Interview: Godiva
By Rockslave
Vor zwei Jahren legten Godiva mit ihrem selbstbetitelten Debüt ein saustarkes Stück Heavy Metal in bester Primal Fear/Judas Priest Manier vor. Unter der Schirmherrschaft von Tom Naumann, der nebst der Produktion des Albums gelegentlich auch als Live-Gast die Bühne mit Godiva teilte, konnte man sich musikalisch locker unter Seinesgleichen behaupten. Somit standen die Zeichen auf Sturm, zumal die Band über unbestrittene Live-Qualitäten verfügt. Etwas umstritten war hingegen der Hang von Sänger Anthony de Angelis zu seiner fetischangehauchten Bühnenperformance im Fahrwasser von Altmeister Alice Cooper zu früheren Zeiten. Da die Güte der Songs nie ein Thema war, störte mich diese mitunter voyeuristische wie "perverse Message" dieser Darbietungen schon von Anfang an. Es passte einfach nicht ins Gesamtbild. Zwei Jahre später ist das Futter für die Geschichtsschreibung, denn nun steht mit Fernando Garcia (Ex-Victory) ein alter Haudegen am Mikro, dessen Wahl wie die berühmte Faust aufs Auge ist! Nachzuhören ist dies auf dem neuen Hammer-Album "Call me under 666". Dieser Meinung war auch mein heutiger Gesprächspartner und Drummer Pesche Gander, der am anderen Ende der Leitung gutgelaunt an einer Cola (!) nippte, während ich zwischendurch ein kühles Bier kredenzte..., Prost! (PG = Pesche Gander)

MF: Neues Album, neuer Sänger! Warum kam es zum Wechsel und wie wirkt sich Fernando's musikalische Vergangenheit auf Godiva aus?

PG: Nun..., zum Wechsel kam es, also..., Anthony hatte die CD, das neue Album, eigentlich schon eingesungen. Es war alles bereits fertig. Da diskutierten wir über Zukunftspläne und es zeigte sich, dass sich unsere Vorstellungen nicht mehr deckten. Der Weg, den die Band gehen wollte, war ein anderer. Es ist wie in einer Beziehung: Manchmal ist es besser, wenn man sich trennt! Zu Fernando's Vergangenheit..., auf ihn sind wir gekommen, da er auf der ersten Version (von "Call me under 666" - MF) Backing Vocals gesungen hatte. Da fragten wir ganz salopp bei ihm nach, ob er Bock darauf hätte, das Ganze zu machen. Seine Vergangenheit wirkt sich schon etwas dahin gehend aus, dass man wegen ihm ein gewisse Aufmerksamkeit erhält..., ah..., das ist doch der, der mal bei Victory war. Man kennt ihn noch..., und deshalb geht es bei gewissen Dingen schon etwas einfacher, aber extrem hat sich das nicht ausgewirkt. Und musikalisch..., du hörst es selber..., du kennst die erste CD sicher...

MF: ...ja..., tue ich...

PG: ...eben..., du bemerkst Fernando's Melodien..., es ist einfach viel melodiöser..., weniger hart, was er singt..., das typisch Garcia-mässige aus Victory-Zeiten. Anthony sang rauer, sicher auch geil und die Halford-Passagen, die hat er beherrscht. Fernando hat da einen ganz anderen Stil, was letztlich auch die Musik ziemlich verändert.

MF: Trotzdem kann man aber sagen, dass auf der neuen CD die Wucht des Vorgängers nach wie vor vorhanden ist!?

PG: Das ist sicher so..., du hast vielleicht bemerkt, dass wir einen neuen Gitarristen fest im Boot haben. Wir arbeiteten ja lange mit Aushilfs-Gitarristen (live) und der Neue (Moses) hat auch Einflüsse eingebracht, das merkt man. Du sagst es schon richtig, es hat immer noch ordentliche Knaller drauf! Songs wie der Opener ("Hellraiser"), "Soulkiller" oder "Proud to be a beast"..., das hämmert immer noch, klar..., aber die Gitarrenarbeit wirkt ausgereifter. Beim Debüt hiess es "voilà, pflatsch, Vollgas in die Fresse..., hier sind wir! Mittlerweile ist etwas Zeit vergangen, man findet sich dabei als Band mehr und jeder macht seine eigenen Einflüsse verstärkt geltend. Moses hat da seinen Teil dazu beigetragen und der Gesang, wie vorher bereits erwähnt, macht eben viel aus, da er anders ist. Obwohl die Mucke hart ist, scheint sie es doch nicht immer zu sein.

MF: Ihr habt nun ein paar Konzerte mit Fernando gespielt. Fühlt ihr euch schon als Einheit und was muss allenfalls noch besser werden?

PG: Also ich denke, dass wir uns relativ schnell zurecht gefunden haben. Fernando muss man nicht mehr gross erzählen, wie er sich auf einer Bühne zu verhalten hat. Die ersten paar Gigs..., klar, man muss sich schon finden, aber die letzten zwei Konzerte..., im Juli mit Y&T in Deutschland..., das war bombig und das Geilste, was ich bisher mit Godiva erleben durfte. Danach folgte "Rock on the Top"..., das war auch super gut und vor einer Woche das "Wald-Rock"..., also diese vier Auftritte im Juli..., da sah man, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Was man noch verbessern kann..., nun..., in meinen Augen gibt es kein Konzert, das "perfekt" ist. Du kannst im Nachhinein ein Video anschauen und du wirst immer etwas finden, was man verbessern könnte. Spontan fällt mir gerade nichts ein..., es läuft tipp-topp, auch der neuen Leute wegen, da einiges geschehen ist. Solche Kritik überlasse ich gerne dem Zuschauer, da die Selbsteinschätzung sehr schwierig ist.

MF: Anthony hat früher das optische Erscheinungsbild auf der Bühne geprägt. Wolltet ihr das als Band nicht mehr oder sagte Fernando schlicht "nein" dazu?

PG: Das ist ganz einfach: Anthony ist Anthony und Fernando ist Fernando..., wir wollten nicht so etwas wie einen Klon..., wie zum Beispiel..., du hast es gesehen bei Judas Priest. Da kommt der Ripper (Owens - MF), ein Mörder-Sänger..., singt noch gleich, wenn nicht besser als Halford und es interessiert(e) keine Sau. Jeder soll so sein, wie er eben ist. Bei Anthony..., das gehörte zu ihm, dass er so auf die Bühne ging und wir liessen ihn gewähren. Fernando kommt ohne das aus und das ist auch ok. Wir wollten hier kein Schema und es gab auch nie Diskussionen darüber.

MF: Ich behaupte jetzt mal, dass "Call me under 666" besser als "Angel of retribution" geworden ist! Was ist deine Meinung dazu?

PG: Uahhh... (lacht laut heraus!) - nun..., das ist immer schön, wenn man mit Judas Priest verglichen oder gar über sie gesetzt wird. Meiner Meinung nach..., also..., "Angel of retribution" gefällt mir auch sehr gut, wie mir unsere CD ebenso gefällt. Wir sind etwa gleich auf... (lacht) - weil..., du hast mich etwas auf dem falschen Fuss erwischt: Ich bin ja ein riesengrosser Priest-Fan (lacht weiter)...

MF: ...ich weiss das...

PG: Ja..., und du merkst es: Ich schätze mich nicht gerne selber ein, aber ich bedanke mich bei dir, dass du unsere CD geiler findest! Das ist auch der Sinn der Sache, das muss der Konsument entscheiden.

MF: Wie verliefen die Aufnahmen? Konntet ihr den Zeitplan einhalten und wo lagen die Unterschiede zwischen der Arbeitsweise von Tom Naumann und jetzt Achim Köhler?

PG: Also..., zeitlich waren wir im Plan..., etwa 20 Tage hat das Ganze gedauert. Auf dem Debüt war der Tom noch dabei und hatte jetzt einfach keine Zeit mehr, da er ja mittlerweile wieder bei Primal Fear eingestiegen ist und viel auf Achse war. Ausserdem sind wir jetzt flügge geworden..., wir konnten viel von Tom lernen und profitieren und stehen nun auf eigenen Füssen. Achim Köhler muss ich dir ja nicht näher vorstellen, der hat ja viele Sachen gemacht wie Primal Fear, Sinner, Brainstorm, Symphorce..., und live mit Pink Cream 69, Masterplan..., wirklich ein "Grosser" der Szene. Das ist natürlich geil, mit so einem Profi zu arbeiten und man lernt weiter dazu. Die Aufnahmen gingen echt locker vom Band, zusammen mit Anthony. Danach mussten wir ja nochmals mit Fernando für ein paar Tage ins Studio, aber das lief völlig easy ab.

MF: Ihr habt ein Video zu "When lightning strikes" gemacht, das auf der CD mit drauf ist. Weisst du, auf welchen TV-Sendern es gespielt wird?

PG: Da habe ich noch gar nichts davon erfahren und keine Ahnung, was abgeht. Ich weiss auch nicht, ob wir da in eine Rotation rein gekommen sind oder nicht.

MF: Aber es herrscht schon die Meinung, dass so ein Video nicht einfach nur als Goodie auf einer CD zu sehen ist, sondern öffentlich gesendet wird, oder?

PG: Logisch, sicher! Das hoffen wir auch, dass es bald irgendwo mal zu sehen sein wird. Wir haben es entsprechend verschickt, aber noch kein Feedback erhalten. Ich kann dir zu diesem Zeitpunkt noch nichts dazu sagen.

MF: Wie gut hörst du eigentlich als Drummer auf der Bühne deine Kollegen, die vor dir am Lärmen sind...

PG: ...gut!

MF: ...spielst du mit einem Headset und was wären dabei die Vor- und Nachteile?

PG: (Räusperte sich erst mal 'ne Runde) - Also ich bin ein ganz besonderer Drummer! Das sagt mir auch unser Mischer immer wieder..., ich muss praktisch nichts hören und habe deshalb quasi nie Monitoring!

MF: Ah ja?

PG: Ja! Ich spiele quasi..., ich musste schon ein paar Mal sagen, als wir beispielsweise nach Shakra auf die Bühne kamen, dass der Monitor von Roger Tanner abgedreht wird! Ich spiele zu 99% ohne Monitor, ausser es ist eine ganz grosse Bühne. Ich habe mir das irgendwie von Anfang an angewöhnt..., ich höre auf den Bass und die eine..., auf die Rhythmus-Gitarre, die höre ich eigentlich immer raus. Ich fühle mich sowieso nicht so wohl, wenn es dermassen kesselt, dass es einen geradewegs vom Sessel runter haut. Ich mag es angenehm und bin somit ein pflegeleichter Fall für Fritz, unseren Mischer!

MF: Werdet ihr nächstes Jahr nun auch auf grossen (deutschen) Festivals spielen?

PG: Ja..., da sind wir dran und rotieren bereits hinter den Kulissen...

MF: Eure neue Scheibe kam ja auch in den Staaten drüben raus. Wie muss man sich das nun vorstellen, was da verkaufstechnisch abgeht?

PG: Es wurde eine Gesamtauflage geschickt, aber wieviele genau, weiss ich nicht. Die Abrechnungen erfolgen immer quartalsweise und da sind wir noch nicht soweit. Ich kann dir also im Moment nicht sagen, wieviele da jetzt raus sind. Was wir allerdings wissen, ist, dass wir dort in diversen Radio-Charts relativ gut eingestiegen sind.

MF: Die Konkurrenz in der Szene ist riesig. Wo siehst du die Stärken von Godiva anno 2005 und was hebt euch von anderen Bands ab?

PG: Komm an eines unserer Konzerte und du weisst es! Nun..., wir haben jetzt einen top Front-Mann..., da müssen wir nicht mehr darüber diskutieren. Wir bieten nicht nur Sound, sondern auch was für's Auge. Da geht eine zünftige Fete ab, wenn du uns mal anschauen kommst. Heavy Metal, voll gerade aus und die Leute sollen Spass an dem haben, was wir machen.

MF: Das Cover-Artwork ist wiederum von Mitch (Koontz, b - MF) und sieht hammermässig aus!

PG: Den kenne ich nicht..., ich weiss nicht, wer das ist! (lacht laut) - Nein..., was wolltest du zum Cover wissen?

MF: Ich wollte das als Feststellung platzieren und hier meine Frage: Was machst du für die Band, ausser Schlagzeug spielen?

PG: Ich...? Wie gesagt..., ich bin der Drummer und der arme Kerl, der immer die Schuld trägt..., nein..., ernsthaft: Ich kümmere mich um das Booking: Wenn irgendwelche Anfragen reinkommen, dann prüfe ich diese, nehme hinter den Kulissen mit dem Veranstalter Kontakt auf und behandle das intern. Ich bin hier also so etwas wie der Mann im Hintergrund. Ich bin da immer zuerst dran, bevor es zur Band gelangt und entscheide in deren Namen.

MF: Wieso habt ihr keinen Manager, der euch das abnimmt?

PG: Du..., es hat sich bisher einfach noch nicht ergeben, zudem haben wir noch nicht das gefunden, wonach wir suchen. Momentan geht es gut, so wie es ist und wir haben keinen Bedarf.

MF: Sammy (Lasagni, g) und du..., ihr habt ja noch ein anderes "Baby" am Start, nämlich Kirk! Die Website (www.kirk.ch) ist jedoch schon länger down! Was läuft da eigentlich? Gibt es die Band noch?

PG: In Sachen Homepage musst du Sammy fragen, denn er ist der Webmaster (Von Godiva und Kirk). Was läuft? Nun..., die Band existiert schon noch... (Sänger Tommy Rauch, der die Debüt-CD "The final dance" eingesungen hat, ist wieder eingestiegen!), wir haben weder Pause, noch ist die Band auf Eis gelegt. Wir sind am Schreiben von neuen Songs, es tut sich was und nächstes Jahr wirst du wieder was von Kirk vernehmen!

MF: Was ich den Lesern der Metal Factory zum Schluss noch sagen will, ist: ...

PG: Wir von Godiva danken allen Fans in der Schweiz (und im Ausland) für die Unterstützung und wir hoffen, dass wir etwas dazu beigetragen haben, dass (der) Heavy Metal nicht untergeht. Stay heavy und danke für den Support!