Interview: Gloomball

By Toby
 
Mehr als nur eine Zweckgemeinschaft.



Für die März-Ausgabe hatte ich die Ehre, die zweite Scheibe der Deutschen rezensieren zu dürfen. Mit 8.5 von 10 Punkten schnitten die Herren sehr gut ab (nachzulesen in der jeweiligen Rezension), und somit drängte sich der Gedanke auf, sich mal persönlich mit der Band unterhalten zu wollen. Björn Daigger, seines Zeichens Sechssaiter-Bearbeiter, stand mir dann auch Rede und Antwort unter anderem zu Nachbarschaftshilfe, wie man sich trotz geiler Mucke noch nebenbei beschäftigen muss und was Akustik-Sets bei Live-Auftritten zu suchen haben.

MetalFactory: Björn, besten Dank, dass du dir Zeit für das Interview hast nehmen können.

Björn: Kein Problem, ich habe zu danken! Ich meine, für uns ist es natürlich superwichtig, dass wir Support bekommen und dass die Leute auch wissen, dass unser neues Album jetzt draussen ist.

MetalFactory: Glaub ich gerne – sei mir nicht böse, aber ich persönlich habe vorher noch nie von euch gehört.

Björn: Das glaube ich gerne! (lacht) Es ist ja auch erst das zweite Album, von daher darf man da keine Wunder erwarten. Das erste („The Distance“, 2013 – Anm. d. Verf.) lief ganz gut, aber halt nur in Deutschland, und jetzt so langsam ist es natürlich wichtig, dass man da ein wenig herauskommt.

MetalFactory: Erzähl mir doch mal, wer Gloomball eigentlich sind.

Björn: Gerne – also: Die Band war ja ursprünglich eigentlich nur ein Studioprojekt von mehreren Leuten, da war damals nur der Alen (Ljubic, Sänger von Gloomball – Anm. d. Verf.) involviert gewesen, das war lange vor 2010. Dann ging es aber darum, das Ganze auf die Bühne zu bringen, und dann hat sich da draus halt eine richtige Band entwickelt. Die besteht aus der aktuellen Konstellation, ich glaub, seit 2011 spielen wir jetzt in dieser Besetzung. Wir sind dann sehr schnell ins Studio gegangen, um die erste Scheibe aufzunehmen, welches dann 2013 rauskam, und dann ging’s auch schon los – gut, das erste halbe Jahr war noch nicht so viel los, dann folgte aber die erste Tour mit Eat The Gun, wir waren mit Motorjesus unterwegs – und dann haben wir auch ziemlich genau zwei Jahre später das zweite Album nachgeschossen, immer noch in der gleichen Konstellation. Bisher läuft’s echt super, die Band hat sich halt gefunden.

MetalFactory: Das hört man gerne. Ihr seid ja aus Deutschland – woher denn genau?

Björn: Die Band stammt eigentlich aus Mannheim, wobei unser Basser (Basti Moser, Anm. d. Verf.) ja aus München stammt – von dem her ist das Ganze ein wenig überregional geworden, weil man halt nicht immer die passenden Leute vor Ort findet. Klar, spielerisch muss es primär passen, aber eben auch vom menschlichen her gesehen, gerade, wenn man auf Tour ist und die ganze Zeit zusammen im Tourbus sitzt – damit man sich da nicht gegenseitig auf den Sack geht (lacht). Klar, auch wir hatten Line Up-Wechsel zu verkraften, aber das war noch vor dem ersten Album, da ist unser Basser abgesprungen – dann hat sich aber ein Kumpel von unserem Gitarristen Jossi (Lenk, Anm. d. Verf.) und gesagt, er würde diese Parts übernehmen. Da er aber, wie gesagt, aus München stammt, was knapp 250 Kilometer von uns entfernt ist, erschwert dies natürlich die Proben ein wenig, aber mit Blockproben geht dann auch das. Ergo: Die Homebase ist eigentlich Mannheim, aber momentan verschiebt sich das alles auch in Richtung München.

MetalFactory: Interner Zusammenhalt find ich jetzt hierbei ein gutes Stichwort.

Björn: Ja, also gerade in unserem Stadium ist es natürlich sehr wichtig, dass man sich gut versteht und nicht einfach eine Zweckgemeinschaft bildet – das kann man vielleicht machen, wenn man Millionen im Jahr umsetzt (lacht). Aber wenn du wie wir zuerst mal in kleinen Clubs und Locations spielst, dann ist da nicht immer alles vom Feinsten, hast halt nicht immer die tollen Hotels und so weiter, man hockt viel aufeinander – da muss es einfach funktionieren.

MetalFactory: Kommen wir doch mal auf eure Diskographie zu sprechen. Leider habe ich damals „The Distance“ nicht zur Rezension erhalten, jetzt aber nachbestellt, und da gibt es doch einige Unterschiede zwischen dieser Scheibe und „The Quiet Monster“.

Björn: Also im Wesentlichen ist „The Distance“ im Proberaum entstanden und die Songs wurden praktisch alle von Alen und mir geschrieben, die Band hat sich ja dann während des Songwriting-Prozesses erst gefunden. Die Lieder hatten auch damals schon ein paar Jahre auf dem Buckel, und dann hat sich die Band, wie gesagt, vom Studioprojekt zur Liveband entwickelt, durch die Tour-Aktivitäten ist die Band noch mehr zusammengewachsen – ja, und das neue Album ist jetzt halt eben ein richtiges Bandalbum geworden, in welches jedes Bandmitglied involviert ist, auch beim Songwriting. Was natürlich auch ein Unterschied ist: Jetzt haben wir einen richtigen Produzenten, nämlich der Christian ‚Kohle‘ Kohlmannslehner, der hat ja auch schon Bands wie Powerwolf oder Eskimo Callboy unter seiner Fittiche gehabt – er kommt ja praktisch aus der Gegend und wird quasi als sechstes Bandmitglied betrachtet, da er auch an einigen Stellen eingegriffen und mitgewirkt hat. So gesehen: Damals war es wirklich ein reines Studioalbum, jetzt haben wir ein richtig ausproduziertes werk am Start. Und das merkt man auch, das erste war doch ziemlich straight, das zweite jetzt eher ein wenig nachdenklicher. Man reift ja auch als Band, und das ist dann eben im Songwriting auch spürbar.

MetalFactory: Wie sind jetzt die Rückmeldungen auf die neue Scheibe ausgefallen?

Björn: Also generell gesehen waren die Kritiken eigentlich sehr gut bis auf zwei, drei Ausreisser…

MetalFactory: Du spielst da auf die Kritik vom Rock Hard an, stimmt’s?

Björn: (lacht) Das Problem ist, dass viele mit dieser Art von Mucke nichts anfangen können, da sind dann für den typischen Metal-Fan sag ich mal zu viele Keyboards drin, zu softe Abschnitte und und und. Und wenn man dann halt nichts damit anfangen kann, dann sinkt die Wertung natürlich in den Keller. Aber hey, mein Gott, das ist nun mal so, wie gesagt im Grossen und Ganzen waren die Rezensionen sehr gut, und schlussendlich sind das alles nur Meinungen – und jetzt bei den negativen Kritiken lief alles darauf hinaus, dass der Rezensent die Musik einfach nicht mochte. Wenn jemand objektiv beurteilt und beispielsweise gesagt hätte, dass wir keine Songs schreiben oder totalen Mist aufgenommen hätten, dann wäre das wieder was anderes. Aber mit der Message, dass man die Musik einfach nicht mag, damit kann ich gut leben. Da ist dann die Scheibe einfach beim falschen Kandidaten gelandet (lacht).

MetalFactory: Auf „The Distance“ sind die Lieder ja, wie gesagt, eher ein wenig ruppig und gerade auf die Zwölf, mal abgesehen von dem Titeltrack und „Living With My Tender Pain“ – auf „The Quiet Monster“ sind da doch mehr solcher Tracks vorhanden, teilweise sogar mit einem Mitglied von Crematory als Backgroundsänger.

Björn: Ja, das war der Matthias (Hechler, Anm. d. Verf.), der hat beim Titeltrack und der letzten Nummer die Backing Vocals eingesungen.

MetalFactory: Bei vielen Bands ist es ja so, dass die Mitglieder noch einem Haupterwerb nachgehen müssen, da die Musik noch nicht genug abwirft. Wie sieht das bei euch so aus?

Björn: Jo, das ist bei uns nicht anders. Ich zum Beispiel mach zwar hauptsächlich Musik, gebe aber nebenbei noch viel Unterricht, spiele auch noch bei einer anderen Band (Majesty, Anm. d. Verf.) und das funktioniert ganz gut. Alen arbeitet beim Theater, der Jossi (Lenk, guitars – Anm. d. Verf.) ist Sozialarbeiter (lacht), der ist quasi unser Bandbetreuer, Basti (Moser, bass – Anm. d. Verf.) hat ein eigenes Studio und Danny Joe (Hofmann, drums – Anm. d. Verf.) ist Schlagzeuglehrer. Jeder ist also irgendwie mit Musik bei der Arbeit verbunden, aber komplett davon leben, das geht, glaube ich, nur in den seltensten Fällen. Da müssten wir schon praktisch neun Monate auf Tour sein, das kannste ja gar nicht spielen – so oft will dich doch keiner sehen (lacht).

MetalFactory: Das Stichwort ‚Tour‘ ist jetzt ja schon mehrmals gefallen, ihr wart unter anderem mit Eisbrecher und Hämatom unterwegs – kommt ihr auch mal in die Schweiz?

Björn: Ich hoffe’s doch! (lacht) Also momentan sind ja ein paar Festivals diesen Sommer, auf welchen wir spielen werden, die sind allerdings allesamt in Deutschland, dann ist da aber noch das Alpen Flair 2015 in Italien – wir sind allerdings grad noch am Gucken, dass wir für diesen Herbst noch eine Tour klarmachen können, und da kann man nur hoffen, dass da auch die Schweiz und Österreich dabei sind. Was Konkretes ist noch nicht geplant, aber gänzlich unmöglich ist es natürlich nicht (lacht).

MetalFactory: Wie ist das denn mit der Setlist, habt ihr da Songs, die es eventuell nicht auf die Alben geschafft haben, die ihr live spielt?

Björn: Nee, also eigentlich nicht – vom neuen Album haben wir bisher eigentlich immer nur 4 Songs live gespielt, und der Plan ist, bei den nächsten Shows das zu ändern und das neue Material zu pushen (lacht). Das neue Album ist ja quasi während der letzten Shows rausgekommen, da hätte es auch keinen Sinn gemacht, gerade alles davon zu spielen – ich beispielsweise als Fan sehe es immer gerne, wenn Bands eine gute Best Of-Show spielen, und so handhaben wir das auch. Der Schwerpunkt ist halt bisher auf dem ersten Album gewesen, weil wir das ja auch promoten wollten. Was wir bei Headliner-Shows manchmal machen, ist, ein Akustik-Set einzubauen – unplugged Songs zu spielen und die dann quasi neu zu interpretieren, das macht immer viel Spass. Ist halt auch mal was anderes.

MetalFactory: das ist definitiv so. Björn, wir kommen langsam zum Ende des Interviews, möchtest du den Lesern der Metal Factory noch was mitgeben?

Björn: Ja, also erst mal danke vielmals für das Interview! Hört euch einfach mal in die Scheibe rein, gibt ja auch genug Songs von auf YouTube, dann muss man das Album auch noch nicht kaufen – und wenn’s einem gefällt, joa… Also auf jeden Fall einfach mal reinhören (lacht). Gebt uns eine Chance, weil: Ganz schlecht ist es nicht! (lacht)

MetalFactory: Ok, dann mach’s gut und hab noch einen schönen Abend. Man sieht sich hoffentlich bald mal auf einem Konzert.

Björn: Das hoffe ich auch – bis dann, tschüss!