Der zweite Streich der deutschen
Freedom Call steht seit Anfang dieses Jahres in den Plattenläden.
Nach dem tollen Erstlingswerk dürfte Crystal Empire"
der hörbare Beweis dafür sein, dass die vier Musiker definitiv
eine Menge auf dem Kasten haben! Spätestens nach der Tour
als Supportact von Hammerfall und Virgin Steele wird die Fangemeinde
von Freedom Call um eine ansehnliche Zahl gewachsen sein.
Dan Zimmermann, der sympathische Schlagzeuger des Quartetts
und seines Zeichens auch Stockschwinger bei Gamma Ray, verriet
mir mehr über die neue Scheibe Crystal Empire"
und über die Auswirkungen der dazugehörigen Tournee.
MF: Ihr habt für eure neue Scheibe Crystal Empire"
ein gutes halbes Jahr im Sudio verbracht. Wie seid ihr nun
mit dem Ergebnis zufrieden?
DAN: Wir sind auf jeden Fall sehr zufrieden damit. Für
uns ist das Ganze eindeutig ein Sprung nach vorne. Die tightness",
also das Zusammenspiel, ist kompakter und mächtiger im Vergleich
zur ersten CD. Stairway to Fairyland" klingt noch
ein bisschen mehr nach dem Motto Juhu, wir machen eine
Platte und gehen ins Studio!". Die Scheibe ist noch frivol
und geradeaus, die neue CD ist da schon etwas abgebrühter.
Aber es klingt auf jeden Fall kompakter, und beim Songwriting
sind etwas mehr Stimmungen drin. Pharao" zum Beispiel
ist ein sehr schwerer Song komplett ohne Doublebass und ist
eher düster und mystisch angehaucht. Auf dem ersten Album
ist kein einziger Song mit einer ähnlichen Stimmung, da ist
alles noch Friede, Freude, Eierkuchen". Diesmal
ist das anders. The Quest" ist so ein Paradebeispiel,
da ist wirklich alles drin. Der Song ist balladesk, er hat
melancholische Teile drin, und dann gehts wieder voll
zur Sache. Es sind schnelle Parts vorhanden, schöne Soli...
Dieser Song spiegelt das ganze Album wider. Es sind auch typische
Freedom Call Hymnen auf dem Album und Sachen, die keiner erwartet
hätte. Wir haben diesmal im Vergleich zur letzten Scheibe
darauf geachtet, dass wir uns für die kreativen Parts, also
für die Gitarrensoli, die Gesangsarrangements, die Chöre und
die Auswahl der Keyboardsounds viel Zeit genommen haben. Das
heisst, wir haben nicht schon alles vorher arrangiert sondern
bis zur Produktion gewartet, um spontane Ideen miteinfliessen
zu lassen. Bei Stairway to Fairyland" haben wir
einfach das Demo gehabt. Das war eben, wie es war, und wir
haben versucht, dasselbe Feeling auf die Produktion zu bekommen.
Wir haben das also praktisch kopiert, und das ist ein Problem,
gerade, was den Gesang angeht. Die Spontaneität geht total
verloren, und dann rekapituliert man. Auf der neuen Scherbe
haben wir dieses Problem nicht mehr. Es ist aber natürlich
noch Spielraum da, uns noch weiterzuentwickeln und eigenständiger
zu werden. Das ist wichtig, denn es muss eine Entwicklung
sichtbar sein. Wenn jedes Album gleich klingt wird es ja langweilig...
MF: Wann habt ihr denn mit dem Songwriting
begonnen? Auch erst im Studio?
DAN: Nee, nee. Die Songs hatten
wir schon alle fertig. Das heisst, wir hatten Schlagzeug-,
Bass- und Gitarrenarrangements fertig. Einfach die Gesänge
haben wir nur wage auf das Demo gesungen und schliesslich
im Studio ausgearbeitet. Mit dem Songwriting haben wir gleich
nach der Veröffentlichung von Stairway to Fairyland"
begonnen, das war im Mai 1999. Danach haben wir die EP Taragon"
gemacht, die ja leider nur in Frankreich und Japan auf den
Markt kam. Zu dem Zeitpunkt hatten wir schon sechs oder sieben
Songs fertig und haben dann drei für die EP verwendet. Ansonsten
schrieben wir immer in den Tourpausen neue Songs. Im Sommer
1999 haben wir sogar schon mit den Drums angefangen. Ich muss
sagen, das war ein wirklich heftiges Jahr, da ist echt viel
passiert. 2000 haben wir noch einige Festivals gespielt, Wacken
und so. Tja, und jetzt sind wir hier...
MF: Auf Crystal Empire"
habt ihr die Geschichte von Taragon" weitergewoben,
welche ihr auf eurem Debut Stairway to Fairyland"
begonnen habt. Steht eine Aussage hinter dieser Story?
DAN: Als wir für die erste Scheibe
die Songs und die Texte gemacht haben, kam die Idee für eine
kleine Story auf. Die Songs sind dann mit der Geschichte verwachsen
und umgekehrt. Taragon" ist ein kleines Märchen,
aber es ist keinesfalls die Superneuheit, wo der supertiefe
Sinn drinsteckt. Das Märchen ist eine Art Zugabe, um das Ganze
abzurunden. Es ist auch wichtig, dass das CD-Cover dazu passt,
es muss alles eine Einheit sein. Je weiter die Story geschrieben
war, desto mehr konnten wir wieder für die Texte rausholen.
Die drei Komponenten Story - Musik - Texte" sind
zusammengewachsen, und das hat schlussendlich gut funktioniert.
Deswegen haben wir einen zweiten Teil der Geschichte geschrieben,
die sich The Quest of Phantagor" nennt. Letztendlich
ist alles nur Fantasy, auch die Namen. Da gibt es den Guten,
den haben wir Ramzezh genannt. Das klingt zwar sehr ägyptisch,
aber wir hatten vorher schon den Pharao, und so mussten wir
das halt noch einbauen. Und dann gibts den Bösen, der
heisst Thorgan. Im ersten Teil der Geschichte ging es um den
Rubin von Taragon. Im zweiten Teil geht es nun um vier Steine,
welche die vier Elemente symbolisieren, also Wasser, Feuer,
Erde und Luft. Diese Steine sind abhanden gekommen und unser
Held begibt sich auf die Suche, um die Steine wieder zurückzubringen.
Er geht in die Erdwelt und muss schauen, dass er die Steine
wieder kriegt, weil sie lebenswichtig sind für die Sonnenmenschen.
Letztendlich sind das wir, denn für die Menschheit sind die
Elemente ja auch wichtig. Dahinter will ich jetzt aber nicht
den supertiefen Sinn sehen. Doch irgendwie kann man schon
Parallelen zur Realität herstellen. Eigentlich sollte das
jedes Märchen haben.
MF: Wordurch lasst ihr euch beim Texten
und Komponieren inspirieren?
DAN: Ich lese sehr viel, alles
Mögliche. Gerade für den Song Pharao" hab ich Ramzezh
- Sohn des Lichts" gelesen. Ich weiss nicht, wie ich
darauf gekommen bin. Ich hab einfach dieses Ramzezh
Pharao" hergenommen und versucht, das zu singen. So kam
das irgendwie. Ich hatte also den Chorus und wusste sofort,
welches Feeling der Song haben muss, dieses Schwere, ein bisschen
mystisch... Dann kamen die Riffs dazu. Ich habe aber immer
zuerst die Melodie, meistens die Gesangsmelodie, und der Rest
wird dann drum rum gebaut. Deshalb kann es auch vorkommen,
dass ein Song sehr keyboardlastig ist. Wenn der Gesang eine
Keyboardmelodie braucht, dann bekommt er die auch. Wir sagen
da nicht Oje, das ist aber Metal, das muss gitarrenlastig
sein!", wir haben damit kein Problem. Das ist auch eine
gute Abwechslung.
MF: Auf der EP Taragon"
ist eine grossartige Coverversion des Ultravox-Klassikers
Dancing with tears in my eyes" zu hören. Werdet
ihr diesen Song auch wieder live zum Besten geben?
DAN: Wir haben das Stück auf der
Saxon-Tour gespielt. Auf dieser Tournee haben wir gerade mal
dreissig Minuten Spielzeit. Da fangen wir sowieso immer eher
an, damit wir überhaupt sechs Songs spielen können. Bei einer
halben Stunde ist es schon hart auszuwählen, welche Songs
man spielen soll, wenn man schon zwei Alben und eine EP hat.
Wir werden im Sommer unter anderem auch ein paar Headlinershows
spielen. Ich weiss aber nicht, ob wir es nochmals nach Pratteln
schaffen vor der nächsten Scheibe, schaun mer mal! Aber
den Song werden wir auf jeden Fall wieder spielen!
MF: Bis zum jetzigen Zeitpunkt wart
ihr immer als Supportband unterwegs und hattet eine dementsprechend
kurze Spielzeit. Wann dürfen wir Freedom Call endlich auf
einer Headlinertour bewundern?
DAN: Das wollen wir jetzt angehen.
Gerade nach dieser Tour, weil die Resonanzen wirklich überall
umwerfend waren. Unglaublich! Das hat sich durch alle Länder
gezogen. Wir haben aber schon mit unserer Bookingfirma darüber
gesprochen. Wir sind vom Status her jetzt höher gerückt, das
heisst, wir werden in Zukunft keine 30 Minuten mehr spielen
sondern mindestens 45 Minuten. In Frankreich werden wir im
Juni nochmals auf Tour gehen und vier bis fünf Headlinershows
spielen. Darauf folgen dann einige Festivals und vielleicht
gehen wir sogar nochmal mit der aktuellen CD auf Tour. Das
wird entweder eine Tour als Co-Headliner oder eine kleine
Clubtour sein. Mit der nächsten Scheibe wird es also auf jeden
Fall eine Headlinertour geben.
MF: Die Tour mit Hammerfall und Virgin
Steele ist mit acht Wochen die längste, welche Freedom Call
jemals absolviert haben. Oder hast du mit Gamma Ray schon
so lange getourt?
DAN: Nein, selbst mit Gamma Ray
habe ich noch nie so lange am Stück gespielt.
MF: Seid ihr noch nicht durchgedreht?
Acht Wochen, das ist eine verdammt lange Zeit!
DAN: Naja, nee, durchgedreht noch
nicht, aber so langsam kriegt man schon Heimweh, eine Pause
wäre mal ganz gut. In ein paar Tagen sind wir zu Hause...
Es macht schon eine Menge Spass, wir haben es auch lange durchgehalten,
und es reisst sich wirklich jeder zusammen. Das läuft hier
also relativ cool ab. Klar, gibt es immer wieder ein bisschen
Zoff, das Übliche halt. Es ist nicht so, dass es nicht auszuhalten
wäre. Ich habs trotzdem lieber, wenn man fünf oder sechs Wochen
tourt, dann zwei, drei Wochen Pause einlegt und nochmal einen
Block macht. So macht das Gamma Ray immer, weil der Kai (Hansen,
Anm. d. Verf.) nicht so lange von zu Hause wegbleiben will.
Schliesslich hat er auch Familie, und für uns ist das so auch
angenehmer. Acht Wochen sind schon echt lang.
MF: Die Tour ist in wenigen Tagen
zu Ende. Kannst du bereits Bilanz ziehen?
DAN: Kann ich! Wir haben uns von
dieser Tour viel erhofft, und die Erwartungen sind allesamt
übertroffen worden. Dass es so abgeht, das hätten wir nicht
gedacht. Die Reaktionen waren in allen Ländern umwerfend und
überschwenglich, sowas habe ich noch nie gesehen! Das stimmt
uns natürlich alle froh, das freut uns wirklich sehr. Wir
werden jetzt darauf aufbauen, wieder ein gutes Album machen.
Wir wollen da nichts über den Zaun brechen. Wir haben bereits
neue Songideen und lassen uns trotzdem ein bisschen Zeit,
dass die Produktion und die Songs wieder gut werden. Wir wollen
hier also nicht schnell schnell irgendwas machen, bloss damit
ein neues Album da ist. Lieber gehen wir mit Crystal
Empire" nochmals auf Tour, wenn sich was ergibt. Ansonsten
war die Tour echt klasse! Ich hab schon gedacht, dass die
Tour uns weit nach vorne bringen wird, weil es eben auch viele
Leute sehen und das auch unser Zielpublikum ist, aber sowas
hätte ich echt nicht erwartet!
MF: Und was wirst du jetzt als erstes
tun, wenn du nach Hause kommst?
DAN: Dann fahr ich in die fränkische
Schweiz, das ist nördlich von Nürnberg, und bestell mir einen
Schweinsbraten mit Knödeln und ein Weissbier dazu - dann fahr
ich wieder heim. Das mach ich! Das ist das erste, was ich
tu. Donnerstag Abend bin ich zu Hause, Freitag fahr ich dahin...
MF: Na, denn, Mahlzeit!
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