ihr danach irgendwelche Veränderungen gespürt?

B: Also... Unsere Erwartungen gegenüber dieser Sache waren zu Beginn sehr, sehr niedrig. Das war auch gut so, denn wir machen ja schon ein ganzes Weilchen Musik zusammen und kennen ja auch die Medienwelt in Deutschland langsam ziemlich gut. Unterm Strich hat sich dann nicht so viel verändert. Es gab darauf kurz einen Sturm im Wasserglas, vor allem in der Presse, wo dann auch mal Zeitungen und Magazine um ein Interview baten, die sich sonst nicht wirklich für uns interessiert hatten. Inzwischen ist aber alles wieder zum Alltag zurückgekehrt. Wir schauen jetzt aber erst mal, mit «Kreuzfeuer» kommt ja die erste Studioveröffentlichung nach dieser Sache raus. Was ich mir vorstellen kann ist, dass die Akzeptanz für uns in der Breite vielleicht etwas mehr gewachsen ist. Der Name Subway To Sally war für Journalisten und Redakteure von Medien, die sich nicht, wie ihr, wirklich mit der Materie beschäftigen, vorher vielleicht ein Name unter vielen und bringt nun möglicherweise etwas zum Klingen. Aber das wird die Zeit zeigen und wirklich wichtig ist das für uns nicht. Unsre Fans standen vorher hinter uns und sind es auch jetzt noch, egal was die Medien so denken.

MF: Am Ende von «Kreuzfeuer» steht die Nummer «Vater». Darin behandelst du, wie schon in Songs wie «Falscher Heiland» oder «Engelskrieger», das Thema Religion. Du kritisierst aber nicht die Religionen an sich, sondern vielmehr die Einstellung, mit welcher die Menschen sie betreiben.

B: Genau! Es geht vielmehr um die Frage, wie man damit umgeht. Ob man zum Beispiel ein Gebet versteht als einen Wunschzettel. Ob Gott als etwas oder jemand begriffen wird, der dazu da ist Dinge zu geben und dass man selber eigentlich gar nichts dafür tun muss. Dass man sagt, man kann so bleiben wie man ist, sinnlich sein, fehlerhaft, und man muss sich nicht anstrengen im Leben, denn wenn man nur richtig mit seinem Gott spricht, dann wird einem vergeben. Es ist ein Infragestellen dieses Konzeptes. Das richtet sich im Grunde nicht gegen den Gläubigen, sondern am Anfang der Songentstehung stand die Beobachtung, dass es eine sehr breite Schicht von Menschen gibt, die immer dann über Gott oder über Religion nachdenken, wenn es gerade oportun ist. Die im besten Fall einmal im Jahr, an Weihnachten, in die Kirche gehen. Und wenn das also alles, auf das sich die Religion bezieht, wenn sich darauf Christsein reduziert – das betrifft jetzt nicht nur Christen aber wir bleiben mal in unserem Kulturkreis – dann ist das für uns eben auch ein wenig eine Farce. Durch den Pathos, in welchem dieses Lied aber vorgetragen wird, soll sich aber auch eine gewisse Ironie zeigen, mit welcher wir dieses Thema angehen wollten. Ironie ist aber so eine Sache, die leider nicht immer von allen verstanden wird.

MF: Mit der aktuellen Katholizismus-Debatte hat der ganze Text eine unerwartete Aktualität bekommen...

B: Unerwartet, ja... wirklich unerwartet! Man muss immer auch bedenken, dass in dem Moment, in welchem ein Song fertig auf Scheibe veröffentlicht wird, die Entstehungszeit des Textes meistens einige Monate oder noch länger her ist...

MF: In einem anderen Song auf «Kreuzfeuer», «Komm In Meinen Schlaf», lässt ihr Eric ein Duett mit einer weiblichen Stimme singen. Wie kam diese Idee zustande. Duette ist man sich von euch ja nicht wirklich gewohnt.

B: Wir hatten eigentlich gar nicht vor, ein Duett zu schreiben. Ich hatte den Text skizziert und vom Ansatz her wäre das einfach ein Liebeslied unter vielen gewesen, wie ich zugeben muss. Eric (Fisch, STS-Sänger – Anm.d.Verf.) kam dann mit der Idee an, diesen Text zu teilen, ihn zu Beginn als Wunsch zu formulieren, sehnsuchtsvoll, und dann die Sache umzudrehen. Dass Wünsche, wenn sie in Erfüllung gehen, letzten Endes nicht das bieten, was man erwartet hat. Das nicht immer alles gut kommt. Die nächste Idee war dann eben, dass man zu Beginn eine Mädchenstimme hätte, die sich den weissen Ritter auf seinem Pferde herbeiwünscht, dann aber Eric als Wüstling bekommt. Das liess sich eben musikalisch ganz schön umsetzten, etwas, das wir noch nie gemacht hatten. So konnten wir diese Differenz von zart und unschuldig zu brachial und brutal viel stärker vertonen. Dann haben wir uns die Stimme dafür gesucht und in Rea gefunden, die Sängerin der Band Eisblumen. Das war irgendwie logisch, da die ja auch den gleichnamigen Song von uns covern. Ich weiss nicht, ob das schon bei euch in der Schweiz angekommen ist, aber in Deutschland haben sie auf jeden Fall schon ziemlich viele, meist positive Reaktionen erhalten. Rea ist Anfang 20 und klingt deswegen noch ziemlich jung und kindlich, was perfekt passte.

MF: Du betonst in deinen Texten oft die dunkle, triebhafte Seite des Menschen. Findest du, es ist Not am Mann in dieser Beziehung, dass diese natürliche Seite des Menschen in der Gesellschaft zu stark ignoriert, unterdrückt oder auch kriminalisiert wird?

B: Dass es diese Dinge gibt? Unterdrückt irgendwie ja nicht von der Gesellschaft, denn die Medienwelt, die Filme, die wir sehen, sind ja voll von Sex und Gewalt. Interessant ist doch, dass wir Menschen selber in unseren eigenen Leben diese Triebe immer zu kontrollieren versuchen. Also nicht die Gesellschaft, sondern jeder einzelne von uns. Tragisch daran ist doch, dass gerade durch das Unterdrücken der Triebe oftmals wieder grosses Leid entsteht. Die müssen irgendwann ja wieder raus und entladen sich dann eben in dutzendfacher Steigerung. Hier kommen wir eigentlich zur Kernidee, die vielen Songs auf dem Album zugrunde liegt: Menschen neigen oft dazu, das Gute, was sie um sich herum haben und aufgebaut haben, immer wieder zerstören. Menschen haben ein Talent zu Zerstören, nicht nur Häuser oder andere Menschen, sondern auch Gefühle und sich selbst. Ich denke, dass das oftmals etwas damit zu tun hat, dass man sich selber gewisse Parameter setzt, in denen man sich bewegt, Grenzen, die man selber nicht zu überschreiten wagt weil man sich immer fragt, was wohl die anderen von einem denken würden. Wenn du jetzt zum Beispiel «Besser Du Rennst» nimmst, dann ist das eben genau die Aufforderung dazu, ein solches falsches Leben, dass sich einer aufgebaut hat, hinter sich zu lassen, wegzurennen und neu anzufangen.

MF: In «Besser Du Rennst» wird das ''Du'' ja dazu aufgefordert, wegzulaufen. Gibt es Situationen, in denen man nicht mehr kämpfen kann, in denen man einfach fliehen und sozusagen ein Feigling sein muss?

B: Natürlich muss man sich den Dingen stellen, aber in dem Fall muss man sich eine Situation vorstellen, in welcher einfach nichts mehr zu machen ist. Die angesprochene Figur muss ihr altes Leben hinter sich lassen, um ein neues anzufangen. Wir drehen uns ja auch oft im Kreis und kommen nicht mehr weiter. Dann muss man ausbrechen und einen neuen Weg einschlagen. Also würde ich nicht ''fliehen'' sagen, sondern vielmehr ''ausbrechen''. Ich hab beim Texten halt manchmal ganz konkrete Geschichten im Kopf, von Menschen, die ich persönlich kenne. Leute, die Dinge durchmachen und wo man sie am liebsten am Schlawittchen nehmen möchte, sie wachrütteln will und ihnen sagen: ''Schau mal! So geht das nicht weiter. Wenn du so weitermachst, wirst du immer unglücklich bleiben. Besser du rennst!'' In Bewegung bleiben, so würde ich es verstehen, weniger sich den Dingen nicht stellen. Ein Song kann ja auch immer nur ein Aspekt eines Themas beschreiben und im Laufe der Zeit kommen Themen ja auch immer wieder. Und wenn man, wie ich, über 100 Texte geschrieben hat, so versucht man eben auch, gewisse Themen mal umzudrehen, die Ansichtsweise zu verändern. So hab ich das zum Beispiel auch bei «Judaskuss» gemacht. Die altbekannte Geschichte auf eine trotzige Weise zu erzählen mit dem Grundtenor: ''Na komm schon! Mach doch, das ist deine Bestimmung!''

MF: Seit Dezember erstrahlt deine persönliche Homepage www.bodenski.de in neuem Layout und du schreibst jetzt auch mehr. So findet man zum Beispiel Tagebuchartiges oder Buchrezensionen. Wird der Musiker und Lyriker Bodenski nun zum Blogger?

B: Nein, nein... Einerseits wär mir das zu anstrengend und andererseits will ich die Welt auch nicht zumüllen mit Belanglosigkeiten. Ich hab mir aber überlegt, dass es ganz interessant sein könnte, dass ich Dinge, die ich wirklich interessant und wichtig finde, dort zu veröffentlichten und ich mich nicht nur auf News, wenn es denn mal welche gibt, beschränke. Nicht nur ''Jetzt bin ich auf Tour'' oder ''Die Aufnahmen laufen gut'' sondern auch Dinge, die darüber hinausgehen. Und da ich gerade am Lesen und am Schreiben sehr interessiert bin und mir diese Dinge auch wichtig sind, liegt darauf auch ein wenig der Schwerpunkt der Seite. Was mir auch wichtig war und ist, wobei es da auch Grenzen gibt, die ich noch am abstecken bin: Ich möchte den Leuten zeigen, wer ich denn eigentlich so wirklich bin. Jahrelang diese Kunstfigur Bodenski. Da haben die Leute halt verschiedene Dinge reininterpretiert, was sicherlich auch mit den Texten zusammenhängt. Da möchte ich ein wenig Normalität zeigen. Ich bin eigentlich ein ganz glücklicher Mensch, der eine wunderbare Familie um sich geschart hat. Genau das möchte ich ein wenig zeigen. Dass man sich nicht einen düsteren Menschen vorstellt, der mit blutgetränkter Feder auf dem Friedhof sitzt und böse Texte schreibt. Diesen Klischees die Wirklichkeit gegenüber stellen.

MF: Du bietest auf deiner Homepage auch Schreibhilfe und Coaching an. Erzähl doch bitte etwas darüber.

B: Eigentlich war es so, dass ich dort ganz professionell anbiete, mit Leuten zusammen zu arbeiten. Mit Produzenten oder anderen Bands zum Beispiel. Mit ihnen zum Beispiel zusammen an Texten zu arbeiten, da das sehr hilfreich sein kann. Jemand Aussenstehendem die Texte vorzulegen, der die liest, kann eine grosse Hilfe sein, da sie einen ganz anderen Blick haben, der Stolpersteine besser erkennen kann, die sonst übersehen werden und damit meine ich nicht nur die Rechtschreibung. Dann habe ich aber über die Jahre die Erfahrung gemacht, dass gerade viele junge Menschen schreiben. Jeder hat da ja mal so eine Phase, wenn Teenager zum Beispiel Liebeskummer haben. Es gibt aber auch Menschen, die dann mehr draus machen wollen und ich wurde dann immer mehr gefragt, ob ich mir dieses oder jenes mal anschauen könnte. Das fing dann irgendwann aber an überzulaufen und dann hab ich mich entschieden, das mit einem kleinen Honorar zu koppeln. Nicht, weil ich mich daran bereichern will, sondern damit sich die Leute auch Gedanken machen, ob sie das wirklich wollen. Seither läuft das ganz angenehm. Pro Woche bekomme ich zwei, drei Sachen zugeschickt, für die ich dann auch genug Zeit habe. Ich denke auch, dass das Honorar berechtigt ist, da ich ja doch schon einige Erfahrung habe und vorher ja auch Germanistik studiert habe.

MF: Hast du dabei schon ein neues grosses Talent entdeckt?

B: Ganz ehrlich? Das ist leider noch nicht geschehen. Die meisten stecken dabei wirklich noch in den Kinderschuhen. Die meisten beginnen damit, Tagebucheinträge in Versform zu verfassen und ich denke, dass, wenn man wirklich gut schreiben will, man sich vom Persönlichen lösen sollte. Ein Stück Lyrik muss auch für die Allgemeinheit funktionieren und sollte alle oder viele irgendwie erreichen können und nicht nur den Verfasser selbst. Man muss abstrahieren können.

MF: Ist es das, was für dich einen guten Text ausmacht?

B: Ein guter Text muss den Adressaten – ich sag das jetzt mal so, denn es kann ein Hörer sein oder ein Leser – berühren können, an irgendeinem Punkt. Das ist das A und O.

MF: Schlagen wir wieder die Brücke zu Subway To Sally. 10 Liedtexte von euch haben nämlich als Vorlage gedient für ein Comicbuch, in welchem verschiedene Zeichner daraus Stories illustriert haben. Wie kam das zustande?

B: Das ist eine ganz tolle Sache, denn das erlebt man ganz selten, wenn man in einer Band arbeitet. Man hat ja mit vielen Leuten zu tun, mit Graphikern, die die Covers etc. gestalten, mit Produzenten die den Sound zurechtbiegen und mit Promotern, die die Interviews einrenken. Diese Leute muss man aber immer irgendwie kontrollieren, schauen, dass alles in die richtige Richtung geht. Man ist im Zentrum der Dinge. Die Leute vom «Schwarzen Turm», also die Verlagsleute des Buches, hatten aber einfach eine supertolle Idee. Ich war da ganz offen, konnte mir aber nicht wirklich etwas darunter vorstellen. Im Verlaufe des Projektes bin ich dann aber so überrascht worden von der Kreativität und dem künstlerischen Niveau der Werke. Ich musste dazu ja nicht mehr viel beitragen, da die Texte ja schon geschrieben waren und so lief das ziemlich ohne mich ab. Als es dann fertig war, da war ich so platt von der Qualität des Ganzen. Das sind etwa 20 Zeichner und Zeichnerinnen, bis auf einen Jungen glaube ich alles Mädchen und dazu noch ziemlich jung. Es haute mich um, was die so alles draufhaben, was diese Kunstgattung Manga so alles ausdrücken kann, das überraschte mich, da ich mich vorher nie damit beschäftigte. Auf der Leipziger Buchmesse vor ziemlich genau einem Jahr erblickte dieses Buch dann das Licht der Welt und ich war verdammt stolz darauf, vor allem auf die Mädels, die wirklich eine super Arbeit abgeliefert hatten. Die haben sich auch selbst sehr gefreut.

MF: Alle die jetzt Lust darauf bekommen haben werden sicherlich bei eurem Konzert die Gelegenheit haben, es zu kaufen.

B: Ich weiss nicht genau. Wir hatten es auf der letzten Tour im Herbst mit dabei, aber ich denke schon, dass es auch diesmal wieder erwerbbar sein wird. Ansonsten findet man es sicher auch im regulären Comic-Buchhandel oder bei Amazon oder so.

MF: Du hast wieder eure anstehende Tour erwähnt. Werden wiederum die Klarinetten-Punker von Coppelius, wie du sie selbst einmal bezeichnet hast, wie auf den letzten beiden Headliner-Tourneen mit von der Partie sein?

B: Leider nein. Die Herren von Coppelius sind in Transilvanien und müssen dort eine komplizierte Kur über sich ergehen lassen. Nein, Coppelius haben selber Verpflichtungen und werden um diese Zeit, so viel ich weiss, im Studio sein. Wir haben eine Gothic-Rock-Kapelle namens Mono Inc. dafür verpflichten können. Das wird aber zumindest für uns auch cool, da es ganz nette Leute sind, was auf Tour doch wichtig ist, gerade da es diesmal ja etwas länger gehen wird.

MF: Ihr habt an verschiedener Stelle angekündigt, dass ihr nach dieser Tour und einigen Festival-Auftritten eine Pause einlegen werdet. Müssen eure Fans jetzt Angst haben, dass ihr für längere Zeit von der Bildfläche verschwindet?

B: Nein, nein! Mit dieser Ankündigung haben wir wohl doch einige Verunsicherung ausgelöst, aber es gibt überhaupt keinen Grund dafür, sich da Sorgen zu machen, denn das Gegenteil ist eigentlich der Fall. Wir haben jetzt wirklich drei Jahre auf der Überholspur gelebt und wollen jetzt nach der Tour, abgesehen von einigen wirklich ausgewählten Festivals, uns menschlich etwas zu pflegen. Wir haben nicht vor, uns da alle irgendwie auf die Karibik oder sonst wohin zu verziehen und am Strand zu liegen, sondern die Band als Gruppe von Menschen etwas zu regenerieren. Wir haben ja das grosse Glück, dass wir unser Hobby zum Beruf machen konnten, was ein wunderbarer Glücksfall war. Jetzt sind wir aber an einen Punkt gestossen, an welchem wir unseren Beruf wieder zu einem Hobby machen müssen. Dazu müssen wir uns ein wenig Zeit nehmen. Wir wollen darüber nachdenken, wie es weitergeht, welche Projekte in welchem Zeitrahmen wir anpacken wollen. Alles, was wir in den letzten Jahren erreicht haben und der Erfolg, der Schritt für Schritt gewachsen ist, der hat uns gezeigt, wie kostbar das alles, was wir uns aufgebaut haben, ist. Wir wollen nicht verschwinden, sondern im Gegenteil: Wir wollen die Sache noch eine Weile machen und dazu müssen wir uns die Zeit nehmen, uns als Band mit uns selber zu beschäftigen. Wir werden auch ganz normal proben, aber auch auftanken. Wir können uns im Herbst auch nicht einfach wieder hinsetzen und neue Songs schreiben, die müssen ja auch von irgendwo herkommen.

MF: Was wird dich dann neben dem Proben noch so beschäftigen?

B: Ich denke, ich werde viel schreiben. Ich werde versuchen, ganz viel, auch für kommende Dinge, von mir hinzulegen. Ich hab ja schon mal dieses Lyrik-Bändchen «inniglich» veröffentlicht und meine Traum wäre, in nicht allzu langer Zeit ein Nachfolge-Werk nachzuschiessen. Das ist ja auch schon ein paar Jahre her und dieses Mal möchte ich nicht, dass die Hälfte des Inhalts aus Subway-Texten besteht, die man ja kennt, sondern aus komplett neuem Material. Es ist immer gut, wenn man auf ein Ziel hinarbeitet, das einen auch fordert und an dem man sich messen kann. Mit Schreiben und Lesen bin ich dann schon mal über Monate beschäftigt. Ich werde mich also nicht wirklich langweilen.

MF: Den grossen Roman von Bodenski können wir also nicht erwarten?

B: Leider ist es mir nicht gegeben, Texte zu schreiben, die länger als fünf Seiten sind. Das einzige lange Buch, welches ich vielleicht in meinem Leben noch schreiben werde ist die grosse Bandbiographie von Subway To Sally.

MF: Da hoffen wir aber, dass deren Ende noch ein Weilchen auf sich warten lässt. Kommen wir zur letzten Frage, die ich in jedem Interview stelle und die ich dir auch schon das letzte Mal gestellt habe. Mal schauen, ob du wieder die gleiche Antwort geben wirst. Wo werden du und/oder Subway To Sally in 10 Jahren stehen?

B: Auf der Bühne!

MF: Genau die selbe Antwort wie letztes Mal! Ich danke für das ausführliche Interview!

B: Hat mir Freude gemacht und das mit den technischen Problemen ist kein Thema. Sehen wir uns im April, am 22., dann in Zürich im... wo werden wir spielen?

MF: Im Palais X-Tra, wie das letzte Mal!

B: Aber dann wird es dieses Mal hoffentlich aber richtig voll!

MF: Hoffentlich. Ist aber ein wenig blöd, da Schandmaul am selben Tag in Bern spielen wird und ihr habt ja ein ziemlich ähnliches Publikum. Aber die spielen am Tag zuvor schon in Zürich.

B: Oh, das ist blöd! Ich glaube, ich habe davon schon gehört. Es gab da einen kleinen Planungsunfall. Es geht ja bei uns überhaupt nicht darum, einander das Publikum streitig zu machen. Wir kennen uns ja alle gut und versuchen sowas zu vermeiden. Es geht ja darum, es den Fans, die beide Bands sehen wollen, nicht so schwer zu machen. Die Eintrittspreise in der Schweiz sind ja auch saftig. Naja, wir werden sehen.