Interview: Saxon

By Tinu
 
Fitter durch wühlen im Dreck.



35 Jahre Saxon bedeutet 35 Jahre geile Metal-Mucke geführt von Sänger Peter „Biff“ Byford und Gitarrist Paul Quinn. Der Fünfer hat alles erlebt. Die höchsten Höhen und fast der Zerfall der Truppe. Aber Biff hat alle Klippen umschifft und steht heute mit Saxon da, wo sie hingehören, zu einer der führendsten Truppen der Welt. Mit dem Film „Heavy Metal Thunder – The Movie“ wurde die erfolgreichste und wichtigste Phase ausführlich in Ton und Bild festgehalten. Mit dem soeben veröffentlichten DVD-Paket „Warriors Of The Road – The Saxon Chronicles Part II“ geht die Band erneut auf eine Zeitreise. Diese Reise ergänzte Bassist Nibbs Carter im folgenden Interview aus seinem Blickwinkel. Der gebürtige Engländer wohnt seit einiger Zeit in Deutschland, und so konnte das Interview locker in der deutschen Sprache geführt werden.

Nibbs: Grüss dich, ich bin Nibbs von Saxon, good evening let’s roll!

MF: Du lebst in Deutschland, wie kam es dazu?

Nibbs: Meine Frau ist Deutsche und wir waren mit Saxon und Metal Church 1990 unterwegs. Meine Frau absolvierte damals ein Studium, beziehungsweise ein Praktikum als Bühnenassistentin. Wir haben uns sehr gut kennengelernt und seit dieser Zeit sind wir zusammen. Wenn ich mit Saxon auf Tour bin, sehe ich meine Frau und meine Kinder leider nicht so oft. In den letzten fünf Jahren ist meine Frau sehr krank geworden. Aus diesem Grund habe ich die ersten Konzerte dieser Tour abgesagt. Ich versuche viel und oft mit meiner Frau zu sprechen, Skype sei Dank. Man ist 24 Stunden, 7 Tage in der Woche immer erreichbar für den anderen. Wir kriegen das immer irgendwie hin.

MF: Erinnerst du dich noch, wie du damals zu Saxon gekommen bist?

Nibbs: In den Mitteachtzigerjahren arbeitete ich im einem Studio als Session-Bassist. Ich wohnte schon fast in diesem Studio und für jede Band, die einen Bassisten suchten, der ihnen bei den Aufnahmen helfen konnte, sprang ich ein. Saxon haben in diesem Studio geprobt und ihre Demos aufgenommen. Dadurch lernte ich Paul und Nigel Glockler (Schlagzeug) sehr gut kennen. Sie suchten einen Bassisten, mit dem sie die Demos finalisieren konnten. Der Engineer kannte mich und rief mich an. Den Saxon Jungs gefiel was ich ablieferte, und sie fragten mich, ob ich Bass spielen wollte auf der nächsten Platte? Das war zu „Solid Ball Of Rock“. Zu der Zeit war ich musikalisch auf einer anderen Wellenlänge und musste mich zuerst wieder an diesen melodischen Rock/Metal heran tasten.

MF: Wie ist es für dich mit grundsätzlich bis zu zehn/fünfzehn Jahren älteren Musikern auf der Bühne zu stehen…

Nibbs: …schon bei der ersten Band war ich der Jüngste. Für mich war bei Saxon wichtig, dass wir zusammen klar kommen und musikalisch harmonieren. Das haben wir schnell geschafft. Auf Tour merkst du schnell, ob du miteinander funktionierst oder nicht. Die Weihnachts-Konzerte damals zusammen mit Manowar, Lizzy Borden, Fates Warning und Sabbat haben gezeigt, dass wenn wir auf die Bühne gehen, damals für 40 Minuten, zeigen können, was alles in uns steckt. Das war eine super Taufe. Wir spielten super Shows und alle, die nach uns auf die Bühne mussten, hatten einen sehr schweren Stand. Die Hallen waren mit 3000 bis 6000 Leuten immer sehr gut gefüllt. Wir wurden sehr herzlich von den Fans empfangen und ernteten grossen Applaus. Wichtig war, dass ich als Neuling ein Teil der Band wurde. Gemeinsam haben wir diese Shows gespielt und sie haben mich als einen Teil von ihnen angesehen. Saxon waren zu diesem Zeitpunkt ziemlich auf der Kippe. Das letzte Album „Destiny“ wurde von den wenigstens Fans akzeptiert und es schien, dass die Conbo am Boden war. Diese Tour und der damit verbundene Erfolg war der richtige Schritt in die richtige Richtung.

MF: Wer hatte die Idee zu „Unplugged And Strung Up“, dem Album, auf welchem ihr alte Klassiker akustisch oder mit Orchester eingespielt habt?

Nibbs: Es war immer die Frage, ob wir Zeit dafür haben. Viele Gruppen haben dies schon vor uns gemacht. Vor einigen Jahren entstand die Idee Saxon Songs, die etwas langsamer sind, in ein neues Gewand zu verpacken. Wir waren skeptisch, ob dies mit unseren Liedern klappen könnte. Aber Biff zeigte sehr grosses Interesse und sprach mit einigen Leuten über diese Idee. Als wir bei „Into The Labyrinth“ mit klassischen Elementen spielten, wurde uns bewusst, dass sich einige Songs von Saxon für einen anderen Sound prädestinieren würden. Ob wir allerdings das Ganze jemals noch auf eine Bühne bringen werden, ist fraglich. Vielleicht sollten wir es bei dem einen Auftritt belassen. Ganz viele Leute haben dieses Jahr unsere Show in Wacken gesehen und damit wurde das Interesse an einer solchen Aufführung bei Vielen geweckt. Vielleicht werden wir dies bei anderen Festivals 2015 wiederholen können. Die Lust, so was wieder zu machen, ist da! Es sind nicht nur „Crusader“ oder „The Eagle Has Landed“ die sich dazu eignen. Ein weiteres Beispiel ist „Broken Heroes“. Interessanterweise hat man das Gefühl, dass ein solches Gewand bei Liedern wie „Dallas 1pm“ nicht funktioniert. Hört man es aber, denkt man „WOW!“ Das komplette Publikum in Wacken hat die Songs abgefeiert. Abgesehen von ein paar Hardcore Metal-Fans fanden alle Gefallen an dieser Umsetzung.

MF: Diese Tour steht im Zeichen der „Holy Trinity“, den Alben „Wheels Of Steel“, „Denim And Leather“ und „Strong Arm Of The Law“. Ist dies für Saxon die wichtigste Zeit gewesen mit diesen drei Alben?

Nibbs: Ich muss ja dazu sagen, es war die wichtigste Zeit der Truppe. Schau mal, wir wollen feiern, das Bandjubiläum soll gefeiert werden. Von der ersten Platte spielen wir nur einen Song, nämlich „Frozen Rainbow“. Die folgenden drei Platten waren der Durchbruch für Saxon. Ohne diese drei Scheiben würden Saxon nicht heute da stehen, wo sie sind, und das muss gefeiert werden. Trotzdem soll genug Platz sein für die anderen Alben. Das Publikum feiert mit uns, was wollen wir mehr? Mit der neuen DVD „Warriors Of The Road“ haben wir die letzten Jahre in den Fokus gestellt. Wir sind sehrt stolz auf unsere Platten nach „Solid Ball Of Rock“. Die Qualität und der Erfolg sind gemeinsam gestiegen. Was will man mehr?

MF: Was sind die Pläne für die Zukunft? Geht ihr ins Studio?

Nibbs: Ich habe letzten Winter, seit der Tournee zusammen mit Motörhead, angefangen neue Songs zu schreiben. Diesen Januar bin ich alleine zu Biff gefahren und wir haben zusammen neues Material komponiert. Das war ein sehr guter Start. Später haben wir uns alle getroffen und in Brighton an den Ideen weitergearbeitet. Andy Sneap hat unsere letzte Platte gemischt und möchte beim kommenden Album als Co-Produzent mitarbeiten. Er ist mit unserem Material schon sehr zufrieden. Ich habe mein mobiles Studio mit auf Tour und komponiere jeden Tag neue Ideen im Bus. Heute ist es viel einfacher eine Idee zu kreieren und festzuhalten.

MF: Was macht Nibbs, wenn er nicht mit Saxon unterwegs ist?

Nibbs: Ich komponiere ganz viel. In den letzten zehn Jahren hat sich da einiges angesammelt und vielleicht sollte ich mal zeigen was alles vorhanden ist, das nicht unbedingt zu Saxon passt. Vielleicht werde ich ein paar Songs veröffentlichen, über Facebook oder zum Runterladen. Bin ich zu Hause, arbeite ich als Landschaftsgärtner. Das hilft mir fit zu bleiben, und ich jobbe meistens in der Nähe meines Hauses. Da sehen meine Kinder, dass Papa nicht so weit weg und auch ein Dreckspatz ist. Allerdings wenn Papa im Dreck wühlt, bekommt er Geld dafür (lacht).

MF: Danke für das Interview Nibbs! Ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft und deiner Frau gute Besserung!

Nibbs: Danke, das ist sehr nett!!!