Interview: Pure Inc.
By Rockslave
Anlässlich zur Promotion ihres neuen Releases "A new day's dawn" gastierten die Basler Rocker Pure Inc. im Luzerner ABCMixx. Vor dem Konzert hatte ich noch die Gelegenneit, der ganzen (!) Band meine Fragen stellen zu können. Da sassen wir also alle gemeinsam auf dem Festbank, als Sänger Gianni Pontillo in einem freien Gespräch (bevor das Band lief) einen gewissen Verdruss für Interviews mit WebZines kund tat. Er war der Ansicht, dass die unzählig gegebenen Interviews dem weiteren Erfolg von Pure Inc. nicht massgeblich zuträglich seien. Aha..., dachte ich für mich (also dass dieses Mal das Gespräch zu Ende sei, bevor es womöglich überhaupt angefangen hat!) und erwartete deshalb eine eher unmotivierte Session. Die Präzisierung (auch durch Wortmeldung von Gitarrist Sandro Pellegrini ergänzt) in die Richtung, dass mittlerweile eine unüberschaubare Anzahl an (vor allem ausländischen) WebZines angibt, sie würden über Metal und Rock schreiben und hätten deshalb gerne eine CD, habe meist nichts mit einem echten Engagement in eigener Sache zu tun, sondern es gehe vielmehr nur darum, jeweils gratis CDs zu schnorren! Trotz diesem leichten Misston zu Beginn (den ich jedoch absolut verstehen kann) wurden meine Fragen kurz vor dem Konzert dennoch gebührend, in guter Stimmung und offen von der ganzen Band (!) beantwortet. (GP = Gianni Pontillo, SP = Sandro Pellegrini, GM = Gentman, DP = Dave Preissel)

MF: Das neue Album schliesst eigentlich nahtlos an das Debüt an und doch heisst es "A new day's dawn". Um welchen Neuanfang geht es euch da?

SP: Drei verschiedene... - (lacht) - sehr kurz beantwortet..., nein..., in erster Linie für uns persönlich, musikalisch..., die erste CD hat auch noch Relikte enthalten, die tief zu Pure Yeast Zeiten entstanden sind. Der Inhalt von dieser CD ist das Resultat der kreativen Schaffensphase, in der wir vier drin gesteckt haben..., innert kurzer Zeit. Es ist auch das, was wir musikalisch wirklich ausdrücken wollen, insofern für uns ein Neuanfang im Vergleich zur ersten CD. Ich denke, man hört auch gewisse Unterschiede..., im emotionalen Sinn auf dieser CD..., vom Feeling her. Das zweite ist..., der Tod von Andy Allendörfer, unserem Label-Chef (starb im Januar bei einem Auto-Unfall - MF), der uns persönlich getroffen hat. Das hat für uns auch Änderungen bewirkt..., logischweise..., zumal er auch ein grosser Fan von uns war. Ein Mentor, der uns massivst unterstützt hat. Darum möchten wir ihm diese CD widmen..., und das haben wir auch getan. Das symbolisiert die zweite Art für einen Neuanfang und das dritte ist für die Leute selber..., dass sie versuchen, vorwärts zu schauen, dass man von den negativen Ereignissen, von denen man immer mehr geprägt wird..., vor allem in der heutigen Zeit (durch die Medien beeinflusst), die Fähigkeit erhält, dies wegzustecken und trotzdem das Positive im Leben zu erkennen. Das ist letzten Endes der Erfolg, damit man ein glückliches Leben führen kann.

MF: Gianni, schon beim Opener "Saviour" hört man deutlich, wie deine Stimmbänder belastet werden. Spürst du das nach einem Konzert?

GP: (lacht und frotzelt) - Werden sie belastet..., hörst du das?

DP: Er hat einen Endorsement-Deal mit Fisherman's Friend...

MF: Es steckt viel Kraft dahinter...

GP: Nein..., also, es ist natürlich klar, wenn man auf Tour geht und zwei Stunden singen muss, dann ist das schon eine Belastung, ganz klar. Da muss man sich auch entsprechend vorbereiten..., und es ist überhaupt kein Problem, wenn man das ist und die Technik richtig anwendet. Ich hatte natürlich das Problem, dass wir während der Aufnahmen zur CD viele Open-Air's gespielt haben, also Konzerte und am nächsten Tag wieder ins Studio. Das hat meine Stimme sicher ein wenig belastet, aber wenn man es (die Technik) richtig anwendet, dann ist das kein Problem.

MF: Ihr seid eine typische 4-Mann Band. Auf der CD hört man auf beiden Kanälen den fetten Rhythmus-Sound der Gitarre und parallel dazu auch die Soli. Das geht auf der Bühne aber nicht so...

GP: Deswegen gibt es Tricks... (O-Zitat: "Triggli")

MF: Eben..., jetzt: Wie füllt man also solche akustischen Löcher auf, dass man dennoch das Gefühl bekommt, es wummere genau so, wie auf der CD?

DP: Das ist jetzt mal eine gute Frage in einem Standard-Interview..., das muss man auch sagen...

GP: Das ist eben..., eben ein Wummern! (kichert)

SP: Also in Wirklichkeit sind wir gar keine Live-Band..., wir orientieren uns stark an Tokio Bordell (Gentman gröhlt) und spielen gar nicht wirklich live, es kommt alles ab Band.

GP: Genau!

SP: Nein..., ich mein'..., Bassverzerrer bringt Vieles..., man kann füllen, indem man mit der Dynamik spielt. Letztendlich ist live aber immer eine andere Situation, weil die Leute auch zuschauen und nicht nur zuhören. Das hat auf einer CD einfach einen anderen Effekt, wenn man nur hört und vor allem oftmals nur mit niedriger Lautstärke. Live prügelt es halt..., das Schlagzeug prügelt, der Bass prügelt..., es sind andere Gegebenheiten und weniger ein Problem.

GP: Ich glaube, die Leute schätzen auch gewisse Pausen, die es gibt..., weil der Sound ist nicht so penetrant und nicht so die ganze Zeit bombastisch. Und das ist auch die Art Musik, die wir machen. Es ist nicht bombastisch..., sondern eigentlich purer Rock. Das lebt auch von den Pausen und eben..., den Gegebenheiten, den Momenten, die die Leute entgegen nehmen können..., live.

SP: Witzig ist vor allem auch..., ich meine, auf dieser CD sind wir richtig puristisch vorgegangen. In der Regel ist es Schlagzeug, Bass, eine Gitarre links - eine rechts und eine Gesangsspur..., nicht mehr. Keine Triggers, keine Samples, keine Keyboards (nie) und bei den Soli sind die Gitarren zum Teil bis zu 10 dB leiser, als die normale Rhythmus-Spur! Aber trotzdem..., eben auch dort: Bassverzerrer..., wir haben auch auf der CD viel Bassverzerrer verwendet...

GM: Ja...

SP: ...und es bringt einfach viel. Dann merkt man, je nachdem, den Verlust der elektrischen Gitarre nicht. Wir haben schon probiert, mit der CD möglichst nah an dem zu sein, was wir auch live präsentieren.

MF: Das heisst also..., ein zusätzlicher Musiker (als Rhythmus-Gitarrist) wäre bei euch eigentlich nicht vorgesehen? Also wenn man das Gefühl hätte, dass auf der Bühne dieses Loch allenfalls ausgefüllt werden müsste, damit es noch mehr kommt..., obwohl eben..., Gianni meint nicht zuviel Bombast...

GM: Es wäre vielleicht schon interessant, aber der Vibe müsste halt auch stimmen und das macht's noch schwierig. Es wäre sicher interessant, mit einem zusätzlichen Gitarristen zu arbeiten, dass man sich einmal noch mehr auf Soli orientieren kann und trotzdem das volle Brett hat. Aber wie gesagt, der Vibe bei uns stimmt halt..., und um das (die Band) beizubehalten, das würde schwierig werden. Und gerade dadurch, dass wir alle noch voll arbeiten und Vollgas geben mit der Band, haben wir eigentlich auch die Zeit und die Kraft nicht, jemanden so einzuarbeiten. Meistens sind es dann ja mehrere Versuche, bis man diese Person findet, wo man fühlt, dass es passt. Eigentlich sind wir happy..., so, wie es ist im Moment.

SP: Wir haben es versucht...

GM: ...wir haben es versucht, ja...

SP: ...ganz am Anfang..., gegen Ende der Pure Yeast Zeiten, wo wir dran waren, Pure Inc. zu gründen, hatten wir einen zweiten Gitarristen, der uns dann nach viel Personal-Rochade verlassen hat. Und da hatten wir zuerst einen zweiten Gitarristen gesucht und erstens keinen gefunden, und zweitens gemerkt, dass es zu viert besser funktioniert, als je zuvor.

DP: Wie es der Name eigentlich sagt: "A new day's dawn"..., in unserer Selbstfindung von unserem Sound, haben wir uns auch selber gefunden..., kollegial, und seit dem Release hat sich nichts mehr an der Formation geändert. Das heisst, wir verstehen uns menschlich und musikalisch. Da wird es schwer, noch ein fünftes Puzzle-Teil in die Band zu integrieren.

GP: Das ist natürlich schon so, wir sind eine pure Rock-Band. Das ist in der Tat so, also wenn du jetzt Bands nimmst wie Motörhead, Backyard Babies zum Beipspiel oder was auch immer..., es gibt auch dort Bands, die zu viert rocken..., zu dritt sogar und das geht. Von da her..., es kommt halt darauf an, was für eine Art Musik du machst. Wir machen eine pure Art von Rock..., sehr reiner Rock, sehr direkter Sound und...

GM: ...und es ist eh nicht 1:1 mit der CD. Also wenn uns jemand live sieht, dann gibt auch die Show viel her. Die Leute achten darauf und wenn er (Sandro) halt auf seinen Verzerrer steht, auf das Wah und da absoliert und ich auf dem Bassverzerrer..., dann gibt es kein Loch oder so. Die Leute haben auch sonst was davon..., also nicht, dass sie sich nur hinsetzen und denken: "Das ist jetzt der Song, wie er von der CD kommt!". Es gibt so Bands..., klar, aber so eine sind wir nicht, aber deshalb wird es trotzdem nicht langweilig.

MF: Vor knapp einem Jahr seid ihr für die Aufnahmen zum zweiten Album ins Studio gegangen. Sind alle Songs danach frisch entstanden und wie entsteht ein neuer Pure Inc. Song überhaupt?

SP: Also du meinst, die Songs erst dann angefangen zu schreiben, als wir ins Studio gingen...? Die waren schon fertig, als wir dort ankamen. Wir haben nach den Aufnahmen zur ersten CD bereits angefangen, Songs für die neue CD zu schreiben. Das hat sich nach und nach so ergeben..., wir hatten relativ viel Zeit, da wir zuerst noch auf Label-Suche gehen mussten. Danach konnten wir das Ganze gelassener angehen..., machten im Bandraum eine Pre-Production für uns, haben diverse Sachen ausprobiert und gingen so deshalb gut vorbereitet ins Studio.

DP: Das Budget lässt es auch nicht zu, dass wir die Songs erst im Studio schreiben. Wir haben dort eine harte Deadline..., in drei bis vier Wochen muss alles fertig sein!

SP: Das ist das Problem heutzutage..., dass man gar nicht gross Geld erhält..., aber bei uns funktioniert das immer so und Songs schreiben..., meistens kommen der Gianni und ich mit Ideen, die wir dann in der Band ausarbeiten. Grundsätzlich kann jeder was bringen..., "Break free" zum Beispiel ist ein Song, der von Genti kam. Der Dave schreibt jetzt ein bisschen weniger Songs, bringt sich sonst aber schlagzeugtechnisch ein. Insofern kann jeder seine Vorschläge bringen.

MF: Man hat am TV ein Video (zu "Saviour") von euch sehen können..., beim (Dani) Beck... (auf Weekend Music - MF)

GP: Juhuuuuu...

MF: Ihr seid dafür nach Turin gegangen. Warum habt ihr das in Italien gedreht und nicht in..., Wetzikon?

SP: Basel Ost... (lacht laut)

DP: Mafia Connections...

SP: ...genau! Nein..., ein Verwandter von mir (Roberto Buttafarro - MF) ist Filmproduzent in Italien, in Turin. Und wir haben es gewagt, mit ihm etwas zu machen und weil er natürlich dort die ganze Crew zusammen trommeln konnte und wenn man das alles hätte in die Schweiz verfrachten müssen..., war es einfacher, dass wir runter nach Turin fahren und dort das Ganze aufnehmen. Und auch, dass sie es dann dort gleich bearbeiten konnten.

MF: Ihr wart, nebst mit Labelkollegen, auch schon mit Dokken und MSG unterwegs. Mit wem würdet ihr noch gerne auf Tour gehen?

GP: Es gibt ganz viele...

SP: ...vom Label oder allgemein?

MF: Generell eigentlich...

SP: (lacht) -

GP: Au.., uh...

SP: Das darf der Genti beantworten!

GP: Es gibt so viele Bands...

GM: ...Backyard Babies! (lacht dreckig) - Nein, klar: Mit Tool würde jeder von uns gerne auf Tour gehen. Mit wem noch?

GP: Ja..., es gibt so viele...

GM: ...ja, eben!

GP: Disturbed würden wir auch...

GM: ...genau! Das würde auch sehr gut passen vom Sound her.

SP: Audioslave...

GM: Audioslave wären vielleicht schon wieder problematisch, weil es vom Gesamten her das Gleiche ist. Da würden wir eher als Kopie abgestempelt werden, aber wär' natürlich geil!

SP: Egal..., Grössenwahnsinnige..., mit Metallica spielen wäre auch kein Scheiss...

GM: ...denen mal in den Arsch treten!

SP: Wir passen musikalisch zu vielen Bands, weil wir halt nicht so klar zu schubladisieren sind..., in moderne oder traditionelle Ecken. Vom dem her..., würde es im Extremfall auch passen, einmal mit Korn zu spielen, was jetzt gerade angesagt ist. Alles! Hauptsache eine geile Tour..., scheissegal.

MF: Wie kam euer Song "Genius" auf den "Swiss Rocks"-Sampler? Mit Vitamin B, Geld oder auf Empfehlung...?

DP: Öhhh...

SP: Bei BMG? Sie haben uns angefragt..., keine Ahnung! So ist es passiert...

DP: "Swiss Rock"? Ist das der "Swiss Rock"-Sampler gewesen?

SP: Sie haben uns gefragt, ob sie das vewenden können und wir haben zugesagt! (lacht)

Da schaltete sich noch der bei uns sitzende Andi Muggli von Musikvertrieb mit ins Gespräch ein und erklärte, wie das genau abgelaufen ist, also dass die Anfrage von Sony/BMG für einen Sampler kam und MV ein paar Bands, darunter auch Pure Inc. vorgeschlagen hat. Auf die Auswahl habe das aber eigentlich keinen Einfluss gehabt.

GP: Das ist mir schon klar, dass nicht der Piero (Esteriore von den "Musicstars" - MF) genommen wurde...

SP: Verdammt nochmal...

GP: "Swiss Rocks"..., das wäre schon etwas hart gewesen..., oder Sarah McClausen vielleicht... (er meinte Salome Clausen, die letzte Musicstar-Gewinnerin - MF)

MF: Welche Ziele verfolgt ihr als Band konkret für die Zukunft? Wird einmal der Tag kommen, wo ihr eure Jobs hinschmeisst und nur von der Musik leben könnt?

GP: Rein praktisch..., nicht! Momentan nicht und in absehbarer Zeit auch nicht. Theoretisch schon... (lacht) - das wäre für uns natürlich schon cool. Aber es ist..., da musst du..., vor allem, wenn du in der Schweiz lebst, ist es extrem schwierig. Weil da muss wirklich Geld rein kommen..., und bei uns schaffen es, nebst Gotthard, nicht wirklich viele.

SP: Wenn es möglich ist, machen wir es sofort!

MF: Während bei uns an (Hard & Heavy) Konzerten die Zuschauerzahlen eher stagnieren, geht es in Ost-Europa (zum Beispiel Polen) kräftig ab. Könnte das eines Tages mit sich bringen, dass die Schweiz nicht mehr im Tourkalender auftaucht?

GP: Man muss schon sehen..., wenn man jetzt die Shows anschaut, die wir bis jetzt im Ausland gespielt haben, dann haben wir dort öfters, als in der Schweiz gespielt! Das ist schon so, aber eigentlich möchten wir die Schweiz nicht unbedingt links liegen lassen. Das Problem in der Schweiz ist einfach, man kriegt weniger Chancen, um auftreten zu können und Tourneen finden meist ausserhalb der Schweiz statt.

MF: Die Metal Factory hat eine Unterschriften-Sammlung lanciert, dass wieder vermehrt Metal auf unserem Heimkanal zu sehen ist. Was haltet ihr grundsätzlich davon?

GM: Ist super!

GP: Wenn es eine Plattform gibt, die es momentan nicht gibt, dann ist es sehr interessant! Ich glaube, irgend einmal müssen sie..., die Rock-Szene ist extrem gross und das unterschätzen sie eben. Schau einmal die vielen Open-Air's und all die Bands an, die in die Schweiz geholt werden. Das sind meistens Rock-Bands..., ziemlich grosse Rock-Bands, Hip-Hopper natürlich auch..., sind auch gross, aber ich denke, Rock ist ziemlich stark, man unterschätzt es einfach...

DP: Genau, so eine Initiative braucht es in der Schweiz! Wir sind ja oft dafür bekannt, gewisse Trends zu verschlafen. Und jetzt gerade durch ganz grossen Bands..., Rock und Metal, die gerade in den Charts vertreten sind, gibt auch Newcomer-Bands die Chance, eine Plattform. Das ist sicher eine gute Initiative (oder Petition - MF), das so ins kommerziellere Fernsehen zu bringen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich einer breiteren Masse zu präsentieren.

MF: Ok! - Last famous words for our readers?

DP: Das ist so die immer alles abschliessende Frage... (lacht)

GM: Rock'n'Roll..., always!

SP: Unterstützt bitte die Metal Factory bei ihrer Unterschriften-Sammlung!

DP & GP: Genau!

GP: Und kauft unsere CDs, damit wir nicht mehr lange arbeiten müssen..., und..., was gibt es noch?

DP: Mehr Info's unter www.pureinc.net

GP: Wir brauchen mehr Frauen an unseren Konzerten!