Interview: Shakra
By Tinu
Es hat gerumpelt im Hause Shakra. Das nicht nur wegen dem Sängerwechsel, sondern auch Dank der neuen Songs, die sicherlich zum Besten gehören, was die Songwriter fabrizierten. Es brauchte Informationen, die uns Bandleader Thom Blunier (TB) gerne servierte. Zum Beispiel, wie der neue Sänger John Prakesh den Weg zu den Emmentalern fand? Wie die neuen Lieder entstanden und Thom wieder motivierter in den kreativen Prozess eingriff? Auch wenn viele Leser vielleicht enttäuscht sein werden, aber auch in diesem Interview startet der Gitarrist keine Schlammschlacht gegen den ehemaligen Sänger, sondern erfreut sich der Gegenwart und der Zukunft. Das Was und Warum wurde von anderer Seite schon zur Genüge einseitig kommuniziert...

MF: Wie und wo habt ihr John gefunden?


TB: Seine Mutter hörte im Radio DRS3, dass wir einen neuen Sänger suchen und hat dies John gesagt. Auch sein Chef hat ihn darauf aufmerksam gemacht und John vorgeschlagen, dass er sich bei uns bewerben soll. Selber hat John dies nicht richtig wahrgenommen. Dank den Beiden hat er uns ein Demo zukommen lassen. Persönlich hat mir seine Stimme auf Anhieb gefallen. Es war eine Ballade, die uns John zuschickte und sofort war klar, wie er stimmlich wirkt. So entstand der Kontakt und er besuchte uns bei einem Konzert im Berner Bierhübeli. Danach wollte er uns gleich kennenlernen, da ihm sehr wichtig ist, dass das Zwischenmenschliche passt. In der Regel merkt man innerhalb von ein paar Sekunden ob es funkt oder nicht. John war dies wichtiger, als die Musik. Für uns hat er offene Türen eingerannt mit seiner herzlichen und positiven Art. Speziell in der damaligen Situation war das ein sehr gutes Gefühl. Zumal er auch der Meinung war, dass wir nicht unbedingt die allergrössten Arschlöcher sind (lacht).

MF: Hattest du bestimmte Vorstellungen wie der neue Mann am Mikrofon zu klingen hat?

TB: Ja, das hatte einen bestimmten Rahmen und entsprach einem gewissen Fenster. Es gibt viele gute Sänger, die aber nicht zu Shakra passen würden. Rein von der Art des Gesanges her. Viele Shouter singen sehr sauber und klar. Zu uns passt das weniger. Eher einer, der Rotz in der Stimme hat und das Ganze noch ein bisschen krächzt. Das gefällt mir auch viel besser. John kann beides und hat ein breites Spektrum, das man nach Bedarf abrufen kann.

MF: John hat eine dunkle Hautfarbe, was im Rock und Metal eher die Ausnahme ist. Hattet ihr nie die Befürchtung, dass ihr damit dünnes Eis betreten könntet, auch in Bezug auf rassistische Äusserungen?

TB: Für uns persönlich ist das absolut egal. Im Gegenteil. Das war cool, einen in der Band zu haben, der ein bisschen anders aussieht und heraussticht. Für mich war das etwas Positives. Aber! Es gibt definitiv Leute, die das anders sehen. Das ist auch ein riesen Thema auf der ganzen Welt, dass Menschen mit einer anderen Hautfarbe anders bewertet werden. Das verstehe ich aber nicht. Selbst wenn wir einen blonden Sänger hätten, würden einige der Meinung sein, dass zu uns nur einer mit dunklen Haaren passt. Aber, es ist klar, dass wir uns da auf Konfrontationskurs begehen könnten. Als wir John als unseren neuen Mann vorgestellten, waren zu Beginn im Gästebuch unserer Homepage ein paar wenige negative Äusserungen zu lesen.

MF: Wer hat die neuen Lieder geschrieben?

TB: Wie immer war der Hauptsongwriter Thomas Muster. Von meiner Seite stammen auch wieder ein paar Tracks. Mehr als noch in letzter Zeit. Aber grundsätzlich hat sich bei diesem Schreiberduo, oder -trio nichts geändert. Dieses Duo schliesst sich mit dem dritten Mann zusammen um das Ganze zu arrangieren. Funktioniert die beste Idee nicht mit der Stimmlage des Sängers, muss man nochmals über die Bücher. Meine Motivation neues Material zu schreiben hat in den letzten Jahren nachgelassen. Das ist so. Die meisten Versuche etwas Cooles zu komponieren... Es passte emotional nicht. Das lag sicherlich auch an den vielen Diskussionen, die nichts mit der Musik zu tun hatten, die mir bedeutend mehr auf meine Kreativität geschlagen haben, als dies beim Kollegen Muster der Fall war. Er ist eine unheimliche Maschine wenn es ums Schreiben geht. Dieses Mal war meine Motivation wieder vorhanden. Mit einem neuen Mann und guten Vibes in der Band, trat ich viel lockerer an die neuen Ideen heran.

MF: Wie kam es bei «When I See You» zu diesen Country-Einflüssen?

TB: Die kamen vom Thomas. Er kam eines Tages mit einer groben Demoversion dieses Tracks ins Studio. Dort bastelten wir am Gesang. Das ist echt cool, dass dieser Song nicht in die gleiche und typische Shakra-Kerbe einer Ballade haut, die man von uns kennt. Darum war ich sehr offen für diese amerikanischen Elemente.

MF: War dies auch ein Grund dafür, dass man nun einen Sänger in den Reihen hat, mit dem man so was locker umsetzen kann oder hat sich Thomas auch mehr zugetraut?

TB: Nein, ich denke nicht, dass er sich mehr zugetraut hat. Es war eher eine breitgefächerte Songwriter-Geschichte. Dabei können die Richtungen sehr unterschiedlich sein. «When I See You» hat John und mir von Beginn weg sehr gut gefallen. Auf die Frage, ob es am Sänger liegt, dass wir nun Dinge umsetzen können, die früher nicht möglich waren? Es ist so, dass wir mehr mit John umsetzen können. Er ist flexibler und seine Stimme ist eine Klasse besser. Trotzdem bleibt eine Stimme immer eine Geschmacksache. Auch wenn wir so was früher mit Mark Fuchs hätten umsetzen können, die Umsetzung hätte einfach länger gedauert.

MF: Welche Songs sind für dich persönlich die stärksten auf «Back On Track»?

TB: Ja... Das wechselt immer wieder (lacht). Der Opener passt, vielleicht auch weil er von mir stammt. «Be True Be You» sagt mir zu, weil er nach vorne los geht und eine positive Grundhaltung versprüht. Das widerspiegelt dieses Album auch. Alles ist positiver ausgerichtet und ist fernab von düsteren Grundklängen. Aber auch «Stronger Than Ever», mit dem positiven Flair von Thomas Muster, ist ein unheimlich toller Track. Etwas anderes und trotzdem typisch Shakra. Im Moment ist es für mich schwierig das Ganze zu beurteilen, da ich noch zu nahe an den neuen Liedern bin. Rund viereinhalbmillionen Mal habe ich die Songs gehört und darum bin ich ehrlich gesagt nicht mehr unbedingt so objektiv (lacht).

MF: Es gibt aber hinter «Back On Track» oder «Stronger Than Ever» eine spezielle Message?

TB: Ja, ich denke, das sollte unmissverständlich sein. Die Truppe bemerkte, dass wir wieder in der richtigen Spur sind. Gewisse Dinge von früher haben sich zurückgemeldet. Einfach Dinge wie, dass man an der Musik wieder Freude hat, am Sound und am Zusammenspielen. An allen kleinen Elementen, die eine Band ausmachen sollte. Das ist ganz klar «Back On Track»! Irgendwann in der Vergangenheit war dieses Feeling auch da. Wir sind seit einigen Jahren zusammen und vermissten irgendetwas, das sehr wertvoll und cool ist. Das kam uns abhanden und ist nun mit «Back On Track» wieder an Bord.

MF: Und «Stronger Than Ever»…

TB: …das würde ich so nicht unterschreiben (lacht). Dieser Text stammt von John. Für ihn trifft dies garantiert zu. Aber wir werden jeden Tag einen Tag oder jedes Jahr ein Jahr älter. Ob man dabei immer «stronger» wird, das sei mal dahingestellt (lacht). Vielleicht strenger, aber nicht «stronger»...

MF: ...aber in Bezug auf die Band ist man schon stärker geworden...

TB: ...auf die Dinge, welche man erlebt hat, sicher schon. Aber, andere Bands erleben auch viele Dinge in ihrer Karriere. Einige nehmen dann Drogen und es funktioniert weiter. Wir müssen es ohne Drogen aushalten und dies macht sicher widerstandfähiger. Darum haut uns nicht mehr gleich jede Kleinigkeit aus den Socken. Allerdings stumpft man auch ab und freut sich weniger an eigentlich super geilen Sachen. Das ist ein Level, das sich einpendelt, dass man negative Angelegenheiten wie leider auch äusserst positive sehr locker nimmt.

MF: Wer hatte die Idee zum neuen Cover?

TB: ...das ist eine gute Frage (überlegt). Das war eine Gemeinschaftsidee von Muster, meiner Frau Monika und schlussendlich auch Thomas Ewerhard. Monika fand ein Foto mit diesem Schienenmotiv und durch die Stimmung anderer Covers von Ewerhard haben wir uns zu dieser Stimmung inspirieren lassen. Dieser Weg durch diesen Abgrund bedeutet einen Pfad der straight nach vorne geht. Das war auch das, was wir in den letzten Jahren immer versuchten umzusetzen. Nach vorne zu schauen und zu gehen. Die Abgründe symbolisieren das, was wir auf unserem Weg erlebten. Wie zum Beispiel Tourneen, die abgesagt wurden oder auf die Bühne zu gehen und den Leuten vor selbiger mitzuteilen, dass wir nicht spielen können. Das sind alles Dinge, die nicht spurlos an uns vorbeigehen. Trotzdem konnten wir die Abgründe umfahren und sind, Gott sei Dank, nicht abgestürzt. Wir sind oben geblieben und die Abgründe fallen links und rechts von diesem Weg, dieser Schiene ab. Shakra schafften es nicht abzustürzen.

MF: Ihr seid in der Schweiz noch immer bei Sony. War das eine Option die sie lösten oder von Beginn weg klar?

TB: Das war eine Option, die Sony löste. Für uns war das in der Schweiz eine grosse Umstellung, da wir bis anhin das Label selber in der Hand und einen Vertrieb mit dem Musikvertrieb hatten. Die Promotion erledigte unser Manager. Das ist sehr angenehm, dies nun alles extern zu geben und man sich nicht mehr um so viele Sachen kümmern muss. Zu Teil lagerten wir vier Paletten CDs bei mir zu Hause. Monika hat dann die Tonträger verschickt und das ganze Rechnungswesen erledigt. Dieser grosser Arbeitsaufwand fällt nun weg. Ob dies nun ein Major ist oder nicht... Heut zu Tage hat Sony auch nicht mehr die Grösse wie vor zehn Jahren, als noch viel Geld vorhanden war. Auch sie müssen schauen, dass sie überleben können in diesem Zirkus. Als wir «Everest» veröffentlichten fand im gleichen Jahr noch eine grosse Weihnachtsfeier mit Geschenken statt. Das war für uns was ganz Neues. Das wurde alles abgeschafft, was ich aber auch absolut okay finde. So legt man den Fokus mehr auf die Band. In Bezug auf den Erfolg, kann ich dir keine Auskunft geben. Da hätte man das gleiche Werk bei einer anderen Firma veröffentlichen müssen, um zu sehen, was passiert wäre. Auch um zu beurteilen, ob wir nur wegen Sony so weit vorne in den Charts waren. Sicherlich hat aber auch diese Firma ihren Beitrag dazu geleistet...

MF: ...erwartet ihr nun, dass «Back On Track» gleich hoch in die Swiss Charts einsteigt wie sein Vorgänger?

TB: Am besten macht man sich da nicht all zu grosse Hoffnungen. Die Enttäuschung ist dann auch weniger gross (lacht). Zudem haben wir einen neuen Sänger und wie die Leute dies aufnehmen werden, ist noch unklar. Obschon die Resonanzen bis jetzt sehr gut ausgefallen sind, ist es unmöglich eine Prognose abzugeben. Selbst bei gleichem Lineup, wie bei der vorherigen Scheibe ist dies nicht möglich. Der Markt ist unglaublich unberechenbar. Aber man hofft immer. Das ist klar. Jeder Rückschritt ist doof und schmerzt. Das lernten wir in den letzten 20 Jahren, dass man gewisse Dinge annehmen muss, wie sie kommen. Als Band kann man das Ganze steuern, wenn man im Studio bastelt. Dort kann die Truppe das Beste geben, immer noch mehr tüfteln und verbessern. Aber erscheint das neue Werk, ist man zum Abwarten verdammt...

MF: ...ich bin der Meinung, dass ihr ein sehr gutes Album kreiert habt, das somit nach meinem Dafürhalten noch höher einsteigen sollte als sein Vorgänger. Die Songs sind variationsreicher und weisen dank des Sängers viel mehr Tiefe auf.

TB: Das ist schön, dass du das so siehst und ich hoffe, dass die Leute dies auch so sehen werden. Bis jetzt hatte ich nie den Glauben daran verloren, dass wenn man etwas Cooles veröffentlicht, dies auch so angenommen wird. Sehen es die Leute wie du, ist alles gut!

MF: Was passiert tourmässig? Bleibt es bei diesen Wochenendgigs oder folgt noch eine ausgedehnte Tour?

TB: In der Schweiz ist klar, was läuft. Da startet alles am 1. April im Z7 in Pratteln. Für Europa entschieden wir uns soeben, die Konzertreise auf den Herbst zu legen. So bleibt eine längere Vorbereitungsphase, um eine gute Tour auf die Beine zu stellen. Eine Tour im März zu spielen, dafür war die Vorbereitung ganz einfach zu kurz. Auch für die Promotion in den Fachzeitschriften wäre alles äusserst knapp, damit man den Support, den man einfach auch braucht, bekommt. Geplant ist eine Headlinertour mit einer passenden Supportband. Auch damit die Kosten geteilt werden können und die Besucher etwas fürs Geld bekommen.

MF: Dann freuen wir uns über den Release des kommenden Albums und die Konzerte. Thom, besten Dank für das Interview!

TB: Danke dir für deinen jahrelangen Support.