Interview: Spock's Beard
By Crazy-Beat


Alan Morse ist der Bruder von Neal Morse und Gründungsmitglied von Spock`s Beard. Es wurde jetzt endlich mal Zeit, dem Ausnahme-Gitarristen und Fender-Liebhaber einige Fragen zu stellen. Lange stand der gebürtige Ami im Schatten seines Bruders bei den Bärten. Dass Alan aber auch tolle Songs schreiben kann, beweist er beim neusten und einem der stärksten Alben der Bärte, das kürzlich veröffentlicht wurde und nicht nur bei Proggies grossen Anklang findet. Freundlich in Empfang genommen wurde ich von Tour-Manager Rob Aubrey, der mir erst mal was zu trinken angeboten hatte, während ich auf Alan Morse wartete. Kurz darauf wurde ich herzlich von Alan selbst begrüsst, der mich in einen Backstage-Raum mit zwei Sofas führte, es sich bequem machte und sich meinen Fragen stellte.

MF: Wie läuft die Tour bis anhin?

Alan: Oh, soweit sehr gut. Wir sind zufrieden. Macht auch Spass mit Beard Fisch und Sound Of Contact, und bis jetzt hatten wir keine nennenswerte Katastrophen (lacht) - ausser den kleinen üblichen technischen Problemchen.

MF: Gestern habt ihr ja in Paris gespielt, richtig?

Alan: Ja, es war echt toll.

MF: Mögen die Franzosen Progressiv Rock?

Alan: Oh ja, die Leute sind echt cool drauf und sehr enthusiastisch, es hat echt Spass gemacht. Nun, und das Tolle daran, dass wir auch Paris ein bisschen geniessen konnten (lacht).

MF: Gibt es grosse Unterschiede zwischen Nick (D'Virgilio) und Ted (Leonard - neuer Sänger) auf der Tour und auf der Bühne?

Alan: Nun ja, weisst Du, Ted ist viel grösser (bricht in Gelächter aus). Nun es sind beide ganz talentierte Musiker und Sänger. Ted ist zudem Gitarrist und bringt damit einiges ein. Mit Nick konnten wir mit den beiden Drums live eine tolle Schlagzeug-Show zeigen, das war ein echter Spass.

MF: Warum verliess Nick eigentlich die Band nach über 20 Jahren?

Alan: Er hat ein Angebot des "Cirque du Soleil" erhalten, das er beim besten Willen nicht ablehnen konnte. Mit diesem neuen Engagement ist er sehr intensiv beschäftigt und tourt auf der ganzen Welt. Es wäre zu viel, Beides unter einen Hut zu bringen, zudem hat er damit ein regelmässiges Einkommen.

MF: Und was macht er beim "Cirque du Soleil" genau?

Alan: Ja, er singt und spielt Schlagzeug, ähm..., shit, wie heisst die Show schon wieder, ähm..., sorry ich kann mich nicht mehr erinnern...

MF: Nun lass uns über das neue Album sprechen, eines eurer Besten, meiner Meinung nach. Wie siehst du das?

Alan: Ha, ich bin total deiner Meinung. Auch ich finde es ein grossartiges Album und eines unserer Besten. Wir sind wirklich stolz darauf. Und die Fans mögen es, was wir gehört haben, auch sehr, was uns natürlich freut.

MF: "A Treasure Abandoned" ist ein phantastischer Song, mit einer grossartigen Melodie, vielen Emotionen und mit tollen Solos von Ryo und dir. Wie komponiert ihr solche Songs?

Alan: (lacht). Ja ja, das ist ein cooler Song. Ich habe das Thema (Songmelodie) mal vor zig Jahren geschrieben (dä dädädädäd singt er vor), ich glaube es war vor 15 Jahren. Aber ich konnte den Song nicht fertig stellen, da meine Harddrive-Disc, wo der Song drauf gespeichert war, irgendwie verschwand, ähm..., das ist eine lange Geschichte. Eines Tages kam John Boegehold (Produzent & Songwriter) und fragte mich, ob ich mit diesem Song noch etwas machen will. Ich erklärte ihm die Story und er erklärte mir, dass er noch einige Sequenzen davon hat. So habe ich mich nochmals dahinter gemacht und, das ist das Resultat. Ich glaube, es ist jetzt recht gut geworden, nicht wahr?! (lacht)

MF: Es haben einige Leute am Album mitgearbeitet. Ist das deiner Meinung nach auch ein Grund dafür, dass es so vielseitig ausgefallen ist?

Alan: Wie soll ich sagen? Eigentlich ist es nie gut, wenn zu viele Personen an etwas arbeiten. Vielfach wird es dann konfus und man verliert das Ziel und die Vision aus den Augen. In unserem Fall hat das aber sehr gut funktioniert, da wir alle diszipliniert hinter die Sache gingen und darum wurde es so vielseitig.

MF: Wo habt ihr denn das neue Album aufgenommen?

Alan: Den grössten Teil im Mouse House Studio in Altadena in Kalifornien, bei Rich Mouser. Ein paar Sachen wurden aber auch bei Ted in seinem Studio aufgenommen.

MF: Ich finde, dass auch Jimmy (Keegan - Drums) einen bemerkenswerten Job gemacht hat. Er ist wie ein Tier hinter dem Schlagzeug!

Alan: (kichert) Er ist wirklich ein bisschen verrückt, aber ein absolutes Talent und eine Naturgewalt hinter dem Drum-Kit. Zudem singt er auch noch verdammt gut.

MF: Wie ist die Zusammenarbeit mit deinem Bruder Neal zustande gekommen («Afterthoughts» und «Waiting For Me»)?

Alan: Ich habe ihn einfach gefragt, ob er Lust hat, und so haben wir uns bei ihm zu Hause in Nashville getroffen und gejammt und komponiert. Wir hatten viel Spass und es hat einfach gepasst. Später hat dann Ted unser Sänger noch den Text zu «Afterthoughts» geschrieben.

MF: Ich liebe den Song «Afterthoughts», vor allem den fünfstimmigen Kanon.

Alan: Ja, das ist ein klasse Song.

MF: Ist das mit «Thoughts» eine never ending Story? Die Geschichte fängt ja auf eurem zweiten Album «Beware Of Darkness» an, oder?

Alan: (Lacht) ja genau. Keine Ahnung, wie lange wir dieses Thema noch weiter ziehen können.

MF: Der fünfte Teil der Geschichte war ja auf dem Neal Morse Album «Momentum» zu finden.

Alan: Richtig (lacht), er hat auch einen Teil geschrieben.

MF: Wie wurde Ted eigentlich Mitglied der Band?

Alan: Nachdem Nick die Band verlassen hatte, mussten wir logischerweise wieder jemanden suchen. Ted war naheliegend, da wir ihn schon vom gemeinsamen Touren mit seiner Band Enchant kannten. Wir haben keine Auditions gemacht. Er ist mit uns am "High Voltage Festival" auf die Bühne gestiegen und hat losgelegt. Es hat einfach von Anfang an gepasst, Ted ist ein wirklich toller Sänger und passt auch menschlich hervorragend zum Rest unserer Truppe. Er war wirklich ein Glücksgriff für uns.

MF: So, lass uns etwas über Dich sprechen. Vor ein paar Wochen war ich an einer Show von Steve Hackett Show (Ex-Genesis). Ich habe das Gefühl, dass es zwischen deinem und seinem Spiel Parallelen gibt...

Alan: Oh yeah?

MF: Hat er dich beeinflusst?

Alan: Ja ein wenig, aber es war nicht mein Haupteinfluss. Er hat einen einzigartigen Stil, der mir sehr gut gefällt.

MF: Was für Gitarreneffekte benutzt du?

Alan: Im Studio benutze ich viele verschiedene Effekte, vor allem Vintage-Sachen, aber auch Delays und solches Zeug. Zudem viele Pedals und Computer-Effekte, da die Geräte doch noch viel Geld kosten. Live kann ich dann natürlich nicht alle mitnehmen.

(Unser Crazy-Beat mit Alan Morse >>>)

MF: Ja, dann bräuchtest du einen separaten Truck für die Effekte

Alan: Ja ja, genau! (lacht)

MF: Was für Gitarren spielst du?

Alan: Meistens spiele ich meine diversen Fender Strats, diese sind alle auf meine Wünsche angepasst, zum Beispiel mit einem Jeff Beck Pick-Up und speziellen Tremolo-Systemen. Die klingen ausgezeichnet und sind auch sehr gut zu spielen.

MF: Was ist mit den Verstärkern?

Alan: Jetzt hauptsächlich Mesa Boogie, früher waren es vor allem Marshall Verstärker. Im Studio arbeite ich hauptsächlich mit einem Vox.

MF: Auf dem «Light»-Album steht im Vermerk von dir: "Danke Neal, dass du mir damals gesagt hast, ich werde ohne Plektrum nie Leadgitarre spielen können". Erinnerst du dich daran?

Alan: (Lacht wieder herzlich) - Ja klar, als wir Teenager waren, haben wir viel zusammen gejammt und gespielt. Dabei habe ich nur mit meinen Fingern gespielt. Neal meinte dann, dass das nicht geht und auch niemand so macht...

MF: Im letzten September habe ich deinen Bruder Neal interviewt. Er erzählte damals, dass deine Eltern eigens für euch ein grosses Musikzimmer eingerichtet hatten. Was hast du für Erinnerungen an diese Zeit?

Alan: Oh yeah well, ääähm..., eigentlich weiss ich nicht mehr so viel aus dieser Zeit (lacht). Nein, nein es war wirklich einen tolle Zeit und unsere Eltern haben uns voll unterstützt und uns auch einiges beigebracht. Wir hatten ordentlich Equipment in diesem Zimmer, ok nicht gerade das Teuerste und Beste, aber es hat vollkommen gereicht. Wir haben da mit vielen Musiker zusammen gespielt. Auch mit unseren Geschwistern, es war wirklich eine tolle Zeit. Ich denke, dass es nicht viele Kids gibt, die eine solche Unterstützung von ihren Eltern erhalten.

MF: Stimmt es, dass du Cello spielen kannst?

Alan: Nun, ich kann darauf spielen, aber für die Philharmoniker würde es nicht ganz reichen (lacht).

MF: Hast du Unterricht genommen?

Alan: Ich habe mir einiges selber beigebracht, hatte aber auch Unterricht.

MF: Spielst du noch andere Instrumente?

Alan: Oh ja..., eine Pedal Steel - das macht mega Spass, Mandoline. Generell alles Mögliche an verrückten und nicht alltäglichen Instrumenten.

MF: Ryo war ja nicht von Anfang an bei Spock's Beard dabei. Kannst du dich an das erste Mal erinnern, als du ihn getroffen hast?

Alan: Daran kann ich mich noch sehr gut erinnern! Ich habe ihn das erste Mal in einer Bar gesehen, wo er in einer Blues-Band spielte und da fiel er mir sofort auf. Er war damals schon ein grandioser Keyboarder. So sind wir in Kontakt gekommen. Bei der ersten Probe haben wir «The Light» gespielt und er war so exzellent und genau, dass er den Job sofort hatte. Da Neal neben den Keys live auch noch viel Gitarre spielte, brauchten wir noch einen zweiten Mann an den Tasten und Ryo war dafür genau der Richtige.

MF: Nun habt ihr zwei Verrückte in der Bank. Wer ist crazier Jimmy oder Ryo?

Alan: (Lacht laut heraus) Echt schwierige Frage. Aber es macht echt Spass, mit beiden zusammen.

MF: Bist du in dem Fall mit dem aktuellen Lineup happy?

Alan: Ich bin absolut zufrieden und es ist für mich ein Privileg, mit den Jungs zusammen spielen zu können.

MF: Hast du bereits Pläne für ein neues Solo-Album?

Alan: Im Augenblick nicht, denn ich bin mit Spock's Beard voll engagiert. Aber vielleicht irgendwann in der Zukunft, wer weiss.

MF: Was machst du nach der Europa-Tournee?

Alan: Die Tour geht weiter. Wir hoffen doch noch einigen Festivals zu spielen und dann auch einige Gigs in den Staaten. Zudem planen wir ein Video zum Song «Submerged» zu drehen. Wir würden auch gerne mal in Argentinien, Australien oder sonst wo auf der Welt spielen. Tja, aber das ist natürlich immer eine finanzielle Frage. Auf jeden Fall habe ich in der nächsten Zeit mit SB genug zu tun.

MF: Danke vielmals für die Zeit und das tolle Gespräch!

Alan: Ich habe dir zu danken.