Interview: Gotthard
By: Marco F.
Henna HabeggerBald ist es soweit, ein neues Werk der erfolgreichen Schweizer Rockband Gotthard steht vor der Türe. Seit den Anfangstagen verfolge ich den Weg der Band aufmerksam und ich gehöre zu denjenigen, welche sich durchaus ein paar härtere Töne von Gotthard wünschen würden. Dass die Musiker aus dem Tessin alles begnadete Künstler sind und mit Sänger Steve Lee einen charismatischen und ausdrucksstarken Fronter haben, wissen wir alle. Gespannt dürfen wir nun sein, ob Gotthard nach dem Abgang von Produzent Chris von Rohr musikalisch einen neuen Weg einschlagen werden und wir wieder in den Genuss von richtigen Rock'n'Roll-Krachern kommen. Gerade im Hinblick darauf, dass die Schweizer Rocker in Deutschland noch vermehrt Fuss fassen wollen und gleichzeitig auch einen Blick nach Amerika werfen, könnte das Motto "Back to the roots" für weitere Erfolge in der Bandgeschichte sorgen. Im Rahmen der Promotion für das kommende Album hatte ich die Gelegenheit, mit Drummer Hena Habegger ein kurzes Interview zu führen:

MF: Zuerst gleich eine Frage, die sicher viele Leser der Metal Factory interessiert: werden Gotthard wieder ein weniger "rockiger"?

Hena: Tja..., nach einer "Best of Ballads" ist es klar, dass wir ein wenig mehr rocken. Wir haben wieder den typischen Gotthard-Mix mit Abgeh-Nummern und auch ein paar Balladen gewählt. Es ist von allem was dabei!

MF: Wie liefen die Aufnahmen mit dem neuen amerikanischen Produzenten Marc Tanner?

Hena: Sehr gut! Wir bereuen es nicht, dass wir den Schritt zu einem neuen Produzenten hin gewagt haben. "Es hed wunderbar gfruchtet"! Ich denke, dass es das beste Gotthard Album schlechthin ist und wir benötigten gar nicht so lange für die Aufnahmen und es war total locker. Insgesamt dauerte es fünf Wochen, inklusive noch ein paar Overdubs in Amerika. Zusätzlich haben wir bei einem Song noch ein Streichquartett eingebaut.

MF: Der Produzent war ja bei euch im Tessin...

Hena: ...ganz genau! Im Vorfeld haben wir ein paar Produzenten gecheckt. Dann haben wir ihn (Tanner) mal bei einem Nachtessen zuerst getroffen und nach zwei, drei Stunden war der Fall klar und wir hatten uns gefunden. Dabei durften wir eine kreative Explosion miterleben! Es war wirklich mega gut. Darauf wurden die Songs ausgewählt, wir hatten circa 25 Songs ready. Die haben wir ihm präsentiert und er brachte auch noch ein paar Ideen mit ein. Schliesslich machten wir uns ans Arrangieren und so lief das Ganze rund.

MF: Nun ein Wort zu Chris von Rohr. Hat sich die Trennung langsam abgezeichnet, wie kam es dazu und wie hat er reagiert?

Hena: Wir haben sieben Alben zusammen gemacht. Zeig mir mal eine Band, die mit dem gleichen Produzenten so viele Platten aufgenommen hat! Wir haben ihm gesagt, dass wir mal etwas Neues ausprobieren möchten. Chris hatte schon früher erwähnt, dass es für ihn kein Problem sei, wenn wir mal das Gefühl haben, dass ein neuer Produzent neue Inputs geben könnte und wir das, wenn es soweit ist, ruhig machen sollen.

MF: Was sind eure persönlichen Erwartungen an die neue Scheibe? Wollt ihr neue Märkte erobern?

Hena: Durch das, dass Marc Tanner ein Ami ist und überall ein wenig seine Finger im Spiel hat (und mittlerweile über siebzig Alben produziert hat, zum Beispiel The Calling, die MTV-Newcomer und Award-Gewinner, Armageddon-Soundtrack und so weiter) erhoffen wir uns schon, dass sich das eine oder andere Türchen noch öffnet. Da sind eine Menge Leute gespannt, was er Neues bringt, nach The Calling.

MF: Demnach peilt ihr den amerikanischen Markt an?

Hena: Auf jeden Fall! Wir haben jetzt in den U.S.A auch ein Management, das alles für uns geben und versuchen wird, uns dort an den Mann zu bringen. Es wird daran gearbeitet, aber man kann natürlich noch nicht von einem Durchbruch in den Staaten sprechen, aber wir sind dran! Auch Australien ist interessiert. Ich denke, dass wir euch in zwei, drei Monaten mehr erzählen können.

MF: Anders sieht es ja in der Schweiz aus, da gehört es für euch ja wohl schon fast zum Alltag, dass ihr Auszeichnungen und goldene Platten abräumt?

Hena: Es ist immer schön, einen Award oder so für die harte Arbeit zu erhalten, die man gemacht hat. Das schätzen wir immer sehr!

MF: Wie seid ihr zum Album-Titel "Human Zoo" gekommen, steckt da eine Story dahinter?

Hena: Also die Idee zum Titel entstand in Thailand, als wir dort waren, um ein Video zu drehen. Durch die vielen Eindrücke..., ich könnte dir diese nun bis zum "Gehtnichtmehr" schildern. Wir hatten dort so viele Eindrücke und Impressionen und dachten uns, sind wir hier im Zoo oder was? Der Unterschied der Kulturen und Mentalitäten faszinierte uns. Irgendwo fiel dann der Ausdruck "Human Zoo" und wir haben uns gleich gesagt, da müssen wir mal einen Song darüber schreiben. Bei der Auswahl des Album Titels kamen wir schliesslich auf "Human Zoo" zurück. Aber dieser Song allein soll natürlich nicht das Aushängeschild für dieses Album sein, es hat ja genug weitere gute Songs auf der Scheibe, ihr werdet es dann hören!

MF: Bald geht es ja auf grosse Deutschland/Schweiz/Österreich Tournee, was können die Fans erwarten?

Hena: Sicher werden wir den Schwerpunkt auf die neuen Songs von "Human Zoo" legen, spielen aber natürlich auch viele unserer alten Hits!

MF: In der Schweiz sind Kingdom Come mit von der Partie, wie gefällt dir diese Band?

Hena: Ich verfolge Kingdom Come schon seit der ersten Platte, wirklich ein klasse Supporting-Act!

MF: Was hältst du vom Comeback von Krokus?

Hena: Wir kennen die Jungs alle sehr gut und sind mit ihnen befreundet. Es freut uns für sie, dass sie wieder erfolgreich sind.

MF: Wie beurteilst du die Schweizer Musik-Szene im Allgemeinen?

Hena: Es gibt eine Menge guter Musiker, auch die Akzeptanz für Schweizer Rock und Pop Musik ist um Einiges grösser geworden, als zum Beispiel noch vor zehn Jahren. Auch die Mundartwelle beeinflusst das Ganze sehr. Nach Gölä dachten alle, da komme jetzt nichts mehr und nun gibt es schon wieder Bands wie Plüsch, die grosse Erfolge feiern können.

MF: Wie bist du denn zur Rockmusik gekommen? Dazu gehört ja die häufig gestellte Frage nach der ersten Platte, die man sich gekauft hat.

Hena: Ich wollte eigentlich schon immer Musik machen, das war für mich klar. Nach der Schule hiess es jedoch wie üblich, du musst erst einen "richtigen" Job erlernen. Aber eben, es war schon immer mein Traum Rockmusiker zu werden und dafür habe ich mich entschieden und es durchgezogen. Ich glaube, ich hörte schon mit neun Jahren Kiss Platten!

MF: Was läuft im Moment so für Sound bei dir?

Hena: Da habe ich eigentlich keine speziellen Favoriten. Für mich zählt ansich immer der Song selber, egal von welcher Band. Als Musiker schaut man dann halt auch noch auf die Details und Arrangements. Sonst bin ich musikalisch sehr vielseitig, im Moment sind gerade Matchbox 20 oder Creed angesagt.

MF: Ihr engagiert euch immer wieder für wohltätige Zwecke. Wie kommt es zu solchen Engagements, ist das jeweils eine Entscheidung der ganzen Band oder gar der Plattenfirma?

Hena: Nein, das wird immer von uns allen entschieden. Egal, ob Hockeyspiele für einen guten Zweck oder eine Aufnahme für Teleton. Wir machen da gerne mit. Wichtig ist für uns, dass es nur seriöse Projekte sind.

MF: A propos Eishockey..., vor gut einem Jahr seid ihr ja für ein Benefiz-Konzert zu Gunsten des Eishockeyclubs Ambri in der Valascia im Gespräch gewesen. Bekanntlich sind die meisten von euch aber Tifosi des HC Lugano, was gibt es darüber zu erzählen?

Hena: Also, wir hatten uns bereit erklärt, ein Konzert zu Gunsten von Ambri zu geben, aber später hörten wir dann nichts mehr von ihnen..., ja..., einige von uns sind schon Lugano Fans, aber es braucht ja immer beide Mannschaften, wie zum Beispiel auch das Berner Derby zwischen dem SC Bern und den SCL Tigers und so weiter. Wir sind jedoch nicht so fanatische Fans!

MF: Welche Ziele haben Gotthard für die kommenden Monate in diesem Jahr?

Hena: Mit unserer Top-Platte im Gepäck hoffen wir, auch in den englischsprachigen Ländern wie UK, Canada, Australien oder gar den U.S.A einige Türen zu öffnen und natürlich weiterhin fleissig in Europa ab zu rocken. Die Zeichen für uns standen noch nie so gut!

MF: Noch eine andere Frage, ihr geltet als Tessiner Band. Lebt ihr denn alle im Tessin?

Hena: Ja, der grösste Teil der Band schon. Ist halt einfacher, wenn alle zusammen sind. In der Regel ist es ja so, dass man in der Nähe seines Arbeitsplatzes wohnt!

MF: Gab es für dich auch schon Momente, wo du null Bock hattest auf die Bühne zu gehen?

Hena: Eigentlich nicht, schliesslich ist es ja auch unser Job. Klar bin ich auch schon weniger gut drauf gewesen, aber wenn du dann auf der Bühne bist, spürst du diese enorme Energie und dann geht die Post ab!

MF: Was würdest du einem Jungen Musiker raten, der auch den Weg nach ganz oben gehen möchte?

Hena: Wichtig ist Geduld, viel Geduld und harte Arbeit. Es wird einen in diesem Business nichts geschenkt!

MF: O.k., besten Dank für deine interessanten Statements. Hast du noch eine Message an unsere Leser der Metal Factory?

Hena: Na klar, hört doch alle mal in unsere Scheibe rein, ihr werdet bestimmt nicht enttäuscht sein!