Interview: Lordi
By Rockslave
Was war das auch wieder für eine Aufregung vor zwei Jahren, als die Finnischen Horror-Rocker in Athen den «ESC» oder eben den ansich unsäglichen «European Songcontest» für sich entscheiden konnten. Ganz Europa..., na ja..., mehr oder weniger..., schaute gebannt in die Bildschirme und konnte nicht glauben, was sich da abspielte! Mit einem noch nie dagewesenen Vorsprung wurden all die doofen Hupfdohlen und holden Sangesknaben in die Schranken gewiesen. Seither sind Lordi in ihrer Heimat Helden für die Ewigkeit geworden und wurden gar von der Regierung offiziell geehrt! Man stelle sich das mal ernsthaft in der Schweiz vor..., unmöglich! Aber in Finnland, wo sich sogar Children Of Bodom (!) in den Landes-Charts tummeln, geht man eben anders mit diesem Thema um. Eigentlich wäre das Interview ja mit Master Lordi himself geplant gewesen, aber die gegenseitigen Termine passten einfach nicht. Etwa eine Woche später stand dann aber Keyboarderin Awa alias Leena Peisa Rede und Antwort. An dieser Stelle nochmals besten Dank an Iggie Wiederkehr (SonyBMG), die nicht locker liess und diesen Slot für Metal Factory ergattern konnte! So wählte ich also eines Abends eine Handy-Nummer in Finnland an... (AW = Awa)

AW: Hallo?

MF: Hallo..., hier spricht Daniel von Metal Factory...

AW: ...hallo..., hier ist Awa..., wie geht es dir?

MF: Danke..., gut..., und dir?

AW: Soweit ok..., aber ich bin etwas krank zur Zeit.

MF: Soll ich dich Leena nennen oder ist Awa ok?

AW: Nun..., ich bevorzuge Awa..., aber wenn du möchtest, kannst du mich schon beim richtigen Vornamen nennen..., doch ich denke, Awa ist besser!

MF: Der 20. Mai 2006 («ESC» in Athen - MF) war ein spezieller Tag für Lordi. Was hat sich seither bezüglich der Band und persönlich bei dir verändert?

AW: (Kichert) - Nun..., eigentlich nicht viel. Wir tun immer noch das, was wir lieben und das Gleiche wie vorher. Aber es ist schon so..., es hat sich einiges geändert..., wir waren auf der ganzen Welt unterwegs. Jetzt haben wir ein neues Album («Deadache» - MF) draussen und auch neue Kostüme. Es sind..., ich weiss nicht..., viele Dinge geschehen..., viele schöne Sachen.

MF: Ihr seid gerade zurück von der Tour in den Staaten drüben. Wie liefen diese Gigs und erzähl mir was vom Auftritt in der «Conan O'Brien Show»!?*

AW: Ahh..., ok! Es war eine gute Tour, wir waren etwa einen Monat unterwegs. Es lief grundsätzlich gut, wenn auch es bei einigen Shows nicht so viele Fans hatte. Meistens machte es aber grossen Spass und die Leute gingen mit. Dort gibt es keinen Contest..., wir sind ja nur eine Monster Rockband aus Finnland. Ja..., das war 'ne coole Sache..., und Conan..., (lacht herzlich) - ist hier in Finnland sehr bekannt und populär. Wir wunderten uns noch darüber. Er war sehr nett zu uns und sagte, dass er den Song, den wir spielten, sehr mochte. Er gab uns als Band zu verstehen, dass wir top sind, das war schon cool.

Hierzu noch eine kleine Bemerkung zum besseren Verständnis: Conan O'Brien betreibt in den U.S.A eine Late Night Show. Da er zufälligerweise eine gewisse Ähnlichkeit mit der Finnischen Regierungschefin Tarja Halonen aufweist, machte er deren Wiederwahl 2006 zu seinem Thema, das heisst aus der komödiantischen Perspektive. Dazu entstanden Werbespots in finnischer Sprache, die entsprechend ausgestrahlt wurden. Diese gerieten offenbar derart gut, dass O'Brian in Finnland zum Star und später gar offiziell eingeladen wurde, als er für ein Special angereist war!

MF: Ihr habt dort live gespielt..., richtig?

AW: Ja! Wir spielten «Bit It like A Bulldog». Alle Bands, die dort auftreten, spielen live..., ohne Playback!

MF: Eure Kostüme sind ja erneuert worden. Wer war diesmal der Designer und gefällt dir dein neuer Look?

AW: Nun..., wie immer war es Mr. Lordi selber, der auch diese Kostüme entworfen hat. Klar hat jeder von uns seine eigenen Ideen und eigentlich haben wir sie auch selber angefertigt. Mr. Lordi ist aber der Chef-Designer und yeah..., ich denke wir sind alle glücklich mit unserem neuen Aussehen. Es ist auch gut für uns, wenn wir uns verändern. Es war ja stets so, dass wir mit jedem neuen Album auch neue Kostüme hatten, respektive haben. Das macht Spass.

MF: Hebt ihr die alten Kostüme eigentlich auf und wenn ja, wo?

AW: Ja! Das tun wir und zwar sind diese alle in Rovaniemi (Lappland) in einer Art Rock Café im Stile der 80er untergebracht. Mr. Lordi bringt sie jeweils dorthin. Wenn du also mal in Rovaniemi (ist übrigens der Geburtsort des Sängers mit dem bürgerlichen Namen Tomi Putaansuu - MF) weilst, kannst du sie dir dort ansehen.

MF: Die neue Single «Bit It like A Bulldog» stand in Finnland auf der 1, das Album schaffte aber nur Platz 5. Seid ihr darüber enttäuscht?

AW: Nein, nein..., im Grunde genommen ist es eine gute Platzierung im Vorfeld der weihnachtlichen Zeit. Darüber hinaus kommen viele neue Alben heraus. Ich denke, in Finnland haben wir..., für die Finnen war der «ESC» eine überwältigende Sache und darum befinden wir uns jetzt in einer Art «Eurovision-Hangover». Ich verstehe, wenn die Leute nun ein bisschen genug haben. Vor zwei Jahren waren wir in jeder Zeitschrift, immer und überall präsent, auch wenn nicht jeder diese Aufmerksamkeit guthiess. So was in der Art..., aber wir haben uns über den 5. Platz gefreut. Wichtig für uns ist eh nicht, wie gross wir sind, sondern dass wir weiterhin das tun können..., Shows spielen aufgrund der Alben, die wir verkaufen.

MF: Normalerweise hattet ihr auf euren bisherigen Alben stets überlange Intros. Aktuell, auf dem neuen Album «Deadache», nicht mehr. Steckt da nun eine Geschichte dahinter oder ist das bloss Zufall?

AW: Nein..., ich weiss nicht, ob da was Konkretes dahinter steckt, weil das Intro von Mr. Lordi komponiert wurde. Aber ich denke, dass wir es diesmal kürzer gehalten haben, um eine Art Countdown für das ganze Album zu kriegen. Vielleicht war es auch nur ein Versuch..., mir persönlich passt es auch besser so, aber ich weiss nicht, wie es auf dem nächsten Album sein wird. Für jetzt ist es auf jeden Fall die richtige Entscheidung.

MF: Dann wird das eine Überraschung absetzen...

AW: ..., ja, womöglich gibt es das nächste Mal gar kein Intro mehr!

MF: Lass uns mehr über die Musik von «Deadache» sprechen. Meiner Meinung nach bewegen sich die meisten Songs auf einem höheren, musikalischen Level und sind so anspruchsvoll wie noch nie zuvor in der Geschichte von Lordi!

AW: Nun..., du bist nicht der Erste, der das sagt! (lacht herzlich) - Yeah..., ich denke, es ist immer noch Lordi, was du hörst. Wir haben jetzt nicht unseren Stil oder so verändert. Vielleicht..., es ist jetzt das vierte Album und wir hatten die Ambition, es ein wenig anders machen zu wollen..., gewisse andere Sachen zu probieren. Nicht bloss den einfachen Weg zu gehen...weisst du. Und dann unser Produzent Nino Laurenne (Gitarrist von Thunderstone - MF)..., er bestand strikte darauf, dass wir nun unser Bestes, wenn nicht noch mehr geben müssen. Mag auch sein, dass das ganze Geschehen der letzten Zeit einen gewissen Einfluss auf das Songwriting gehabt hat.

MF: Du hast die Musik von «The Rebirth Of The Countess» geschrieben. Warum nicht mehr und was hat es mit dem französischen Sprechpart am Schluss auf sich?

AW: Als wir mit dem Album angefangen haben, sollte eigentlich jeder von uns seinen Input leisten. Ich habe das zuvor noch nie gemacht und wusste zuerst nicht recht, was ich jetzt tun wollte. Mr. Lordi meinte dann, ich solle doch einen Solo-Part machen, um es dazwischen setzen zu können. Dann hatte ich die Idee, einen Song über meine Rolle der Awa zu schreiben. Ich wollte so zu sagen ihre Geschichte erzählen. Als ich fertig damit war, meinte Mr. Lordi beim Anhören dann, dass hier noch eine Stimme, ein Gebrabbel auf französisch dazu passen würde. Wir fanden, dass sich dafür das Französische am besten eignete und die Geschichte der Awa, die zum Monster wird, treffend erzählen lässt. Das ist ihre Geschichte...

MF: Du spielst alle Keyboards, ein wichtiges Instrument für den typischen Lordi-Sound. Bist du interessiert an der Technologie und den Möglichkeiten, wie verschiedene Sounds erzeugt werden können?

AW: Wow..., dazu muss ich sagen..., grundsätzlich bin ich es schon..., also weisst du..., ich weiss, dass ich die bin, die das gewisse Horror-Feeling in der Band beiträgt..., diese Art von 80er Rock mit Keyboards. Aber..., (lacht verlegen) - ich bin nicht sehr geübt im Umgang mit Computern, noch mit Keyboards, der Sound entsteht mittels Computer. Für dieses Album haben wir unseren Freund Jari Pailamo um Hilfe gebeten, dass er uns die entsprechenden Sounds kreiert. Er besitzt eine grosse Anzahl verschiedener Instrumente und brachte die alle mit ins Studio. Er war eigentlich Derjenige, der die meisten Sounds gemacht hat. Natürlich..., wenn wir live spielen, erzeuge ich alle Effekte und kombiniere sie. Ich denke, dass ich das mittlerweile besser hinkriege als zuvor (lacht), weil Jari mir einiges beigebracht hat. Darum interessiert es mich jetzt auch mehr. Die Credits gehen aber an ihn und nicht an mich.

MF: Sehr ehrlich von dir..., wirklich...

AW: Er spielte die Sachen zwar nicht selber, aber im Studio waren unser Producer, Mr. Lordi, Jari und ich zusammen dran und legten jeweils fest, wie es zu klingen hat. Er (Jari) setzte dann unsere Ideen um.

MF: Auf der folgenden «Deadache»-Tour im nächsten Jahr werdet ihr auch in der Schweiz auftreten, und zwar am 4. März 2009. Was die Location (Rohstofflager) angeht, so ist es dort ziemlich eng. Ich denke, dass könnte ein Problem für die Pyros werden...

AW: ...oh nein..., verdammt..., davon weiss ich nichts im Moment. Es gibt schon ein paar Orte, wo wir keine Pyros benützen können. Wir versuchen natürlich immer unser Bestes, aber manchmal heisst es vom Brandschutz-Verantwortlichen für die Sicherheit vor Ort: «No way!». Das kann vorkommen..., aber wir haben diesmal die Möglichkeit geschaffen, entsprechende Pyros auch an kleineren Orten einsetzen zu können.

MF: Wir werden sehen...

AW: ...das letzte Mal hatten wir ja dieses Schloss auf der Bühne, das auch nicht überall hinein gepasst hat. Nun haben wir uns darauf vorbereitet, auch an kleineren Orten spielen zu können. Das mit den Pyros ist allerdings Sache der örtlichen Behörden.

MF: Awa..., was geschieht mit dir, wenn du dein Kostüm ausziehst? Wie unterscheiden sich Awa und Leena voneinander?

AW: Wow..., das ist eine ganze Menge (lacht) - Ich hoffe, dass ich dann ein wenig hübscher aussehe (lacht), wenn ich die Maske nicht trage. Ein typisches, finnisches Girl eben..., ich weiss nicht..., ich denke, dass ich netter und scheuer als Awa bin. Eigentlich..., wenn du das Kostüm anziehst und dich so im Spiegel siehst, dann veränderst du dich wirklich ein wenig. Natürlich wird dir bewusst, dass es nur eine Maske ist. Aber ich kann dir bestätigen, dass du dich anders gibst, als ohne die Maske. Auch wenn es anstrengend ist, kannst du Dinge tun, die sonst nicht gehen.

MF: Aber du fühlst dich wohl, wenn du im Kostüm steckst und dann eine bestimmte Rolle annimmst?

AW: Ja! Es ist so zu sagen mein Arbeitskleid. Wenn ein Arzt seine Arbeit macht, trägt dieser seinen weissen Kittel und wir ziehen uns für unsere Arbeit eben die Kostüme an. Es ist in der Tat eine Rolle und ich denke, niemand anderes könnte Awa, Amen oder Mr. Lordi sein. Natürlich bewahren wir unsere Persönlichkeiten, aber es ist eine Art des Schauspiels..., das ist etwas schwierig zu erklären.

MF: Lordi haben die Plattenfirma gewechselt..., von Drakkar Entertainment zu SonyBMG. Bemerkst du bereits Unterschiede?

AW: Nun..., in Finnland waren wir schon immer bei Sony.., ja..., wir haben Drakkar verlassen, aber das ist immer noch ein sehr gutes Label. Das ist halt Business-Zeugs und dieses Album ("Deadache" - MF) ist jetzt ein Sony-Album. Ich weiss nicht..., vielleicht..., Drakkar haben auch einen sehr guten Job gemacht..., an der «Popkomm» in Berlin habe ich die Leute von Sony mal persönlich kennen gelernt und fand es cool, dass sie uns mögen.

MF: Ich habe nur gefragt, weil Sony die um einiges grössere Company ist!

AW: Yeah..., das ist so..., und bringt auch Vorteile, da eine grosse Firma auch besseres Marketing betreibt..., was immer. Was das heutige Musikbusiness angeht, so gibt es auch viele kleine Firmen, die sehr gute Arbeit leisten und manchmal gar erfolgreicher als die grossen.

MF: Jetzt stehen wir in der (Vor-) Weihnachtszeit! Feierst du zusammen mit deiner Familie und welche sind deine guten Vorsätze für das nächste Jahr?

AW: Oh..., na....(kichert) - yeah..., ja, ich feiere zusammen mit der Famile. In Finnland ist Weihnachten ohnehin eine bedeutende Angelegenheit! Dies und das so genannte «Mitte Sommerfest» sind die zwei wichtigsten Anlässe im Jahr.

MF: Das wusste ich nicht.

AW: An Weihnachten..., sogar in Helsinki fährt die U-Bahn ab zwei Uhr Mittags nicht mehr! Da siehst du praktische keinen Menschen mehr auf der Strasse. Alle sind irgendwo drinnen, essen und feiern. Das Leben steht gewissermassen still in der Stadt, das ist echt schräg. Es herrscht dann eine Art der Stille..., eine 1-Tagesstille (lacht) - in anderen Ländern findet das öffentlicher statt. In Finnland hingegen ist man zusammen mit Freunden, der Familie und feiert. Was war noch der Rest der Frage?

MF: Von wegen den Vorsätzen..., hast du welche?

AW: Oh mein Gott..., also..., ich möchte gute Shows in Europa spielen und mein Bestes geben. Dann möchte ich mehr Zeit mit meinen Freunden verbringen können. Ich vermisse sie, weil ich sie nicht oft sehe, da wir viel unterwegs sind. Ich will versuchen, sie vermehrt über E-Mail zu erreichen. Was noch..., ich weiss nicht..., gesünder zu essen!

MF: Im Moment steckt die Weltwirtschaft in einer Krise. Wie sieht es da eigentlich in Finnland aus?

AW: Nun..., wir haben die gleichen Probleme auch, weil viele Firmen ihre Waren für das Ausland herstellen. Vor allem für die U.S.A. und wir wissen ja alle, was dort zur Zeit abgeht. Wenn es denen nicht gut geht, betrifft das uns gleichermassen. Aber im Moment ist es soweit gut. Aber in den Staaten..., uns haben viele Fans geschrieben, dass gerne zu unseren Show gekommen wären, aber das Geld dazu nicht haben. Vielleicht ändert es sich dahin gehend, dass sonst weniger gekauft wird, um an die Konzerte gehen zu können und Spass zu haben. Es gibt Leute die sagen, dass es erst wieder in zehn Jahren besser wird..., hoffentlich nicht, also eher.

MF: Ok Awa..., last famous words: Was möchtest du unseren Lesern und den Schweizer Lordi-Fans noch mitteilen?

AW: Oh..., hmm..., frohe Weihnachten, ein gutes neues Jahr..., habt Spass und seid willkommen zu unseren Shows. Wir haben neue Kostüme, frische Songs und eine neue Show. Ich verspreche euch, dass ihr sie mögen werdet.

MF: Ich werde auf jeden Fall dabei sein im März!

AW: Gut..., das ist schön.

MF: Awa..., besten Dank..., alles Gute für dich und die Band und bis zum nächsten Jahr!

AW: Ich danke dir, wir sehen uns dann.