Interview: Judas Priest
By Rockslave
Die Anfrage von Sony/BMG, ob wir Interesse an diesem Interview hätten, klang sprichwörtlich wie Musik in unseren Ohren! Dieser Termin wurde darauf, obwohl (ursprünglich) mitten im Nachmittag gelegen, zur "Chefsache" erhoben. So richtete ich mich für die in Aussicht stehenden fünzehn Minuten mit Gitarrist Glenn Tipton entsprechend ein. Mit "The Essential Judas Priest" (neue Best-of Compilation auf DCD) und der brandneuen Live-DVD "Rising in the East" haben Judas Priest wieder neues Futter für ihre (jüngeren wie älteren) Fans am Start. Nach dem Wiedereinstieg des Metal God's bei den Oberpriestern ist spürbar mehr Zug drin. Die letzten Konzerte von 2004 & 2005 zeigten deutlich, dass die Band, trotz des nicht mehr ganz so taufrischen Rob Halford, die Massen wieder mobilisieren kann. Mein Gesprächspartner Glenn zeigte sich darob sichtlich erfreut und erzählte mir aus seiner Heimat (er bejahte die Frage, ob er sich gerade "zu Hause", also in Birmingham, befinde) weitere interessante Dinge rund um die Band wie von sich selber und zeigte sich offenbar sehr überrascht, dass Judas Priest im Frühling 2005 auf der Euro-Tour die Schweiz aussen vor gelassen haben und gelobte hoch und heilig "Besserung" für die nächste Tour! Schweizer Fans..., die Hoffnung stirbt zuletzt! Die Metal Factory freut sich zudem darüber, dass dieser Interview-Slot für die Schweiz "semi-exklusiv" ist, da diesmal nur noch ein einziger, weiterer Medienpartner zum Zug kam! Bis es allerdings soweit war, respektive ich (!) in England anrufen musste, verschob sich der ursprüngliche Termin nicht weniger als drei Mal (14.35 >> 14.50 >> 16.05 >> 16.00 h!) - Zum Schluss ging es dann, wie Ihr sehen könnt, sogar wirklich noch um fünf Minuten, aber es klappte kurz nach 16.00 Uhr, und das ist die Hauptsache, oder?!! (GT = Glenn Tipton)

GT: Hallo Daniel...

MF: Hallo Glenn!

GT: Wie geht es dir?

MF: Danke..., gut! Und selber?

GT: Auch gut...

MF: Wo bist du gerade? Zu Hause?

GT: Yeah...

MF: Während der Euro-Tour im letzten Frühling haben Judas Priest nicht in der Schweiz gespielt! Warum?

GT: Wirklich?

MF: Ja!

GT: Oh..., du schockst mich! Wir werden uns das nächste Mal auf euch ausrichten, das verspreche ich dir!

MF: Ich Ordnung..., ok...

GT: Haben wir haben echt nicht bei euch gespielt..., kein Festival oder so?

MF: Nein! Ihr wart 2004 (6. Juni - MF) in Frauenfeld, aber 2005 gab es kein Konzert bei uns...

GT: Ich verspreche dir, dass wir euch das nächste Mal berücksichtigen werden!

MF: In Ordnung...

Darauf wollte ich eigentlich von Glenn wissen, wo er die Unterschiede zwischen "Inleashed in the East" von 1979, "Priest Live" von 1987 und der aktuellen Live-DVD "Rising in the East" sehe. Da ich Dödel (wohl in der Aufregung...) auf seine Frage hin, ob ich die neue Compilation "The Essential Judas Priest" meine (da Glenn das Wort "Live" offenbar nicht mit "Rising..." verband), mit "ja" beantwortete, reagierte Glenn zuerst etwas ratlos und gab die Frage postwendend an mich zurück, worauf sich diese quasi in Luft auflöste... har har! Nun ja...

MF: "Angel of retribution" überraschte eure Fans mit ein paar ungewohnten Klängen. Was können wir vom neuen Album erwarten? Geht das Songwriting in die gleiche Richtung?

GT: Nun..., wie du weisst, waren wir die letzten zwei Jahre auf Tour und vor Weihnachten noch in der Ukraine! Wir beschlossen, im Januar mit der Planung zu beginnen, dass wir im Februar als Band wieder zusammen kommen, wo jeder seine eigenen Vorstellungen einbringt. Aber eigentlich wissen wir nie genau, was jeweils aus unseren gemeinsamen Sessions hervor geht. Richtig beginnen wir mit dem Songwriting im Zeitraum Februar/März/April und hoffen, dass wir danach das neue Album beieinander haben. Aber weisst du Daniel, wir wissen nicht, in welche Richtung es gehen wird. Jedes Album, das wir gemacht haben, klingt ohne Zweifel nach Judas Priest. Es gibt kleine Unterschiede..., aber das macht es ja interessant. Aber welche Richtung es nehmen wird..., das wissen wir nicht.

MF: Die neue (Live-) DVD "Rising in the East" wurde in Japan aufgenommen. Warum habt ihr keines der Heimkonzerte mitgeschnitten?

GT: Ähmm..., weil..., wenn du dich erinnern kannst..., eines der besten Live-Alben war "Unleashed in the East", und wir wussten, dass wir auf dieser Tour ein Konzert mitschneiden würden, aber noch nicht welches. Dann war es eben das aus dem Budokan. Es war eine Art, so das 30ste Jubiläum zu feiern..., eine liebevolle Hommage, von der wir fanden, dass sie an diesem Ort richtig sei. Das ist eigentlich der "Madison Square Garden" von Japan. Wir fanden es sei eine gute Idee und..., wir taten es!

MF: Ohne Zweifel: Judas Priest gehen gestärkt aus der Reunion hervor. Würde die Band weiter bestehen, wenn jetzt zum Beipspiel KK (Downing - MF) die Band spontan verlassen würde?

GT: (lacht) - Nun..., ich weiss nicht! Wir haben immer gesagt, dass wenn eines der Gründungsmitglieder geht, dass es möglicherweise nicht mehr weiter geht. Du weisst die Antwort nur, wenn es wirklich passiert. Ich denke..., weisst du..., KK, ich, Rob..., Ian oder Scott..., wir sind alle wichtige Mitglieder dieser Band. Falls nun jemand geht, dann würde es schon schwierig..., auf jeden Fall.

MF: Um über einen längeren Zeitraum Erfolg zu haben, ist es wichtig, dass man die nächste Generation der jungen Fans erreicht. Wie steht es um die Judas Priest Fanbase im Jahre 2006?

GT: Nun..., Daniel..., die gute Sache für uns ist..., wir hatten an unseren Konzerten so viele junge Fans, das war unglaublich! Viele waren mit ihren Eltern da, eine ganze Menge jedoch auch alleine und viele von ihnen haben uns wieder entdeckt! Es war wirklich umwerfend, all diese jungen Leute an den Konzerten zu sehen. Ich denke, wir machen es richtig..., was immer es auch ist. Wir waren lange genug da, damit sich der Kreis wieder schliesst und jeder uns wieder mag. Das ist das Wichtigste und freut uns sehr.

MF: Wenn du auf deine aussergewöhnliche Karriere als Musiker zurück schaust, während der du mit deinen Freunden und Bandkollegen zusammen gespielt hast: Würdest du es wieder tun?

GT: Yeah..., ich würde es wieder tun! Ich hatte eine tolle Zeit..., ich liebe es, im Studio kreativ zu sein, Songs zu schreiben und auf der Bühne zu stehen. Und ich konnte das tun, während ich rund um die Welt reiste. Es war eine fantastische Karriere..., vor 30 Jahren dachten wir, dass Heavy Metal die richtige Wahl sei, um eine Karriere als Musiker machen zu können. Und es dauert immer noch an..., wir hatten soviel Spass, kamen in der Welt rum..., und das, was wir machen..., lieben wir mehr als alles andere: Einfach "Judas Priest Musik" vor Heavy Metal Fans zu spielen!

MF: Lass uns nach Japan zurück kehren: Was weisst du über "Visual Kei"? Bekannte Vertreter dieser Bewegung sind Bands wie Dir En Grey, Mucc oder D'Espairs Ray. Kennst du diese Namen, sind sie dir bekannt?

GT: Nein, ich weiss gar nichts von dieser Bewegung. Was ist das?

MF: Die Musik klingt in etwa wie Marilyn Manson und hat viel Theatralisches an sich. Zudem sind diese Bands dort sehr erfolgreich und füllen auch grosse Arenen im Nu!

GF: Und wie heissen die nochmals?

MF: Eine der bekanntesten Truppen heisst Dir En Grey...

GF: Ich glaube, ich hab' mal was vor ein paar Monaten vernommen von denen, wusste aber nicht, dass sich das Ganze "Visual Kei" nennt.

MF: In einer grossen deutschen Musikzeitschrift war unlängst ein grosser Report darüber zu lesen...

GF: ...das muss ich demnach nachholen und mich schlau machen darüber, denn ich mag neue Sachen!

MF: Welche Pläne habt ihr für 2006 geschmiedet?

GF: Wir werden am 31. März in der (Londoner - MF) Albert Hall ein Benefiz-Konzert spielen und wir sprachen bereits über ein paar Dates im Sommer, aber zuerst muss das neue Album fertig sein! Wir werden in der nächsten Zeit voll und ganz damit beschäftigt sein und ausser diesem einen Konzert nichts anderes machen. Wir möchten wirklich bald eine neue Platte veröffentlichen, weil wir unsere Fans so lange warten liessen. Das ist sehr wichtig für uns und hat Priorität.

MF: Eine persönliche Frage an dich als Gitarrist: Weisst du, wieviele Gitarren du mittlerweile dein Eigen nennst?

GT: Nein..., tu ich nicht..., echt nicht! Ich meine, ich habe eine ganze Menge davon..., ich bin aber kein Sammler in diesem Sinne. Gitarren sind für mich Werkzeuge..., gut, ich habe eine alte Stratocaster, Telecaster, schlanke Gibsons, eine 335er, die sonst eigentlich an der Wand hängt. Ich habe sie kürzlich mal für ein paar Leads gespielt und sie klang superb. Weisst du, eine Gitarre ist ein Arbeitsgerät, das du mit auf Tour nimmst und einfach funktionieren muss. Ich habe auch eine Menge akustischer Gitarren..., ich habe keine Ahnung wie viele es sind. Sie sind alle in einem Abstellraum im Studio aufgestellt und einige in Koffern drin.

MF: Aber du bist zufrieden mit dem heutigen Stand der Technik bezüglich deiner Bedürfnisse?

GT: Ja, ich arbeite gerade mit Hamer zusammen an einer neuen Gitarre, einem Prototyp, gebaut von John Diggins in Birmingham, meinem eigenen Designer. Ich bekomme alles, was ich eigentlich erwarte..., gut... , nicht ganz, aber was die Basics für meine Lead-, Rhythmus- und Solo-Arbeit angeht..., das schon, da werde ich unterstützt von Hamer.

MF: Deep Purple spielten auf der letzten Tour das komplette "Machine head"-Album. Wäre das auch eine Option für Judas Priest?

GT: Ich denke, das ist eine gute Option..., für das nächste Mal werden wir, was unser aller Absicht ist, eine ganz neue Setliste zusammen stellen und nach alten Songs graben, nach denen uns die Leute gefragt haben. Wir haben so viele davon..., der Backkatalog ist riesig! Nun..., wir werden das tun..., und das wäre eine gute Idee, zum Beipspiel das ganze "Ram it down"-Album zu spielen oder eines der anderen sechzehn...., das ist eine gute Idee!

MF: Wenn du die aktuelle Szene betrachtest, siehst du da Bands, von denen du denkst, dass die mal was werden könnten?

GT: Nicht wirklich..., ich mein', wenn du heute eine erfolgreiche Band hörst, dann haben die vielleicht einen erfolgreichen Song. Als ich jung war, hoffte ich von meinen eigenen Bands auch, dass sie erfolgreicher werden. Es ist schwierig..., ich gehe ab und zu in einen Plattenladen und höre mir ein paar Tracks an. Früher entdeckte ich so die eine oder andere Band, aber heute ist das seltener. Ich glaube, es ist schwierig zu sagen, was erfolgreich wird oder nicht..., ich kann dir sagen, ob es eine gute oder schlechte Band ist. Aber da kommen dann welche, bei denen sich man schon fragen muss, warum sie erfolgreich sind..., schwierig zu sagen.

MF: Als ihr mit dem Ripper (Tim Owens - MF) zusammen wart, wurden Konzerte vor deutlich weniger Leuten gegeben, wie zum Beispiel im Zürcher Volkshaus. Wie hast du dich dabei gefühlt?

GF: Ich habe keine Probleme damit, im Gegenteil! Das macht sehr grossen Spass, an so einem Ort zu spielen, wo die Fans voll abgehen. Das ist eine der besten Formen, um uns zu sehen. Das ist nie langweilig..., wir wussten natürlich schon, als wir mit Tim zurück kamen, dass wir Einiges wieder aufbauen mussten. Wir waren zwar die "gleichen" Judas Priest, aber es war uns schon bewusst, dass wir nicht mehr in den ganz grossen Arenen auftreten konnten. Wir mussten uns zuerst wieder heran tasten. Nichtsdestotrotz mag ich aber gerade diese Konzerte vor 2'000 bis 3'000 enthusiastischen Fans, sie gehören zu den besten überhaupt!

MF: Ok Glenn..., (die strikt verordnete Zeit von 15 Minuten war leider bereits verstrichen...), besten Dank!

GF: Es war mir eine Freude Daniel...

MF: ...und was sind deine abschliessenden Worte an unsere Leserschaft?

GF: Entschuldigt, dass wir uns eine Weile nicht haben blicken lassen bei Euch, aber du hast, respektive Ihr habt mein Wort: Wir kommen wieder zurück in die Schweiz..., sobald es geht..., versprochen!

MF: Toll und alles Gute!

GT: Ok, vielen Dank Daniel..., bye bye!