Interview: Metalium
By Rockslave
Lars Ratz Wer sich Metalium nennt, spielt sicher keine Tanzmusik, sondern echt harte Sounds. Heavy Metal eben oder in diesem Fall Power Metal der klassischen Sorte. Die Band um Mastermind Lars Ratz, der noch vor ein paar Jährchen bei Zed Yago und Velvet Viper (remember Jutta Weinhold?) in die tiefen Saiten haute, hat mit "Hero nation - Chapter three" ihr bislang reifstes Werk abgeliefert. Klang das (allerdings sehr gut verkaufte) Debüt-Album für meine Ohren etwas sperrig und mitunter (zu) konstruiert, kann ich dem neuen Silberling einiges mehr abgewinnen. Ein Umstand, den der mir gegenüber sitzende Lars erfreut zur Kenntnis nahm und an diesem Abend die Gabe hatte, einige meiner Fragen schon beantwortet zu haben, bevor ich sie überhaupt gestellt hatte. Lest zudem, was ein Musikprofi, der sich im Business schon einige Zeit bewegt und auskennt, alles so aus dem Nähkästchen der Szene zu erzählen weiss!
MF: Das neue Album ist sehr abwechslungsreich geworden. Ich denke, dass das bisher die beste Scheibe geworden ist. Wie siehst Du das?

Lars: Ja also..., weltweit schreibt 98% der Metalpresse, dass das die beste Platte von uns ist. Ich freue mich natürlich..., für uns selbst ist aber jedes Album ein Teil vom anderen, in Folge. Wir sind auf alle unsere Alben stolz und es ist natürlich verständlich, dass der eine oder andere Fan die oder die andere Scheibe bevorzugt, aber was ich unterstreichen kann ist, dass es das vielseitigste (Album) ist, auf jeden Fall, weiss ich... und wohl auch erwachsener geworden ist. Weil, wir kennen uns drei Jahre mittlerweile, waren auf engstem Raum zusammen auf Europa-Tournee. So weiss man inzwischen wer wie reagiert, man kennt sich dann auch besser, wie in einer Beziehung.

MF: Die Anfänge, respektive Erfolge von Metalium waren geprägt von einem bekannteren Namen (Chris Caffery), guten Verkäufen und einer fetten Presse. Ich persönlich fand das erste Album jedoch nicht besonders. Was ist rückblickend Deine Meinung dazu?

Lars: Da gibt es keine Meinung..., jeder hat seinen Geschmack, der eine findet es gut, der andere nicht. Man kann das nicht analysieren, man sollte es auch nicht. Musik ist Kunst..., wie ein Bild. Man kann nicht sagen (die Farbe) gelb ist blöd und deshalb mag ich es nicht. Gottseidank für uns, habens viele anders gesehen als Du (lacht), sonst wären nicht so viel verkauft geworden...

MF: ...aber eins muss ich dazu sagen: der Song "Metalium", der ist geil, da lasse ich nichts ran!

Lars: Na siehst du! (lacht wieder)..., die Sache ist die..., alles was wir tun können als Band ..., ich als Produzent von der Band..., meine Finger so bewegen, wie ich meine, dass es klingen muss. Und wir haben es so gut gemacht wie wir konnten und der Erfolg gibt uns irgendwo durch doch recht. In manchen Ländern mehr, in anderen weniger. In Südeuropa verkaufen wir mehr mittlerweile, von jeder Platte..., stets mehr als der Vorgänger. In der Schweiz hingegen waren wir noch nie gross. Da sind wir froh, wenn wir vor 200 Leuten spielen können. (Bemerkung MF: an diesem Abend hatte es nicht mal einen Viertel davon!!) Aber egal, wenn Metalium spielen, dann immer 110%, selbst wenn nur zehn Leute dastehen und denen werden wir auch heute Abend ein bisschen (in den) Arsch treten!

MF: Ihr habt Edenbridge als Support-Band. Konntet Ihr da ein Wort mitreden oder traf die Record-Company, respektive das Management die Entscheidung dazu?

Lars: Also es ist schon so, dass das an uns herangetragen wurde, was wir davon halten würden, wenn wir mit Edenbrigde rausgehen. Und letztendlich hängt das dann von meiner Entscheidung ab, ob ich sie nehmen möchte oder nicht. Ich finde es eigentlich ganz interessant, dass man zwei Bands zusammenpackt, die nicht in dieselbe Kerbe hauen, damit das Konzert einfach abwechslungsreicher wird. Was soll ich mit drei Power Metal Bands am gleichen Abend? Wenn der Headliner anfängt, fallen (den Fans) die Ohren ab und wissen gar nicht, was Sache ist. Also fand ich den Aspekt ganz interessant und ja..., wir kommen gut klar mit den Jungs (und dem Mädel, gell Lars!), nette Leute, kein Problem.

MF: Hast Du (habt Ihr) das schon mal erlebt, dass die Support-Band besser beim Publikum ankam als Ihr selber und was fühlt man da als Musiker auf der Bühne?

Lars: Kann ich selber nicht sagen, weil bislang ist das noch nicht vorgekommen...(lacht laut und weiss nicht, was ihm und der Band etwas später genau an diesem Konzert hier widerfahren wird! Lest dazu auch den Live-Bericht!!)...bislang (und lacht weiter).

MF: Viele Bands buhlen derzeit um die Gunst des Publikums. Ich behaupte, dass es mittlerweile zuviele sind. Was ist Deine Meinung dazu?

Lars: Die Spreu muss sich vom Weizen trennen. Von ganz alleine wird sie sich auch..., es ist natürlich klar, wir haben hier einen Kuchen und den müssen sich ganz viele teilen und es führt wie immer und überall..., es werden diejenigen überleben, die Qualität bieten und Konstanz und die andern, die denken, sie können nun 'ne schnelle Mark machen, werden versinken (Euro, Herr Ratz, schon vergessen?!!). Das können sie nämlich nicht bei dieser Musik, aber das hat den Anschein für viele Leute, dass man es machen kann mit Heavy Metal. Wenn Du nicht Heavy Metal fühlst und dies nur für eine Platte machst, wirst Du keine zweite oder dritte zustande bringen. Also, das wird sich zeigen, ich hoffe wir sind noch dabei dann. Ich tue mein Bestes, aber Garantien in diesem Leben gibt es nicht.

MF: Wo siehst Du Metalium in fünf Jahren? (Na, liebe MF-Leser, so können einem die Fragen beinahe ausgehen...)

Lars: Hmm, kann man nicht sehen..., kann man nicht wissen...

MF: ...aber der Wille, der ist da...?

Lars: Ja..., guck mal, der Kern von Metalium..., ich mein, der ist derselbe geblieben, die Songwriter sind dieselben geblieben, bis heute. Henning, Matthias und ich. Jetzt haben wir zum ersten Mal mit Michael Ehre einen Schlagzeuger, der sogar Songs schreiben kann. Das hatten wir nie vorher. So habe ich als Produzent vier kreative Quellen für Songs. Und das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum die Platte vielseitig wurde..., ist doch klasse, so auswählen zu können! Wer weiss, wo's hinführt, aber ich hoffe natürlich, dass wir in fünf Jahren noch am Start sind..., mit einer siebten Platte!

MF: Früher wurden viele Bands mit Knebelverträgen über den Tisch gezogen. Was kennzeichnet heutige Verträge? Sind sie fairer geworden?

Lars: Hmm... (überlegt ein Weilchen), ich muss sagen..., früher habe ich bei RCA einen Künstlervertrag gehabt, bei Zed Yago, Velvet Viper und habe jeden Monat meine Kohle gekriegt, hatte keine Ahnung von irgendwas. Heute habe ich die und deshalb einen Bandübernahmevertrag. Der Unterschied ist, beim Künstlervertrag bin ich quasi wie ein Angestellter bei einer Plattenfirma und der Geldgeber kann natürlich sagen, das Album muss nun so und so klingen, sonst bezahle ich nicht. Beim Bandübernahmevertrag kriege ich eine Summe X und für die muss ich einfach ein Masterband abliefern und habe dadurch mehr künstlerische Freiheiten. Damit kann man es eigentlich vergleichen, es gibt so gesehen.., diese alten Verträge in dieser Form heute selten. Es gibt natürlich Gruppen, sehr erfolgreiche, deren Freund ich bin, mit denen ich in Hamburg, in meinem Garten beim Barbecue sitze und die mir erzählen, dass sie halt unterschrieben haben, weil ihre Plattenfirma für acht Platten..., ganz bekannte Band..., will keinen Namen nennen jetzt und die sind fest..., hängen fest bei ihrer Plattenfirma für acht Platten. Die Band ist in den Charts, beim Touren und der Chef von der Band ist ein guter Freund von mir. Das kann man dann schon einen Knebelvertrag nennen, weil die kriegen zum Beispiel nur 10% vom Merchandising-Umsatz..., ist also schon eine Art Knebelvertrag, aber was zeigt uns das? Dass es immer Leute geben wird, die probieren andere über den Tisch zu ziehen. Ob du's nun Knebel- oder Bandübernahmevertrag nennen willst, egal! Wird's immer geben..., wie Leute, die mehr oder weniger vom Geschäft verstehen. Ob Joe Cocker, ein 68-er, besoffen auf der Bühne, Millionen Leute begeistert und trotzdem kein Geld gehabt oder ob das irgend 'ne Band ist, die ihre 20'000 Platten verkauft und verhältnismässig wenig daran beteiligt ist. Das Gute ist natürlich bei mir..., dass ich meine Touren, meine Tätigkeiten halt ein bisschen mehr plane als andere und dadurch besseres Handlungspotenzial besitze, um solchen Dingen vorzubeugen. Deshalb bin ich aber immer noch kein Millionär... (lacht)!

MF: Welche Bands oder Platten haben Dich sonst noch beeinflusst, respektive beeindruckt, wenn wir jetzt mal von Uriah Heep's "Best of"-Scheibe absehen?

Lars: Kiss, ("Alive 2"), Maiden (alles bis und mit "Powerslave", die insbesondere) und dann hört es eigentlich schon fast auf. Ich höre im Grunde keine moderne Musik mehr, also ich kaufe auch keine neuen Platten davon. Ich höre nur alten Scheiss...höre ein bisschen Roth (Bemerkung MF: klang danach, also David Lee Roth, bin aber nicht sicher!) Ich habe jetzt gerade..., in Madrid hatten wir 'ne After-Show Party, wo ich als DJ eingeteilt war und ich hab' nur alten Scheiss gespielt! Scheissalte Metallica ("Kill 'em all"), Ozzy Osbourne, Rainbow, Whitesnake ("Aint no love in the heart of the city"), damit bin ich aufgewachsen. Ich vermisse sie auch gar nicht, diese modernen Sachen..., nicht so, warum auch? Für mich waren die (alten) Zeiten super, die habe ich mir in meinem Herzen bewahrt und die werde ich fühlen, immer wenn ich irgendwie ein "Kill the king" höre, da kriege ich Gänsehaut und für Metalium schütte ich noch meine eigenen Ideen rein und mit den Ideen von den drei (anderen) Jungs..., daraus entsteht Metalium! Weiss nicht..., es gibt soviele..., jeder macht seine Sache und ich will auch keinen verurteilen..., jeder muss wissen, was er macht.

Aber es gibt im Moment, für meinen eigenen Geschmack soviele Bands da draussen..., und die werden auch noch Power Metal genannt. Ich höre mir das an und hör' nix von Power, nichts! Power assoziiere ich mit lauten Gitarren, einem richtig kraftvollen Sänger à la (Bruce) Dickinson von früher, oder so was..., und alles was ich höre ist: lala - lala - laaa..., ein Weihnachtslied mit Double Bass (Drum), Weihnachtsmelodien mit Double Bass..., ich will keine Namen nennen hier, aber es gibt da draussen Sachen, die haben so wenig mit Power zu tun, wie meine Mutter mit einem Heavy Metal Fan zu tun hat, nämlich gar nix! Und es wird trotzdem Power Metal genannt oder wie immer. Also da gibt es für mich eine persönliche Grenze, wo ich sage, das muss ich mir jetzt nicht anhören. Es gibt ein paar Sachen, die ich gut finde., aber die Platten kaufe ich ja nicht, aber ich denke mal, für mich selbst ziehe ich einen Strich und sage nee, wenn es mich nicht begeistert, muss ich es nicht haben. Mein Kumpel Arjen Lucassen macht "Ayreon"..., ich höre das und denke: fuck, was für ein geiles Ding! Und ich sag: "Arjen, schieb mal deine Platten rüber!" Das ist sowas von heavy, diese Ayreon, diese langsame vorallem..., dieser geile Keyboard-Sound..., da muss ich sagen, das ist klasse, das höre ich mir an.

Im Moment scheint es das höchste Gebot zu sein, von irgend 'ner Heavy Metal Band, möglichst wie Judas Priest vor zwanzig Jahren zu klingen. Verstehst du, was ich meine? Es ist scheinbar das Optimum. Es gibt eine andere Band, eines ex-Musikers von mir, die wird abgefeiert ohne Ende, scheinbar in den englischen Medien, bloss weil sie angeblich klingen wie eine Band zu "Painkiller"-Zeiten. "Painkiller" war ein super Album, vor fünfzehn Jahren (Bemerkung MF: Na ja..., zwölf Jahre reichen auch aus!) superklasse, heute noch superklasse. Aber es ist durch das Thema. Was ich nicht verstehe ist, dass die Medien sowas von beschränkt sind teilweise, dass es wohl das Gütesiegel ist, was so 'ne Band kriegen kann..., wie Judas Priest vor fünfzehn Jahren (zwölf Lars..., zwölf!) zu klingen, sorry! Also da müssen auch manche Medienvertreter aufwachen und irgendwie sagen, dass das nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann, wenn du klingst wie eine gute Kopie einer Band, die vor fünfzehn (immer noch zwölf...) Jahren ein Jahrhundert-Album abgeliefert hat. Da will ich nicht hin und höre mir diese Musik deshalb nicht an. Ich (wir) möchte(n) eigenständig sein! Ob ich's bin (wir das sind), das entscheidet letztendlich der Fan.

MF: Der Stil des Nu-Metal (zum Beispiel Nickelback, P.O.D. und so weiter) sorgt zur Zeit für fette Verkäufe. Wird man da nicht neidisch, während man sich selber ständig den Arsch aufreisst und Qualität abliefert?

Lars: Das ist definitiv ein Zwiespalt! Und ich, der halt ein bisschen älter ist und die Dinger aufgrund meiner Erfahrung im Business realistischer einschätzen kann, bin subjektiv nicht so verunsichert, aber andere Musiker in der Band, die jünger sind als ich..., ist schon so, dass sie sich richtig ärgern. Nun, was soll man machen? Du hast zwei Möglichkeiten. Da kannst sagen: okay, ich mache jetzt auch diese Musik, Scheiss drauf..., was mir mein Herz sagt oder du sagst, ich kann nur das, daran glaube ich und das mache ich. Ob es gut genug ist, darüber entscheidet (wiegesagt) der Fan.

MF: Was ich immer schon mal sagen wollte und nie durfte, ist: ...??

Lars: Pff..., was durfte ich...?, ...bin eigentlich dafür bekannt , dass ich ein grosses Maul hab' und deswegen bin ich auch mal ohne Freunde (lacht herzhaft)! Ich habe eigentlich immer gesagt, was ich dachte und hab' mir dadurch nicht immer Freunde gemacht..., mit allen riesigen Konsequenzen..., nee, mir fällt nichts ein!

MF: O.k., zum Schluss: was hast Du für eine persönliche Botschaft an die Schweizer Fans?

Lars: Habe ich eigentlich nicht..., ich weiss, in der Schweiz ist es schon so, dass scheinbar eine andere Mentalität herrscht, als in andern Ländern und es fällt auf..., mir fällt auf oder uns fällt auf, dass wir gerade in der Schweiz verurteilt wurden wegen dem Outfit. Komischerweise haben die Südeuropäer aber gerade das geliebt an uns, dass wir anders sind als andere und nicht auf die Bühne gehen, schwarz gekleidet, grimmig guckend und mit verschränkten Armen auf dem Foto. Und genau das war, was die gesagt haben..., das macht uns anders und deswegen sind wir mit unserem Video direkt auf Platz 2 der Charts gekracht da drüben. Hier gegenüber wurden wir belächelt. Aber deswegen habe ich noch lange keine Botschaft an die Schweizer. So sind sie, die Schweizer und wenn sie uns halt anders sehen wollen, aber nicht anders sehen werden, weil wir uns jetzt natürlich nicht danach richten, wie uns irgend jemand sehen will, dann ist es o.k.! Was soll ich sagen? Ich denke mal, langfristig muss sich Qualität und Kontinuität auszahlen und wenn wir in drei Jahren noch unterwegs sind und drei Platten weiter, dann wird der eine oder andere Schweizer merken..., oh, Metalium waren doch kein One Off Shot, sondern ordentlich auf Empfang..., wir werden sehen, wenn wir uns in drei Jahren wieder sehen!

MF: Schönes Schlusswort! Danke vielmals...

Lars: ...so isses!

MF: Super, o.k!